Dieses Tertial ist absolut nicht zu empfehlen. Wer fachlich etwas lernen und möglichst viel aus dem klinisch-praktischen Jahr mitnehmen möchte, ist hier fehl am Platz. KPJ-Studierende werden in erster Linie als billige Arbeitskraft eingesetzt – und das nahezu vollständig ohne strukturiertes oder sinnvolles Teaching.
Zum Tagesablauf: Morgens findet eine kurze Frühbesprechung im Ärztezimmer statt, die über WebEx abgehalten wird. Direkt im Anschluss wird darauf gedrängt, die für den Tag geplanten Patient*innen aufzunehmen. Den Großteil des Tages verbringen wir Studierenden in den Untersuchungszimmern mit Patientenaufnahmen. Pro Tag sind es im Durchschnitt etwa drei bis sechs Aufnahmen, überwiegend Ablationen bei Herzrhythmusstörungen, Herzkatheteruntersuchungen und TAVIs. Zu jeder Aufnahme gehören eine vollständige Anamnese und klinische Untersuchung, Blutdruck- und Pulsmessung, das Schreiben eines EKGs sowie das Legen peripherer Venenverweilkanülen inklusive Blutabnahme.
Zwar ist dies geeignet, um grundlegende klinische Fertigkeiten zu festigen, nach der zwanzigsten Aufnahme wird die Tätigkeit jedoch eintönig und redundant. Ärztinnen und Ärzte nehmen sich nur äußerst selten Zeit für fachliche Erklärungen. Einzelne sind zwar bemüht, Teaching zu betreiben, doch bleibt es über die gesamten vier Monate hinweg bei vereinzelten, sporadischen Momenten. Da die Aufnahmen den gesamten Vormittag in Anspruch nehmen, ist es eine Ausnahme, an der Visite teilzunehmen und den klinischen Verlauf, die Diagnostik oder Therapie kardiologischer Patient*innen mitzuerleben. Sollte man es doch einmal zur Visite schaffen, hält sich das Interesse des ärztlichen Teams an Studierenden stark in Grenzen. Oberärzt*innen behandeln einen eher wie einen Schatten, selbst bei erkennbarer Initiative und Lernbereitschaft. Eine aktive Einbindung in die Visite findet kaum statt; Fragen werden selten gestellt, meist bleibt man stiller Zuhörer.
Das Arbeitsklima ist insgesamt angespannt und stark hierarchisch geprägt. Ein Einsatz in der Ambulanz zum Erlernen von Echokardiographie oder im Herzkatheterlabor ist nicht vorgesehen, da Studierende auf Station als „Aufnahmekräfte“ benötigt werden. Lediglich am Studientag – der grundsätzlich gewährt wird, sofern ausreichend andere KPJ-Studierende anwesend sind – wird einem angeboten, dort einmal vorbeizuschauen.
Nach einer kurzen Mittagspause folgen weitere Aufnahmen, meist mindestens eine tagesklinische sowie eine Notfallaufnahme, sodass auch der restliche Arbeitstag aus Lernperspektive wenig gewinnbringend ist. Die offizielle Arbeitszeit ist von 8:00 bis 15:00 Uhr angesetzt, in der Praxis ist es jedoch selten möglich, die Station vor 16:00 Uhr zu verlassen. Erwartet wird, dass man so lange bleibt, bis die letzte Patientinnenaufnahme abgeschlossen ist. Einige Kolleg*innen waren mehrfach gezwungen, unbezahlt bis 18:00 oder sogar 19:00 Uhr zu bleiben. Zwar äußerten einzelne Ärztinnen und Ärzte Bedauern darüber, dass kein adäquates Teaching stattfindet, sahen sich jedoch (nachvollziehbarerweise) nicht in der Lage, das bestehende Stationskonzept zu verändern.
Nach vier Monaten KPJ fühle ich mich zwar sicherer in Basisfertigkeiten wie Anamnese und klinischer Untersuchung, fachlich bleibt der Wissenszuwachs jedoch äußerst begrenzt. Wer keine ausgeprägte Eigeninitiative zeigt und sich Inhalte selbst erarbeitet, wird das Tertial letztlich mit kaum mehr Wissen verlassen, als er oder sie zu Beginn mitgebracht hat.