PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in Kantonsspital Liestal (8/2010 bis 12/2010)

Station(en)
verschiedene
Einsatzbereiche
Station, OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme
Heimatuni
Marburg
Kommentar
Ich habe von August bis Dezember 2010 in Liestal auf der Chirurgie als Unterassistent verbracht. Ich bin mit diesem Teil des PJs hochzufrieden gewesen und es fiel mir wirklich schwer dort wieder meine Zelte abzureißen. Aber der Reihe nach. Erstmal ein paar Facts dazu, wie dort der Alltag und Stationsablauf aussieht. Dann gehe ich näher auf einzelne bewertungsrelevante Punkte ein.
In Liestal ist man als Unterassistent der Chirurgie zwischen drei Bereichen am Rotieren nämlich der chirurgischen Station, der orthopädischen Station sowie der Notfallaufnahme. Auf ersterer geht es kurz nach 7 mit der Visite los. Dies geht bei den Chirurgen traditionsgemäß ziemlich flott und unkompliziert vonstatten. Nur einmal in der Woche wenn im jeweiligen Bereich Chefvisite ansteht, muss man etwas früher aus dem Bett um bei allen Operationswunden die Verbände schon mal abzumachen, damit der Chefarzt direkt draufschauen kann. Wer an diesem Tag Rufbereitschaft hat muss etwas früher los um zum OP - Trakt die OP - Bilder der letzten 24h von der Kamera ins System zu laden. Um halb 8 ist dann Frühbesprechung, wo die Ereignisse des Nachtdienstes präsentiert werden. Einer von den PJlern muss dabei schon kurz vorher rein und den PC und Beamer anschmeißen sowie während der Besprechung die EDV bedienen. Man kann sich hier bezüglich des aktuellen
OP - Plans mit den anderen Studenten absprechen und eintragen. Wer als erster rein muss, nimmt diesen mit und gibt ihn bei der OP - Koordination ab. Da auf der chirurgischen Station meist zwischen 3 und 5 Leute eingeteilt sind, wird man nicht zwangsläufig täglich im Ops gebraucht. Da aber den Tag über viele Eingriffe laufen, spricht man sich meist so mit den anderen ab, dass entweder einer den ganzen Tag in einem Saal ist, oder für jeden Eingriff
jemand anderes reingeht - ganz wie man gerade Lust hat. Wenn man draußen bleibt geht es meistens mit anderen Ärzten in die Cafeteria zum Frühstücken. Das ist immer ein guter Einstieg in den Tag und man kann hier wunderbar ein wenig plaudern. Dies stellt auch einen angenehmen Unterschied zu deutschen Krankhäusern dar. Naturgemäß ist dort alles ein wenig teurer als hierzulande, jedoch ist alles was dort angeboten wird von echt guter Qualität und nicht mit dem Krankenhausfraß zu vergleichen, mit dem ich bisher in Deutschland in Kontakt gekommen bin. Bis ca. 10 Uhr hat man dann ein wenig Papierkram zu erledigen, sprich man bereitet die Eintritte für den nächsten Tag vor. Dies besteht darin Patienten ins System aufzunehmen, einen entsprechenden Anamnesebogen vorzubereiten, nach älteren Berichten zu schauen, sowie dazu passende Patientenaufklärungen auszudrucken. Dienstags bereitet man noch zusätzlich die chirurgischen Fälle der Tumorkonferenz vor; zu der schreibe ich später noch mal was. Danach trudeln langsam die Patienten ein und wenn die Pflege schon bei ihnen war und sie aufgenommen hat, und man das Glück hat, dass sie nicht gleich wieder
zu einer Untersuchung wie z. B. Röntgen oder EKG verschwunden sind, kann man sich an die Anamnese und Untersuchung machen. An dieser Stelle muss ich sagen, dass ich hierbei nur positive Erfahrungen gemacht habe. Die Mehrzahl erkundigt sich ob sie Schriftdeutsch sprechen soll, damit es verständlicher ist und überhaupt zeigten sich die meisten Patienten sehr kooperativ und freundlich. Allerdings passiert es in der Schweiz auch mal, dass Patienten kein Deutsch können. Mein Schulfranzösisch sowie ein wenig Körpersprache haben dafür gerade so gereicht, bei Englisch ist es denke ich sowieso kein Problem und wenn
ein Patient nur italienisch konnte, habe ich mir halt Hilfe von einer Schwester geholt, also alles in Allem kein Problem. Alles was man so erfahren hat trägt man dann im System ein und wenn er gerade Zeit hat, stellt man den Fall am besten, dem für den jeweiligen Stationsteil verantwortlichen, Assistenzarzt vor und spricht dabei den Fall eventuell auch durch. Irgendwann zwischen 12 und 1 gehen dann alle in die Mittagspause. Entweder man macht sich mit den Ärzten auf den Weg wieder in die Cafeteria oder man geht halt rüber ins Wohnheim und kocht sich was. Ich habe es meist von Menuplan sowie der finanziellen Situation
abhängig gemacht. Wenn man eh im OP ist kann man auch dort Mittagessen weil es immer warme Suppe gibt. Zu den Operationen sollte man noch ergänzen, dass das Programm sehr vielseitig ist. Es reicht von Lungen-, über Gefäss- und Abdominalchirurgie und bariatrischer Chrirurgie bishin zu Ortho und allgemein vielen laparoskopischen OPs; also man sieht echt einiges.Yo und dann geht es meist weiter mit Aufnahmen und schließlich um Punkt 15 Uhr findet die Röntgenbesprechung statt. Direkt im Anschluss geht es in der Bibliothek mit der Nachmittagsbesprechung weiter. Auch hier muss wieder jemand am PC sitzen und die entsprechenden Sachen im entsprechenden Moment anklicken. Zwischendurch fallen natürlich immer mal wieder weitere Aufgaben an wie beispielsweise nach Befunden telefonieren oder Konsile anmelden oder so. Von den Diensten her war es in unserem Tertial so, dass ich durchschnittlich einmal die Woche sowie einmal im Monat einen Wochenenddienst. Ein normaler Nachtdienst sieht so aus, dass man ab 17 Uhr bis 7 Uhr am nächsten Morgen, bei Bedarf in den OP gerufen wird. Dabei hat man 30min Anfahrtszeit und kann beim diensthabenden Arzt seine Handynummer hinterlassen, sprich man ist nicht
unbedingt in seiner Abendplanung behindert. Dann kann man damit rechnen, dass man ca. jeden zweiten Dienst in den OP muss. Ich musste bis auf einmal, nie länger als halb 1, so dass man noch einigermaßen auspennen kann. Falls es doch mal noch später werden sollte ist es aber meist kein Problem länger auszuschlafen respektive sogar am nächsten Tag frei zu bekommen. Am Wochenende sind immer zwei Unterassistenten eingeteilt, was bedeutet dass einer von 10 bis 10 im Notfallbereich ist, und der andere 24h Bereitschaftsdienst hat, und am Tag drauf wechselt dies. Die Dienste am Wochenende können kompensiert werden sprich nach einem Dienstwochenende hat man zwei Tage frei. Zusätzlich dazu gestattet die Klinik einem sieben Urlaubstage, welche zu einem beliebigen Zeitpunkt genommen werden können. Das gute an der Sache ist, dass die Studenten die Dienstpläne selber gestalten können, diese somit auch kurzfristig ziemlich flexibel sind, da sich oft jemand findet mit dem man den einen oder anderen Arbeitstag beziehungsweise Dienst tauschen kann.
Auf der orthopädischen Station läuft alles ähnlich, nur sind die Zeiten für die Besprechungen etwas anders und man muss nicht ganz so oft in den OP. Auch kommt hinzu, dass zu verschiedenen Operationen Studien laufen und man da teilweise mitdokumentieren muss.
Der Dienst auf der Notfallstation ist insofern interessant, als dass man hier am meisten praktisch selber machen kann und die Arbeitszeit auf etwa 7 Stunden fix begrenzt ist, da man in zwei Schichten arbeitet. Selber machen beinhaltet dabei das Nähen von Wunden, Sonografien, Austrittsberichte schreiben etc.
So das ist nun grob der Ablauf und jetzt kann ich ja noch ein bisschen auf einzelne interessante Punkte eingehen:

