Das Addington Hospital liegt direkt an der Golden Mile am Strand. Man gewöhnt sich schnell an die heruntergekommene Ausstattung und merkt, dass medizinisch alles Nötige vorhanden ist.
Das Team der Chirurgie war super freundlich und hilfsbereit. Der kommissarische Leiter, Mr. Boonzaier, ist sehr entspannt und legt großen Wert darauf, dass wir das sehen und lernen können, was uns selbst interessiert. Dadurch war es zum Beispiel auch möglich, in andere Abteilungen wie die Gyn oder Ortho zu rotieren.
Tagesablauf:
Nach der Frühbesprechung um 8 Uhr geht man entweder mit auf Station oder in den OP – je nachdem, worauf man Lust hat. Manchmal wird man gebeten, im OP zu helfen, meist sind aber genug Ärzte vorhanden. Auf Visite kann man jederzeit Fragen stellen, gernerell wird dort mehr über die Patienten gesprochen und nicht mit ihnen. Hauptaufgabe bei Visite ist Verbände abzunehmen. Röntgenbilder werden ausgedruckt und direkt am Bett befundet; Computer gibt es nicht. Danach ist man frei, wie man den Tag gestaltet: auf Station mitlaufen, im OP zuschauen, in die Trauma Unit gehen oder bei der Sprechstunde mitmachen. Gehen kann man, sobald man genug gesehen hat – Telefone oder feste Aufgaben gibt es nicht. Diese Flexibilität war für mich echt wertvoll, vor allem wenn man mal größere Ausflüge oder andere Aktivitäten machen wollte. Im King Edward Hospital, in dem manche anderen PJler waren, war man in festen Teams eingeteilt und musste bzw. sollte dann auch öfter Spätdienste oder OP machen und war eben nicht so frei in der Gestaltung seiner Zeit in der Klinik bzw. der Freizeit.
Aufgaben:
Wie gesagt hat man keine festen Aufgaben und wird zu nichts gezwungen. Teilweise wollten Assistenzärzte sogar nicht, dass wir Blut abnehmen, wegen der Infektionsgefahr (bei den Patienten wird prinzipiell davon ausgegangen, dass sie HIV positiv sind). Wenn man jedoch gezeigt hat, dass man es kann und man es machen wollte, durfte man es auch machen. Viel mehr gibt es auf Station aber nicht zu tun. Da es sich um ein großes Ausbildungskrankenhaus handelt, übernehmen die Assistenzärzte die meisten praktischen Tätigkeiten gerne selbst. Im OP hängt es stark vom Operateur ab: Die meisten machen lieber alles alleine. Selbst die Hautnähte… Es gibt kaum Laparoskopien, deshalb sieht man viele offene OPs (Hernien, Ileus, Tumoren, Appendektomien, ab und zu auch Stich- oder Schussverletzungen). Auch im Ambulanz OP hatte ich oft Pech und durfte meist nur zuschauen. In der Trauma Unit durfte man dafür aber relativ häufig Stichwunden versorgen oder auch mal mit einem Doc gemeinsam den Patienten aufnehmen, ne aBGA abnehmen oder bei der Polytraumaversorgung mithelfen. Insgesamt also nicht so viel praktische Tätigkeit wie ich es erwartet hätte. Aber man sieht sehr viele Krankheitsbilder, die man in der Ausprägung in Deutschland nie sehen würde und zudem eine breite Palette an Trauma: Kopfschüsse, Stichwunden, Polytrauma, Ertrinken etc... Also auch um die Versorgung dieser Krankheitsbilder und Wunden nur mal gesehen zu haben sehr lehrreich und interessant.
Gegen Ende meines Tertials kam dann noch eine neue Ärztin, die großen Wert auf Teaching legte. Sie hat mir einmal beim Thoraxdrainiage legen zugeschaut und Tipps gegeben und nach dem Prinzip See One, Do One, Teach One durfte ich dann am nächsten Tag einem Assistenzarzt das Verfahren beibringen. Auch im OP konnte ich unter ihrer Anleitung sehr viel mitarbeiten… Es kommt also wie so oft darauf an, an wen man gerät…
Im Gegensatz zum King Edward ist man im Addington Hospital als Pjler also nirgends fest eingeplant und auch nicht vermisst wenn man seinen Tagesplan beliebig gestaltet. Wer sich jedoch aktiv einbringt und den erfahrenen Ärzten folgt, kann deutlich mehr lernen und auch praktisch arbeiten.
