PJ-Tertial Orthopädie in Berit SportClinic Speicher (7/2025 bis 9/2025)

Station(en)
Orthopädische Chirurgie
Einsatzbereiche
OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Ich habe hier, im August 1 Monat Famulatur gemacht.

*Region und Umgebung*
Die Klinik liegt in einer echt wunderschönen Ecke – nah am Alpstein. Für Freizeit und Sport ist die Region ein absoluter Jackpot: Radfahren, Wandern, Trailrunning, Baden (Bodensee und Bergseen sind nah). Die Landschaft ist einfach nur grandios. Der ganze Alpstein ist sehr gut erschlossen, was Vor- und Nachteile hat. Vorallem bei schönen Wetter und am Wochenende ist dort die Hölle los. Auf Strava kannst du mal nach einigen Trails gucken. Dort kannst du über Ultras und Langdistanzen, auch schöne short loops laufen. Alles dabei.
Auch sehr praktisch dort: Es gibt viele Bergrestaurants und Wasserquellen. Anfahrt geht easy mit Auto, Moped oder Bahn (Haltestellen z. B. Wasserauen und Brülisau). Empfehlen kann ich auch mal auf den Familiengeführten Berghöfen deren Rohprodukte zu probieren.
Einziger Haken: Die Schweiz ist halt einfach sehr teuer – und das merkt man überall.

*Aufbau der Klinik*
Es handelt sich um eine Belegarztklinik. Heißt: Alle Operateure haben ihre eigene Praxis und bringen ihre Patienten mit, die sie dann hier operieren. Meistens ist jeder Operateur an einem festen Tag pro Woche da.
Die Klinik ist zweigeteilt:
• Sportklinik (ist auch Swiss olympic Medical center) mit eigener Physio und neuerdings einem SportLab in St. Gallen. Der Chef ist auch Chef Medical Officer von Swiss olympic. Die betreuen neben Profisportlern auch normale Patienten, von jung bis alt.
• Operative Orthopädie
Das Jahr ist saisonal geprägt: Im Sommer eher entspannt, im Winter teilweise Hochbetrieb – da kann es schon mal bis 19:00 oder 20:00 Uhr (oder später) im OP gehen.

*Arbeiten und Alltag*
Positiv:
• Keine Picket-Dienste für Unterassistenten.
• Extrem breites OP-Spektrum: u.a Arthroskopien (Schulter, Knie, Hüfte, Fuß), Mini-open, Endoprothetik, Kreuzbänder, Plastiken und quasi alles was Schulter, Hüfte, Knie, Hand, Fuß, Wirbelsäule betrifft.
• Sehr gute Organisation: schneller Wechsel im OP, klarer Tagesablauf, jeder UA wird einem OP Saal zugeteilt, Morgenrapport 06:55–07:30 Uhr (als kleine Fortbildung gedacht), erste OP ab ca. 07:50.
• Mittagessen und Kaffee kostenlos – und das Essen ist wirklich top, Restaurantqualität.
• bestens eingerichtete und großräumige Unterkunft, die kostenlos ist, ca. 10 Minuten zu Fuß, WG mit anderen Unterassistenten (Nachteil: kein WLAN).
• Personal grundsätzlich freundlich und locker, auch wenn’s wie überall mal Lästereien gibt.
• Kein Stationsdienst, nur OP, bei Wunsch auch Sportmedizinische Sprechstunde möglich und wird gern gesehen.
• als UA ist man hier zum lernen, d.h die Erwartungen und Anforderungen sind niedrig, d.h die Hauptaufgabe ist eben, dass du was lernst. Du musst nicht viel übermäßig viel Wissen mitbringen (ich habe 0 orthopädisches Wissen gehabt und gebrochene Anatomiekenntnisse von vor 4Jahren…) Hauptsache du bist motiviert, engagiert und hast während des Aufenthalts eine Lernkurve.

