Dieser Bericht handelt von meinen Erfahrungen und Vorbereitungen für einen viermonatigen Aufenthalt in Montpellier im Rahmen meines PJ-Tertials im Pflichtfach Innere Medizin. Ich habe zwei Monate davon in der Hepato- Gastro- Enterologie (HGE A) des Hôpital St. Eloi verbracht, dann bin ich für jeweils einen Monat in die Nephrologie und einen Monat auf die internistische Intensivstation (réanimation medicale) des Hôpital Lapeyronie rotiert. Die Rotationen habe ich vor Ort organisiert. Beide Krankenhäuser gehören zum Uniklinikum- Centre Hospitalier Universitaire (CHU) de Montpellier- und werden vom Landesprüfungsamt Düsseldorf anerkannt.
Bewerbung+ Organisation
Zunächst habe ich eine formlose Bewerbung mit Motivationsschreiben und Lebenslauf an verschiedene Chefärzte der Inneren Medizin geschrieben. Allgemein habe ich den Eindruck, dass es sehr abteilungsabhängig ist, ob - und wie schnell - Emails beantwortet werden. Auf zwei meiner Anfragen habe ich gar keine Antwort bekommen. Daher würde ich jedem dazu raten, mehrere Bewerbungen zu verschicken. Nach der positiven Antwort des zuständigen Arztes der Hepato Gastro- Enterologie (Dr. Ursic- Bedoya), habe ich das folgende Formular an ihn geschickt:
Wie auf dem Dokument vermerkt, muss man das ausgefüllte Formular an die folgenden E- Mail- Adressen senden: [email protected], [email protected]. Dann wird man als Praktikant registriert und erhält die weiteren Anweisungen zur Einschreibung als Student und das weitere Vorgehen von Stella Zaragoza. Nachdem ihr verschiedene Unterlagen eingereicht habt (Learning Agreement, Sprachnachweis mit B1-Niveau, aktuelle
Immatrikulationsbescheinigung, Passfoto, Personalausweis in Kopie, europäische
Versicherungskarte, ein Nachweis über Krankenversicherung und Haftpflichtversicherung, Impfnachweis für die üblichen medizinischen Impfungen, negative BCG- Bescheinigung) ist dieses Prozedere irgendwann abgeschlossen. Dann solltet ihr euch noch für Erasmus+ bewerben- da hat jede Uni ihr eigenes Verfahren. Beachtet nur, dass ihr für die Erasmus+ Förderung mindestens 60 Tage Auslandsaufenthalt braucht, was bei PJ- Splitting knapp werden kann. Schaut also vorher, wie ihr das klug organisiert. Den Wechsel in die Nephrologie und auf die Intensivstation habe ich vor Ort organisiert, das war unkompliziert über eine E-Mail an die jeweiligen Chefärzte möglich. Die Tertialsbescheinigung wird am Ende des Tertials vom zuständigen Chefarzt unterschrieben, das lief in der Hepato- Gastro- Enterologie ohne Probleme. Alle anderen Bescheinigungen werden am Ende des Tertials von Stella Zaragoza ausgestellt. Eine Äquivalenzbescheinigung braucht ihr für die Pflichttertiale (Chirurgie, Innere) nicht, weil das CHU Montpellier bereits vom LPA Düsseldorf anerkannt wird.