Arbeitszeit:
Komplett frei einteilbar. Es wird nichts gestempelt oder notiert. Wochenenddienste oder Nachtschichten in der Trauma Unit sind möglich, man muss nichtmal vorher Bescheid geben, sondern kann einfach spontan Abends in die Trauma Unit kommen und sagen, dass man gern mithilft heute Nacht. Das habe ich auch 1-2 mal gemacht. Es war schon recht interessant das mal gesehen zu haben, aber Nachts kamen jetzt nicht viel krassere Fälle rein, als tagsüber. Man kann sich auch ein Bett auf der Personaletage für die Nacht reservieren.
Wenn man sonst mal ein paar Tage frei haben möchte ist das nie ein Problem gewesen, aber man sollte trotzdem vorher unbedingt Bescheid geben, damit sich das Team keine Sorgen macht - Südafrika ist ja kein ganz ungefährliches Land.
Lehre:
Gibt es eigentlich nicht. Ab und an wird von den Assistenzärzten in der Morgenbesprechung ein kleiner Vortrag gehalten. Sonst gibt es von der Notfallmedizin noch 1x pro Woche eine Schulung für die Assistenzärzte, von der habe ich aber erst ganz am Ende erfahren und das eine man als ich dort war hat sich absolut nicht gelohnt.
Was man mitbringen sollte:
Unbedingt nötig sind Kasaks. Entweder bringt ihr welche aus Deutschland mit oder kauft sie vor Ort. In Anithas Mail wird zwar auch Hose und Hemd als Arbeitskleidung erwähnt, das tragen aber nur die MOs und höher. Assistenzärzte tragen fast ausschließlich Kasaks – die Farbe ist egal. Die Pflege trägt weiß, die Ärzte die Farben, die sie cool finden: von Hellblau über Grün bis Pink war alles dabei. Gewaschen wird selbstständig zu Hause.
Außerdem nützlich:
- Stethoskop (auf Visite kann man häufig mit abhören)
- Stauschlauch (selten vorhanden, die Ärzte stauen sonst mit Handschuhen)
- Verbandsschere (sehr begehrt – nicht unbeaufsichtigt liegen lassen!)
- FFP2-Masken (empfehlenswert wegen Tuberkulose und Geruch, auch wenn die meisten Ärzte keine trugen)
- Pupillenleuchte (alternativ Handylicht; Handys wurden teilweise auch als Reflexhammer genutzt)
Ich hatte eine kleine Umhängetasche dabei, in der ich Desinfektionsmittel und mein Handy aufbewahrt habe. Einmalhandschuhe und Desinfektionsspender gibt es im Krankenhaus ausreichend.
Erster Tag:
Zuerst geht es zu Anitha an die Uni, um den Ausweis ausstellen zu lassen, danach ins Addington Hospital. Für den ersten Tag empfehle ich, alles mit Uber zu erledigen, da ihr noch keinen Parkplatz habt und die Gegend um das Krankenhaus nicht besonders sicher ist.
Im Addington nehmt ihr links vom Haupteingang den Personaleingang, zeigt euren Ausweis, sagt, dass ihr dort arbeitet, und lasst eure Taschen kontrollieren. Danach geht es ins 5. OG zum Sekretariat der Chirurgie (Michelle). Sie begrüßt euch und schickt euch weiter in den 11. Stock zur Personalabteilung. Nach dem Papierkram lasst ihr euch bei Michelle ein Parking Permit ausstellen. Damit geht ihr zum Head of Security und erklärt, dass ihr auch Nachtdienste macht und deshalb einen Parkplatz direkt auf dem Klinikgelände (nicht auf der anderen Straßenseite) braucht. Bargeld mitnehmen – es kostet zwar nicht viel, aber ohne geht es nicht.
