PJ-Tertial Psychiatrie in Clienia Privatklinik Littenheid (6/2019 bis 9/2019)

Station(en)
Park D
Einsatzbereiche
Station
Heimatuni
Greifswald
Kommentar
Ich durfte kurzfristig mein Wahltertial in Littenheid auf der Station Park D mit Schwerpunkt Akute Krise und Sucht absolvieren. Dort wurde ich sehr herzlich aufgenommen und schnell ins Team integriert, obwohl ich am Anfang in einer neuen Umgebung immer sehr zurückhaltend bin. Das hat sich aber schnell gelegt und ich kann mit Recht behaupten, dass die Zeit in Littenheid meine schönste Zeit im gesamten Studium war! Dafür möchte ich an dieser Stelle meinen lieben Kollegen von ganzem Herzen danken! Ich hoffe auf ein baldiges Wiedersehen! :)

Klinik:
Die Clienia Littenheid verfügt über ein breites psychiatrisches Angebot, inklusive Kinder- und Jugendpsychiatrie. Von (fakultativ) geschlossenen Akutstationen über Psychotherapie und Sucht sind (fast) alle Bereiche abgedeckt. Das moderne Erscheinungsbild und das grosse Areal mit Café, Sportplatz, etc. vermittelt einen positiven Ersteindruck. Im "Das Café " gibt es im Grunde täglich die Möglichkeit, ein für Schweizer Verhältnisse günstiges Mittagsmenü zu bekommen, welches einen zwar nicht in kulinarische Höhenflüge versetzt, aber mit deutschen Krankenhauskantinen absolut gar nichts gemeinsam hat. Alternativ besteht auch die Möglichkeit, in der Mittagspause (meist ca. 12-13 Uhr) ins wenige Meter entfernte Personalhaus mit moderner Gemeinschaftsküche zu gehen und dort selbst zu kochen.

Station:
Ich war auf der Station Park D mit Schwerpunkt "Akute Krise und Sucht", d.h. es wurden sowohl akutpsychiatrische Patienten (z.B. Suizidalität, Schizophrenie) aufgenommen, als auch Suchtpatienten zum Entzug jeglicher Substanzen. Am Anfang fand ich die Kombination etwas merkwürdig und hatte meine Zweifel, ob es sinnvoll sei, diese Patientengruppen zu vermischen, aber es scheint durchaus ein running system zu sein!
Zum tollen Pfelgepersonal: Von vorherigen Praktika auf Suchtstationen war ich es gewohnt, dass die Pflege dort sehr viel Wissen und Erfahrung mitbringt und entsprechend sehr genau weiss, was sie tut. Hier kommt nun noch der Akutbereich dazu, wo dies ebenfalls sehr wichtig ist. Was soll ich da zum Personal in Littenheid sagen....... Beste. Ever. Fachkompetenz Note 1, Freundlichkeit 1, Hilfsbereitschaft 1, Wertschätzung 1, Sozialkompetenz 1. Ein RIESEN GROSSES DANKESCHÖN an euch, dass ihr meine Zeit so bereichert und mich immer unterstützt habt!!!
Zum tollen Ärzteteam: Wie in der Schweiz (fast überall, Betonung auf fast) üblich, wurde ich am ersten Tag in Empfang genommen, mir wurde alles gezeigt und alle wussten Bescheid über meine Ankunft. Viele von euch wissen sicherlich, dass das in DE und anderen Ländern manchmal nicht so ganz der Fall ist...
Meine lieben Kollegen und Kolleginnen auf Station haben sich immer für mich Zeit genommen und mir alle Fragen die ich so hatte beantwortet, mir jeglichen Freiraum gelassen und mich grösstenteils als fast gleichwertig angesehen. Der Respekt der mir entgegengebracht wurde und die Verantwortung die mir zugetraut wurde ist in keiner Weise vergleichbar mit einem PJ in Deutschland!
Das absolut Beste am Ärzteteam auf der Station (und sorry an alle anderen, ihr seid auch spitzenklasse!) ist und bleibt aber die Leitende Ärztin. The most kind and caring person I have met in a very long time! Jederzeit ein offenes Ohr für jeden und keine Spur von "Hierarchiedenken" oder Ähnlichem. Für viele Spässe und Team-Events zu haben, kocht sogar morgens Kaffee für die Assistenten/Unterassistenten/Pflege. Kann mir jemand einen Leitenden Arzt/Chefarzt in Deutschland oder sonstwo nennen der das macht?

