PJ-Tertial Chirurgie in Luzerner Kantonsspital Wolhusen (8/2010 bis 10/2010)

Station(en)
2
Einsatzbereiche
Station, OP
Heimatuni
Hamburg
Kommentar
Zunächst einmal: Eigentlich wollte ich noch keinen PJ-Bericht direkt nach meinem halben Tertial in Wolhusen schreiben. Da ich es aber wichtig finde, auch anderen von meinen Erfahrungen zu berichten und sie ggf. davon abzuhalten, sich in Wolhusen zu bewerben, sollte ich den Bericht doch möglichst schnell fertig haben und ins Netz stellen. Es macht schon Sinn, vor Bewerbung Berichte über das PJ zu lesen. Denn: Rückblickend findet sich vieles bestätigt, was meine Vorgänger schon geschrieben haben. Leider gab es aber zu meinem Bewerbungszeitpunkt keine Berichte und die ersten Berichte kamen erst kurz bevor ich selbst nach Wolhusen loszog.

Der Ort und die Unterkunft:
Wolhusen ist ein nettes kleines Örtchen im Luzerner Hinterland. Also: Nicht verwirren lassen, denn auf der Webseite des Spitals kann man denken, dass Wolhusen eine Art Vorort von Luzern ist. Dem ist nicht so. Die Anfahrt von Luzern nach Wolhusen dauert selbst noch einmal 15-20 Minuten mit dem Zug. Die Züge fahren 2x in der Stunde. In Wolhusen hat man alles, was man zum Leben braucht – aber eben auch nicht viel mehr.
Wolhusen liegt sehr im Grünen. Man kann in der Gegend – wenn man denn dann frei hat – schön wandern gehen und muss eigentlich nicht wirklich weit weg fahren. Besonders schön fand ich den Wald auf dem Weg nach Ruswil und das Tal der kleinen Emme zwischen Schüpfheim und Wolhusen.
Die Zimmer liegen über 2 Personalhäuser verteilt, die direkt nebeneinander liegen. Die Zimmer sind vor nicht allzu langer Zeit renoviert, hell, einigermaßen gross und freundlich, mit eigenem Bad und Balkon. Aber sie sind halt wirklich spartanisch mit Regal, Bett, Schriebtisch, Einbauschrank und Stuhl eingerichtet. Es riecht ein bisschen nach Arbeiten und Schlafen. Es gibt auf jeder Etage eine große und gepflegte Gemeinschaftsküche. Im Allgemeinen wird sehr auf die Unterkünfte geachtet und das merkt man. Es gibt sicher schlechtere Unterkünfte!

Das Haus:
Es ist ein kleines Haus mit 3 OPs und einem Notfall mit 4 Kabinen, die aber meist nicht alle voll sind. Der Notfall wird von Medizinern (Innere) und Chirurgen zusammen gestaltet. Ansonsten gibt es noch 3 chirurgische Stationen: eine ganze chirurgische Station, eine Station, die halb Innere und halb Chirurgie ist (man sollte nicht erschrecken, denn hier geht alles querbeet, denn man kann auch mal medizinische und chirurgische Patienten in einem Zimmer finden). Außerdem gibt es noch eine Privatstation, die von Innerer, Gyn und Chirurgie zusammen genutzt wird. Eine kleine Intensiv gibt’s es zudem auch noch.

Die Abteilung:
Zunächst war ich ein wenig überrascht, dass die orthopädische und chirurgische Abteilung so eng verwoben sind. Dabei hat die die Orthopädie aber den weit größeren Anteil an Personal, Betten und Patienten. Was chirurgisch läuft, ist eigentlich marginal.

