PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in Hopital Saint-Antoine Paris (5/2022 bis 9/2022)

Station(en)
Service de chirurgie générale et digestive (Viszeralchirurgie)
Einsatzbereiche
OP, Station, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde
Heimatuni
TU Muenchen
Kommentar
Gleich vorweg möchte ich sagen, dass mir das Praktikum in der Viszeralchirugie am Hôpital Saint-Antoine sehr gut gefallen hat und ich auch einiges dort gelernt habe. Vor Ort sollte man definitiv Französisch sprechen. Die Franzosen zollen aber jedem Respekt, der sich ihrer Sprache annimmt und mit dem eine Konversation möglich ist. Dann spielt das Tempo der Antworten und eigene Fehler bei den Vokabeln und Satzbau gar keine so große Rolle. Mein Französisch war bei weitem nicht herausragend, aber sobald bemerkt wird, dass man sich bemüht und nicht ins Englische rutscht außer für Vokabelfragen, sind Franzosen und Französinnen sehr geduldig und auch schnell beeindruckt von der Fremdsprachenkenntnis. Ich habe mich so schnell wohl gefühlt. Empfehlenswert ist das Buch „Französisch für Mediziner“, das beim Durchblättern einige wichtige Wörter vermittelt. Ansonsten klingen Fachbegriffe durch die lateinische Abstammung sowieso sehr ähnlich, was die fachliche Kommunikation sehr erleichtert.

Man wird als PJ-Student in das Curriculum der Studenten vor Ort integriert. Diese haben immer vormittags das sog. „stage“, das Praktikum, und nachmittags Vorlesungen, für die man als PJ-Student aber gar nicht vorgesehen ist. Für das Stage halbtags erhalten die Studenten je nach Studienjahr einen kleinen Gehalt, der im 6. Jahr eben ungefähr 360€ beträgt. Die Studierenden werden „externes“ genannt, die Assistenzärzte „internes“. Zusätzlich kommen 24h-Dienste auch für die Externes hinzu, die sog. „gardes“. Die französischen Studenten gehen an ihren normalen Tagen um 13 Uhr und diese Zeiten gelten im Kern für euch auch. Bei interessanten Sachen bin ich gern mal länger geblieben. Das wiederum kommt bei den Ärzten als außerordentliches Engagement an und man wird als Unterstützung sehr geschätzt. An anderen Tagen muss man tatsächlich auch gar nicht erscheinen, wenn man nirgendwo eingeteilt ist. Insgesamt hat man also mehr als genug Zeit, um Paris zu erkunden ;)

Die Hauptaufgabe der Studenten vor Ort ist das Anreichen des OP-Bestecks in den Operationen als OP-Pfleger/OP-Schwester. Diese sind nämlich nur bei den größten OPs fest eingeteilt, bei den kleineren und mittelschweren OPs übernimmt diese Aufgabe ein Studierender, aber auch bei den ganz langen Operationen ist ein Studierender mit am Tisch, nur gibt es eben eine professionelle OP-Pflege zusätzlich. Für diese Aufgabe muss man vor Ort die OP-Instrumente auf Französisch lernen, aber nach den ersten zwei Wochen kann man sie. Auch hier sind die Ärzte und Ärztinnen sehr geduldig. Im Allgemeinen habe ich die Stimmung im OP als sehr ruhig und entspannt wahrgenommen, selbst in kritischeren Situationen. Da man schnell Routine bekommt, was wann angereicht werden muss, erlernt man auch gut den Ablauf der Operationen. Auf meine Nachfrage hin durfte ich schließlich sogar eine Appendektomie (Blinddarmentfernung) laparoskopisch selbst operieren, was definitiv das Highlight meiner Ausbildung dort war. Wenn ein Interne erkrankt ist, durfte ich auch für ihn einspringen.

