PJ-Tertial Chirurgie in Kantonsspital Muensterlingen (6/2025 bis 9/2025)

Station(en)
B3/4, C3/4, Notfall, OP
Einsatzbereiche
OP, Notaufnahme, Station
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Abläufe/Organisation:
Die Dienstzeiten als UHU sind eindeutig geregelt. Man muss mit einem Badge ein- & ausstempeln, die Zeiten interessieren jedoch keinen (außer für die zusätzliche Vergütung der Bereitschaften). Man ist entweder auf Station/OP oder dem Notfall eingeteilt. Auf Station beginnt der Dienst um 7.30 Uhr mit einem Röntgenrapport und endet nach dem Nachmittagsrapport, der um 15.30 Uhr (freitags 14.30 Uhr) beginnt und ca. 30-45min lang geht. Schön ist, dass es nach dem Morgenrapport erstmal gemeinsam zum Kaffeetrinken geht, bevor der Tag richtig startet. Das kenne ich aus Deutschland so nicht, hat sich aber als sehr gesellig erwiesen. Generell laufen die Uhren in Münsterlingen etwas langsamer als in Deutschland. Mittagspause wird täglich meist gemeinsam gegen 11.30 Uhr gemacht. Auf dem Notfall arbeitet man unter der Woche nur im Spätdienst von 13.00-21.30 Uhr. Zusammen mit den orthopädischen und gynäkologischen UHUs muss man die Pickett-Bereitschaften unter der Woche besetzen. Das heißt man geht - sofern man nicht direkt gebraucht wird - nach dem Rapport mit seinem Telefon nach Hause und ist von 17.00 bis 07.00 Uhr am nächsten Tag in Rufbereitschaft und muss im Fall der Fälle innerhalb von 30 min im OP sein. NEU: wird man nachts gerufen hat man (bei ausreichender UHU-Besetzung...) nach Nahtende 8 Stunden Ruhezeit und kommt dann am nächsten Tag eben erst mittags oder hat ganz frei. Am Wochenende besetzt man mit den Ortho-UHUs den Notfall und Pickett, d.h. fest Notfall 10.00-16.30 Uhr und außerhalb davon Rufbereitschaft. Je nachdem wie viele UHUs da sind, hat man mehr oder weniger Dienste. Ich hatte z.B. 2-4 Picketts unter der Woche pro Monat und 1-2 Wochenenden in 3 Monaten. Unter der Woche wird man eher selten gerufen, am Wochenende regelhaft morgens vor dem Notfall ab ca. 8 Uhr. Dass Bereitschaftsdienste verpflichtend sind, ist in der Schweiz typisch - und ja die Bezahlung (siehe unten) ist unterirdisch. Ohne Freunde, die vor uns da waren, hätten wir auch nichts von den Diensten gewusst. Das crasht natürlich jegliche Freizeitplanung im Tertial und wird ab jetzt wohl bei Stellenzusage ausdrücklich kommuniziert.

