Ich habe mich in meinem ersten Tertial in der Neurologie in Großhadern sehr wohl gefühlt, auch wenn die Tage vereinzelt doch etwas länger waren. Meine Rotationen umfassten knappe 3 Monate auf Normalstation sowie mehrere Kurzrotationen (Stroke Unit, neurologische Intensivstation, zentrale Notaufnahme, Poliklinik EEG+EMG, Neuroimmunologie) von je einem Tag bis zwei Wochen.
Los ging es auf Normalstation um 8 Uhr mit Blutentnahmen, danach Kurvenvisite, Neuaufnahmen und schließlich Visite am Patientenbett. Nach einer kurzen Nachdokumentation und anschließenden Mittagspause um 13 Uhr ging es danach um 13:30 Uhr täglich zur Röntgendemo (ca. 30 Minuten). Vorgestellt wurden dabei alle aktuell erfolgten Aufnahmen von neurologischen Patienten, wobei der Löwenanteil dabei auf Notaufnahme, Stroke Unit und neurologische Intensivstation zurückging. Auch wenn ich bereits nach 2 Wochen den Überblick darüber verloren habe, wie viele Media-Verschlüsse ich bereits gesehen habe, gab es immer wieder besonders seltene oder fulminant ausgeprägte Befunde verschiedenster Krankheitsbilder, welche den Besuch der Röntgendemo meiner Meinung nach didaktisch mehr als nur rechtfertigten. Bei komplizierten Fällen gab es oftmals Einwürfe der jeweils spezialisierten Oberärzte oder vom Chefarzt, welche es einfacher machten, das Gesehene einzuordnen.
Am Nachmittag wurden die im Tagesverlauf elektiv oder akut aufgenommenen Patienten oberärztlich visitiert und falls nötig weiter besprochen, ich habe dabei das Miteinander zwischen Oberärzten, Assistenzärzten und PJ-Studenten als sehr professionell und inhaltsorientiert wahrgenommen. Wir als PJler wurden dabei im Rahmen unserer Kenntnisse gut in die Falldiskussion mit eingebunden. Nach Abarbeitung der To-Dos ging es dann meist zwischen 16:30 und 17:45 Uhr nach Hause. Da ich nicht auf der Privatstation eingesetzt wurde, habe ich aufgrund von Dienstreisen und meinen eigenen Rotationen nur eine einzige Chefarztvisite erlebt, welche aufgrund der zu diesem Zeitpunkt vielen gesperrten Betten (Personalmangel in der Pflege) eher kurz ausfiel.
In den anderen Abteilungen wich die Tagesroutine teilweise recht stark von der auf Normalstation ab:
- Die Stroke Unit hat als Relay-Station zwischen Notaufnahme, Normalstation, Intensivstation, externen Kliniken (NEVAS-Netzwerk) und Reha-Einrichtungen einen enormen Umsatz an Patienten und dadurch lange (4-Tage-Woche à 7:30-20:00 Uhr) und zum Teil sehr chaotische Arbeitstage. Das Team blieb dabei jedoch stets freundlich-professionell und die Assistenten im 2. Dienst haben ihr Bestes gegeben, uns Studierenden klinische Skills wie das transkranielle Gefäßsono oder die Anlage arterieller Blutdrucksonden beizubringen.
- Im Vergleich zur teils chaotischen Atmosphäre auf der Stroke Unit wurde der Tag auf der Neurointensivstation zwar ähnlich lang, es wurde aber sehr stringent nach festen Routinen gearbeitet. Zwar wehte hier ein etwas anderer Wind als auf meinen bisherigen Rotationen, jedoch blieb bei aller Ernsthaftigkeit trotzdem genug Zeit für Fragen und das Team war insgesamt sehr freundlich, wenn man sich an bestimmte Grundregeln (insbesondere Pünktlichkeit!) hielt. Ich habe dort in sehr kurzer Zeit bereits viel mitnehmen können.
