Mein Fazit zu Beginn, je nachdem was Ihr sucht, kann man das PJ guten Gewissen weiterempfehlen oder eindeutig abraten, deswegen etwas genauer.
Klinikalltag: Der größte Punkt hier zu sagen ist sicherlich, dass Sie hier keine PJ-ler gewöhnt sind. Dass hat meiner Meinung nach einige Nachteile aber auch viele Vorteile. Der Vorteil hiervon ist sicherlich, dass man eigentlich nichts muss und quasi alles frei entscheiden kann. Weder meine Rotationen noch wo ich mich den Tag über Aufhalte hat mir irgendjemand verpflichtende Vorgaben gemacht, sodass ich immer dort war wo ich wollte (Ich habe nie eine Blutentnahme Pflicht erlebt!). Generell war mein Tagesablauf dann aber meist Frühbesprechung/ Röntgendemo, Visite und dann OP Plan checken und dann OP oder Notaufnahme. Man hat allgemein im Krankenhaus auch einen sehr besonderen Status, wenn man angagiert ist und sich selbst kümmert ist sehr viel möglich. Der Nachteil ist sicher, dass die Leute nicht an teaching gewöhnt sind, von Unterricht ganz zu schweigen, sind viele die delegation und das eigenständige arbeiten lassen nicht gewöhnt. Aber auch hier, die allermeisten sind super nett nur was und wie viel man selbsständig macht muss man selbst bestimmen und einfordern. Im OP war ich tatsächlich für das, dass mich das eigentlich nicht wirklich interessiert sehr häufig (ca. 1 1/2 - 2 Tage/Woche). Unsteril eigentlich nie, also entweder als zusätliche Assistenz am Tisch oder als erste Assistenz.
Krankenhaus und Personal: Wer Ambitionen in der Chirurgie hat ist hier vermutlich falsch beraten. Die Notaufnahme ist gut besucht, allerdings mit aufgrund der meist älteren Touristen überdurchschnittlich hohem Alter. Im OP prügeln sich immer alle um die Kontingente, im Sommer mit vielen Touristen ist das vorallem viel Unfallchirurgisch. Generell hat aber jede Abteilung nur ca. 2 1/2 Tage OP-Kontingente und darf da dann Patienten operieren. Unfallchirurgisch und Viszeralchirurgisch hat das Haus keinen guten Ruf, ein Urteil hierüber steht mir aber nicht zu. Generell werden hier aber nur die Basics behandelt. Ich hab mich in beiden Abteilungen je nach Operateur unterschiedlich wohl im OP gefühlt. Angst im OP oder frauenfeindliche/ diskrimminierende Aussagen im OP hatte ich aber nie, auch wenn die Umgangsart sicherlich nicht immer meine bevorzugte war. Die OTAs sind bis auf eine Ausnahme wirlich alle sehr nett. Das einzige Ausgergewöhnliche ist die WS-Chirurgie, die zumindest was ich mitbekommen habe einen sehr guten Ruf genießt. Hier war auch mit Abstand die beste Stimmung im Team, man wurde sehr herzlich aufgenommen und alle haben viel erklärt. Hier also eine ganz klare Weiterempfehlung!
Orga: Der zuständige Arzt ist aktuell Leiter der Anästhesie und sehr nett und zuverlässig, Wenn er nicht gerade im Urlaub ist reagiert er sehr zuverlässig und zeitnah auf E-Mails und bezüglich der Bescheinigungen braucht man sich bei Ihm keine Gedanken zu machen. Wo man nicht verzweifeln darf ist die Personalabteilung. Obwohl ich nämlich mit ihm schon lange im Vorraus in Kontakt war und er meinen Vertrag auch an diese Geschickt hat, kam dieser nicht bei mir an. Alles was hierüber geht braucht man mit unter sehr viel Geduld, wenn man dann vor Ort ist lässt sich aber eigentlich alles klären, man bekommt den Vertrag am 1. Tag und hinterlässt seine Daten und bezüglich dem Orbis Zugang und Schlüsseln darf man sich dann einfach selbst auf die Organisation begeben.
Wohnen: Wie schon beschrieben wohnt man in 3er WGs und die Ausstattung ist eher dürftig und die Sauberkeit durchwachsen. Genaue Angaben sind hierzu aber schwierig, weil es, zumindest von denen ich weiß, 4 Wohnungen gibt. Ich hatte das Glück in die am besten ausgestattete Wohnung zu kommen, in der es als einzigste sogar WLAN gab. Bezüglich der Schlüsselübergabe plant man das ganze am Besten während normaler Arbeitszeiten ein, bei mir hat das am Freitag Morgen (Montag war Beginn) sehr gut geklappt, kann aber auch Zufall gewesen sein. An sich ist ein hinterlegen der Schlüssel im Krankenhaus aber auch möglich.
Freizeit: Hier hat Cuxhaven für mich am allermeisten zu bieten, wobei es auch wieder darauf ankommt was man will. Was man hier aber bekommt ist eine Kleinstadt mit allem was man braucht, eine ganz ordentliche Zugverbindung nach Hamburg und sehr viel Natur! Das Fahrrad würde ich auch ganz klar empfehlen, aber dann kann man schon ganz gut neben den täglichen Besorgungen an den Hafen, an die Bucht zum schwimmen und an den Strand an dem es entweder Wasser oder sehr viel Watt zu genießen gibt. Unbedingt zu empfehlen ist der Kite Kurs, der nach wie vor übernommen wird (Anfängerkurs 2 Tage Surfschule Cuxhaven, vorher Kostenübernahme Personalabteilung) und wenn es euch irgenwie möglich ist Deichbrand! Das liegt für Studis Ende Juli meist blöd, an sich kann hier aber je nach Kapazität jeder mit. Bei mir war das tatsächlich 1 Woche vorher organisiert zusammen mit einer Famulantin die aus dem Ausland kam und daher schon Semesterferien hatte ein absolutes Highlight. Alle sind unfassbar nett und wirklich alle sind so gewillt einem alles zu zeigen. Seid euch also bewusst, dass ihr das ganze Festival von einer ganz andere Seite kennenlernt. Denn obwohl es sehr wenig Arbeit für die Ärzte kann man sehr viel von den Johannitern lernen und es gehört dazu, dass man die meiste Zeit im Team bleibt. Für mich aber auch irgendwo selbstverständlich, schließlich haben wir eine Unterkunft und wirklich wahnsinnig gutes Essen 4x am Tag zusätzlich zu freiem Eintritt und etlichen Führungen hinter den Kulissen bekommen.
Persönliches Fazit: Ich selbst bin nach Cuxhaven nicht wegen der Klinik oder deren Bewertungen gekommen und wusste auch von Beginn an, dass ich definitiv später nichts chirurgisches machen möchte. Ich habe daher die Freiheiten in der Klinik und die vielen Freizeitaktivitäten sehr genossen und der unspäktakuläre aber doch recht nahe Einblick in die Chirurgie war für mich das was ich gesucht habe. Leute die Ambitionierte Chirurgie und anspruchsvolle Lehre erwarten sind hier aber devinitiv falsch.