Alltag/Lehre:
Das KSM ist ein kleines Haus (auch deutlich kleiner als das Schwesterspital in Frauenfeld) und für die Chirurgie zumindest auf dem Papier ein Kategorie A Spital. Es bietet mehr oder weniger alles bis auf Neuro-, Herz-, Gefäß- und Neurochirurgie. Die Chirurgie umfasst v.a. Allgemein-/Viszeralchirurgie und nicht-komplexe Unfallchirurgie (einfache Frakturen, Nägel/Schrauben/Platten). Es gibt einen DaVinci. Im KSM findet keine Leber-/Pankreaschirurgie statt, jedoch ab und zu Hemikolektomien, Gastrektomien und Sigmaresektionen. Hin und wieder gibt es Schilddrüsen oder Amputationen. Bei den Schilddrüsen muss immer jemand 4-6h zum Haken halten mit rein. Das tut sehr weh aber geht auch vorbei. Am besten teilt man sich das intern auf. Die Orthopädie macht als eigenständige Abteilung mit eigenen UHUs v.a. Prothesen und komplexere Traumatologie = heißt man muss als chirurigscher UHU keine Hüften halten! Auf Station macht man morgens Visite mit und dann klassische Stationsarbeit zusammen mit den Assistenten. Blutabnahme/Viggo-Legen ist Aufgabe der Pflege. Besonders cool ist, dass es in der Chirurgie hier als einzige Abteilung sog. klinische Fachspezialistinnen gibt (Pendant zu Physician Assistants bei uns). Diese sind sehr fit und dürfen fast so viel wie Assistenten. In der Ferienzeit war bei uns auf Station oft wenig zu tun. Praktisch gab es dort eigentlich nur Drainagen-Zug zu lernen, sonst waren es leider Botengänge, Hausarzt-Telefonate und Entlassgespräche. Die Pflege macht neben normalen Verbänden auch VAC-Wechsel, Fadenzug etc. - wenn man das sehen will muss man sich an diese halten. Die Stationsarbeit empfand ich im Vergleich zu Notfall und OP als wenig lehrreich. Man hat aber sein eigenes UHU-Zimmer als Rückzugsort und wird jederzeit angerufen, wenn etwas gebraucht wird. Das ist deutlich angenehmer und zeitgemäßer als dieses Hinterhergedackel wie in Deutschland. Man kann/soll auch gerne in die Sprechstunden zusammen mit den Oberärzten. Im OP ist man ab und zu fest als 1. oder 2. Assistenz eingetragen (Assistenten haben immer Vorrang) - bei großen OPs regelhaft zum Hakenhalten. Bis auf ein paar Ausnahmen war das Klima stets sehr angenehm. Wirklich viel ist man allerdings nicht im OP eingeteilt - man darf aber jederzeit auf Eigeninitiative in den OP zum gucken oder ggf. vor Ort spontan einwaschen. Je nach Operateur darf man mehr oder weniger eigenständig machen. Kleinere Sachen wie Metallentfernung, Abszessabdeckelung, Schrauben oder mit Glück auch eine Port-Implantation oder Appendektomie darf man bei den richtigen Leuten unter Anleitung (anteilig) selbst durchführen. Wer hochkomplexe Operationen sehen will, ist in Münsterlingen jedoch falsch. Auf dem Notfall arbeitet man den Assistenten zu oder übernimmt eigene Patienten: Dokumentation, Wundversorgung, Nähen, Untersuchen - alles kann, nichts muss. Insgesamt lernt man in der Notaufnahme am meisten, bleibt dafür aber gerne auch mal länger. Besonders positiv hervorzuheben ist, dass bis inkl. der Chefarzt-Ebene in der Chirurgie eine "Du-Kultur" herrscht (mit Ausnahme eines leitenden Oberarztes). Das habe ich so in Deutschland noch nicht erlebt. Die Stimmung im Team war sehr gut und freundschaftlich, auch die Hierarchien waren flach zwischen Assistent*innen und Oberärzt*innen. Im Rapport herrschte manchmal jedoch kurzzeitig Eiszeit zwischen OA und AA. Mit den AA/KFS hat man sich auch außerhalb der Arbeit gerne verabredet und gemeinsam etwas unternommen wie z.B. gegrillt oä. Der Kontakt zur Pflege ist gut. Organisierten PJ-Unterricht gibt es leider gar nicht. Auch sonst gab es nur wenig dezidierte Teaching-Einheiten, die man sich teils aktiv einfordern musste.

Wohnen:
Am KSM stehen mehrere Personalhäuser zur Verfügung, Hier kann man unkompliziert ein Zimmer oder eine Wohnung mit geteilte/eigenen Badezimmern/Küchen mieten. So eignet es sich auch für einen Aufenthalt als Pärchen. Am besten kümmert man sich direkt nach der Stellenzusage darum, so geht man kein Risiko ein. Das PH Nord liegt sehr schön quasi am Bodenseeufer, ist dafür älter und (noch) nicht renoviert aber für die Aufenthaltszeit in völlig ausreichendem Standard. Von hier sind es ca. 15 min zu Fuß oder 5 min per Rad zum Spital. Das PH Süd liegt quasi hinter der Klinik und ist moderner und deutlich näher am Spital, dafür nicht direkt am See. Ein einfaches Zimmer ohne eigenes Bad/Küche kostet 390 CHF/Monat. Eine 30m²-2-Zimmerwohnung im PH Nord kostet 825 CHF/Monat zzgl. 150 CHF Endreinigung. Eine Parkberechtigung für alle Parkplätze auf dem gesamten Klinikgelände/Personalhäuser 100 CHF/Monat. Es gibt überall kostenloses WLAN mit durchwachsener Performance.

