PJ-Tertial Chirurgie in Spital Menziken (11/2023 bis 3/2024)

Station(en)
A2/C2
Einsatzbereiche
Notaufnahme, Station, OP
Heimatuni
Berlin
Kommentar
Kurzfassung:
+ Gutes Gehalt (Bereitschaften extra)
+ Sehr viel Verantwortung
+ Sehr familiäres Klima

- Hohe Arbeitsbelastung
- Kein regelmäßiger Unterricht
- Feiertagsarbeit

Ausführlich:

Vorab muss man für ein PJ-Tertial in der Schweiz allgemein etwas beachten; hier ist man nicht einfach nur Student sondern als "Unterassistenzarzt" fest eingeplant, also mehr oder weniger vollwertiger Angestellter. Das beinhaltet feste Dienstplanung inkl. Feiertagen, einen Arbeitsvertrag und teils Überstunden, aber eben auch ein festes Gehalt, Urlaubstage und ein höheres Ansehen als festes Teammitglied.

Das Asana Spital Menziken hat eine Innere Klinik und eine Chirurgische. Belegärzte für hauptsächlich Orthopädie, vereinzelt auch Gynäkologie, Urologie oder Plastische Chirugie zählen ebenfalls zur Chirurgischen Abteilung. Zusätzlich gibt es eine Notaufnahme, die interdisziplinär läuft. Als Unterassistent der Chirurgie ist man entweder auf Station/OP eingeteilt oder in der Früh- bzw. Spätschicht auf der Notaufnahme.

Tagesablauf Station/OP:
7:15 Morgenrapport, anschliessend Visite der Kaderärzte
Ab 8:00 Beginn OPs, ansonsten Stationsarbeit
17:30 Ende Arbeitstag (Je nach Situation kann man auch mal früher gehen oder muss länger bleiben)

Im OP ist man vor allem für die Assistenz bei den Belegärzten zuständig, besonders Knie- und Hüftprothesen sowie Arthroskopien gehören hier zum täglich Brot. Ansonsten sieht man gelegentlich Hysterektomien, Laparoskopien oder ästhetische Eingriffe wie Facelifts. Alle Belegärzte sind ausgesprochen freundlich und höflich, erklären auf Nachfrage viel und lassen einen seltener auch mal Nähen, Bohren oder ähnliches. Man bekommt sehr schnell eine Routine für die Eingriffe und wird zu einem festen Teil des Teams.

Auf Station ist man sowohl für die kaderärztlichen als auch belegärztlichen Patienten zuständig, wobei die Visiten getrennt laufen. Man nimmt Patienten auf, verordnet Medikamente, wechselt mit der Pflege Verbände, telefoniert mit Hausärzten, schreibt Entlassbriefe, erstellt Rezepte etc. In meinem Tertial kam es dabei durchaus auch vor, dass kein Assistenzarzt da war und wir als UA alleine die Station führen mussten. Das kann einen anfangs sehr überfordern, aber mit der Zeit kommt man rein und entwickelt eine gute Routine. Dabei ist vor allem der sehr angenehme und freundliche Kontakt mit der Pflege hilfreich.

Tagesablauf Notaufnahme:
In der Frühschicht ist Dienstbeginn um 8:00 mit dem Morgenrapport und Ende geplant um 17:30, wobei man hier an durchschnittlichen Tagen selten pünktlich rauskam. Die Spätschicht beginnt um 12:30 und geht planmässig bis 22:30, wobei es auch hier vorkommen kann dass man mit Dokumentation noch bis Mitternacht da ist.
In der Notaufnahme ist man mit einem Assistenzarzt aus der Chirurgie oder Inneren gemeinsam eingeteilt. Hier hat man eine unheimlich steile Lernkurve und arbeitet bereits nach recht kurzer Zeit sehr autark und in Eigenverantwortung. Die meisten Patienten kommen mit hausärztlichen Problemen (Erkältung seit drei Wochen, Rückenschmerzen seit zwei Monaten etc.) aber auch viele mit Unfällen oder schwereren internistischen Krankheitsbildern. Wenn man sich nach der Einarbeitung sicher fühlt, ist es möglich selbstständig die Patienten anzusehen, Anamnese und Status zu erheben, Untersuchungen anzumelden und sie in Rücksprache mit dem Assistenten bzw. kaderärztlichen Hintergrund zu besprechen. Auch Nähen und Wundversorgung lernt man schnell. Durch die interdisziplinäre Struktur bekommt man einen guten Blick auf die häufigsten Chirurgischen und Internistischen Krankheitsbilder und deren Therapie, aber es sind auch mit der ganzen Dokumentation die anstrengendsten Tage.

Bereitschaft ("Picket"):
In Menziken ist es üblich, dass die UA sog. Picketdienste leisten. Von Mo.-Do. hat immer ein UA aus Chirurgie oder Inneren Picketdienst. Das ist im Grunde eine Rufbereitschaft von 17:00 bis zum nächsten morgen um 8:00. Am Wochenende hat immer ein UA von Freitag Nachmittag bis Montag um 8:00 durchgehend Picket. Eigentlich ist dieser vor allem für OP Assitenzen gedacht, in der Praxis wird man aber vor allem am Wochende regelmässig auf die Notaufnahme zum Helfen gerufen, wenn dort viel los ist. Für Picket über Nacht bekommt man zusätzliche 80 CHF, für Picket am Wochenende pro Tag 1,5 Tage Kompensation.

