Insgesamt ein gutes Chirurgie-Tertial, würde ich sagen. Es gab eine super Einführung gemeinsam von der PJ-Beauftragten, der zuständigen Frau von der Personalabteilung und der PJ-Mentorin der Allgemeinchirurgie. Zur Begrüßung gab es einen Beutel vom Klinikum mit einer Infomappe, dem Personalfragebogen und ein bisschen Krams: eine Tasse vom Klinikum, Schlüsselanhänger mit persönlichem Chip, Namensschild, Labello, Einkaufschip). Danach gab es eine kleine Tour durchs Haus und zur Nähstube, wo man seine Kleidung anprobiert hat und dann die Größe festgelegt wurde. Wenn man irgendwie eine Sondergröße/-länge hatte, konnte das dort dann direkt umgenäht werden. Seine Wäsche hat man in 7facher Ausfertigung bekommen und die wurde regelmäßig wieder auf Station geliefert. Bei mir reichte das eigentlich immer, wenn es doch mal knapp wurde, konnte man sich problemlos Wäsche aus dem OP nehmen. Umkleiden gibt es auf jeder Ebene, da man sich den Schlüssel aber vorne im Pflegestützpunkt abholen und dann zurück in den Flur latschen muss, hab ich mich meistens wie die Ärztinnen und Ärzte einfach im Arztzimmer umgezogen. Es gibt keinen fest zugeteilten Spind, aber ich hatte sowohl auf der UCH einen (geteilt mit dem anderen PJ) als auch auf der ACH (alleine).
Ich war erst in der Unfallchirurgie. Um 7:10 Uhr beginnt die Visite, um 7:40 Uhr ist Röntgenbesprechung. Danach bin ich öfter mal mit den Oberärzten + Chefarzt auf die Intensivvisite gegangen, weil ich persönlich das ganz spannend fand. Ansonsten ist man entweder in den OP gegangen oder zurück auf eine der beiden Stationen (man war fest auf einer eingeteilt). Dort gibt es zwar offiziell je eine MFA für die Blutentnahmen und Verbände, die auf meiner Station teilt sich die Arbeit der Blutentnahmen aber ganz gerne mit den PJlern. In der UCH war das trotzdem im Rahmen im Vergleich zur ACH. Im OP wurde man ab ca der zweiten Woche fest mit dem Namen eingeteilt, da es aber recht viele Assistenzärzte gab, war ich nicht übermäßig viel eingeplant. Ansonsten konnte man sich aussuchen, ob man nach den Blutentnahmen/Viggos auf der Station aushilft, im OP zuschaut oder in die Notaufnahme geht. Um 15:00 Uhr war die Nachmittagsbesprechung und gegen 15:30/15.45 Uhr war Feierabend.
Im UCH-Teil darf man 2 Wochen in ein anderes Fach rotieren (primär ein chirurgisches Fach oder Anästhesie, Päd ging aber auch auf Nachfrage). Ich war in der Anästhesie und das hat wirklich viel Spaß gemacht. Man darf sich aussuchen, auf welche Säle man Lust hat und läuft dann mit. Ich durfte Lamas legen und intubieren, präoxygenieren, Medikamente geben, Narkosen einstellen, wenn ich gewollt hätte auch Viggos legen üben. Es gibt ein PJ-Telefon, auf dem ich auch ein paar Mal angerufen wurde, um zu intubieren, bei einem PDK oder Plexusblock zuzuschauen oÄ. Die Rotation war echt super und der Chefarzt gibt sich wirklich viel Mühe, klare Empfehlung an dieser Stelle.