Die Aufgaben eines Uhus:
Vorab: Es gibt kaltes Wasser – und davon viel.
Heißt: Ich bin mehrfach darüber aufgeklärt worden, dass ein Uhu dazu da ist, Stationsarbeit zu lernen. Das heißt nun wieder, dass den Uhus alle Eintritte („Aufnahmen“) unterliegen. Dazu gehört, dass man sich in die Akten einliest, nötige Untersuchungen anmeldet, eine Anamnese erhebt und den Patienten untersucht. Dies wird anschließend in ein mehr oder weniger praktisches System eingehackt und dem Assistenten vorgestellt. Vorsicht dabei: Jeder Assistent ist anders und jeder Assistent fordert eine andere Dokumentation. Es ist sehr schwer, sich auf die verschiedenen Assistenten einzustellen – und allgemeine Standards gibt es auf der ärztlichen Seite nicht. Die hat nur die Pflege und reitet da auch gerne drauf rum. Zeitaufwand für eine Aufnahme war mind. 1 Stunde, wenn nicht eher 1 ½ - je nach dem, wie schnell man tippen kann und wie schnell die Untersuchungen durch sind.
Die 2. Aufgabe eines Uhus ist die Assistenz im OP. Dabei es so, dass die orthopädischen Eingriffe natürlich überwiegen und auch personalintensiver sind. Das heißt, dass man viele Hüft-TEP, Knie-TEPs und Schulter-TEP abbekommt und da Haken und Klappe hält. Besonders die Hüften (und davon gibt es viele) sind immer sehr kraftintensiv und sehr wenig lernintensiv, denn man steht auf der anderen Seite und sieht nix. Von Seite der Oberärzte ist immer mal wieder angemerkt worden, dass sie es schön fänden, wenn man vorbereitet erscheint und Fragen stellt – dies ist allerdings nicht so ganz einfach, wenn man bei der Hüft-TEP auf der anderen Seite steht und nix sieht, das man fragen könnte.
Damit hat es sich schon mit den Uhu-Aufgaben. Man muss zugeben, dass man damit eigentlich immer ganz gut ausgelastet ist. Manchmal ist jedoch ein wenig das Problem, dass die Eintritte erst mittags kommen und man morgens nicht im OP ist. Dann hat man eine lange Leerlaufzeit und dafür routiert man am Nachmittag dann umso mehr.
Wichtig ist – und das musste ich selbst am eigenen Leib erfahren -, dass die 2. Assistenz in einer Hüfte nun wirklich als Uhu-Aufgabe angesehen wird. Diese Aufgabe ist keine Assistentenaufgabe. Ich habe gut mitbekommen, dass sich die Assistenten (übrigens z.T. auch in meiner Anwesenheit) darüber aufgeregt haben, dass eine Assistentin in einer Hüft-TEP als 2. Assistenz eingeteilt war und nicht ich als Uhu. Dies wurde (auch in meiner Anwesenheit) so begründet, dass die 2. Assistenz Uhu-Aufgabe sei und nicht Assistentensache. Gewehrt habe ich mich nicht, diese Assistenz zu übernehmen – aber eben auch nicht drum gerissen oder die Kommentare offen kommentiert. Fazit war, dass die eingeteilte Assistentin ihre 2. Assistenz gemacht hat, da sie sich an den OP-Plan gehalten hat. Ich habe die Frechheit besessen, mich in die Wundsprechstunde zu schleichen. Dies ist den Assistenten dann böse aufgestossen, da die Assistenten um jede Anwesenheit in der Sprechstunde (die von den Oberärzten abgehalten wird) kämpfen. Mir wurde dann vorgeworfen, dass ich mich nicht über die mangelnde Lernsituation zu beschweren hätte, wenn ich denn schon in der Wundsprechstunde gewesen wäre. Im Gegenteil: Man sagte mir dann direkt, dass ich vorsichtig sein sollte, denn da ich den Assistenten die Präsenz in der Sprechstunde weggeschnappt hätte, hätte ich ihnen ihre Ausbildung streitig gemacht – und würde somit Gefahr laufen, dass die Assistenten keine Lust mehr hätten, mir noch was zu erklären, da ich ja offensichtlich in der Sprechstunde mehr lernen würde, als sie mir beibringen könnten. Weiterhin wurde ich drauf hingewiesen, dass ich Uhu-Dinge (Stationsarbeit und OP-Assistenz )hier zu lernen hätte und nicht dazu da wäre, jetzt schon Facharztwissen zu erwerben. Ich selbst finde solche Kommentare gegenüber einem Uhu äußerst befremdlich, fehl am Platz und unprofessionell.