Arbeitsalltag: Der Arbeitsbeginn ist offiziell um 8:30 Uhr auf der Station mit dem Morgenrapport, d.h. eine Pflegekraft sitzt mit den Ärzten zusammen und übergibt die neuesten Vorkommnisse und Zustandsbilder der Patienten, was ca. 30 Minuten dauert (bei ca. 20 Patienten auf Station durchschnittlich). Dienstags folgt danach der somatische Rapport (s.u.). Anschliessend werden meist Erstgespräche oder dringliche Angelegenheiten erledigt, bis um 9:30 Uhr das ganze Stationsteam gemeinsam frühstückt. Danach gibt es Aufnahmen, Patientengespräche, Fortbildungen, administrative Angelegenheiten, usw.
In der Regel ist die Mittagspause für Unterassistenten überhaupt kein Problem, meistens ca. 12-13 Uhr, aber man hat seinen eigenen Terminkalender im Outlook und kann sich so Termine wie Patientengespräche etc. selbst planen.
Am Nachmittag geht es dann weiter mit Patientengesprächen, Standorten (Gespräch mit Patient, Arzt und Bezugspflegeperson), Dokumentation von Aufnahmen, usw., was eben ansteht. Feierabend wäre dann jeweils offiziell ca. 17 Uhr. Erzählt es keinem weiter, aber wenn ich nichts mehr zu tun hatte, durfte ich manchmal auch etwas früher gehen, da wir nicht stempeln... Wenn etwas anliegt oder ihr einen Termin habt, ist es in der Regel kein Problem mal früher zu gehen, alles ganz entspannt!
Zum Arbeitsalltag ist anzumerken, dass ich nach Littenheid gekommen bin und schon "sehr viel" Erfahrung in Psychiatrie hatte und deshalb sehr eigenständig gearbeitet habe. Wer sich das auch zutraut, dem wird sicher sehr viel Dankbarkeit entgegenschlagen. Aber das soll keineswegs heissen, dass hier nicht jemand genauso willkommen ist, der noch nie mit Psychiatrie in Berührung gekommen ist und einfach mal "schnuppern" will! Jeder kann und darf machen was er sich zutraut und auch einfach nur zuschauen und mitlaufen! Es gibt überhaupt keinen Druck.

Fortbildung: Montags gibt es jeweils vormittags eine Fortbildung die jeweils abwechselnd organisiert wird und entsprechend natürlich mal mehr und mal weniger lehrreich ist. Donnerstags ist 16-17 Uhr ebenfalls ein Vortrag, in der Regel von etwas höherer Qualität, aber auch oft spezifischer. Ich kann nur jedem empfehlen zur externen Supervision zu gehen, wofür leider die Assistenzärzte oft keine Zeit haben, weswegen auch ich diesen Termin oft vergessen habe. Es lohnt sich allerdings sehr!! Spezifisch für Park D ist noch zu erwähnen, dass, wenn ihr eigene Patienten als Hauptbehandler übernehmt (was ihr nicht müsst, aber könnt) gibt es noch einmal wöchentlich Coaching mit der Leitenden Ärztin. Hier könnt ihr 1:1 bei einem Kafi oder Glace besprechen, wie es euch in Littenheid geht, ob etwas nicht so gut läuft, wo ihr euch Unterstützung wünscht, etc. Und anschliessend werden dann "eure" Patienten besprochen. Allfällige Fragen die ihr habt zu Diagnose, Therapie, Prognose, werden euch beantwortet und ihr könnt euch einer 100%-igen Unterstützung und Rückendeckung sicher sein.

