PJ-Tertial Chirurgie in Sana Krankenhaus Ruegen (5/2025 bis 9/2025)

Station(en)
Allgemein-/Viszeralchirurgie, Orthopädie/Unfallchirurgie, chirurgische Notaufnahme
Einsatzbereiche
OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme, Station
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Ich habe mein chirurgisches Tertial am Sana Klinikum Rügen absolviert und kann die positiven Bewertungen der letzten Jahre nicht bestätigen. Für PJler:innen mit echtem Interesse an der Chirurgie empfehle ich dieses Tertial explizit nicht.

Der Tag begann um 7:00 Uhr mit der Frühbesprechung, in der die radiologischen Fälle der Nacht und der Ablauf des Tages besprochen wurden. Offiziell endete der Tag mit der Nachmittagsbesprechung um 14:45 Uhr, faktisch waren wir PJler:innen häufig früher weg, weil es schlicht nichts mehr zu tun gab. Blutabnahmen, Flexülen legen und Arztbriefe schreiben war meist gegen 10:00-11:00 Uhr erledigt. Selbst auf wiederholte Nachfrage wurden in der Regel keine weiteren Aufgaben angeboten. Nicht selten wurde man dann ab 12:00 Uhr nach Hause geschickt.

Meine Zeit auf der Station für Allgemein-/Viszeralchirurgie kann ich für meinen Slot nur als unterfordernd zusammenfassen. Abgesehen von den erwähnten Routinetätigkeiten gab es so gut wie keine sinnvolle Einbindung von PJler:innen. Der Fakt, dass man dann auch noch zu zweit/dritt wortwörtlich rumhing, hat den Workload nicht unbedingt verbessert. Eine Assistenz im OP war nur bei gelegentlichen Laparotomien (Haken halten) möglich, meine einzige Laparoskopie-Assistenz kam durch mein Einspringen an einem Feiertag zustande. Erklärungen während der Operationen fanden höchstens durch den CA (super lieb!), ansonsten gar nicht statt. Das Arbeitsklima war geprägt von Distanziertheit, vor allem durch eine bestimmte OÄ, die durch wechselhaftes und z.T. respektloses Verhalten gegenüber PJler:innen, aber auch Patient:innen auffiel. Fragen wurden i.d.R. schnell als störend empfunden und Eigeninitiative gestaltete sich als Nachteil.

In der Orthopädie/Unfallchirurgie war die Situation ähnlich. Auch hier beschränkten sich die Aufgaben auf das absolute Minimum. Montags und mittwochs wird man hier von der Sprechstunde angerufen, um Patient:innen elektiver Eingriffe aufzunehmen. Im OP war Zuschauen zwar erlaubt, aber aktive Beteiligung weder vorgesehen noch erwünscht. Ernstgemeinte Fragen während der Visite wurden häufig als Infragestellung der ärztlichen Autorität aufgefasst und dementsprechend nicht/unvollständig/pampig beantwortet. Von uns verfasste Entlassungsbriefe wurden vor unseren Augen kommentarlos durch die OÄ geschreddert, Feedback Fehlanzeige. Besonders kurios war hier die sehr unterschiedliche Behandlung von PJler:innen durch die verantwortliche OÄ: Während die meisten schlichtweg ignoriert wurden, gab es während meiner Zeit in jedem Turnus eine Person, die stark gefördert wurde, inkl. intensivem Teaching, OP-Assisstenz bis hin zu Vertragsangeboten für die anstehende Assisstenzarztzeit. Für den "Rest" war die Zeit auf Station eher frustrierend und wortwörtlich "Zeit totschlagen, atmen, nicht auffallen".
Positiv hervorzuheben sind auf beiden Stationen die super freundlichen Fach- & Asisstenzärzt:innen, mit denen man bestehende Fragen gut durchgehen und vor allem in der ZNA sehr eng zusammenarbeiten konnte. Perspektivisch planen die allermeisten von ihnen, nicht in Bergen zu bleiben.