Wohnort:
Wir haben in einem AirBnB in Morningside gewohnt (direkt beim Morningside Fitness Club – sehr empfehlenswertes Outdoor Gym). Die Gegend ist sicher und nicht zu weit vom Krankenhaus gelegen.
Viele PJler wohnen im Bluff, was zwar beliebt ist, da auch recht sicher, aber deutlich weiter weg von den Orten, an denen man abends ausgeht: Florida Road, Durban North und Umhlanga. Wir waren fast ausschließlich dort in Bars und Restaurants unterwegs. Aus Bluff dorthin zu fahren, ist mit Uber deutlich teurer und man bekommt auch nicht immer eins. Auch mit dem eigenen Auto ist der Weg entsprechend länger und den Rückweg muss man nachts durchs City Center fahren... Zum Grillen waren wir ab und zu im Bluff, aber für den Alltag fand ich Morningside praktischer.
Für Surfer kann Bluff interessant sein. Über die Wintermonate sind die Bedingungen jedoch am North Beach und an der Golden Mile besser, sodass selbst die PJler aus Bluff meist dorthin gefahren sind. Auch das wäre aus Morningside leichter zu erreichen.
Sonst kann man auch in Durban North oder Umhlanga unterkommen, das ist aber etwas weiter weg und man hat morgens mehr Berufsverkehr.
Mobilität:
Öffentliche Taxis gibt es zwar, sie werden aber nur von Einheimischen genutzt – uns wurde davon abgeraten. Uber funktioniert sehr gut und ist günstig, auf Dauer summieren sich die Kosten jedoch. Daher würde ich empfehlen, ein Auto zu mieten. Damit seid ihr auch flexibler für Ausflüge ins Landesinnere oder an die Strände Richtung Ballito oder den Süden (Scottburgh).
Wir haben bei Tempest Car Hire (gehört zu Europcar) gemietet – das war die günstigste Option, seriös und unkompliziert. Ab einem Monat Mietdauer ist der Preis fair, Versicherung inklusive, und die Übergabe lief problemlos.
Sicherheit:
Jeder Einheimische wird euch seine schlimmste Geschichte erzählen – ein gewisser Respekt ist daher angebracht. Wir hatten jedoch nie eine Situation, in der wir uns unsicher oder unwohl gefühlt haben.
Zu Fuß sicher unterwegs sein kann man in:
- Florida Road (nur diese Straße in Durban)
- Golden Mile – zum Surfen nur morgens bis nachmittags, nicht später
- Umhlanga – sehr sicher, viele Bars und Restaurants, Strandpromenade und Beach problemlos nutzbar
- Ballito
Grundsätzlich gilt: je weiter außerhalb von Durban, desto sicherer. Innerhalb der Stadt sollte man möglichst nicht allein herumlaufen. Ein Beispiel: Ein Famulant ließ sich auf der Rückseite des Krankenhauses vom Uber absetzen. Die Polizei stoppte ihn sofort und brachte ihn direkt zur Klinik, da sie es für zu gefährlich hielten, dass er dort allein unterwegs war.
Am besten immer Uber oder Auto von Tür zu Tür nutzen. Nachts wird empfohlen, an roten Ampeln nicht stehen zu bleiben: langsam heranrollen und, wenn kein Querverkehr kommt, vorsichtig weiterfahren. Wir waren auch ab und zu nachts unterwegs und hatten nie Probleme. Tagsüber ist es generell entspannter.
Wichtig ist vor allem: nicht leichtsinnig sein, sich nicht wie ein klassischer Tourist verhalten. Grundsätzlich habe ich – und auch andere PJler, die zeitgleich dort waren – ausschließlich gute Erfahrungen gemacht. Die Südafrikaner sind sehr offen, herzlich und freuen sich, wenn man ihr Land und ihre Kultur kennenlernen möchte. Ihr werdet euch schon zurecht finden! :)
Und hier noch ein paar Empfehlungen für vor Ort :)
Ausflüge:
Von Durban aus kann man super Ausflüge in die Midlands, die Drakensberge und zum Hluhluwe Nationalpark machen.