Ärzte:
Die Assistenten sind alle eigentlich sehr nett. Die Bereitwilligkeit, einen Patienten ordentlich durchzusprechen oder ein paar Hintergründe zu erklären, ist sehr geteilt. Eigentlich habe ich bei 3-4 mitbekommen, dass sie das versucht haben, eine davon sehr intensiv (leider orthopädisch… und ich war im Chirurgietertial). Die anderen haben sich eher bedeckt gehalten was Erklärungen anging und den Patienten dann eher abgenickt.
Die Kaderärzte sind eigentlich auch alles sehr nett. Man hat allerdings nur während der OPs was mit ihnen zu tun. Auch bei den Kaderärzten ist es sehr geteilt, was die Erklärungen angeht. Im Zweifel eher weniger als mehr.
Die beiden Chefärzte sind so eigentlich auch sehr nett. Und zumindest der orthopädische Chefarzt ist eigentlich an der Ausbildung der Unterassistenten interessiert – es sagt es zumindest immer. Wie immer mangelt es an einem… der Umsetzung. Insgesamt hatte ich in meiner Zeit in Wolhusen den Eindruck, dass die Chefärzte an vielen Stellen einfach nicht strikt genug durchgreifen und den Laden nicht 100% im Griff haben.
Für Uhus aus Deutschland ist es sicher erst eine Umgewöhnung, denn der Ton ist ziemlich locker. So werden nur die beiden Chefärzte gesiezt. Kaderärzte und Assistenten werden mit „du“ angesprochen.
Vorsicht aber: dies ist ein kleines Haus, in dem jeder schnell jeden kennt. Und da passiert es halt auch schnell, dass viel geredet wird. Es wird unheimlich viel gelästert unter den Ärzten. Dies macht auch vor den Uhus nicht halt aus 2 Gründen: 1) wird u.a. auch über die Uhus gelästert. Dies ist umso ärgerlicher, wenn der Uhu das dann mitbekommt. 2) wir auch in Anwesenheit der Uhus über Kollegen gelästert. Dies ist nicht nur unschön, sondern beeinflusst auch noch und ist zudem äußerst unprofessionell.
Insgesamt hatte ich von dem Team den Eindruck, dass viele sehr nette Individualisten dort arbeiteten und es – auch wenn sich die Ärzte privat verstanden und teilweise auch befreundet waren -, in dem Team keinen Zusammenhalt und keine Struktur gab. Für den neu reinkommenden Uhu, der ja ohnehin nicht lange bleibt, ist das keine schöne und auch keine einfache Situation.

Pflege
Die Pflege ist sehr gut besetzt – und darf auch viel mehr als in Deutschland. Blutentnahmen und Verbandswechsel sind z.B. Aufgabe der Pflege, die Uhus eigentlich nicht machen. Ab und an darf man aber auch mal stechen – dass wir die Blutentnahmen in Deutschland machen müssen, versteht die Pflege auch… ;-)
Wenn man am Wochenende Visite machen muss und sich mit den Schwestern gut versteht, stellt die Visite eigentlich kein großes Problem dar. Die Pflege hat ein gesundes Fachwissen und stellt einem auch eigentlich Fragen, die man beantworten kann. Von Seiten der Pflege habe ich viel nette Hilfestellung bekommen.
Die Pflege hat allerdings auch eine große Lobby im Haus – man sollte sich nicht auf große Diskussionen einlassen, denn die könnten auch mal aus dem Rahmen fallen.

