Zusammenfassend würde ich sagen, mein halbes Tertial in Kapstadt war jedenfalls eine einmalige Erfahrung - man kann einerseits die rosarote Touristenbrille aufsetzen und das Leben genießen und andererseits im Krankenhaus die Realität der ärmeren Bevölkerung erleben. Die Balance darin zu finden war für mich nicht einfach. Fachlich habe ich wenig gelernt, dafür bin ich mit den Eindrücken des dortigen Gesundheitswesens und einer großen Dankbarkeit zurück gekommen.
Der erste Tag ist Orientation Day, an dem alles Organisatorische geklärt wird und man alle anderen neuen Elective Students kennenlernt. Ab Dienstag ging es dann ins Krankenhaus. In der Allgemeinchirurgie geht man morgens bei einer sehr ausgedehnten Visite mit (dauert ca. 2 Stunden), danach sind entweder Clinics (man kann in der Sprechstunde der Poliklinik mitlaufen) oder man geht in den OP (es laufen allerdings nicht jeden Tag OPs jeder Fachrichtung; z.B. hat die Gefäßchirurgie 2 OP-Tage wöchentlich) und fragt, ob man sich miteinwaschen darf (meistens darf sich eine/r einwaschen). In der Allgemeinchirurgie wurde zweiwöchentlich auch durchrotiert, wobei die Einteilung durch die Sekretärin mit der Zeit sehr nachgelassen hat und man ziemlich sich selbst überlassen war. Zu meiner Zeit waren sehr viele Studenten unterwegs, sodass man sich eher in Rudeln bewegt und pro Kopf sehr wenig zu tun ist. Wer mag, kann bei Blutentnahmen und PVK-Legen helfen. Leider sind meiner Erfahrung nach die Studiengebühren im Vergleich zum erhaltenen Teaching und das Interesse an den Electives unverhältnismäßig hoch. In der Colorectal gab es kein Teaching, in der HPB wurde es besser, als auch Studenten der UCT wieder in ihren Rotationen waren. Die Ärzte der Gefäßchirurgie waren meiner Meinung nach am bemühtesten und dort hatte ich eigentlich eine lehrreiche und angenehme Zeit.
Wie die meisten anderen habe ich in der Freeland Lodge gewohnt, was ich aufgrund des sozialen Aspektes auf jeden Fall empfehlen würde, wenn man nicht im Vorhinein schon jemanden kennt. Dann empfiehlt es sich nämlich mehr, gemeinsam ein AirBnb zu mieten, da die Standards in der Lodge nicht die höchsten sind und man in schöneren, sichereren Vierteln wohnen kann. Das Groote Schuur Hospital stellt als einziges Krankenhaus aber keine Parkplätze zur Verfügung - man spart sich also die Kosten der täglichen Uber, wenn man in der Nähe wohnt. Generell würde ich aber sobald man es sich zutraut ein Auto mieten, da die Freizeitgestaltung dann viel einfacher ist (Wochenendausflüge, nach der Klinik zum Strand, etc.).
Zum Punkt Freizeit: Die ist natürlich in Kapstadt unschlagbar, es gibt unendliche Möglichkeiten und gerade Naturliebhaber und Sportler kommen hier voll und ganz auf ihre Kosten. Im September würde ich aber nicht mehr anreisen, da der Winter mit den frischen Temperaturen und starkem Wind echt unangenehm ist (vor allem in schlecht beheizbaren Zimmern...).
Im Nachhinein würde ich einiges anders angehen, wie zum Beispiel die Wahl des Krankenhauses. Das Victoria Hospital genießt unter seinen Studenten einen sehr guten Ruf, da man dort wohl viel lernt, selber machen darf, gut ins Team eingebunden wird und auch einen Ansprechpartner bzw. Supervisor hat. Der Anspruch an die Elective Students ist vielleicht auch höher, als anderswo. Das Groote Schuur würde ich eher für die Trauma empfehlen, dort sind die Ärzte auch weit aufgeschlossener und man kann viel eher hands on arbeiten. Von der Allgemeinchirurgie dort würde ich aber eher abraten.
Bewerbung
Für mich war der Stichtag, ab dem man sich für das Jahr 2025 bewerben konnte, der 1.10.2023. Ich habe direkt am selben Tag meine Bewerbungsunterlagen abgeschickt und habe auch meine gewünschte Stelle bekommen. Was ich von anderen gehört habe, ist das Bewerbungsverfahren aber eher intransparent; manchmal herrscht wohl nicht first come first serve und Plätze werden kurzfristig oder bei hartnäckigen Bewerbern zusätzlich vergeben.