ACH, UCH, Gefäßchirurgie, Plastische Chirurgie, Urologie, ZNA
Einsatzbereiche
Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme, Station, OP
Heimatuni
Goettingen
Kommentar
Herzlich willkommen im Mikkelin keskussairaala! Du sprichst Finnisch auf einem Niveau, das dir erlaubt mit Patienten in der ZNA zu kommunizieren, auch wenn diese einen Dialekt sprechen, den manche West-Finnen selbst nicht verstehen? Du hast keine Angst davor, ein bisschen Orga vor und während dem Tertial darein zu stecken, dir eine henkilötunnus (Personen-ID), eine lähdeverokortti (Quellensteuerkarte, denn sonst bleibt nox übrig von den fast 2000€ Gehalt) und die Unterkunft via Eloisa/MKS zu organisieren? Dann herzlichen Glückwunsch, denn du hast das entspannteste, gleichzeitig lehrreichste und beste Tertial überhaupt gewählt.
(Disclaimer: Ich habe bevor ich dorthin gegangen bin ca. 4 Jahre Finnisch gelernt, sonst aber keine Verbindung nach Finnland)
Als PJler wird man quasi schon als Arzt angesehen. Die Chirurgie dort ist so aufgeteilt, dass Assistenzärzte im 3-Monats-Rhythmus zwischen den Fachrichtungen (ACH, UCH/Ortho, Plastische, Urologie (!), GCH und ZNA) rotieren. Man selbst rotiert wochenweise, bzw. nach Wunsch auch anders. Wenn z.B. in der Poliklinik nicht viel zu tun ist, kann man immer in der ZNA aushelfen.
In der ZNA versorgt man zsm mit der absolut kompetenten Pflege eigene Patienten vollkommen eigenständig. Ich habe Leute behandelt, die in ihrem ZNA-Aufenthalt überhaupt keinen Arzt gesehen haben. Aufnahme, CT/Röntgen anordnen, ggf. zum Gipsen schicken, Kontrolle anordnen, dokumentieren (alles auf dem PC und alles, wirklich ALLES in einem System, ein Traum) und tschüss. Am Anfang ist das gruselig, aber man kommt schnell rein, und es ist immer jemand da, den man fragen kann.
Aprospos fragen, Merja die Sekretärin der Chirurgie ist ein Organisationstalent sondersgleichen, und Niilo Hendolin, der Chefarzt ist nicht nur zufällig auch deutscher Muttersprachler, sondern auch richtig nett und hat mir Urologie nochmal näher gebracht. Zu erwähnen ist auch Bodo Wagner, der deutsche Anästhesist, der mir durch die Untiefen der Finnischen Finanzbehörden geholfen hat wie kein anderer.
Ein typischer Tag sah so aus, dass man frühs um 8 mit der Röntgenbesprechung gestartet hat, danach Visite auf Station, und dann durfte man selbstständig in den OP. Nicht selten konnte man als erste Assistenz, auch bei größeren Sachen wie Laparatomien, oder Schilddrüsen-OPs assistieren. Zweimal die Woche war Poliklinik-Sprechstunde, hier konnte man z.B. in der Plastischen Chirurgie auch öfter mal selbst Muttermale, Lipome etc. entfernen, Serome punktieren oder in der GCH schön viel Venen-Ultraschall üben. Fortbildungen für das gesamte Team waren während der Arbeitszeiten mind. 2x pro Woche, v.a. das TEHO-Meeting Freitag früh ist empfehlenswert, man kommt zwar eine Stunde früher als sonst, dafür gibt's ne Intensiv-Fortbildung mit Frühstück (aufs Haus versteht sich) und Kaffee (gibt es immer und überall). Außerplanmäßig gab es ZNA-Fortbildungen, wie z.B. Reposition großer Röhrenknochen, Beckenschlinge anlegen, oder Sono-Fortbildungen in Zusammenarbeit mit der Anästhesie. Ein Trainingsraum mit Laparoskopie-Simulatoren und Nahtmaterialien stand jederzeit offen, und niemand hat es einem übel genommen, wenn man während der Arbeitszeit dort geübt hat.
Work-Life-Balance ist hier absolut gegeben, und die Atmosphäre so gut, dass ich wirklich mit dem Gedanken gespielt habe, wenn ich Chirurg werden sollte, dann nur in Finnland. Mikkeli ist klein, aber alles liegt weit auseinander. Ein Fahrrad (ich hab meins vom OA der ACH geliehen bekommen), oder ein Auto sind hilfreich, um am Wochenende nicht nur rumzusitzen. Helsinki liegt knapp 3h mit dem Zug entfernt.
Ein Zimmer im Eloisa (der regionale Gesundheitsverbund Etelä-Savon hyvinvointialue)-eigenen WG-Kontingent direkt ggü. des Krankenhauses hat 300€/Monat gekostet und wurde direkt vom Gehalt abgezogen. Auch wenn man sich von den fast 2000€ Gehalt nicht täuschen lassen sollte (das ist vor Steuern, die mit lähdeverokortti bei mir 35% und ohne 65% betragen haben) sind mir nach allen Abzügen immer noch 850€/Monat geblieben.
Alles in allem ist für Finnland-Freunde, die das ländliche Ost-Finnland, und nicht nur das urbane Helsinki oder Turku erleben wollen, Mikkeli zu 100% zu empfehlen. Vorbereitungszeit und Sprachkenntnisse (B1 wird vom MKS selbst gefordert, das braucht man auch definitiv) sollten nicht unterschätzt werden, aber es lohnt sich allemal.
Bewerbung
Initiativbewerbung über das rekrytoimisto (Elise Pöysä damals bei mir), alles weitere lief hautpsächlich über Merja Mattola, die chirurgische Sekretärin.
Vorbereitung, um als EU-Bürger in Finnland zu arbeiten:
henkilötunnus beantragen -> der Antrag kann online eingereicht werden, muss aber in einem beliebigen Migri-Büro in Finnland vor Ort in Person bestätigt werden. Ohne henkilötunnus kein Vertrag und keine lähdeverokortti
lähdeverokortti -> pro Kalenderjahr (!) beantragen, benötigt einige Angaben des Arbeitgebers (BetriebsNr. etc.), muss dann beim Arbeitgeber eingereicht werden, kann im Voraus auch vom Heimatland aus beantragt werden (wird dann zugeschickt)
Unterlagen zur Bewerbung MKS: Lebenslauf (auf finnisch), B1-Zertifikat, Immatrikulationsbescheinigung