Im zweiten Tertialteil war ich in der ACH/GCH, das ist eine gemeinsame Station. Die Station 6A ist ehrlich gesagt das pure Chaos, aber man findet sich irgendwann darin zurecht. In der ACH ist Arbeitsbeginn um 7:30 Uhr, um 7:45 Uhr ist die Frühbesprechung (alle 2 Wochen mittwochs ist um 7:30 Uhr noch eine Fortbildung). Danach ist man auf die Station zurückgegangen, hat die Blutentnahmen gemacht und Viggos gelegt. Anschließend ist man mit auf die Visite gegangen. Da war es auch sinnvoll, wenn mindestens ein PJler dabei war, in der Visite wurden nämlich die fälligen Verbandswechsel besprochen. Für diese sind theoretisch die Ärzte, praktisch aber eigentlich regelhaft die PJler zuständig. Die Ärzte sind meistens nur dazu gekommen, wenn sie die Wunde sehen wollten oder es ein schwererer Befund war und man sie dazu gerufen hat. Ich habe dadurch viel über Wundversorgung gelernt und fand es okay, am Anfang war es aber schon ein bisschen learning by doing und man hat sich damit schon allein gelassen gefühlt.
Nach den Verbänden haben wir PJler Arztbriefe geschrieben oder Tumorkonferenzen angemeldet, bis es um 15.15 Uhr zur Nachmittagsbesprechung und anschließender Röntgen-Demo ging. Um ca 15:45 Uhr war dann Feierabend. Im OP war man nicht regelhaft mit Namen eingeteilt, meist wurde einfach gefragt, ob ein PJler dazu kommt. Man durfte aber auch immer freiwillig in den OP gehen und zuschauen, auch bei den Gefäßchirurgen. Im ACH-OP wurde zwischendurch ganz gerne mal die zugehörige Anatomie gefragt. Es war nicht allzu schlimm, wenn man es nicht wusste, aber ein Oberarzt hat einem das dann ganz gerne als Hausaufgabe mitgegeben. Fürs M3 aber vielleicht auch nicht verkehrt, auf diese Weise etwas gezwungenermaßen Anatomie zu wiederholen.
Die ACH hat mir insgesamt weniger gefallen als die UCH, weil man dort schon mehr als zusätzliche Arbeitskraft genutzt wurde. Allerdings war in der ACH auch urlaubs- und vor allem krankheitsbedingt echt Personalmangel, der mithilfe der PJler kompensiert wurde. Der Chef hat das aber immerhin gesehen und auch mehrfach in Besprechungen wertgeschätzt und sich bedankt. Die Oberärzte waren eigentlich alle sehr nett und haben sich Mühe gegeben, im Alltag etwas Lehre Und es gab eine ganz tolle Assistenzärztin in der ACH, die immer versucht hat, einem nebenbei noch etwas beizubringen, immer angeboten hat bei Viggos, Blutentnahmen und Verbänden mitzumachen und generell einfach super lieb war und die Stationsarbeit auch gut im Griff hatte.
Generell waren aber eigentlich bis auf einen Arzt aus der UCH alle echt nett und es gab echt einige Ärzte, die sich viel Mühe mit uns PJlern gegeben haben.
Lehre: Planmäßig gibt es zwei Mal in der Woche Unterricht, montags von 16-17 Uhr Chirurgie (abwechselnd UCH und ACH), donnerstags Innere/Neuro/Päd. Der ACH-Unterricht beim Chefarzt hat eigentlich immer zuverlässig stattgefunden und war auch ganz gut. Der UCH-Unterricht hat auch häufig stattgefunden, je nach Oberarzt war das mal besser mal schlechter vorbereitet. Der PJ-Lotse der UCH, ein Assistenzarzt (eigentlich in der Plastischen Chirurgie), hat sich total Mühe gegeben und mit uns einen Nahtkurs an Schweinefüßen organisiert, FAST-Sono mit uns geübt, uns mitgenommen und auch sonst viel erklärt. Der Unterricht am Donnerstag ist leider oft ausgefallen, wenn er stattfand, war es aber meistens auch richtig gut.
