Wer in der Anästhesie nicht lernt, hat sich aktiv dagegen gewehrt.
PJler rotieren zuerst in den OP und bekommen dort i.d.R. einen Mentor zugeteilt, mit dem die ersten Wochen gemeinsam verbracht werden. Das kann blöd sein, wenn der Mentor an manchen Tagen eher langwierige, unspektakuläre OPs begleitet, bietet aber den großen Vorteil der Kontinuität in der Einarbeitung. Es gibt Standards, aber jeder Anästhesist hat in manchen Dingen seine persönliche Note, die sich in der Narkoseführung niederschlägt. Im späteren Verlauf ist das für das breite Lernen interessant, am Anfang kann dies aber schnell verwirrend werden, wenn es noch an eigener Erfahrung fehlt, sodass ein fester Mentor eine gute Lösung ist. Die fixe Zusammenarbeit mit einer Person bietet auch besseres Feedback der eigenen Lernkurve. Nach einigen Wochen kann man sich im OP frei bewegen und überall mitwirken, wo man möchte und wo es die Situation hergibt. Es ist ein sehr praxisorientiertes Tertial, sodass man von Anfang an intubieren darf, ZVKs legt und bei Spinal- und Regionalanästhesien mitwirken kann.
Auch die Narkoseführung darf sehr eigenständig geübt werden, wobei aber natürlich stets die Supervision sichergestellt ist.
Wenn mal etwas nicht auf Anhieb klappt, wird auch bei meckernden Operateuren genug Zeit eingeräumt das eigene Handeln zu reflektieren, die evtl Fehlerquellen zu analysieren, um dann einen weiteren Versuch zu starten, sofern es der Patientenzustand zulässt, was ich als besonders lehrreich empfand.
Die zweite Hälfte des Tertials verbringt man auf der Intensivstation, welche interdisziplinär belegt wird. Die Erkrankungsschwere der Patienten ist für die Größe des Hauses überdurchschnittlich. Einerseits kann man so vieles sehen und miterleben, andererseits kann die Komplexität anfänglich erschlagend sein.
Aber auch dort wird man anhand des eigenen Könnens schnell in die Thematik eingearbeitet und kann aktiv in der Patientenbetreuung mitwirken. Niemand erwartet, dass irgendwelche Kolibris benannt werden oder spezielles Wissen aus der Intensivmedizin aufgesagt werden kann. Ziel ist es, dass die PJler neben einigen praktischen Skills, wie ZVK, Arterie, körperliche Untersuchung, Beatmung etc, ein Gesamteindruck der Intensivmedizin gewinnen und ein Gefühl für die Schwere der Erkrankung eines Patienten entwickelt werden kann, um anhand dieser Erfahrungen später Notfälle oder kritische Situationen besser zu erkennen und anbehandeln zu können.