Ich war nach den negativen Berichten positiv überrascht, habe eine Menge gelernt und würde wieder dort PJ machen.
Man rotiert sehr viel, wir wurden vor dem PJ schon gefragt, wo wir frei haben wollten und welche Rotationswünsche wir hätten, und es bleibt auch während des PJ flexibel. Der PJ-Beauftragte versucht, viel für einen möglich zu machen. Man kann lange Tagdienste machen, um den kommenden Tag freizubekommen, oder Tage am Wochenende machen oder sonstige Dienste mitlaufen, um flexibel Ausgleichstage freizubekommen. Insgesamt bin ich etwa so oft länger geblieben, als meine Arbeitszeit war, wie ich früher gehen durfte. Es hat sich die Waage gehalten. Nur ganz selten kam es mal vor, dass ich nicht pünktlich gehen durfte (z. B. weil ich im OP nicht ausgelöst werden konnte, weil der Spätdienst noch nicht da war – kommt leider vor. Manchmal ist das Team auf PJ-ler angewiesen. Das waren aber auch die Situationen, in denen ich am meisten gelernt habe, weil ich erste Assistenz war). Meist hat es mich aber auch einfach interessiert, und ich bin länger geblieben.
Mögliche Einsatzorte:
- Normalstation: Möglich sind die Viszeralchirurgie, Gefäßchirurgie und Allgemeinchirurgie (Sarkom, Thorax usw.). Um 7 Uhr gemeinsame Visite (man lernt Visitenführung und Visitendokumentation, darf beide Aufgaben mal übernehmen), danach Frühbesprechung. Ziel ist eigentlich, dass zwei PJ-ler pro Station da sind und man sich abwechselt mit OP und Stationsarbeit. Klappt mal besser und mal weniger gut. Ich war aber insgesamt viel im OP und habe auch auf Station genug Zeit gehabt, um die Prozesse und Aufgaben zu lernen. Auf Station sind dann viele Blutentnahmen und Nadeln zu legen sowie Sonos zu machen und kleinere andere Eingriffe. Ich habe leider auf der Normalstation nicht so viele Patientenverläufe selbst umfassend mitbekommen, weil man eher auf Zuruf des Assistenten arbeitet und ihn unterstützt. Manchmal wurde der Assistent auch in den OP abgerufen, wenn Personalmangel war, aber meistens war schon jemand da, und nach ein bisschen Einarbeitung ist man damit auch klargekommen. Aufgabe der Normalstations-PJ-ler ist in der Frühbesprechung, die OPs für den nächsten Tag vorzustellen. Das muss man am Tag vorher vorbereiten – nervt manchmal, aber ist auch lehrreich, und man bekommt schnell Routine darin, effizient Verläufe darzustellen.
- MICA (Mannheimer interdisziplinäre chirurgische Ausbildungsstation): Ist nicht mehr so interdisziplinär wie früher wegen Personalmangel auf der Pflegeseite. Das war aber nicht so schlimm, so konnten wir uns auf unsere ärztlichen Aufgaben konzentrieren. Das soll aber bald wieder eingeführt werden. Ziel ist, unter Supervision eines Assistenten drei eigene Zimmer zu betreuen. Für mich eine uuuuultra lehrreiche Zeit. Man muss ein bisschen früher kommen und sollte eigentlich nicht fehlen in der Zeit und bereitet die Visite selbst vor. Vor dem Zimmer stellt man kurz den anwesenden Ärzten (oft neben dem Assistenten auch noch ein Facharzt, manchmal auch Oberarzt) seine sechs Patienten vor (chirurgisch knapp!) und führt die Visite dann selbst, befragt und untersucht den Patienten, kommuniziert an die mitlaufende Pflegekraft und den Patienten, was der Plan für den Tag ist, und lernt, sich nicht in lange Gespräche verwickeln zu lassen, weil man nur sehr wenig Zeit hat für diese Visite. Nach der Frühbesprechung nimmt man noch Blut ab bei seinen maximal sechs Patienten, meldet Untersuchungen an, schreibt Briefe, macht Sonos und lernt den Stationsalltag kennen. Meistens unter Supervision, allerdings wurde unser Arzt auch immer mal wieder in den OP oder die Ambulanz abgezogen. Dann ist man mal ein paar Stunden alleine, hat aber oft telefonische Erreichbarkeit bzw. den viszeralchirurgischen Assistenten für Fragen im selben Arztzimmer erreichbar. Nur zweimal haben wir mit der Visite alleine angefangen, aber irgendwann ist schon jemand gekommen. So richtig richtig alleine gelassen habe ich mich nie gefühlt, aber es kann schon vorkommen, dass man mal eine Zeit alleine arbeiten muss – was aber auch sehr lehrreich ist. Hier hat mir besonders gefallen, dass man mal den gesamten Verlauf eines Patienten mitbekommt und den Patienten wirklich gut kennenlernt bzw. Zeit hat, sich tiefer in den Verlauf einzuarbeiten und nicht nur auf Zuruf arbeitet und eigentlich keinen Überblick hat, was gerade mit dem Patienten passiert – wie auf der Normalstation leider zu häufig.