Alltag
Normalerweise beginnt um 7:10 die Visite. Von einigen Assistenten wird aber gewünscht, dass man um 7:00 schon da ist und schon mal Stationslisten und OP-Plan ausdruckt. Die Visite muss bis 7:50 durch sein, dann ist nämlich Rapport (Röntgenbesprechung). Anschließend geht’s auf die Station/in den OP. Wenn man im OP an erster Stelle ist, muss man um 8:10 den Rapport verlassen und beim Lagern helfen.
Im OP soll man vorher mit lagern helfen. Anschließend bekommt man irgendwann das Zeichen, dass man sich einwaschen soll. Nach der OP ist man dann für das Umlagern mit verantwortlich. Vorsicht: Wenn man 3 OPs hintereinander hat, darf man nicht auf die Idee kommen, dass es zwischendurch mehr als nen Stück Brot, nen Kaffee und vielleicht ne Tütensuppe zu Essen gibt, da man als Uhu als letztes den Patienten verlässt und als erstes wieder aufzutauchen hat. Und da gibt es Oberärzte, die wirklich drauf achten, dass der Uhu mit umlagert. Früher gehen weil essen ist meistens nicht. Oft kommt man dann mittags/nachmittags aus dem OP und hat noch nen Stapel Aufnahmen zu machen. Die Assistenten kommen eigentlich selten auf die Idee, die einem Uhu abzunehmen – nur wenige Assistenten helfen da mal aus. An den Aufnahmen sitzt man dann auch seine Zeit. Dienstschluss ist um 17:30 – meist ist aber Verlängerung angesagt.
3 Besonderheiten seien noch angemerkt: Montags und freitags finden jeweils nachmittags noch Rapporte statt. Montags ist nachmittags zusätzlich noch Chefarztvisite und mittwochs Oberarztvisite. Donnestags ist morgens statt Visite gemeinsame Fortbildung, für die die Uhus noch mal 20 Minuten früher kommen müssen, um den Kaffee zu kochen.

Piket/Wochenende
Die Anzahl der Wochenenden und der Pikett-Dienste richtet sich nach der Anzahl der Uhus. Diese Dienste werden unter den Uhus aufgeteilt und es ist wichtig, dass für jeden Tag ein Uhu dann da ist. Die Pikett-Dienste sind eigentlich Bereitschaftsdienste während der Woche nach Dienstschluss. Diese werden nicht extra vergütet und gehen dann quasi von 7h bis 7h, Ausgleich gibt es nicht. Es kann also sein, dass man dann auch mal bis abends spät mit im OP stehen muss und am nächsten Morgen dann wieder müde antreten muss. Man muss allerdings zugeben, dass die Assistenten einen meist nicht rufen – nur, wenn es wirklich eine große OP ist, wo viele Hände gebraucht werden oder wenn der Notfall überquillt und der diensthabende Assistent nicht weg kann.
Die Wochenenden sind ein wenig komplexer zu beschreiben. Als diensthabender Uhu am Wochenende muss man spätestens gegen 8h da sein und auf seiner Station alleine Visite machen. Um 9h ist dann ein kleiner Rapport mit den Diensthabenden. Da stellt man dann die Problemfälle seiner Station vor. Nach dem Rapport geht man zusammen auf die Privatstation und die Intensiv. Danach kann man dann ggf. mit dem Diensthabenden Oberarzt noch mal ein paar Fälle auf der Station ansehen, wenn denn der Oberarzt das mitmacht (machen nicht alle). Oder man muss mit in den OP. Ansonsten hat man das ganze Wochenende (Freitag – Montagmorgen 7h) Pikett und somit Rufbereitschaft für den Fall, dass im OP jemand gebraucht wird. Nachmittags kann man sich noch aussuchen, wann man einmal zur Aktenvisite kommt und noch Medis anordnet. Für die Wochenenden gibt’s in der Regel den Montag und Dienstag danach als Kompensationstage. 7 Tage Urlaub hat man zudem in seinen 4 Monaten – dafür keine Studientage.

