Allgemein: Traunstein an sich hat natürlich ne super Lage, also hohen Freizeitwert - der Satz "Arbeiten, wo andere Urlaub machen." fällt häufig, um Mitarbeiter für das Klinikum zu begeistern, es stimmt halt auch. Das Wohnheim in Ruhpolding (die ehemalige Schmerzklinik) hat leider dem alten Wohnheim den Nachteil, dass es keine Gemeinschaftsküche und Essensraum hat, sondern zwei getrennte Küchen, sodass es teilweise schwer ist hier eine geschlossene Gemeinschaft zu bilden. Hier sei direkt erwähnt, dass ein Mitstreiter und ich uns die Mühe gemacht haben, eine Tischtennisplatte über Kleinanzeigen zu kaufen und 5h im Zug nach Ruhpolding zu karren, damit man so mal mehr Zeit miteinander verbringen kann, wenn die Küche zu klein wird. Wir hoffen, dass sie die nachfolgenden PJ-Generationen nachhaltig positiv beeinflusst und Spaß bereitet (und nicht von der teilweise schwierigen Wohnheimsbeauftragten entsorgt wird).
Was sich so an Freizeit bietet liegt auf der Hand: Berge, Chiemsee, Salzburg, Nationalpark Berchtesgaden mit Königssee uvm. Im Winter waren wir natürlich viel Skifahren und haben Sonnenaufgangswanderungen gemacht. Aber auch durch den Wellpass (vergünstigte Fitness- und Wellnessangebote) kann man in Traunstein das beliebte Fitnesstudio oder in Ruhpolding die echt geile Saunalandschaft (7,5€ warens uns immer wert) nach dem Feierabend genießen. Zusätzlich gibts in Ruhpolding die Möglichkeit beim Edeka oder Penny oder weiter unten auch Aldi einzukaufen. Es ist schon idyllisch, muss man ehrlich sagen. Empfehlung zum Pizza-Essen ist die Pizza am Kreisel - das war immer unsere Standard-Kombi: Sauna&Pizza <3.
Zur Klinik: Generell hat Traunstein den Vorteil, dass es zwischen München und Salzburg der einzige Rettungshubschrauber Standort ist, also ist es ein Paradies für Notfallmediziner und ein gewisser Durchfluss an Patienten ist immer gewährleistet. Zusätzlich sind auch einige Zentren, wie bspw. Darmkrebs, in der Klinik, sodass auch hier überregional Pat. kommen. Ganz grundsätzlich herrscht in der Klinik ein freundliches Arbeitsklima und die Leute sind nett - damit ist schon mal viel gewonnen. Zwischen den einzelnen chirurgischen Fachgebieten gibt es dennoch teils erhebliche Unterschiede.
Unfallchirurgie: Am Anfang hatte ich ein paar Schwierigkeiten mich ins Team zu integrieren (auch weil alle Chirurgen sich erstmal über alle Fächer als Berufswunsch lustig machen, die nicht-chirurgisch sind), das hat sich nach der ersten Woche aber gegeben, v.a. weil die Assistenten und FÄ auch bei hohem Arbeitsaufwand einem Sachen erklären und auf Nachfrage kann man auch früher gehen, wenn die Briefe schon geschrieben sind und OP kein PJler geplant ist. Über die Unfall läuft auch die Zeit in der Notaufnahme, da kann man also v.a. viel Nähen (ich habs geliebt) und so Zeugs, mir wars irgendwann zu monoton, da kann man sicher auch bei anderen Disziplinen sich mal einschleichen nach kurzer Vorstellung und über ein Patienten gucken.
Gefäß: mMn die schlechteste chirurgische Abteilung im Haus. Punkt 1: PJler sind bei allen OPs fest geplant, die 1,5h oder länger gehen. Auf die Aussage, dass ich und meine Kollegin über die Feiertage frei nehmen wollen, gabs die Antwort "ja, aber wir haben ja schon fest mit Ihnen im OP geplant". Also dass wir billige Arbeitskräfte sind und uns für zwei Haken halten im OP 3h die Beine in den Bauch stehen, nicht so wirklich Bock drauf hatten über Weihnachten, gabs wenig Verständnis. Das ganze geht weiter mit dem Hygienekonzept, was auch in der ganzen Klinik etwas komisch ist, weil doch nicht wenige Patienten einfach nicht isoliert werden. So gabs dann einen Noro-Virus Ausbruch auf der Gefäßstation, beide PJler krank und dann klingelte mein Telefon (es gibt ein Telefon für OP-Dienst am Tag für alle chir. PJler, und ich war grad in der ZNA eingeteilt), dass die Gefäß doch bitte jmd im Saal braucht - ja plant halt eure OPs mal mit Leuten, die fest bei euch angestellt sind.