Hier ein paar Ausflugsempfehlungen:
- Stanta Lucia & iSimangaliso Wetland Park
- Hluhluwe Nationalpark (von St. Lucia aus gibt es Day Safari Drives)
- Shongweni Farmers Market
- Nelson Mandela Capture Site
- Lesotho
Und ich würde euch auf jeden Fall ans Herz legen Kapstadt und Stellenbosch zu besuchen, die Flüge sind von Durban aus recht günstig. Dort kommt ihr gut mit dem Uber zurecht.
Empfehlungen in Durban:
- University Golf Center ist eine ziemlich günstige Driving Range
- Must do: Rugbymatch im Kingston Beach Club anschauen (das ist eine Bar & Club im Stadion) und danach dort feiern
- Kenneth Stainbank Nature Reserve
- Cafes: The Barn Owl, Huble Cafe, Hush Coffee (Aussicht über Durban), Daily Dose Umhlanga, Glenwood Bakery, Maha Cafe
- Essen: Doughed, The Baron Umhlanga, Surf Riders (Brunch & Mittag), Chunky’s Burger Company (ToGo oder Lieferung),
- Bars: Mulligans Irish Pub (Mittwoch Karaoke), Rockets Restaurant Umhlanga
- Strände: Umdloti Beach Tidal Pool, Umhlanga, Ballito; der Strand in Durban ist nicht so sicher um dort einfach zu liegen und zu Sonnen
- Bei schlechtem Wetter: Gateway Shopping Mall (Zara, H&M, Adidas, Kino, GoKart usw...)
- Rickshaw Bus City Tour (hier sehr ihr auch mal Gegenden, die ihr sonst nicht besuchen solltet, e.g. City Center...)
Bewerbung
Ich habe mich 11 Monate vor PJ - Beginn bei Anitha Pillay unter [email protected] beworben. Man hat recht schnell eine Antwort bekommen, in der man direkt gesagt bekommen hat, welche Unterlagen man ihr schicken muss. In unserem Krankenhaus gab es zu der Zeit einen Wechsel des Chefarztes darum hat sich die Bestätigung vom Addington Hospital etwas verzögert, sodass ich die Finale zusage erst 2 Monate vor PJ-Beginn bekommen habe. Somit war es eigentlich nicht mehr möglich rechtzeitig ein Study Visa zu beantragen.
Wie ihr in den vorherigen Berichten gelesen habt, muss man sich aber vorab um ein Visum kümmern, wenn man ein volles Tertial (4 Monate) in Durban macht. Das stimmt grundsätzlich, es gibt aber noch einen anderen Weg die vollen 4 Monate in Südafrika zu machen ohne eine Einreisesperre zu erhalten:
Eine Verlängerung des normalen Touristen-Visums beantragen, dass man bei Einreise bekommt. Das ist zwar auch ein bisschen kompliziert, aber mit der Anleitung von dieser Website hat das am Ende dann doch geklappt: https://my-trip-on-the-wild-side.com/visa-verlaengerung-in-suedafrika-alle-schritte-zum-erfolg
In Durban gibt es auch ein VFS Büro, bei dem man seinen Ausweis dann verlängern lassen kann. Optimalerweise kümmert man sich darum direkt in der ersten Woche um schnell einen Termin im VFS Büro zu buchen. Sonst muss man sich am Öffnungstag einfach sehr sehr früh vor dem Büro dort anstellen und hoffen, dass man an dem Tag noch hereingelassen wird. (So haben wir es gemacht, hat auch geklappt!)
Im Gespräch mit andern PJlern hat sich ein bisschen herausgestellt, dass diese Methode manchmal sogar unkomplizierter ist, als persönlich zu den südafrikanischen Konsulaten/Botschaften in Deutschland zu fahren und das Study Visum zu beantragen. Außerdem war das auch günstiger. Man muss aber bedenken, dass man sich um eine Verlängerung des Touristen Visums bemüht und man vielleicht nicht erwähnen, dass man als Medizinstudent im Krankenhaus arbeitet.
Wenn man aber weit im Voraus die nötigen Dokumente dafür hat empfiehlt sich das wahrscheinlich trotzdem das alles in Deutschland zu organisieren.
Die Studiengebühren in Durban waren für 4 Monate ca. 800€.