Lernsitutation
Die Lernsituation war sicherlich das problematischste an den ganzen 8 Wochen. Ja, wie fange ich am besten an?
Lernen im Alltag: Von Assistentenseite wurde mir mehrfach gesagt, dass ich da wäre, um Stationsarbeit zu lernen. Und dass man sich in Wolhusen dafür entschieden hätte, mehr Wert auf die praktische Ausbildung zu legen. Dies sah aber so aus, dass man auf Station von seinem Assistenten nicht eingearbeitet wurde, sondern einem nur von den anderen Uhus übergeben wurde, was die anderen schon seit langem irgendwie so machen. Wenn man mal nach irgendwelchen Strukturen (Anamnesebogen/Leitlinien für EKG oder Röntgen-Thorax oder Labor) gefragt hat, gab es die nicht, weil jeder das nach seinen Maßstäben gemacht hat. Daher dauerte es auch etwas, bis man etwa raushatte, was welcher Assistent gerne hätte. Und dies galt nicht nur für die Aufnahmen. Und gerade für einen Anfänger ist es ohne Strukturen sehr schwer zu arbeiten und zu lernen, v.a. in einem fremden Land mit fremdem Versichtungssystem und fremden Generika. Es wurde allerdings auch kein Bemühen gezeigt, eine Struktur reinzubringen um die Arbeit der Uhus ein wenig zu erleichtern – es war eher so, dass man dann blöde Kommentare erntete, wenn man sich dann doch nicht beim ersten Mal bestimmte Dinge zugetraut hätte. Fazit: das einzige, was ich auf Station gelernt habe, ist, dass ich die Fragen der Schwestern mit den Vorschlägen der Schwestern abnicken kann und wie ich irgendwie irgendwas improvisiere – aber strukturiertes, effektives Arbeiten auf der Station habe ich sicherlich nicht gelernt.
Im OP kommt es sehr auf die beteiligten Ärzte, Schwestern, die OP und die Zeit an. Es kommt schon vor, dass man OPs kommentiert bekommt oder dass man im Dienst mal die Kamera führen darf. Es ist auch vorgekommen, dass ich dann auch mal einen von zwei Nävi rausschneiden durfte. Leider habe ich aber auch oft genug das Gegenteil mitbekommen, dass es dann hieß, dass zu wenig Zeit ist, um mich nähen zu lassen, weil die Überleitungszeit so eng bemessen ist. Das war eigentlich die gerne genommene Standardausrede, um den Uhu nicht nähen lassen zu müssen…
Fortbildung sollte zudem einmal in der Woche sein für Uhus und neue Assistenten. Leider fällt das mehr aus als es stattfindet – in 9 Wochen habe ich 3 Fortbildungen mitbekommen…. Für chirurgische Uhus, die gefühlte 90% Ortho in ihrem Chirurgie-Tertial machen müssen, ist das besonders ärgerlich, weil sie ihr praktisch nicht erworbenes Wissen auch nicht über Fortbildungen ausgleichen können.
Einmal in der Woche findet donnerstags gemeinsame Fortbildung statt, bei der jeweils einer dran ist, einen Vortrag vorzubereiten – das trifft Assistenten, Chefärzte, Oberärzte und Uhus gleichermaßen. Heißt: Einmal während der Uhu-Zeit ist auch ein Uhu dran, einen Vortrag zu halten – das Thema darf man selbst wählen, es sollte etwas mit Chirurgie zu tun haben und ca. 25 Minuten gehen.

Finanzen:
Man sollte nicht allzu illusorisch denken. Man bekommt vom Klinikum 1000 Franken für 50 Arbeitsstunden/Woche – ziemlich das Minimum. Wochenenden, Überstunden und Pikett-Dienste werden nicht vergütet, Überstunden sollten aber ungefähr ausgeglichen werden über Kompensationstage. Einnahmen hat man nicht so viele – aber dafür viele Ausgaben: Allein das Anmelden bei der Gemeinde kostet ca. 100 Franken. Dann müssen erst mal 20 Franken Pfand für den Ausweis hinterlegt werden. Internet und Telefon muss man selbst zahlen – Internet gibt’s im Personalhaus nicht, Telefon als Festnetz im Zimmer, Schweizer Handy muss selbst besorgt werden. Monatliche Ausgaben sind Steuern/Versicherung: ca. 60 Franken. Dann kostet das Zimmer im Personalhaus 350 Franken. Für das Essen im Spital kann man mit 200 – 250 Franken im Monat rechnen – wenn man dann noch auf die Idee kommt, morgens und abends was essen zu wollen, ist man sein Geld für den Monat eigentlich schon fast los. Alles, was Freizeit heißt (wenn man die denn hat), zahlt man drauf.