*Die andere Seite:*
• Als UHU ist man natürlich am „unteren Ende der Nahrungskette“. Gerade im Sommer, wenn viele da sind, kommt man nicht immer so oft direkt an den Tisch. Oft steht man mit 1–2 Assistenten zusammen bei einem Operateur, und da haben die AA Vorrang. Verglichen mit Deutschland ist man aber deutlich häufiger im OP und auch am Tisch. Trotzdem: Wenn der Tag 10 Stunden hat und man 5h davon am Tisch ist, bleiben eben noch 5h, die man eher „daneben“ verbringt.
• Nähen ist der erste „Test“: Intrakutannaht muss man sich am Anfang „erkämpfen“. Manche Operateure lassen einen früh ran, andere gar nicht. Ist ein AA am Tisch, näht meist er/sie. I.d.R sind die AA sehr lieb und geben einem auch Chancen. Subkutis oder Faszie machen fast immer die Operateure selbst – außer bei den „Goldjungen/-mädchen“, die sich schon bewiesen haben.
• Das System ist auch hier wie quasi überall : Wer sich beweist, bekommt Chancen. Wer sich treiben lässt, bleibt beim Hakenhalten. Und ja – es gehört auch eine ordentliche Portion Glück und Timing dazu.

*Vorbereitung*
Wenn du da hin willst: Vorbereitung ist alles. Ich wünschte, ich hätte das vorher gewusst**.**
Wirklich nochmal die komplette Anatomie des Bewegungsapparats durchgehen – Muskeln, Nerven, Gefäße, Bänder und Knochentopografie. Und dann weiter: spezielle Anatomie zu OP-Zugängen, z. B. Hüft-TEP AMIS/ALMIS (welche Strukturen liegen wo, was darf nicht verletzt werden) oder Kniearthroskopie (Zugänge, oberflächliche vs. tiefe Strukturen).
Das macht sofort Eindruck, wenn man mitredet oder gezielte Fragen stellt. In der Chirurgie gilt: Wer mehr weiß, darf mehr machen. und das ist für eure Lernkurve unglaublich wichtig - Gelegenheiten zu bekommen, Dinge zu lernen. Und die Gelegenheiten muss man sich eben verdienen. Das verstärkt sich positiv – oder es wird schnell ein Teufelskreis, wenn man nichts weiß. Da ist leider auch viel Glück im Spiel, in welche Richtung sich das entwickelt.
Und wichtig: Das gilt nicht nur für diese Klinik, sondern eigentlich überall – und ganz besonders in chirurgischen Fächern. Ohne Eigeninitiative und fundiertes Wissen kommt man dort kaum weiter, egal wo man eingesetzt ist. Außerdem nimmt man auch deutlich mehr mit, wenn man nochmal alles wiederholt hat.

*Lernen und Chancen*
• Man kann viel sehen – auch komplizierte Fälle.
• Wenn weniger im OP los ist (d.h ihr nicht am Tisch seid), unbedingt in die Sportmedizin-Sprechstunde gehen. Absolute Empfehlung: der Stv. Chef. wirkt auf den ersten Blick vllt. bissel streng ind snippig, aber er ist ein echt knuffiger Erklärbär: erklärt viel, zeigt viel (z. B. MSK-Ultraschall), lässt einen Patienten selbst untersuchen und bespricht das dann mit dir. Finde auch gut, dass er viele Fragen stellt.
• Tipp: Nutzt auch die Anästhesie. Da darf man in freien Phasen Patienten einleiten (Intubation, Spinalanästhesie), Atemweg sichern. Fande das ganz sinnvoll auch gleich mit zu lernen.

