Ich habe eine Splittinghälfte am Muhimbili National Hospital (MNH) in Dar es Salaam gemacht. Es war eine sehr schöne und lehrreiche Zeit, die ich jedem empfehlen kann, der Eigeninitiative mitbringt und offen für Neues ist.
Bewerbung und Vorbereitung
Die Bewerbung läuft primär über die Muhimbili University of Health and Allied Sciences (MUHAS). Ich habe mich einige Wochen vor Beginn beworben und den Platz problemlos bekommen, aber es ist sinnvoll, mehr Vorlauf einzuplanen und zwischendurch nachzuhaken. Es werden nur wenige Unterlagen für die Bewerbung benötigt. Die Studiengebühren (ca. 450 € monatlich) zahlt man vor Ort in bar: Man hebt das Geld am ATM ab und zahlt es bei einer anderen Bank ein. Den Einzahlungsbeleg zeigt man danach vor.
Theoretisch kann man sich direkt beim MNH bewerben, aber das kann dann Schwierigkeiten bei der Gleichstellung durch MUHAS verursachen. Vor Ort sind nämlich die Institutionen (MNH, MUHAS, Muhimbili Orthopaedic Institute, Jakaya Kikwete Cardiac Institute etc.) organisatorisch getrennt, was manchmal bürokratische Probleme verursacht. Dennoch klappt es irgendwie bei allen PJlern, aber Eigeninitiative ist entscheidend.
Der Klinikalltag und medizinische Erfahrungen
Zu Beginn wurde ich vom Chef der Chirurgie empfangen und konnte dann meinen Rotationsplan weitestgehend frei gestalten. Die Einbindung variiert je nach Abteilung: In manchen assistiert man aktiv bei OPs, macht Blutentnahmen oder betreut die Station mit den Assistenzärzten. Es gibt manchmal Fortbildungen oder Vorträge/Teachings aus internationalen Kooperationen (primär für die tansanischen Mitarbeiter aber man kann eigentlich immer teilnehmen). Der Klinikstandard ist nicht mit dem westlichen vergleichbar: Ressourcen sind begrenzt, und weniger als 10 % der Tansanier sind krankenversichert, was Therapien zu einer Kostenfrage macht. Als PJler merkt man von der dahinterliegenden Organisation aber wenig.
Viele Fälle sind äquivalent zu Krankheitsbildern in Deutschland, aber Patienten stellen sich oft erst in fortgeschrittenen Stadien vor. In der plastischen Chirurgie sieht man härtere Fälle wie Verbrennungen aus Haushaltsunfällen, Verkehrsunfälle, Arbeitsunfälle oder sogar Selbstjustiz. Es gibt weniger ältere Patienten als in Deutschland. Die lokalen Kollegen sind nett, interessiert an deutschen PJlern und erklären gerne, besonders im OP. Englisch reicht für die Kommunikation, auch mit vielen Patienten, obwohl der Akzent Gewöhnung braucht. Die Hierarchien sind steil, und als Europäer steht man faktisch oben. Vereinzelt wirken Oberärzte dominant, z. B. durch unerwartete Abfragen, aber das sind Ausnahmen.
Freizeit und Umgebung
Dar es Salaam bietet einen sehr hohen Freizeitwert. Die Strände im Süden sind malerisch. Nach Sansibar fährt mehrmals täglich die Fähre. Die Fahrt dauert 90 Minuten, schaukelt aber stark, besonders auf dem Rückweg, und viele Passagiere werden seekrank, obwohl der Standard auf dem Schiff solide ist. Man kann auch nach Mafia Island reisen. Hier ist es besser zu fliegen (normale Linienflüge aber mit Propellermaschinen), weil die Fähre unzuverlässig und die Anreise insgesamt sehr abenteuerlich ist.
Tansania ist relativ sicher. Man kann sich frei bewegen, auch abends. Allerdings sollte man auf Wertsachen aufpassen, besonders Handys, weil Motorradfahrer sie sonst bei Gelegenheit aus der Hand reißen, während sie im schlimmsten Fall entsperrt sind. (Das ist während meines Aufenthalts bei anderen insgesamt zweimal passiert.) Der Straßenverkehr ist chaotisch und leider nicht ungefährlich. Das Klima ist warm und schwül, aber Klinik und Unterkünfte haben Klimaanlagen oder Ventilatoren. Normalerweise sind andere deutsche PJler da, aber man kann ansonsten Leute im Slow Leopard, mittwochs bei Samaki Samaki oder beim Rugby (ohne Körperkontakt, auch für Frauen geeignet) kennenlernen.
Unterkunft, Alltag und Kosten
Ich habe im Mtitu Haus in Upanga gewohnt, was aufgrund von Lage (Nähe MNH) und Sicherheit (24h-Guards) sehr empfehlenswert ist. Universitäts- oder Krankenhausunterkünfte sind nicht gut, aber man kann sich zur Not für Hilfe bei der Suche an MUHAS wenden, oder bei Airbnb nachschauen. Alternativ kommt der Stadtteil Masaki in Frage. Für den innerstädtischen Transport gibt es Bolt und Uber mit den Auswahlmöglichkeiten Bajaj (Tuk-Tuk), Boda Boda (Motorradtaxi) oder Taxi. Selber Autofahren ist nicht zu empfehlen.
Kostentechnisch ist es eigentlich günstig für ein Auslands-PJ: Flüge, Wohnung (500-800 €/Monat) und Gebühren sind die Hauptposten. Essen in der Studentenmensa ist sehr günstig (aber einfach), oder in der Mitarbeiterkantine/Pickup Points/Restaurants draußen (besser aber etwas teurer). Essen gehen kostet normalerweise so viel wie selbst kochen. Die Freizeitaktivitäten summieren sich etwas im Verlauf der Zeit. Mit der ID-Karte von MUHAS oder MNH gilt man als Resident, was reduzierte Preise für Fähren, Nationalparks etc. bringt.
Fazit
Ich kann den Aufenthalt wirklich sehr empfehlen, aber man sollte sich darauf einstellen, dass es irgendwo Schwierigkeiten geben wird – also Flexibilität und Abenteuerbereitschaft sind gefragt.