Freizeit:
Man kann sicher in der Umgebung viel unternehmen – nur: Man muss auch die Freizeit dafür haben. Je nach Unterassistenten-Situation hat man 2-4 Pikett-Dienste in der Woche. Und ich hatte noch das „Glück“ jedes 2. Wochenende Dienst zu haben. Selbst wenn man keinen Pikett hat, ist man nach den 10-12h doch immer recht gut bedient, so dass ich gerne so eine Arbeits-Schlaf-Mentalität einschleicht. Ich selbst war ein wenig frustriert, da ich sicher gerne mehr von der Schweiz gesehen hätte in der Zeit, in der ich da war… bisschen doof bei jedem 2. Wochenende Dienst und den vielen Pikett-Diensten.

Vergleich mit deutschem Chirurgie-PJ
Eigentlich hatte ich ein ganzes Tertial in Wolhusen geplant. Doch da mein Tertial Chirurgie und nicht Orthopädie hieß und ich aber eigentlich ein Orthopädie-Tertial dort habe machen müssen, habe ich mich dann recht spontan entschieden, meine 2. Hälfte doch in Deutschland zu absolvieren. Die etwas schwierige Lernsituation, die fehlende Struktur und der Fakt, dass ich jedes 2. Wochenende Dienst hatte, haben diese Entscheidung sicherlich noch unterstützt und ein Blick aufs Konto auch. Nicht zuletzt hat die etwas schwierige Situation im Team mit den ganzen Lästereien, Unehrlichkeiten und Unprofessionalitäten hat sicherlich auch noch einen Teil dazu beigetragen. Der Wechsel ging von Seiten meiner Heimatuni sehr einfach und es war in kürzester Zeit ein attraktiver Platz organisiert. Wolhusen hat sich da allerdings zunächst ein wenig schwer getan, da die Kündigungsfrist damit nicht erfüllt gewesen wäre. Nach einem langen Gespräch mit dem CA Ortho durfte ich aber gehen ohne die Kündigungsfrist einhalten zu müssen und das rechne ihm hoch an, dass er mich hat gehen lassen.
Letztendlich bin ich dann in der AGV in Itzehoe gelandet und dort super nett aufgenommen worden. Zu meiner Verwunderung wurde ich da zunächst keiner Station zugeteilt sondern als PJ Poli in die Poliklinik und ZASA gesteckt, damit ich aufholen konnte und erst mal viele Patienten sehen konnte. Von dort aus war ich nicht mehr so oft im OP, aber dafür hatte ich viele Patienten zu sehen, die ersten chronischen Wunden alleine zu versorgen, morgens die prästationären Patienten aufzunehmen, auf den Stationen bei den Aufnahmen auszuhelfen, die Visite auf den Kinderstationen zu begleiten oder mit zum Schall auf die Intensiv zu gehen, zu schallen, unter Aufsicht Patienten aufzuklären und auf der Notaufnahme Patienten anzusehen. Wenn andere PJler von den Stationen nicht da waren oder verhindert waren, konnte ich mit in den OP gehen. Zusätzlich sollte ich einen Tag einen Ausflug in die interventionelle Radiologie machen um mir anzusehen, was über Kathetertechnik alles so möglich ist. Zudem kam es vor, dass mich der eine oder andere Oberarzt abgefangen hatte und mir mal nen Stündchen Angiobilder erklärt hat (wobei man dazu sagen muss, dass der OA da auch Spaß dran hatte und meinte, dass man das öfter mal machen sollte – eine Woche später war dann der nächste PJler dran) oder vor eindrucksvollen Befunden Bescheid gesagt hat, damit man sich diese im OP ansehen konnte.. Mit Strukturen, an die man sich halten konnte, fiel das Lernen am Anfang übrigens viel leichter. Auch auf Station herrscht ein anderes Klima: in Itzehoe ist der PJler auch nicht der Blutsauger, weil das Schwesternsache ist. Es wird sehr drauf geachtet, dass der PJler bei den ärztlichen Tätigkeiten dabei ist: Sono, Rekto, Aufnahmen… Die Aufnahmen werden hier übrigens auch aufgeteilt: Es ist nicht schlimm, wenn der PJler nicht alles schafft. Und auch die OPs sind nicht so zahlreich und kraftaufwendig, dafür interessant, meist kommentiert und meist näht der PJler. Sehr angenehm aufgefallen sind mir zudem 2 Dinge: im Gegensatz zu Wolhusen, wo mir am 3. Tag schon ein Assistent sagte, dass er eigentlich Tage zählt und nur drauf wartet, da weg zu sein, ist es in Itzehoe so, dass die alten Assistenten, die schon Fachärzte sind, gerne bleiben, weil sie es dort einfach so nett finden. Die Stimmung im Team ist allgemein sehr fröhlich und es wird auch viel gelacht. Mir persönlich sehr positiv aufgefallen ist, dass man mit den ärztlichen Kollegen mittags essen gehen kann, ohne im Geläster über die Kollegen zu sitzen. Im Gegenteil: Es herrscht eher eine freundliche, ungezwungene, offene Atmosphäre, übrigens auch zwischen Chef oder Oberärzten und PJlern. Ein ziemliches Kontrastprogramm war das Thema Fortbildung/PJ-Unterricht. Während das in Wolhusen 3 mal in 9 Wochen wirklich geklappt hat, haben wir in Itzehoe schon fast zu viel Unterricht: jeweils 1x/Woche Anästhsie, Innere, Pädiatrie, Lehrvisite, Urologie, Neurologie, Chirurgie.. so kommt man auf 1-3 Stunden Unterricht pro Tag. Insgesamt habe ich auch recht schnell in Wolhusen begonnen, Tage zu zählen – in Itzehoe weiß ich nicht, wo die Zeit geblieben ist. Dort hätte ich jederzeit länger bleiben können… und das ärgert dann doppelt, wenn das Tertial doch recht bescheiden angefangen hat. Auch von der Stationsarbeit habe ich in Itzehoe mehr mitgenommen als in Wolhusen es jemals der Fall gewesen wäre.