Als Zusatzaufgabe bearbeiten die Studenten, die nicht im OP eingeteilt sind, die Neuaufnahmen auf Station und erstellen kurze zusammenfassende Berichte, genannt „BMI- bilan medicale initiale“. Dazu führt man ein kurzes Patientengespräch und sucht die Informationen aus restlichen Arztbriefen zusammen. Einmal pro Woche findet außerdem eine große Visite mit einem der leitenden Ärzte statt, bei der jeder Student Patienten vorstellt und dann die Fälle erklärt und durchgesprochen werden.

Auf Nachfrage durfte ich auch bei meinen Lieblings-Oberärzten mit in die "Consultation", die Sprechstunde. Ich fand es sehr lehrreich, die Therapiemöglichkeiten und OP-Verfahren erklärt zu bekommen. Aber auch der französische Wortschatz, den man dort hört, kann einen weiterbringen, wenn man selbst einmal mit dem Patienten sprechen muss.

Für die Gardes bleibt man tatsächlich 24 h im Krankenhaus. Im Schnitt ist man 1,5 mal pro Monat eingeteilt. Ich habe gerne mehr übernommen, da ich danach zum Ausgleich frei hatte und nachts oft trotzdem einigermaßen genug schlafen konnte im „chambre de garde“, dem Studentenzimmer. Das schöne ist, dann man eng mit dem Interne zusammenarbeitet und abends, wenn es die Notfälle erlauben, sogar in der Regel in eines der umliegenden Restaurants ausgeht und der Oberarzt („chef de clinique“) aufs Abendessen und ein Glas Wein einlädt. Die Studierenden bringen zum Ausgleich am Tag der Garde einen Kuchen mit. Danach gibt es eventuell noch einen Besuch in der Notaufnahme. Sonst geht es für den Interne noch an eine kurze Dokumentation und der Externe darf ins Bett. Im Falle eines Notfalls wird man als Externe per Diensttelefon für eine Not-OP geweckt. Während der Gardes habe ich tatsächlich Freundschaften zu den Internes und den Chefs de clinique geknüpft. Ich schätzte die freundschaftliche Arbeitsatmosphäre und das „savoir vivre“ auch während der Gardes sehr.
Bewerbung
Es stand für mich im Voraus fest, dass ich ein Tertial meines Praktischen Jahres (ca. vier Monate) in Paris verbringen wollte. Zum einen wollte ich mein Französisch verbessern, zum anderen hatte Paris für mich eine ganz persönliche Bedeutung. Da ich Französisch nach der 10. Klasse in der Schule abgewählt hatte und nur durch gelegentliche Urlaube und Besuche in Frankreich reaktiviert hatte, habe ich ein Jahr vor meinem Aufenthalt noch einen Intensiv-Kompaktkurs mit Zielniveau B2 an der TUM absolviert. Diesen kann ich wirklich sehr empfehlen. Mit zweimal 2,5 Stunden pro Woche für ein halbes Semester war dieser sehr intensiv, hat aber mein Niveau durchaus angehoben. Gerade für den Mailverkehr und die Bewerbung lohnt sich der Kurs, da er genau solche Fälle behandelt. Auch wenn das Sprachniveau vor dem Aufenthalt – so wie bei mir – eher im unteren B2-Niveau anzutreffen ist, kann ich nur dazu raten, den Schritt nach Frankreich zu wagen. Wenn man sich sprachlich dort bemüht, wird man Anerkennung ernten, aber dazu später mehr.

Da ich mir den Beginn meines dortigen PJ-Tertials dennoch als sprachlich herausfordernd vorgestellt habe, entschied ich mich für den Fachbereich Chirurgie, da die Kommunikation dann mehr mit den Ärzten und weniger mit den Patienten verlaufen würde. Letztendlich absolvierte ich den gesamten Zeitraum in der Viszeralchirurgie am Hôpital Saint-Antoine im 12. Arrondissement, die ich sehr empfehlen kann. Dieses Krankenhaus gehört zur Medizinischen Fakultät der berühmten Sorbonne Université. Um eventuelle Verwirrungen gleich aufzulösen: Früher war es diese medizinische Fakultät Teil der Université Pierre et Marie Curie, der naturwissenschaftlichen Uni, auch genannt Université Paris VI. Diese wurde aber 2018 mit der Université Paris IV zur Sorbonne zusammengeführt. Die Université Pierre et Marie Curie ist zudem eine Partneruni der TU München, was Anerkennungen leichter machen kann. Man kann Medizin auch z.B. an der Paris V studieren, die neuerdings zur Université Paris Cité gehört, aber ich habe von Problemen bei der Anerkennung gelesen und deshalb die Finger davon gelassen. Letztendlich kann ich die Probleme dort aber weder verifizieren noch falsifizieren.