*Zwischenmenschliches*
Grundsätzlich ist die Stimmung freundlich und respektvoll – solange man nach den Regeln spielt. Aber: Es gab einzelne Situationen, die ich echt schwach fand.
AA haben drei Monate Probezeit. Wenn jemand nicht verlängert wird, hat das sicher sehr gute Gründe (z. B. Probleme mit Sterilität, Befolgen von Anweisungen etc.). Und da konsequent und streng zu sein, ist auch unerlässlich, weil letztlich die Patienten die bestmögliche medizinische Betreuung bekommen sollen. Trotzdem war der Umgang teilweise wenig empathisch und wenig kollegial. Auf mich wirkte es manchmal, als würde man Leute eher wie „austauschbare Ware“ behandeln. Nach dem Motto, wer nicht zu den oberen 1/3 gehört, wird nicht gefördert (was aber auch überall zutrifft!) Auch bei AA, die nicht so stark performten, wurde manchmal abfällig über sie gesprochen, z.B wenn sie nicht so schnell nähten. Passierte nicht oft, aber wenn, dann fiel es unangenehm auf.
Wichtig: Das sind wirklich Einzelfälle! Der Grundton in der Klinik ist insgesamt sehr wertschätzend und respektvoll. Die Kollegen sind offen und hilfsbereit, und wenn man mitzieht, fühlt man sich gut aufgehoben.

*Gesamtfazit & wichtigste Lektion*
Die Klinik ist top, um mal reinzuschnuppern, ein breites Spektrum zu sehen und Routinen im OP aufzubauen. Für längere Aufenthalte ist die Eigenverantwortung durch das Belegarztsystem etwas limitiert – hängt stark davon ab, wie engagiert man selbst ist und wie die Teamkonstellation aussieht.
Aber: In der Sportklinik lief es bei mir anders. Dort bekommt man, wenn man will und sich das zutraut, sogar eigene Patienten zugeteilt. Natürlich wird danach nochmal alles gemeinsam durchgesprochen, aber man übernimmt schon früh Verantwortung, weil man eben allein mit dem Patienten im Untersuchungszimmer steht. Dennoch, aus meiner Sicht extrem gewinnbringend – für beide Seiten.

Meine wichtigste Erkenntnis: Im Berufsleben geht’s nicht mehr ums „Bestehen“ wie im Studium. Wenn man wirklich was lernen will, muss man sich beweisen und voll reinhängen. In der Chirurgie gilt: Wer nichts machen darf, lernt auch nichts und bleibt auf der Stelle stehen. Man muss unbedingt vorbereitet sein – und das heißt: auch nach Feierabend Anatomie wiederholen, OP-Zugänge lernen, Inhalte nacharbeiten. Nur so kommt man weiter. Als UA vllt. bissel übertrieben, aber als AA eigentlich Pflicht.

*Kurz gesagt:*
• Pro: breites Spektrum, sehr gute Organisation, super Essen, kostenlose Unterkunft, freundliches Team, tolle Region.
• Contra: weniger Eigenverantwortung durch Belegarztsystem, manchmal schwerer Zugang zu OP-Tätigkeiten, lange Tage im Winter, kein WLAN in der Unterkunft, vereinzelt unglücklicher Umgang mit „schwächeren“ Kollegen.

Alles in allem: Eine richtig gute Adresse für Orthopädie und Sportmedizin, wenn man motiviert ist, sich vorbereitet und Eigeninitiative zeigt.
Bewerbung
4 Monate vorher
Unterricht
Häufiger als 5x / Woche
Inhalte
Bildgebung
Patientenvorstellung
Fallbesprechung
Repetitorien
Prüfungsvorbereitung
Tätigkeiten
Punktionen
Röntgenbesprechung
Patienten aufnehmen
Mitoperieren
Patienten untersuchen
Eigene Patienten betreuen
Poliklinik
Dienstbeginn
Vor 7:00 Uhr
Dienstende
17:00 bis 18:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Kleidung gestellt
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Unterkunft gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Essen frei / billiger
Gehalt in EUR
800 CHF
Gebühren in EUR
0 CHF

Noten

Team/Station
2
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
2
Klinik insgesamt
1
Unterricht
1
Betreuung
1
Freizeit
3
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.27