PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in National Taiwan University Hospital (5/2025 bis 7/2025)

Station(en)
Herzchirurgie, Viszeralchirurgie, Orthopädie
Einsatzbereiche
OP
Heimatuni
Muenster
Kommentar
Krankenhaus: Am ersten Tag haben sich alle internationalen Studis vor Hr. Liangs Büro eingefunden. Das war sehr praktisch, da man so schon Kontakte knüpfen konnte. Nach Zahlung der Gebühr (20.000 Taiwan-$, also ca. 500-600 Euro) wurden wir auf unsere Station gebracht. Ich war die ersten zwei Wochen in der Herzchirurgie. Dort stellte sich mir der Oberarzt Hr. Wang vor, machte eine Selfie, und gab mir seine private Nummer (das scheint dort so üblich). Außerdem wurde mir ein Student zur Seite gestellt, der sehr gut Englisch sprach und mit dem ich die nächsten zwei Wochen durch verschiedene OPs rotiert bin. Die Frühbesprechung war auf Mandarin, deshalb habe ich die geschwänzt, und war so meist zwischen 9 Uhr und 13 Uhr da. Essen gab es kostenlos im OP-Bereich. Insgesamt waren alle sehr interessiert, vermutlich weil sie relativ wenig Ausländer da haben und ein positives Bild von Deutschland haben. So mancher Oberarzt hat praktisch seine Assis weiteroperieren lassen um mir von seiner letzten Reise nach Deutschland zu erzählen. Insgesamt herrscht eine sehr lockere Atmosphäre, die Studenten kommen auch mal später weil sie schlecht geschlafen haben oder gehen früher, weil sie ein Baseballspiel sehen wollen. Spannend fand ich auch zu sehen, wie anders manche Prioritäten sind. So ist ein guter Chirurg, wer besonders schnell operiert. In der Ambulanz hat der nächste Patient im Arztzimmer gewartet und hat somit alles mitgehört. Dadurch wurden 70 Fälle an einem Vormittag durchgeboxt, aber Datenschutz existiert nicht. Außerdem ist die Sterilität im OP nicht sakrosankt wie bei uns (wenn man 10 cm am sterilen Tuch vorbeigeht ist das völlig ok, wenn man es nicht berührt). Ob das wirklich einen Unterschied bei den Infektionszahlen macht, weiß ich nicht, aber ich persönlich hatte nicht das Gefühl, dass es "schlechter" war.
Danach war ich zwei Wochen in der Viszeralchirurgie und 4 Wochen in der Ortho, aber hier waren die Leute weniger interessiert an mir und es gab keine Studenten mehr, weil bei denen die Semesterferien angefangen haben , sodass ich nur im OP rum stand um kaum verstanden habe, was gemacht wird. Da ich auch das Gefühl hatte, schon viel über die Atmosphäre mitgenommen zu haben, und an Chirurgie eh nicht interessiert bin, war ich am Ende kaum noch da; das war kein Problem.

Land: Ich spreche kein Mandarin und habe auch keinen Bezug zu Taiwan oder Asien. Dementsprechend war das Ganze schon ein Kulturschock, aber das war mir natürlich auch bewusst, und auch ein bisschen die Idee, dass ich mir das nochmal antun wollte. Am Ende hatte ich Glück, dass parallel mit mir ca. 10 andere internationale Studenten da waren, von denen die meisten aus Ländern wie Singapur und Hong Kong, oder aus westlichen Ländern, grade Australien und den USA kamen, aber chinesische Vorfahren hatten. Dadurch hatten sie alle Englisch als Muttersprache, sodass ich problemlos mit ihnen reden konnte, aber kannten sich gut mit der chinesischen/asiatischen Kultur aus und sprachen fließend Mandarin, sodass ich mich viel an sie dran hängen konnte und somit viel vom Essen, der Kultur, etc. des Landes mitbekommen habe.
An sich kann man in Taipeh super viel machen. Insbesondere Essensmöglichkeiten gibt es zuhauf, aber auch eine ausgeprägte Barszene. Außerdem ist Taipeh das Zentrum der queeren Szene in Asien, dadurch war ich mehrfach bei Dragshows und Gaypartys, was auch sehr cool war. Mit der Bahn kommt man bis ans Meer, und mit Bus und Bahn in die umliegenden Berge, wo man super kleine Wanderungen machen kann. Mit dem Schnellzug bin ich ein paar Mal in die kleineren Städte im Süden, fand das am Ende aber gar nicht so spannend. Manche sind noch für Kurztrips nach Japan oder Korea geflogen, aber das war mir zu viel.
Der Wohnungsmarkt ist tatsächlich ziemlich überhitzt, ich (und auch die meisten anderen Internationalen) hatte ein Zimmer über Airbnb und habe da ähnliche Preise wie in Deutschland bezahlt. Falls man es irgendwie schafft (und sich das traut) über den normalen Mietmarkt was zu finden, ist es aber etwas günstiger. Dafür waren der Flug und auch die Lebenshaltungskosten günstiger als in Deutschland.

Tipps Essen Allgemein: Night Markets (insb. Linjiang Night Market), Hot Pot und Bubble Tea (am besten in Tainan im Süden)
In der Nähe vom NTUH (häufig kriegt man eine volle Mahlzeit für ca. 5€): 佳味排骨麵, Moon Moon Food, 93 Tomato Beef Noodle. Außerdem Wilbeck Café für guten Kaffee.
Aktivitäten: Wanderungen in Qingtiangang, Maokong (Taipei) und Teapot Mountain (an der Ostküste), Besichtigung von Jiufen und Shifen (kleine alte Dörfer im Osten, zum Teil ziemlich touristisch). Kleine Bootstour von Tamsui aus. Außerdem habe ich am Ende viele kleine Tagestouren zu irgendwelchen Dörfern oder Stränden gemacht und dadurch auch viele nicht-touristische, "normale" Lebenswelten gesehen. Das Bus- und Bahnsystem ist ausgezeichnet und billig, sodass man problemlos wieder zurückkommt. Außerdem ist die Kriminalitätsrate sehr gering, sodass man sich nie unsicher fühlt, wenn man irgendwo alleine unterwegs ist.

Insgesamt ein eher abenteuerliches Tertial, in dem ich medizinisch fast nichts gelernt, etwas Einblick in ein anderes Gesundheitssystem gewonnen, insbesondere aber ziemlich tiefgehend (und ich denke auch viel teifgehender als im Urlaub) ein asiatisches, also kulturell wirlklich zu Deutschland komplett unterschiedliches, Land kennen gelernt habe. Ab Ende hatte ich auch echt Heimweh und war froh wieder zurück zu kommen, war aber als ich da war nie einsam oder dass ich mich verloren gefühlt habe. Also meines Erachtens eine gute Erfahrung bevor der Berufsalltagstrott startet.
Bewerbung
Ich habe mich ca. 4 Monate vorher beworben (https://www.mc.ntu.edu.tw/med/Fpage.action?muid=1065&fid=652&l=en_US). Dabei muss man einige Dokumente zusammensuchen bzw. von der Heimatuni unterschreiben lassen, aber insgesamt nichts Wildes. Mir wurde von Hr. Liang tatächlich schnell zurückgeschrieben, aber bis zu einer Zusage hat es tatsächlich ziemlich lange gedauert.
Unterricht
Kein Unterricht
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
Vor 15:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Mittagessen regelmässig möglich
Gebühren in EUR
ca. 800€ (je nach Wechselkurs)

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
1
Unterricht
1
Betreuung
1
Freizeit
1
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1