Teaching:
Regelmäßigen Unterricht gab es leider nicht. Es wurde sich zwar bemüht, gelegentlich einen Rötgenrapport zu veranstalten, auch einzelne Fortbildungen (die wir UA abwechselnd selbst vorbereiten mussten) gab es. Einmal gab es auch einen organisierten Nahtkurs. Von den Internisten gab es teilweise auch Angebote, an denen man teilnehmen konnte. Alles in allem waren diese Unterrichte zwar motiviert und auch lehrreich, aber nicht im Großen strukturiert und fest geplant.

Wohnen und Leben:
Vom Spital gibt es ein Personalwohnheim mit Einzelzimmern mit Bad, sowie ein Einfamilienhaus, welches als 6er WG genutzt wird. Die Zimmer kosten zwischen 250 und 750 CHF im Monat, welches direkt vom Gehalt abgezogen wird. Die Reservierung und Mietung läuft extrem unkompliziert und professionell. Die WG stellt auch das soziale Epizentrum des Wohnheimes dar. Die meisten Assisstenzärzte sind in ihrem ersten oder zweiten Jahr und bleiben nur für ein Jahr in Menziken. Es besteht auch ein florierendes Sozialleben zwischen AÄn und UAn, welches sich vor allem am Wochenende in der WG Küche abspielt. In meiner Zeit haben wir einige Party veranstaltet, waren gemeinsam Skifahren oder haben uns spontan auf eine Pizza getroffen. Menziken selbst ist ein eher kleines Örtchen, in dem es auch ein paar Bars und Kneipen gibt, das meiste spielt sich jedoch in der WG ab.
Einkaufen kann man gut im Coop (10min zu Fuß) oder im Aldi/Lidl (5min mit dem Auto). Apropos; da Menziken schon sehr ländlich ist, ist es sehr praktisch mit dem Auto dort zu sein. Es gibt zwar eine S-Bahn nach Aarau und auch einen Bus nach Luzern, diese sind jedoch deutlich länger.
Für die Lohnauszahlung braucht ihr unbedingt ein Konto mit Schweizer IBAN; wenn ihr jedoch nur ein Tertial bleibt und daher keine Anmeldung in der Gemeinde habt, dann werden die meisten Banken euch die Kontroeröffnung verweigern. Bei der Postfinance und der Kantonalbank lässt sich gegen ine monatliche Gebür von ca. 30 CHF ein Konto mit deutschem Wohnsitz eröffnen. Auch gibt es mehrere App-Banken (z.B. YUH), mit denen eine schweizer IBAN möglich ist. Die vom Spital empfohlene UBS wirbt zwar mit einem kostenlosen Konto, jedoch ist es fast unmöglich einen Termin zu vereinbaren, der mit den eigenen Arbeitszeiten kompatibel ist.

Fazit:

Mir hat das Chirurgietertial in Menziken unheimlich gut gefallen. Man muss sich darauf einstellen, dass man sehr viel arbeitet und in kurzer Zeit sehr eigenverantwortlich handelt. Dabei fühlt man sich zu Beginn sehr ins kalte Wasser geschmissen und überfordert. Im Grunde ist man (unterbezahlter) Assitenzarzt. Doch genau das fand ich eine tolle Vorbereitung für später. Die Lernkurve ist extrem steil und wenn man mal in der Routine ist, macht es unheimlich Spaß, selbstständig Patienten zu betreuen, sich mit der Pflege und den Kaderärzten abzustimmen und selbstständig zu arbeiten. Dabei hat man gleichzeitig eine sehr familäre Atmosphäre und ist mit jedem per Du. Auch durch das kleine Haus und die Belegärzte bekommt man Einblick in viele verschiedene Facetten von operativer Medizin. Man sollte jedoch auch dafür gewappnet sein, dass sehr viele Knie- und Hüft TPs auf einen zukommen.
Wenn man viel im OP sein will, gerne selbstständig arbeiten will mit viel Eigenverantwortung und man auch dafür in Kauf nimmt, nicht immer pünktlich Feierabend zu haben, dann kann ich dieses Haus sehr für ein Tertial in der Chirurgie empfehlen.
Wenn man viel regelmäßiges Teaching haben will, viel Freizeit und wenig OP, dann sollte man eher auf ein anderes Haus ausweichen.
Bewerbung
Sehr variabel. Man kann sich bis zu zwei Jahre im Voraus bewerben, aber auch kurzfristig ist möglich. EInfach anrufen und fragen, sie suchen immer nach PJlern/UA!
Ich habe ca. 9 Monate im Voraus im Sekretariat angerufen und gefragt, ob etwas frei ist.
Bewerbung lief sehr professionell und freundlich.
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
Bildgebung
Fallbesprechung
Nahtkurs
Tätigkeiten
Röntgenbesprechung
Briefe schreiben
Notaufnahme
Chirurgische Wundversorgung
Eigene Patienten betreuen
Patienten untersuchen
Patienten aufnehmen
Mitoperieren
Untersuchungen anmelden
Botengänge (Nichtärztl.)
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
17:00 bis 18:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Kleidung gestellt
Gehalt in EUR
1620 CHF brutto
Gebühren in EUR
Steuern & AHV ca. 150 CHF + Miete

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
2
Unterricht
4
Betreuung
4
Freizeit
5
Station / Einrichtung
2
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.93