Positiv hervorzuheben ist die chirurgische Notaufnahme, die mMn. fachlich am interessantesten war. Hier gab es viele Patienten, viel Eigenverantwortung und eine Vielzahl praktischer Tätigkeiten: Zugänge legen, Wundversorgung, Lokalanästhesie, steriles Nähen; alles in Rücksprache mit dem OA und Leiter der ZNA, der sehr freundlich, geduldig und engagiert war. Leider wurde die ansonsten gute Arbeit durch das katastrophale Verhältnis zur Pflege stark belastet. Der Umgangston war oft respektlos bis persönlich beleidigend, Kritik war selten sachlich, und gezielte Schikane gegenüber PJler:innen keine Seltenheit. Wer sich ausschließlich an die ärztliche Seite hielt, kam besser durch den Tag, das Grundklima blieb stark angespannt.

Insgesamt fand Lehre, abgesehen vom Selbststudium, kaum statt. Es gab zwar wöchentlichen PJ-Unterricht am Donnerstag, allerdings mit stark schwankender Qualität. Positiv hervorzuheben sind CA Gesser (Pädiatrie) und die Anästhesie. Beide Teams waren sichtbar motiviert, Wissen zu vermitteln, die Qualität anderer Fachrichtung war jedoch fraglich.

Zur Unterkunft: Es gibt verschiedene Optionen – Bereitschaftszimmer im Krankenhaus, eine WG im Azubi-Wohnheim und Mitarbeiter-Apartments. Insgesamt empfehle ich, die Erwartungen tief zu halten, da die Zimmer z.T. sehr klein (ca. 7 m²), kein WLAN haben und die Wohnung minimal ausgestattet ist. Positiv: täglicher Reinigungsservice.

Long story short: Wer ernsthaft chirurgisch interessiert ist, wird in diesem Tertial weder fachlich noch menschlich abgeholt. Rassisstische Bemerkungen, die sicherlich woanders ein klinikinternes Verfahren nach sich ziehen würden, sowie menschenentwürdigende Aussagen hinsichtlich Patient:innen (z.B. Gewicht, psychischer Erkrankung) in den Besprechungen passieren häufig. Eigene Motivation wurde weder genutzt noch gefördert. Im Gegenteil: ich hatte oft das Gefühl, im Weg zu sein. Ich selbst war zu Beginn chirurgisch sehr interessiert – nach diesem Tertial ist das nun nicht mehr der Fall. Das Sana Klinikum Rügen wird dem Anspruch eines akademischen LEHRkrankenhauses in meinen Augen nicht gerecht.
Höchstens für Studierende mit niedrigen Erwartungen zu empfehlen, die sowieso keine Chirurgie machen möchten, ggf an Doktorarbeit/Nebenjob arbeiten oder einfach ein ruhiges Tertial ohne viel Verantwortung suchen. Für alle anderen gilt: Besser woanders hingehen.
Bewerbung
PJ-Portal oder individuelle Bewerbung an die Sekretärin der chirurgischen Abteilung. Egal wie - schreibt auf jeden Fall sofort der Wohnungsbeauftragten eine E-Mail, wenn ihr euch für Bergen entscheidet! Es gab einige bei uns, die sich wg. Mangel etwas privat gesucht haben.
Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Braunülen legen
Gipsanlage
Blut abnehmen
Notaufnahme
Patienten aufnehmen
Patienten untersuchen
Untersuchungen anmelden
Chirurgische Wundversorgung
Röntgenbesprechung
Briefe schreiben
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Essen frei / billiger
Kleidung gestellt
Unterkunft gestellt
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Gehalt in EUR
600

Noten

Team/Station
3
Kontakt zur Pflege
3
Ansehen des PJlers
5
Klinik insgesamt
3
Unterricht
3
Betreuung
5
Freizeit
2
Station / Einrichtung
2
Gesamtnote
4

Durchschnitt 3.47