- IMC: Ein Highlight waren die zwei Wochen auf der chirurgisch geführten IMC-Station. Hier bekommt man einen Eindruck von postoperativ komplikativen Verläufen, darf sich auch mal an arterielle und zentrale Zugänge rantasten, lernt die Basics von Intensivmedizin und wird einfach enorm gut betreut. Man darf ein bis zwei Patienten übernehmen, um deren To-Dos man sich dann kümmert, mit ihnen die Gespräche sowie ihre Angehörigengespräche zu führen lernen darf und vor allem lernt, einen Patienten dem Oberarzt oder auch Chefarzt morgens chirurgisch knapp darzustellen und den Plan für den Tag zu besprechen. Enorm lehrreich und enorm gut betreut. Außerdem ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit eine riesige Bereicherung dort (z. B. interdisziplinäre Visiten mit Ergo, Physio, Delirnurse usw.).
- OP: Das OP-Programm ist sehr abwechslungsreich: laparoskopische bariatrische OPs, kleine plastische Eingriffe, Port-Anlagen, Kolorektalchirurgie offen und laparoskopisch, Ösophaguschirurgie, Pankreas und Leber offen (da wird man gerne gesehen) und per Da-Vinci (da hat man eher nichts zu tun), Gefäßeingriffe offen von Aorta über Leiste und Carotis bis zum Bypass, außerdem Sarkomchirurgie. Die Klassiker wie Galle und Appendix sind dabei seltener als Leberteilresektionen, und ich habe in dem gesamten Quartal nur bei einer Galle am Tisch gestanden. Ich habe gelernt, laparoskopische Kamera zu führen, auch einfache laparoskopische Werkzeuge, durfte oft zunähen am Ende, DK legen, saugen, tupfen, gaaaanz viele Haken halten und auch sonst assistieren. Wenn Personalengpass war, konnte man als erste Assistenz enorm viel lernen, ist aber oft auch ohne Mittagspause im OP geblieben (unbedingt etwas Kleines zu essen mitnehmen und vorher gut essen) und länger geblieben. Wenn ausreichend Personal da war, fand ich es eher langweilig, weil man nur irgendwas sumpfsinnig gehalten hat, aber dann war es auch entspannter und ein pünktlicher Feierabend wahrscheinlicher.
Auch wenn es sicher nicht der Einsatzort mit der garantierten Mittagspause und dem garantiert pünktlichen Feierabend ist, habe ich doch an 90 % der Tage eine Mittagspause gehabt und bin auch immer mal wieder früher heim geschickt worden, wenn alles kompensiert war. Ich fand es enorm lehrreich und abwechslungsreich. Ich habe viel auch praktisch gelernt, und mir wurde viel zugetraut (habe Arterien gelegt, genäht, DK gelegt, Magensonde gelegt, bin sehr sicher im Zugänge legen geworden, habe viel Sono gemacht, habe (supervidiert!) gelernt, EKs zu transfundieren und aufzuklären).
Die Stimmung im Team insgesamt war sehr gut. Sie sind Studenten gewohnt. Ich habe mich vor allem, wenn ich länger bleiben musste oder viel Stress war, wertgeschätzt gefühlt, weil sich explizit bedankt wurde und es nicht als selbstverständlich hingenommen wurde. Die Oberärzte haben mich auch gut behandelt, sich Zeit für Teaching genommen, wenn es Raum dafür gab. Die Assistenten sind echt nett und wollen überwiegend, dass man etwas lernt und nicht nur für sie das Blut abnimmt (das ist halt der Deal: Blutabnehmen gegen Lehre ;-)). Und der Chef hat mich auch sehr professionell und gut behandelt, mir Dinge erklärt und beigebracht. Das OP-Personal und die Pflege waren auch überwiegend super und Studenten gewohnt. Unnötig fertiggemacht oder angeschrien wurde ich nicht.