Spezielles: Im Gegensatz zu den meisten anderen psychiatrischen Spitälern in der Schweiz gibt es in Littenheid einen internistischen Dienst. Einmal wöchentlich kommt der "hauseigene" Internist auf Station und es werden alle Patienten der Station besprochen in Bezug auf nicht-psychiatrische Angelegenheiten. Es besteht nicht nur die Möglichkeit, Insights und Tipps zu bekommen, sondern auch z.B. Sonographien und andere Untersuchungen machen zu lassen, ohne dass der Patient dafür in ein anderes Spital geschickt werden muss (was an sonstigen Standorten durchaus häufig ist). Man lernt hierbei auch viel, da Michael sich sehr viel Mühe gibt und auch Zusammenhänge und seine Schlussfolgerungen super erklärt.
Eine weitere "Spezialität" ist, dass ein grosser Kinder- und Jungendbereich vorhanden ist. Auch zu diesem Themengebiet gibt es immer mal wieder Fortbildungen, was insofern besonders interessant ist, als dass dies im Studium eigentlich kaum bis gar nicht behandelt wird. Auch ein Wechsel auf eine solche Station ist möglich.

Freizeit/Unterkunft: Wer sich keine Villa in Winterthur leisten kann, hat ein sehr modernes und attraktives Personalhaus zur Verfügung. Für 360,- CHF hat man ein voll ausgestattetes Zimmer mit eigenem WC/Dusche/Kühlschrank und natürlich Bett, Schrank, Schreibtisch. Balkon gibt es ebenfalls! Die Gemeinschaftsküche im Erdgeschoss bietet alles was man braucht und da hauptsächlich Mitarbeiter und andere Unterassistenten dort wohnen, kann man auch soziale Kontakte knüpfen. Die Atmosphäre ist sehr angenehm und es mangelt an nichts!
Da es in der direkten Umgebung leider keinen Supermarkt/Lebensmittelladen gibt, ist man auf Fahrrad/Auto oder Bus angewiesen. Mit dem Bus ist man in 10 Minuten in Wil, wo es alles gibt, was man brauchen könnte. Für grössere Ausflüge ist ein Auto allerdings wohl die beste Option.
Insgesamt hat man in der Schweiz einen "Full-time job" was die offiziellen Arbeitszeiten anbelangt, es fühlt sich aber nicht so an, da die Arbeitsatmosphäre wesentlich angenehmer ist als anderswo. Und es bleibt definitiv Zeit für allerlei Aktivitäten!

Schweiz: Wer noch nicht in der Schweiz war, hat vermutlich viele Fragen. Ich werde mal versuchen, ein paar zu beantworten.
1. Sprache: Wenn man noch nie in der Schweiz war, ist es die ersten 1-2 Wochen schwierig. Die Schweizer merken das aber sehr schnell, wenn die Deutschen sie nicht versthen und wechseln auf hochdeutsch. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase ist Verständnis kein Problem mehr, also keine Sorge!
2. Geld: Die Schweiz ist teuer, ja. Das Gehalt von 1500 CHF reicht aber absolut zum Leben, wenn man ein paar Sachen beachtet; Aldi statt Coop, keine Pizza bestellen, selbst kochen statt essen gehen. Und selbst das kann man sich mit dem Gehalt ab und an mal leisten.
3. Ausländerfeindlichkeit: Mir wurde 2014 vor meinem ersten Schweizaufenthalt gesagt, dass die Schweizer sooooo ausländerfeindlich sind. Bullshit. Vergesst den Mist, eure Kollegen in der Schweiz kommen aus den verschiedensten Nationen und arbeiten Hand in Hand zusammen!
4. Konto: Wenn ihr ein ganzes Tertial hier verbringen möchtet, richtet euch zeitnah ein schweizer Bankkonto ein. Hierfür empfiehlt sich in der Regel die Postfinance.

Fazit:
Nach einer langen schweren Zeit habe ich mich in Littenheid angekommen gefühlt. Jeder, der an Psychiatrie interessiert ist und vielleicht diesen Weg einschlagen möchte ist hier genau richtig.
Bewerbung
Spontane Bewerbung über den Chefarzt Dr. Mark Ebneter, jedoch würde es sich sicher empfehlen, das etwas zeitiger zu machen als ich :D
Unterricht
3 x / Woche
Inhalte
Fallbesprechung
Sonst. Fortbildung
Tätigkeiten
Briefe schreiben
Eigene Patienten betreuen
Untersuchungen anmelden
Botengänge (Nichtärztl.)
Patienten aufnehmen
Patienten untersuchen
Dienstbeginn
Nach 8:00 Uhr
Dienstende
17:00 bis 18:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Mittagessen regelmässig möglich
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Gehalt in EUR
1400

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
1
Unterricht
2
Betreuung
1
Freizeit
2
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.13