- in der Neuroimmunologie waren die Tage vergleichsweise kurz (Sprechstunde in der MS-Ambulanz von 9-14 Uhr, danach Dokumentation und ggf. telefonisches Konsil für stationäre Patienten), dafür wurde sich hier für einzelne Patienten teilweise über eine Stunde Zeit genommen und insbesondere bei Anamnese und körperlicher Untersuchung sehr akribisch gearbeitet, um keine noch so kleine Parese oder Reflexsteigerung zu übersehen. Da die Rotation zu den Neuroimmunologen eigentlich nicht standardmäßig vorgesehen war und somit insgesamt weniger Studenten dorthin rotieren, waren meine Aufgaben dort weniger klar formuliert, mit etwas Eigeninitiative bekommt man allerdings auch die Möglichkeit, selbst einen Sprechstundentermin abzuhalten (die Ärzte ergänzen oder korrigieren bei Bedarf). Mir haben die Tage dort sehr geholfen, ein besseres Verständnis für Krankheitsbilder wie Myasthenia gravis, MS, NMOSD und die zunehmende Anzahl an neu klassifizierten Autoimmunenzephalitiden zu erlangen.
- Die Rotation in der Notaufnahme (ebenfalls 4x12 Stunden) hat mir relativ schnell gezeigt, wie wichtig gute Kenntnisse über Differenzialdiagnosen bei Kopfschmerzen und Schwindel im Alltag sind, da ein signifikanter Anteil aller neurologisch triagierten Patienten über diese Symptome klagt. Das Team war auch hier mMn. sehr kompetent und man ist die meiste Zeit mit einem der Ärzte mitgelaufen, welche gerne ihre Erfahrungen geteilt und Wissen vermittelt haben.
- in der Poliklinik war ich nur kurz, um ein besseres Verständnis von EMGs und EEGs zu erlangen, der Tagesablauf war hier vergleichbar mit dem in der Neuroimmunologie. Ohne meine Rotation in der Neuroimmunologie wäre hier ebenfalls eine längere Rotation in den verschiedenen Sprechstunden und Funktionsuntersuchungen möglich gewesen.
- in begrenztem Umfang kann auch in das Friedrich-Baur-Institut in der Innenstadt rotiert werden, um mehr über neuromuskuläre Erkrankungen zu lernen. Ich bin selbst nicht ans FBI rotiert, andere Studenten hatten allerdings insbesondere für kurze Rotationen ein positives Feedback gegeben.
Fortbildungen und Unterricht:
- jeden Montag (meist 16-17 Uhr), meist durch Oberärzte. Mehrheitlich didaktisch sehr gut organisiert. Kein Muss, aber meiner Meinung nach sehr empfehlenswert. Beispielthemen: neuropsychiologische Diagnostik, Grundlagen EEG, Sonographie der hirnversorgenden Gefäße, DSA, Dysarthrie/Logopädie in der Neurologie, Evozierte Potenziale, Schlafdiagnostik,...
- in der Mitte des Tertials wurde ein Tagesausflug in die Rehaklinik Bad Aibling angeboten. Dieser war ebenfalls sehr empfehlenswert, um ein besseres Verständnis über den Werdegang der Patienten nach Entlassung zu entwickeln.
- jeden Mittwoch wurde eine Fallvorstellung durch einen Assistenzarzt der verschiedenen Stationen vor versammelter Ärzteschaft gehalten. Insbesondere seltene oder komplizierte Krankheitsbilder wurden hier am Beispiel behandelter Patienten vorgestellt und anschließend diskutiert
- Donnerstags dann vor versammelter Ärzteschaft die interne Fortbildung, hier muss jeder PJler 1x präsentieren. Dabei kann aus einer Reihe von vorgegebenen Publikationen ausgewählt werden.
- unabhängig davon können zentrale PJ-Schulungen am LMU-Klinikum gebucht werden. Außer einem Basic-Life-Support Refresher habe ich diese allerdings nicht wahrgenommen.
Zusammenfassend sticht die Neurologie der LMU für mich durch ein gut durchdachtes Lehrkonzept und einen hohen Anspruch an sich selbst bei der Behandlung der Patienten heraus. Dabei werden Interesse am Fach und Leistungsbereitschaft mMn. mit einer sehr guten Einbindung in das Team und einem recht hohen Ansehen als PJler belohnt. Bei Fragen und Wünschen gibt es stets die Möglichkeit, mit OA Dimitriadis (zuständig für die Lehre im klinischen Abschnitt und die PJ-Studenten) Rücksprache zu halten. Am Anfang, nach der Hälfte des Tertials und kurz vor Ende der Rotation gab es Feedback-Gespräche und es wurde stets nach Möglichkeiten zur Verbesserung gesucht.
Für Neurologie-Interessierte kann ich ein Tertial hier nur empfehlen!
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