Wohnen
Ich persönlich habe die Wohnungssuche in Montpellier als sehr schwierig empfunden. Die Mietpreise sind hoch und man findet nur wenige schöne Wohnungen. Nachdem ich lange Zeit keine passende Wohnung gefunden habe, habe ich die Unterbringung in einem Studentenwohnheim beantragt. Ob man dafür zugelassen wird, ist stark von dem Zeitraum abhängig, zu dem ihr in Montpellier seid. In den Sommermonaten sind viele Studenten nicht an ihrem Studienort und deswegen mehr Plätze in den Wohnheimen frei. Für jeden der nicht unbedingt in einer WG leben möchte, würde ich eine Bewerbung sehr empfehlen. Ich habe in der Wohnanlage Boutonnet gewohnt und hatte damit ein schönes, ruhig gelegenes, relativ kostengünstiges (402€) Studio in direkter Nähe zum Krankenhaus. Außerdem bringt das Wohnen im Studentenwohnheim den großen Vorteil mit sich, dass man den sogenannten Pass gratuité (kostenlose öffentliche Verkehrsmittel) einfacher beantragen kann. Andere ausländische Studierende hatten damit große Probleme, weil ihre Wohnungsgeberbestätigungen nicht akzeptiert wurden. Mit den relativ hohen Wohnkosten hilft euch das französische Wohngeld (APL – Aide personalisée au logement), das auch ausländische Studierende beantragen können. Dieses sollte man möglichst früh beantragen, weil der Monat der Antragsstellung nicht rückwirkend bezahlt wird. Außerdem solltet ihr bei der Wohnungssuche darauf achten, dass eure Vermieter eine Bescheinigung für die sog. CAF (Caisse allocations familiales) ausstellen kann, sonst bekommt ihr eventuell keine Wohnhilfe/APL.
Freizeit
Montpellier ist eine wunderschöne Stadt, mit unzähligen kleinen Cafés und hübschen Plätzen. Zum Strand kommt man mit Tram und Fahrrad innerhalb von ca. 40- 60 Minuten. Bei Carnon- Plage findet man öffentliche Beachvolleyballfelder und einen Calisthenics- Bereich. Die Stadt hat ein unendliches Freizeitangebot und als Student helfen einem z.B Erasmus- Angebote beim Kennenlernen neuer Leute. Das Leben in Montpellier ist teuer, in Supermärkten muss man mit höheren Preisen als in Deutschland rechnen. Auch Restaurants und Ausgehmöglichkeiten sind preislich auf einem hohen Niveau. Zusammen mit den unzähligen Freizeit- und Eramusangeboten schmilzt der Kontostand nur so dahin. Der öffentliche Verkehr (TAM – Transports de l'Agglomération de Montpellier) ist dagegen recht günstig (1,60€ für eine Stunde Fahrt), gut ausgebaut und zuverlässig. Montpellier kann man aber auch perfekt mit dem Fahrrad erkunden (wenn es im Sommer nicht zu heiß ist). Fahrräder aus zweiter Hand gibt es auf leboncoin.fr oder auf dem allsonntäglichen Flohmarkt in Mosson. Alternativ gibt es Fahrradstationen, die man mit der TAM- App nutzen kann. Sonst würde ich raten, frühzeitig einen sog. Pass gratuité an einer „Espace Mobilité“ (Büro der TAM) zu beantragen. Die größte Hürde ist dabei eine passende Wohnungsgeberbestätigung. Ich hatte mit meiner von dem Studentenwohnheim kein Problem, viele andere ausländische Studierende wurden aber, insbesondere bei der Online- Beantragung, wiederholt abgelehnt. Mit dem Pass gratuité könnt ihr dann die Tram und Fahrradstationen kostenlos nutzen.
Klinikalltag
In Frankreich ist man als PJler, genauso wie alle französischen Studenten ab dem 3. Studienjahr, Externe. Die Pflege übernimmt in Frankreich wesentlich mehr Aufgaben, die in Deutschland in den ärztlichen bzw. studentischen Bereich fallen. Daher macht man eigentlich nie Blutentnahmen und legt auch keine i.v.-Zugänge, es sei denn, man bittet aktiv darum.
