Die Klinik in Oldenburg ist relativ klein und hat nur eine chirurgische Station, die von den drei chirurgischen Fachabteilungen Allgemein-/Viszeralchirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie gleichzeitig geführt wird. Entsprechend sind die Assistenzärzt:innen i.d.R. für alle drei Fachrichtungen gleichzeitig zuständig und auch die Früh-/Nachmittagsbesprechungen und Chefarztvisiten finden multidisziplinär statt. Wir PJler waren keiner Fachrichtung fest zugeteilt, sondern konnten nach Belieben (manchmal auch mehrfach täglich) wechseln bzw. waren in allen Abteilungen gleichzeitig.
Der Tag beginnt morgens mit einer schnellen Visite durch die Assistenzärzt:innen, dann ist Frühbesprechung mit dem gesamten Team, den Großteil des Tages verbringt man dann entweder im OP oder mit Stationsarbeit und zum Ende gibt es noch einmal eine Nachmittagsbesprechung. Feierabend war für uns PJler eigentlich immer pünktlich, früher gehen war eher schwierig, da man meistens fest im OP eingeplant war und auch erwartet wird, dass man an der Nachmittagsbesprechung teilnimmt.
Die Chirurgie in Oldenburg ist eher schlecht besetzt, weshalb wir PJler eigentlich zu fast jeder OP als 1. Assistenz eingeplant waren. Dadurch sieht man relativ viel und darf auch einiges machen, man stand jedoch gerne mal den ganzen Tag und (selten) auch mal bis abends am Tisch. Aufgrund der Größe des Hauses werden vor allem viele (Examens-relevante!) Basics wie Cholezystektomien, Hernien, Appendektomien, distale Radius-, Sprunggelenks- und Schenkelhalsfrakturen, Hüft- und Knie-TEPs, Arthroskopien etc. durchgeführt. Ab und an gibt es auch größere bauchchirurgische Eingriffe wie Hemikolektomien und Rektumresektionen, bei denen wir auch assistieren durften. Zudem gibt es einmal pro Woche einen handchirurgischen Saal, in dem man auch immer assistieren darf und besonders viel erklärt bekommt. Die OP-Einteilung gibt vor, bei welcher OP ein PJler benötigt wird. Wir konnten uns dann untereinander absprechen, wer bei welcher OP assistieren möchte.
Auf Station gab es auch immer einiges zu tun, manchmal war man als PJler auch allein und hat gefühlt die halbe Station geschmissen. Also Verbandswechsel, Drainagen entfernen, Visitendokumentation, Briefe schreiben, postoperative Anordnungen etc. Wer möchte kann hier wie ein:e fast vollwertige:r Arzt/Ärztin mitarbeiten. Für Blutabnahmen gibt es einen Blutabnahmedienst, manchmal macht man es auch selbst oder eine Flexüle legen, hält sicher aber im Rahmen. Einmal die Woche ist Chefarztvisite, da sollte/konnte man beliebig viele eigene Patient:innen vorstellen.
PJ-Unterricht wurde nur durch die Innere Medizin angeboten, wir chirurgischen PJler waren aber auch immer willkommen. Chirurgisches Teaching fand v.a. während der OPs statt. Manche Oberärzte haben viel erklärt und wollten einem wirklich etwas beibringen, andere waren eher latent genervt, dass man - oh Wunder - ohne etwas erklärt bekommen zu haben nicht korrekt mit den laparoskopischen Instrumenten umzugehen weiß... Nähen durfte ich nur eher selten, wenn eigentlich nur Einzelknopf-Hautnähte. Generell ist die Stimmung im OP in Oldenburg ziemlich angenehm, die Pflege ist super lieb und erklärt auch gerne und durch das kleine Team kennt man schnell jeden und wird sehr nett aufgenommen. Stellt euch einfach brav bei jedem vor und sagt ruhig offen, wenn ihr noch keine große OP-Erfahrung habt, dann wird euch alles gezeigt und nach ein paar Tagen wird es Routine.
Mittagessen ist kostenlos, meistens hat man es zeitlich auch zum Mittagessen geschafft. Was in Oldenburg toll ist, ist die Unterkunft für PJler. Wir waren zu dritt in einer wirklich schönen Wohnung im Ortskern, ca. 8 Minuten Laufzeit von der Klinik entfernt, untergebracht. Die Wohnung war mit Liebe zum Detail eingerichtet und mit allem ausgestattet, was man so braucht. Die Unterkunft war kostenlos, zusätzlich gibt es 450€ Gehalt. Wer möchte kann nachts Rufdienste übernehmen, die extra vergütet werden.
Haupt-Pro in meinen Augen: familiäre Atmosphäre und guter Überblick über chirurgische Basics
Haupt-Kontra in meinen Augen: unterbesetzte Abteilung, die sehr auf PJler baut, die entsprechend viel tun sollen, dabei aber teilweise zu wenig Supervision und Anleitung erhalten