Freizeittechnisch hatte ich in Bad Reichenhall ein super Tertial. Die Organisation von den Sekretärinnen ist sehr gut, die beiden sind total nett und man kann wirklich mit jedem Problem zu ihnen gehen. Ansonsten war das ganze sehr abhängig von der Abteilung.
Ich war als 1. Rotation in der Unfallchirurgie. Aber da dort die erste Woche auch noch eine andere PJlerin, 2 Famulantinnen und eine PA-Studentin waren, bin ich immer nur um 07:00 Uhr zur Frühbesprechung gegangen und danach wieder ins Bett. Ab Woche 2 war ich dann allein und zuständig auf Station für alle Viggos und Blutentnahmen, die der Blutentnahmedienst nicht geschafft hat, sowie für die Assistenz v.a. bei Hüft-TEPs und Inversen Schulter-TEPs. Wenn nur ein Assistenzarzt/ärztin auf Station war, bin ich auch Visite mitgegangen und hab für die am PC mitgeschrieben. Wenn diese Aufgaben erledigt waren, bin ich dann entweder in mein Zimmer und hab weitergeschlafen und bin gar nicht mehr wieder gekommen oder wenn ich motiviert war in die Notaufnahme und dann solange ich Bock hatte. Manchmal auch bis abends dann. Dort konnte man je nach Assistenzarzt/ärztin sehr viel selbst machen. Ich durfte die Patientin immer allein voruntersuchen, nähen, Abzesse aufschneiden, Oberst-Anästhesien setzen, Nägel trepanieren etc. Hier habe ich im ganzen PJ eigentlich am meisten mitgenommen. Die Oberärzte/ärztinnen sind wirklich alle super nett und erklären auf Nachfrage dann auch viel. Lehre musste man aber generell eher einfordern, als dass von allein viel beigebracht wurde.
Danach war ich dann in der Allgemeinchirurgie. Der Tag beginnt um 07:15 mit einer sehr schnellen Visite. Danach haben wir alle zusammen erstmal Kaffee getrunken. Das hat mir eigentlich in der Allgemeinchirurgie am besten gefallen. Hier gibt es sehr wenige Patienten und deshalb auch eigentlich für PJler fast nichts zu tun. Ich habe in den 5 Wochen fast ausschließlich bei Hernien assistiert und 2x bei Perianalen Fisteln. Meine Aufgabe war hier hauptsächlich die Kameraführung, was einem (auch auf Nachfrage) nicht erklärt wird und trotzdem erwartet, dass man es perfekt beherrscht. Ein Oberarzt wird oft sauer, wenn man ihm nicht die perfekte Sicht bieten kann, hier wurde dann einmal mitten in der OP der Physician Assistant angerufen und ich wurde gegen ihn ausgetauscht, weil ich wohl zu unfähig war die Kamera im richtigen Winkel zu halten. Zunähen durfte ich nie, erklärt wurde eigentlich auch nichts. Gerettet hat die Rotation der einzige Assistenzarzt (der eigentlich Unfallchirurg ist und nur ausgeliehen war). Dieser hat mir immer Bescheid gesagt, wenn er irgendwas spannendes hatte und mich oft mitgenommen. Gelernt habe ich in dieser Rotation wirklich so gut wie gar nichts…
Als letztes war ich in der Gefäßchirurgie. Hier war ein super nettes, harmonisches Team und besonders die neue Oberärztin, die selbst erst seit ein paar Wochen dort arbeitet war sehr motiviert einem etwas beizubringen und hat von sich aus viel erklärt. Ich durfte die Patienten, die über die Notaufnahme kamen selbstständig anamnestizieren und untersuchen und mich an Kompressionssonografie zum Ausschluss von Thrombosen versuchen. Dann hab ich viele Knöchel-Arm-Indexe auf Station bestimmt, OP-Aufklärungen selbstständig gemacht, Arztbriefe geschrieben und natürlich auch bei Bypässen und Varizen etc. im OP assistiert. Fehltage werden hier allgemein locker gehandhabt.
Zum Thema Unterkunft hat sich eigentlich nichts zu den Vorberichten geändert. Am Anfang fand ich es ja ganz amüsant, direkt im Krankenhaus zu wohnen. Nach 4 Monaten hat es irgendwann genervt, weil sich oft Patienten, Angehörige etc. auf die Station verirren und man dadurch nach der Arbeit schlecht Abstand nehmen kann. Außerdem trifft man dann oft privat seine Oberärzte (die ihre Arztzimmer in unserem Gang hatten), was ich auch etwas gewöhnungsbedürftig fand. Der Arbeitsweg von 20sec ist allerdings nicht zu toppen und man hat dadurch sehr viel Zeit nach der Arbeit noch etwas zu unternehmen, wo es in Bad Reichenhall zumindest im Sommer ja sehr viele Möglichkeiten gibt. Falls ihr ein Einzelzimmer wollt, würde ich das sehr frühzeitig per E-Mail anmelden. Ich war am Anfang kurz in einem Doppelzimmer und durfte dann in ein Einzelzimmer wechseln. Ich fand die Zeit im Doppelzimmer aber sehr viel weniger schlimm als gedacht und es fühlt sich eher an, als wäre man in einem Hostel.
Zusammenfassend hatte ich eine wirklich gute Zeit in Reichenhall und würde (zumindest organisatorisch und freizeittechnisch) sehr weiterempfehlen. Wer großartige Spitzenmedizin sehen will oder absolut kein Blut abnehmen möchte, sollte vielleicht eher woanders hingehen.