In der Hepato-Gastro-Enterologie begann der Arbeitstag um 9 Uhr. Jeden Tag wurden die Patienten visitiert, wobei die meisten Assistenzärzte (Internes) viel erklärten und auch mal lieb gemeinte Fragen stellten. Zwei Mal pro Woche gab es eine Teamsitzung, bei der die Patienten mit dem Chefarzt (Pr. Pageaux) besprochen wurden. Prof. Pageaux ist sehr liebenswürdig, lustig drauf und neigt zu ausschweifenden Erklärungen über Gott und die Welt. Nach der Visite konnte man zunächst unter Anleitung und dann auch eigenständig Aszitespunktionen durchführen – eine ganz nette Prozedur, mit der man vor allem die Abläufe bei sterilen Punktionen einüben konnte.
Wenn das erledigt war, konnte man sich entscheiden, ob man in die Endoskopie, zu den Sprechstunden der Oberärzte oder ab ca. 12 Uhr nach Hause geht. In dieser Hinsicht wurden einem alle Freiheiten gelassen. Nie fühlte ich mich gezwungen, länger zu bleiben, nur um die Zeit abzusitzen. Auch spezielle Wünsche, wie das Begleiten einer Patientin zu ihrer Lebertransplantation inklusive Assistenz bei der Operation, wurden einem ermöglicht.
Wenn man mal nachmittags gebraucht wurde (z. B. für Entrées – Neuaufnahmen), konnte man gegen 12 Uhr mit den anderen „Internes“ im lokalen Internat kostenlos essen gehen – auch ein Erlebnis. Der Großteil der Patienten war aufgrund einer fortgeschrittenen Leberzirrhose – vor oder nach Transplantation – hospitalisiert. Hin und wieder lockerten aber auch akute Pankreatitiden, kalkulöse Cholangitiden und CEDs das Bild auf.
Ich habe mich in dem Team sehr wohl gefühlt, alle waren nett und zuvorkommend, insbesondere der für die Praktikanten zuständige Oberarzt, Dr. Ursic-Bedoya. Wie ihr vielleicht bereits herausgelesen habt, ist es relativ einfach, seine Zeit in der Hepato-Gastro-Enterologie A freizeitlastig zu gestalten. Für mich war das für die ersten zwei Monate ideal, ihr müsst euch nur eurer Prioritäten bewusst sein.
Die zweite Hälfte meines Tertials wollte ich dann doch noch aktiver werden und bin daher in die Nephrologie/Soins intensifs des Hôpital Lapeyronie gewechselt. Der Wechsel war unkompliziert durch ein Gespräch mit Dr. Ursic-Bedoya und eine E-Mail an die Chefärztin Prof. Le Quintrec-Donnette möglich. Dort begannen die Tage um 8:30 Uhr, zweimal wöchentlich mit Teamsitzungen und einmal wöchentlich mit einer Fortbildung. Zusätzlich gab es jeden Donnerstagvormittag ein Seminar für Studierende, das von einer Oberärztin individuell zugeschnitten und fast schon liebevoll vorbereitet wurde.
Danach ging es für mich auf die vermeintliche „Intensivstation“ (Soins intensifs) – die jedoch mehr einer IMC mit Dialysemöglichkeiten gleicht. Die Grenze wurde ungefähr bei einer überbrückenden, niedrigdosierten Katecholamintherapie gezogen. Intubation, Beatmung, prolongierte Katecholamintherapie und/oder andere Organersatzverfahren gab es dann nur im „Service de réanimation“ – einer anderen Abteilung.
Trotzdem sind die Tage abwechslungsreich, die Internes sehr nett, erklären viel und lassen einem viele Freiheiten. Wenn man diese nicht nutzt, kann es für praxisorientierte PJler aber sicher auch etwas langweilig werden. Ich habe während der ruhigeren Zeiten vor allem Abdomensonografie und Echokardiografie trainiert. Das würde ich auch jedem empfehlen, weil man einerseits mit den Patienten ins Gespräch kommt und andererseits die Sono-Skills mitnimmt.