Wohnheim
Das Wohnheim ist im Vergleich zu anderen in der Schweiz, sehr günstig; es kostet um die 300 Franken. Es leben bis auf ein paar Ausnahmen fast nur deutsche Studenten dort.
In der Zeit, als ich dort war, waren wir vor allem gegen Ende eine richtig eingeschworene Truppe geworden. Also gemeinsames Kochen gehörte zur Tagesordnung und auch
am Wochenende fand regelmäßig die ein oder andere Party statt. Auch gemeinsame Ausflüge gab es häufig. Das Gute war, dass dieser Zusammenhalt einem auch beim Arbeiten
zugute kam. Zum Beispiel hat man sich auf den unterschiedlichen Stationen bei Aufnahmen oder OPs gegenseitig ausgeholfen wenn zum Beispiel einer allein auf der
Ortho war und dort viel zu tun hatte. Auch ist man gegenseitig in OPs eingesprungen oder wenn man morgens mal einen schweren Kopf hatte, hat man den anderen Bescheid
gesagt und die haben einen Vormittag für einen die Arbeit mit erledigt. Ebenso unproblematisch ist es im Krankheitsfall. Das Wohnheim selber ist, ich sag mal zweckmäßig.
Die Einrichtung ist bis auf den Fernsehraum des zweiten Stock und einiger Möbel in den Zimmern schon etwas älter aber das wichtigste ist, dass es sauber ist und man
sich immer auf die Hausmütter verlassen kann und sie immer prompt reagiert haben, wenn es um Organisatorisches ging oder man den Hausmeister brauchte, weil irgendwas
nicht funktioniert.