Es gibt mehrere Lehrkrankenhäuser der Sorbonne: hôpital Tenon, hôpital Saint-Antoine, hôpital Rothschild, hôpital Armand Trousseau, hôpital Pitié-Salpêtrière, hôpital La Roche-Guyon und hôpital Charles Foix. Letztendlich gibt es verschiedene Spezialisierungen und nicht alle Disziplinen sind überall vertreten. Das Hôpital Trousseau ist z.B. nur auf Kinder fokussiert und das Hôpital Tenon hat keine Viszeralchirurgie. Die benachbarten Häuser arbeiten zusammen und weisen sich die entsprechenden Fälle gegenseitig zu.

Den Bewerbungsprozess startet man am besten mind. ein Jahr im Voraus, da Paris für das PJ relativ beliebt ist, gerade in der Chirurgie. Ich war nur noch ein ¾ Jahr vorher dran und musste schon etwas tricksen, um noch einen Platz zu bekommen. Offiziell schreibt man eine Mail mit seiner Bewerbung und idealerweise einem französischen Lebenslauf an die Koordinatorin für Erasmus-Angelegenheiten der Sorbonne, Mme Le Cadet. Diese vermittelt einem dann einen Platz in der jeweiligen Disziplin in den Lehrkrankenhäusern. Ich hatte bereits in einem Bericht im PJ-Ranking-Portal von dem „Service de chirurgie générale et digestive“ von Prof. Parc (französische Schreibweise: „Pr. Parc“) gelesen und dies als Wunsch bereits angegeben. Ursprünglich hätte ich gerne zwei Monate in der Viszeralchirurgie und zwei Monate in der orthopädischen Chirurgie verbracht. Nach der Rückmeldung von Mme Le Cadet, waren allerdings nur noch zwei Monate bei Pr. Parc frei. Auch sonst gab es angeblich nichts mehr im gesamten Bereich der Chirurgie, mehr könne sie mir nicht mehr anbieten. Daraufhin kontaktierte ich Pr. Parc direkt per Mail und erfragte, ob es für ihn in Ordnung wäre, wenn ich vier Monate bliebe. Pr. Parc ist gegenüber deutschen Erasmus-Studenten sehr aufgeschlossen und versicherte mir, dass ich gerne die komplette Zeit kommen könne. Seine Bestätigung leitete ich schließlich an Mme Le Cadet weiter. Diese bestätigte mir dann die vollen vier Monate, war allerdings nicht so sehr erfreut über meinen Alleingang.

Alle weiteren Informationen zum Ablauf werden euch per Mail mitgeteilt und im Großen und Ganzen klar beschrieben, unter anderem wann ihr wo welche Termine in Persona habt und auch, welche Dokumente ihr zur Einschreibung bei der Sorbonne benötigt, wie z.B. einen Nachweis eurer Krankenversicherung, Haftpflichtversicherung, Impfstatus, Tuberkulose-Test. Ihr werdet tatsächlich an der Sorbonne mit Studentenausweis immatrikuliert und in das „Stage“ (Praktikum) der Medizinstudierenden im 6. Jahr eingegliedert und erhaltet auch einen monatlichen Gehalt von ca. 360€ plus Schichtvergütung.
Unterricht
1x / Woche
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
Vor 15:00 Uhr
Studientage
Frei verfügbar
Tätigkeiten
Mittagessen regelmässig möglich
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Kleidung gestellt
Gehalt in EUR
360

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
4
Ansehen des PJlers
2
Klinik insgesamt
1
Unterricht
1
Betreuung
1
Freizeit
1
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.27