Fast täglich wurden bei den Patienten auch verschiedene Dialysekatheter gelegt. Selbst machen durfte man das leider nicht; ich hatte den Eindruck, dass die zuständigen Ärzte selbst noch froh über die praktische Erfahrung waren, die sie mit jeder Prozedur sammeln konnten.
Mittags geht man auch in der Nephrologie im lokalen Internat gemeinsam essen. Der Nachmittag beschränkt sich dann meistens auf das Schreiben von Briefen – je nachdem könnt ihr dort wieder einer selbstgewählten Beschäftigung nachgehen oder euch mit Patientenakten befassen. Selten kommen aber auch spannende Neuaufnahmen aus der Notaufnahme oder anderen Abteilungen, die halbwegs akut versorgt werden müssen. Die Tage endeten für mich meistens zwischen 15 Uhr und 17 Uhr. Wenn man nachmittags dann doch mal dringend zum Strand musste, herrschte unter den „Internes“ aber auch hier vollstes Verständnis.
Nach zwei Wochen entschied ich mich, doch noch in die „richtige“ Intensivmedizin zu wechseln, und bewarb mich bei der „Réanimation médicale“. Pr. Boris Jung bzw. Pr. Kada Clouche antworteten sofort und luden mich für meinen letzten Monat auf ihre Station ein. Hier verbrachte ich die – medizinisch gesehen – beste Zeit meines Auslandsaufenthalts:
Die „Réanimation médicale“ ist in vier Bereiche mit jeweils fünf Bettenplätzen aufgeteilt, durch die man für jeweils eine Woche rotiert: zwei allgemeine Abteilungen (Lungenödem, Pneumonie, COPD, Herzinsuffizienz, Intoxikationen, Post-ROSC usw.), eine Abteilung für Infektionskrankheiten/Immundefizienz (viel Pneumonien, hämatoonkologische Erkrankungen) und ein Bereich für Schwerbrandverletzte.
Es wird sehr viel Wert auf Ausbildung gelegt und jeder Bereich wird von einem Assistenzarzt (Interne) und einem Oberarzt betreut. Damit ist die Betreuung extrem gut und man bekommt viel Bedside-Teaching. Jeder Student bekommt einen Patienten zugeordnet, für dessen Anordnungen er zuständig ist und den er jeden Morgen in der Frühbesprechung präsentiert. Der Lerneffekt ist enorm und man hat immer den Oberarzt, der die Anordnungen mit einem bespricht und ggf. korrigiert.
Man kann freiwillig Nachtdienste mitmachen – dazu würde ich auch jedem raten, weil hier die meisten Neuaufnahmen mit entsprechender Konditionierung erfolgen. Wenn man Interesse und Engagement zeigt, darf man auch immer mehr praktische Skills lernen. So durfte ich zunächst juguläre und femorale ZVKs und arterielle Zugänge, später auch einen jugulären Dialysekatheter legen. Während verschiedener Dienste bot sich dann auch noch die Möglichkeit einer Pleuradrainage und einer RSI, die ich unter Supervision durchführen durfte.
Alles in allem habe ich viel Praxiserfahrung sammeln dürfen, und auch sprachlich musste ich noch einmal einige Fortschritte machen. Die „Réanimation médicale“ würde ich nur für Lernwillige empfehlen. Wenn man ein entspanntes Praktikum mit viel Freizeit haben möchte, sollte man besser eine Abteilung wie die HGE A wählen. Rückblickend wären für mich ein Monat auf der Hepato- Gastro, ein Monat auf der Nephro und zum Abschluss zwei Monate auf der Intensivstation ideal gewesen. (Rotationen- wie gesagt- vor Ort organisieren)
PS: Bringt unbedingt (auch im Sommer) lange Hosen mit: in der Klinik ist es üblich nur ein Kasack- Oberteil drüberzuziehen/ gestellt zu bekommen.
Bewerbung
lt. Website mind. 2 Monate im Voraus (beachte aber Eramus+ Fristen und denk an den Orga- Aufwand vorher)