Lohn:
Das KSM zahlt ein monatliches Grundgehalt von 1.300 CHF brutto bei einer vertraglichen Wochenarbeitszeit von 48 Stunden. Dazu kommen Zuschläge für die verpflichtenden Bereitschafts- und Wochenenddienste. Eine Pickett-Bereitschaft mit Telefon zu Hause unter der Woche von 17.00-07.00 Uhr bringt ca. 60 CHF. Mit Wochenende(n) kommt man so auf ca. 1.500-1.600 CHF brutto. Davon gehen ca. 100 CHF als Steuern und Sozialabgaben weg sowie natürlich Miete, Kantinen-Konsumation und ggf. Parkplatz etc. Ein Mittagessen-Menu im Spitalrestaurant kostet 9-10.50 CHF. Kaffee 1.80-2.50 CHF.

Umgebung:
Das Kanton Thurgau ist geprägt vom Bodensee und der Landwirtschaft. Man kann in der Nähe des Spitals an mehreren Orten schön baden, grillen oder Beachvolleyball spielen. Münsterlingen an sich ist ein kleines Dorf. Es gibt nicht viel außer einem kleinen Supermarkt und dem Bahnhof. Mit dem Fahrrad kann man jedoch fantastisch die Umgebung erkunden oder auch größere Touren fahren. Gleich in der Nähe liegt auch der Bodenseesteg von Altnau. Je nach Jahreszeit variiert das Angebot und Wetter natürlich stark. Generell empfiehlt sich (auch laut Einheimischen) eher ein Aufenthalt im Sommer. Konstanz ist ca. 20 min mit dem Fahrrad oder 15 min mit der Bahn direkt von der Klinik erreichbar und eine tolle Stadt. Sie fühlt sich größer an als sie eigentlich ist und bietet eine Vielfalt an Kultur und Gastronomie. Nach Zürich, St. Gallen, Schaffhausen oder Liechtenstein ist es ebenfalls nicht weit (ca. 1h mit dem Auto). Auch in Italien ist man in nicht all zu langer Zeit. Das Tertial hat sich im Sommer so ein bisschen angefühlt wie 3 Monate Workation.

Trivia:
- Äquivalenzbescheinigung über Bern (kostenlos) oder Zürich (50 CHF)
- Splitten lohnt eher nicht, da man schon einige Zeit braucht, um ins Team und die Abläufe zu kommen - erst dann macht es ein wenig Spaß
- Wer viel mit-operieren will und chirurgisch lernen ist hier falsch, dafür ist das Team super nett und die Lage am See (im Sommer) ein Traum
- Der neue PJ-Beauftragte vor Ort ist sehr motiviert und bemüht zurecht bemängelte Strukturen zu ändern, was teils auch schon umgesetzt wurde
Bewerbung
Per Mail an die Chefarztsekretärin Chirurgie: Regula Straub

Ich habe mich etwas über 2 Jahre im Vorhinein am KSM beworben und für meinen Turnus den letztmöglichen Platz in meinem 3. Tertial bekommen. An Universitätsspitälern sind die Vorlaufzeiten zum Teil noch deutlich länger. Oft stehen auf deren Websites die aktuellen Bewerbungsstände und Deadlines. Mit etwas Glück kann man über Wartelisten noch spontan einen Platz bekommen, wenn jemand absagt. Dies passiert nicht selten, man muss dann nur dementsprechend flexibel sein können. Die langen Vorlaufzeiten sind für uns Deutsche sehr untypisch, hierzulande aber die Regel. Das muss man wissen, wenn man hier PJ machen oder als Arzt arbeiten möchte. Schweizer Medizinstudierende kümmern sich schon während ihres Studiums um ihre erste Assistenzarztstelle und oft auch schon um die erste Anschlussstelle nach 1-2 Jahren. Durch das Facharztausbildungsreglement ist man hier zu mind. einem Spitalwechsel (mit Wechsel der Versorgungsstufe A/B/C/D) verpflichtet. Insgesamt sind Unterassistenz- und Assistenzstellen mit einem Vorlauf von 2-3 Jahren besetzt.
Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Patienten aufnehmen
Röntgenbesprechung
Patienten untersuchen
Mitoperieren
Eigene Patienten betreuen
Notaufnahme
Briefe schreiben
Botengänge (Nichtärztl.)
Chirurgische Wundversorgung
Untersuchungen anmelden
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
16:00 bis 17:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Essen frei / billiger
Kleidung gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Gehalt in EUR
1400

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
2
Unterricht
5
Betreuung
2
Freizeit
2
Station / Einrichtung
2
Gesamtnote
2

Durchschnitt 2