Allgemeinchirurgie: Mein Berufswunsch ist und bleibt Anästhesie, aber für diese Abteilung würde ich, wenn es Anästhesie nicht wird, wahrscheinlich tatsächlich Chirurg werden. Mit Lichtjahren Entfernung die beste Abteilung im Haus! Der Chefarzt sowie leitende Oberarzt machen einem am Anfang etwas Angst, weil sie einfach echt fachlich sehr kompetent sind und ein bestimmtes Auftreten haben, aber sind beide wirklich absolut freundlich - wie der Rest der gesamten Abteilung. Beispielhaft gab es eine Frühbesprechung nach der Visite, wo eine bestimmte OP Technik besprochen wurde, und plötzlich guckt mich der Chef an und sagt: "Wissen sie eigentlich, worum genau es hier grade geht bzw. wovon wir reden?" Ich, natürlich keine Ahnung, und sage auch, dass ichs nicht weiß. Und er halt einfach:"Dann fragen Sie doch einfach. Sie sind hier, um was zu lernen, da dürfen und sollen sie fragen stellen - egal wann!" Und das meint er auch ernst. Da ich Bock auf Nähen hatte, hab ich bei vielen Eingriffen auch einfach nur am Ende mitgemacht und dann zugenäht. Gerade OPs wie akute Galle brauchen laparoskopisch nur zwei Operateure eigentlich und wenn das n Assitent mit Oberarzt macht, ist man da nicht immer hilfreich - aber: Fragen kostet nichts, zeugt von Eigeninteresse und so hab ich teilweise 5 Menschen am Tag zugenäht.
Ein Kritikpunkt ist noch der chirurgische PJ-Beauftragte. Ich weiß natürlich nicht wie viel organisatorischer Aufwand da im Hintergrund stattfindet, aber man hat so das Gefühl, dass man für ihn eher Luft ist. Beim Skirennen, wo Mitarbeiter der ganzen Klinik mitgefahren sind, hat er am Tisch der ganzen PJler mit nur einem geredet, den er noch von einer früheren Arbeitsstelle kannte - den Rest hat er nicht mal angesehen oder gefragt, ob sie zufrieden bisher mit dem PJ sind. Die größte Enttäuschung war der "Praxis"kurs gipsen. Auf Anordnung vom Pj-Beauftragten, durften dann 20 PJler einem Typen beim Gipsen zusehen und das wars. Klar ist, dass Weißgipse heutzutage fast gar nicht mehr verwendet werden, trotzdem heißt das Ding PRAXISKURS und dementsprechend will man ja auch was machen. Die internistischen PJler - nur zu Vergleich - bekommen, ein Einführungsgespräch sowie Zwischen und Abschlussgespräch mit dem PJ-Beauftragten der Inneren. So könnte es halt auch laufen.
PJ-Unterricht waren in Summe glaube 8 Veranstaltungen pro Woche, die man als PJler egal welcher Fachrichtung eig immer gut besuchen konnte.
Tagesablauf, war eig unabhängig von der Fachrichtung, immer: früh in OP plan gucken, um zu sehen, wo PJler geplant sind, dann Visite, ggf. OP oder halt auf Station n paar Sachen machen. Da es MFA´s für die Blutabnahmen und so gibt, fällt das nicht oft an. Wenn einem Langweilig ist, kann man sonst auch immer in die Endo gehen.
Abschließend: Die Klinik ist gut bis sehr gut, Mitarbeiter sind durchweg freundlich und offen (Ausnahmen wird es immer und überall geben - auch im Kaisserreich Bayern), Mit Zug/Auto ist die Klinik gut zu erreichen von Ruhpolding aus, dort Wohnen ist echt nice, weil viele Möglichkeiten für Freizeit und so, im Wohnheim kann man sich gut mit den andern PJlern connecten, und ich muss es nochmal sagen: die Allgemeinchirurgie ist einfach Hammer gewesen!