Parken
Einen Mietparkplatz bei der Klinik gibt es für Unterassistenten auch gegen Geld leider nicht. Allerdings gibt es in ganz Liestal 7-8 kostenlose Parkplätze und diese zum Glück direkt bei der Klinik auf Schotter bei einer Brücke. Die einzige Schwierigkeit ist, dass es von Zeit zu Zeit Übergriffe von betrunkenen Jugendlichen aus sozialen Brennpunkten auf Autos mit deutschen Kennzeichen gibt. Einer anderen PJlerin wurde beispielsweise die Heckscheibe eingeschlagen. Ich hab mir damit beholfen, dass ich mir ein Schweizer Nummerschild in Originalgröße ausgedruckt und einlaminiert habe und dies beim Parken immer drauf hatte. Aber die anderen hatten keine Probleme; es ist nicht die Regel aber kann passieren. Falls man am Wochenende oder mal kurz abends einen Platz braucht aber grad keine Parkplätze frei sind (am besten immer bei Schichtwechsel versuchen einen zu ergattern; die anderen Mitarbeiter kennen diesen Parkplatz auch), kann man auch direkt vor Eingang des Wohnheim parken. Ich hab dann einfach meine Piepernummer unter die Scheibe gelegt, oder der Hausmutter Bescheid gegeben, damit man mich benachrichtigt falls man da weg soll.

Organisatorisches
Falls es bei irgendwas in der Klinik irgendwelche Problem gibt, ist der für die PJler zuständige Oberarzt immer erreichbar und hilft euch so schnell es geht gerne
weiter. Falls ihr mal was anderes nicht wisst oder versteht - die Chefsekretärin ist ein Engel immer freundlich und weiß einfach für jedes Problem eine Lösung.

Team
Natürlich gibt es bei drei Abteilungen mit einem jeweils so großen Team alle möglichen Menschentypen. Aber gleich zu Beginn fällt auf, dass man überall gern gesehen ist
und ernst genommen wird. Man ist sofort in die Arbeit eingebunden und es wird auch entsprechend ein wenig von einem erwartet. Vor allem auf der Chirurgie sind die Ärzte
aber locker und sehr humorvoll drauf und man kann sich wirklich den ein oder anderen Spaß erlauben. Im OP kann es halt wie allgemein in der Chirurgie dann etwas ernster oder ruppiger sein ,aber hier wird einem auch, wenn es nicht gerade super heikel und kompliziert ist, gerne alles erläutert. Und wenn mal Stunk ist, so ist es fünf Minuten später auch wieder vergessen. Geradezu unschlagbar ist das Pflegeteam auf Station und auch im Operationssaal. Die, Pflegekräfte sind superkompetent und nehmen den Ärzten extrem viel Arbeit ab. Es ist halt super angenehm, dass man überhaupt keine Blutentnahmen oder Zugänge legen muss. Wenn man sich von Beginn an nett vorstellt und freundlich sowie kooperativ rüberkommt ist man auch als PJler ganz schnell voll akzeptiert. Sowohl mit den Ärzten als auch mit dem Pflegepersonal unternimmt man dann auch teilweise privat was zusammen wie zB einen Ausflug auf die Basler Mäss, einen Pizzaabend, zum Racletteessen, oder zu einem Fußballspiel ins Stadion. Aber auch jegliche andere Mitarbeiter im gesamten Haus sind sehr zuvorkommend und immer offen und freundlich. Vor allem dieses angenehme Arbeitsklima hat mich in Liestal beeindruckt. Achja und es gibt immer köstlichen Nespresso Kaffee, soviel man will ;) .

