PJ-Tertial Chirurgie in Aberdeen Royal Infirmary (6/2025 bis 8/2025)

Station(en)
Orthopädie/Unfallchirurgie
Einsatzbereiche
Notaufnahme, OP, Station
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Allgemeine Erfahrungen
In Aberdeen ist während des PJ wirklich alles möglich. Man kann eine sehr entspannte Zeit haben, viel reisen und nur das Nötigste machen oder man nutzt die Chance, richtig viel mitzunehmen und sehr viel (vor allem theoretisches) Wissen zu lernen.

Das Krankenhaus ist riesig, die Unfallchirurgie/Ortho verteilt sich auf drei Standorte (Aberdeen Royal Infirmary, Woodend Hospital, Children’s Hospital). Mit 26 Consultants und über 50 Assistenten gibt es keinen festen Tagesablauf. Vieles hängt einfach davon ab, wo man landet. Ich hatte gleich am ersten Tag ein Gespräch mit einer Consultant, die sich für die ersten Wochen um mich gekümmert hat. Sie hat mich gefragt, was ich mir wünsche, und dann einen kleinen Plan erstellt. Das war ein echter Glücksfall, weil man dadurch viel mehr Möglichkeiten bekommt als andere Studierende, die oft nur mit den neueren Assistenzärzten auf Station stehen und seltener in den OP kommen. Im OP ging der Arbeitstag dafür meistens bis 17:00 Uhr, während man auf Station häufig schon mittags nach Hause gehen darf.

Lehre und Arbeitsalltag
Die Lehre fand ich super. Vor OPs wird alles Schritt für Schritt erklärt. Ein Operateur hat sogar während der OP einmal in Ruhe alle Knochen und Bänder des Sprunggelenks auf den Tisch gemalt und erklärt. Insgesamt läuft hier vieles deutlich langsamer als in Deutschland. Das ist angenehm, weil es entspannter wirkt, manchmal wünscht man sich aber auch ein bisschen mehr Effizienz.

Die Stimmung war sehr freundlich. Alle waren offen, niemand sagt jemals „nein“, wenn man fragt ob man irgendwo dabei sein darf. So habe ich auch ein paar Tage in der Notaufnahme verbracht (das ist hier eine eigene Fachrichtung) und einige Schockräume auch in der Kinderklinik mitbekommen. Die Consultants holen manchmal Kaffee für das ganze Team, auch für uns Studierende. Ich hatte auch Glück, weil sich eine Consultant besonders um mich gekümmert hat, obwohl sie gar nicht zuständig war. Dadurch durfte ich öfter nähen und teilweise sogar als erste Assistenz mitoperieren – was in UK nicht selbstverständlich ist.

Unterschiede zu Deutschland
Ein paar Dinge laufen hier etwas anders als in Deutschland. Die schottischen Studierenden sind praktisch oft weniger geübt, zum Beispiel beim Blut abnehmen, Zugänge legen oder bei körperlichen Untersuchungen. Das wirkt sich auch auf die deutschen Studenten aus, da man immer wieder erklären muss was man alles kann bzw. schonmal gemacht hat. Insgesamt wird einem hier weniger zugetraut, aber man hat auch keine Verantwortung oder festen Aufgaben. Auch im OP gibt es Unterschiede: Eingewaschen wird nicht mit Desinfektionsmittel, sondern mit Wasser und spezieller Seife. Kittel und Handschuhe zieht man sich selbst an, mit der hier üblichen Technik des closed gloving. Insgesamt wird die Sterilität lockerer gehandhabt: viele tragen Stoffhauben, bei denen Haare herausstehen, man verlässt den OP-Saal zwischendurch zum Essen und kommt einfach wieder zurück, und beim Vorbeigehen am sterilen Bereich sind die Abstände oft enger. Die OTAs sind dabei sehr freundlich und weniger streng als in Deutschland. Zu Beginn hatte ich dabei oft ein komisches Gefühl aber wenn man sich einfach an die gewohnten deutschen Standards hält, ist man auf der sicheren Seite und das wird auch positiv wahrgenommen.

Fazit
Für mich war die Kombination perfekt: erst eine Hälfte Chirurgie in Deutschland, um praktische Skills zu trainieren, und dann eine Hälfte in Schottland, um viel theoretischen Input zu bekommen. Ich hatte durch meine gute Betreuung sehr viel Glück und war viel im OP. Wenn das nicht so klappt, kann man auf Station aber auch problemlos früher gehen und hat dann ein ziemlich entspanntes Tertial. Wer primär seine praktischen Skills verbessern will ist hier vielleicht nicht richtig aufgehoben.

Unterkunft und Alltag
Die Unterkunft war leider ein Reinfall. Ich hatte ein Zimmer in einem Studentenwohnheim über eine Organisation (ca. 450 €/Monat) – sehr schlechte Hygiene, Maden, Lügen, schlechte Kommunikation, teilweise wurden meine Sachen aus der Küche einfach weggeschmissen. Auch andere Organisationen waren nicht besser. Ich würde auf jeden Fall empfehlen, früh über Airbnb oder SpareRoom etwas in Kliniknähe zu suchen. Die Studentenunterkünfte sind durch die Bank schlecht und eine abzocke. Auf Probleme wird nicht reagiert.

Busse sind zuverlässig, aber teuer (23 £/Woche). Ein Auto wäre zwar schön, braucht man aber nicht unbedingt ich bin auch ohne gut klar gekommen.

Freizeit
Für Outdoorfans ist es ein Traum. Ich war fast jedes Wochenende wandern. Außerdem sind Ausflüge nach Inverness, Glasgow oder Edinburgh super machbar.

Organisation
Die zuständigen Personen im medical electives office sind extrem nett und sehr zuvorkommend. Am ersten Tag gibt es eine Einführung und man wird auf Station gebracht. Da ich am ersten Tag nicht im Hauptkrankenhaus eingeteilt war hat eine der Mitarbeiterinnen mich sogar mit ihrem privaten Auto zum anderen Krankenhaus gefahren und meine Betreuerin mit mir gesucht.
Bewerbung
Die Bewerbung erfolgt jeweils im September des Vorjahres über die Seite der University of Aberdeen unter Visiting Student Electives. Voraussetzung ist ein offizieller Englisch-Sprachnachweis wie TOEFL, IELTS, CPE (mittleres bis oberes C1-Niveau, je nach Test mit Mindestanforderungen in den Teilbereichen). Nach etwa zwei Wochen erhielt ich bereits eine inoffizielle Zusage per E-Mail, die offizielle Bestätigung folgte dann im Dezember. Die notwendigen deutschen Dokumente wurden ohne Schwierigkeiten ausgestellt; man erhält zudem den Studierendenstatus, sodass das Formular vom Dean problemlos unterschrieben wird. Der Aufenthalt ist auf maximal 8 Wochen begrenzt, möglich sind ausschließlich die Monate Juni bis August. Mit einer Woche Urlaub passte das bei mir in die vorgegebenen Tertialzeiten.
Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Braunülen legen
Patienten untersuchen
EKGs
Blut abnehmen
Mitoperieren
Patienten aufnehmen
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
16:00 bis 17:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Gebühren in EUR
356

Noten

Team/Station
2
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
2
Unterricht
2
Betreuung
2
Freizeit
2
Station / Einrichtung
3
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.6