Zwischendurch gibt es zusätzlich Unterricht von der Apotheke, der Hygiene, und auf Nachfrage der Anästhesie. Der Chefarzt der Anästhesie hat richtig gute Lehre gemacht und sich wirklich Mühe gegeben, sodass wir tatsächlich freiwillig jede Woche Dienstag Unterricht mit ihm gemacht haben, meist gegen 15:00 Uhr. Das war sowohl theoretisch als auch praktisch, hat wirklich viel Spaß gemacht und war unheimlich lehrreich, auch für diejenigen, die später nicht in die Anästhesie wollen. Die Themen haben wir in Absprache mit dem Chefarzt selber bestimmen dürfen.
Der Chef der Dermatologie macht auch je nach Nachfrage wöchentlich mittwochs mittags Unterricht, da war ich allerdings nur zweimal. Der war aber auch echt gut gemacht, man hat sich mehrere Patienten angeschaut die er vorher rausgesucht hatte, Anamnese und körperliche Untersuchung gemacht und die Fälle danach mit ihm durchgesprochen.
Was ich richtig cool fand und definitiv als Vorteil hervorheben möchte: in Bremerhaven an der Hochschule kann man Physician Assistant studieren und da das KBR Lehrkrankenhaus ist, tummeln sich da im Praxissemester einige PA-Studenten. Es war total interessant, zusammen zu arbeiten und das Berufsbild so mal genauer kennenzulernen. Ich habe tatsächlich fast ausschließlich gute Erfahrungen gemacht und finde es schön, dass ich mir eine eigene Meinung zu dem Beruf bilden konnte.
Zum Drumherum: Das Mittagessen ist kostenlos, Nachtisch gibt es leider nicht, Salat nur manchmal (statt Gemüsebeilage). Es gibt immer ein vegetarisches Gericht, zwei mit Fisch/Fleisch und ein extra Essen, für das man draufzahlen müsste. Ich bin das gesamte Tertial über eigentlich immer zum Essen gekommen, meistens auch mit den anderen PJlern zusammen. Wenn es mal wegen einer OP nicht passte, konnte man sich Essen zurückstellen lassen, das war insgesamt aber höchstens 5-6 Mal der Fall bei mir. Ich war auch des Öfteren mit anderen PJlern oder PA-Students im Park des Klinikums einen Kaffee trinken.
Man bekommt ein WG-Zimmer mit anderen PJlern in einer 2er, 3er oder 4er WG mit kleinem Balkon kostenlos zur Verfügung gestellt. Das ehemalige Personalwohnheim liegt direkt an einem Park/Wald, durch den man in ca 5-10 min zu Fuß zum Klinikum kommt (Tipp: über den Wertstoffhof kommt man ohne Umwege direkt zu den Aufzügen). Wir waren zu zweit in einer 3er-WG. Es gibt ein Bad mit Dusche/Badewanne und ein separates Bad mit einer Toilette, außerdem eine große Küche mit Küchentisch, 4-Platten-Herd, Backofen, zwei Kühlschränken und mehr als genug Arbeitsfläche. Töpfe, Teller, Besteck etc sind vorhanden, außerdem ein Wasserkocher, ein Toaster und eine Kaffeemaschine. Kleine Handtücher, Bettwäsche und Geschirrtücher werden vom Klinikum gestellt und auch gewaschen. Diese werden immer mittwochs abgeholt, in dem Zug werden auch die beiden Bäder und die Küche gereinigt, das war echt super.
Man ist vom Wohnheim aus mit dem Bus in 10-15 min an der Wesermündung/Weserstrand und in der Stadt, in der Umgebung gibt es einige schöne Ecken , die einem auch gern von den Ärzten und der Pflege empfohlen werden (wenn man ein Auto hat sollte man unbedingt nach Wremen ans Wasser fahren).
Mittwoch abends findet immer das Betriebsrudern statt, da dürfen PJler gerne dran teilnehmen.
Insgesamt war ich zufrieden mit meinem Chirurgie-Tertial in Bremerhaven und würde es auch wieder da machen. Es war nicht alles perfekt, aber doch deutlich besser als gedacht. Ich hatte zwischendurch wirklich richtig Spaß daran.