Teaching:
Darüber haben sich in den letzten Berichten die Leute, so schien es mir am meisten aufgeregt. Also es ist korrekt, dass nicht jede Woche zu einem festen Termin ein Teaching für die Unterassistenten stattfindet, einfach aus dem Grund weil einfach wenn zuviel Arbeit ansteht nicht immer ein Arzt und auch wir die Unterassistenten Zeit haben. Dafür wird im Gegenzug, wenn es an einem Nachmittag mal ein wenig ruhiger wird, spontan ein Teaching eingeschoben, dann eventuell auch häufiger als einmal die Woche. Bei den Themen dürfen die Studenten gerne sagen was sie als nächstes interessieren würde. Aber Teaching hin
oder her; am meisten lernt man sowieso bei der Arbeit selber.
Darüber hinaus stellt jeden Montag ein Arzt nach der Frühbesprechung ein aktuelles Paper vor, das dann ausführlich
diskutiert wird. Weiterhin gibt es fast wöchentlich einen Gastdozenten, meist von einer deutschen Uni, der im Hörsaal, oder per Video aus einem anderen Spital zugeschaltet,
einen Vortrag über ein Thema hält. Jeden Mittwoch um 17 Uhr findet eine interdisziplinäre Tumorkonferenz statt, wo Ärzte von verschiedenen Abteilungen Fälle vorstellen und
dann im Diskurs mit Radiologen, Pathologen und Onkologen das weitere Procedere abgeklärt wird. Weiterhin ist es immer möglich selber einen Anstoß zu geben und zusätzlich zu
einem beliebigen Thema um ein halbstündiges Teaching zu bitten.

Gehalt
Joa das ist halt echt Spitze. Nicht nur, dass man, verglichen mit der Restschweiz, mit am wenigsten für sein Wohnheimszimmer bezahlt, so erhält man auch im landesweiten
Vergleich das dritthöchste Gehalt, welches brutto 1700 Franken beträgt. Bin in meinem Freundeskreis auch der einzige, der mit einem dicken Plus aus der Schweiz zurückgekommen
ist, obgleich vieles hier ein wenig teurer ist. Wer jedoch Bock hat kann von Liestal aus relativ schnell nach Deutschland rüber und dort im Supermarkt einkaufen. Allerdings
würde ich vorher kurz auf die Einfuhrbestimmungen des Zolls schauen, weil ich an der Grenze mehrfach angehalten und kontrolliert wurde. Aber man kommt ebenso, wie auch sonst überall hin, mit der S - Bahn nach Deutschland. Also bahntechnisch ist Liestal echt super angeschlossen an den Rest der Welt. Zum Flughafen isses auch nich weit und nach Basel – Stadt sowieso nicht.

Freizeit
Also wie gesagt nach Basel isses ein Katzensprung und auch andere Städte wie Bern oder Luzern sind schnell zu erreichen. Überhaupt ist in der Schweiz alles relativ nah beieinander
und man sollte sich nicht zu lange mit Städtetouren aufhalten, sondern wie quasi jeder hier einen Ausflug in die Berge und die Natur wagen. Auch ich war anfangs ziemlich wanderfaul
und skeptisch aber es ist einfach nur ein wunderschönes Land und das halt eben der Berge wegen. Ich war im Sommer dort, aber natürlich isses im Winter noch mal besser, weil man
die Möglichkeit hat Wintersport zu betreiben. Wenn man abends was machen will ist Liestal selbst nicht so der Hit. Klar in der Sportsbar kann man ganz gut einen trinken gehen und
mal Fußball oder Eishockey schauen aber so richtig weggehen kann man dann, wenn es auch relativ kostspielig ist, in Basel selbst. Aber da man ja gut verdient, kann man sich das auch
mal erlauben ;) . Joggen geht in der Spitalumgebung ziemlich gut; man darf sich am Anfang nicht von den Anstiegen abschrecken lassen :) da gewöhnt man sich schnell dran. Weiterhin
kann man mit einem 20%igen Rabatt den Fitnessraum der Physiotherapie nutzen. Der ist ziemlich neu und mit verschiedenen Kraft- und Ausdauergeräten ausgestattet. Achso was ich vergessen: Arbeitsklamotten werden gestellt.

So hoffe ihr habt einigermaßen einen Einblick bekommen. Ich kann jedem das Chirurgietertial in Liestal nur wärmstens empfehlen. Ich war sehr zufrieden dort und denke öfters an die Zeit zurück.
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
Repetitorien
Fallbesprechung
Sonst. Fortbildung
Patientenvorstellung
Nahtkurs
Tätigkeiten
Briefe schreiben
Röntgenbesprechung
Patienten untersuchen
Notaufnahme
Mitoperieren
Rehas anmelden
Poliklinik
Untersuchungen anmelden
Eigene Patienten betreuen
Patienten aufnehmen
Chirurgische Wundversorgung
Dienstbeginn
Vor 7:00 Uhr
Dienstende
16:00 bis 17:00 Uhr
Studientage
1x / Woche frei
Tätigkeiten
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Essen frei / billiger
Kleidung gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Gehalt in EUR
1300 brutto

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
2
Klinik insgesamt
1
Unterricht
2
Betreuung
1
Freizeit
2
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.2