Fazit
Wie man vielleicht schon herausgelesen hat, bin ich froh darüber, doch frühzeitig aus Wolhusen weggegangen zu sein und in Itzehoe gelandet zu sein. Ich selbst kann eigentlich keinem so wirklich empfehlen, nach Wolhusen zu gehen – und nur hoffen, dass sich einige Herrschaften dort diesen und andere Berichte zu Herzen nehmen und sehen, dass PJ heutzutage vielleicht doch ein wenig anders läuft. Wenn doch noch Fragen auftauchen sollten, könnt ihr mich gerne kontaktieren.
Bewerbung
wie immer in der Schweiz: Entweder 1 1/2 - 2 Jahre vorher oder ganz knapp vorher. Kontakt über Chefarztsekretärin Orthopädie.
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
Sonst. Fortbildung
Nahtkurs
Tätigkeiten
Röntgenbesprechung
Mitoperieren
EKGs
Botengänge (Nichtärztl.)
Untersuchungen anmelden
Patienten aufnehmen
Dienstbeginn
Vor 7:00 Uhr
Dienstende
17:00 bis 18:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Kleidung gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Unterkunft gestellt
Gehalt in EUR
600
Gebühren in EUR
zusammen etwa 100

Noten

Team/Station
4
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
5
Klinik insgesamt
5
Unterricht
6
Betreuung
5
Freizeit
5
Station / Einrichtung
4
Gesamtnote
5

Durchschnitt 4.67