PJ-Tertial Chirurgie in Klinik Gut (1/2024 bis 3/2024)

Station(en)
Orthopädie
Einsatzbereiche
OP, Notaufnahme
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Ich habe mich ursprünglich sehr auf die Stelle hier im wunderschönen Engadin gefreut. Aus Erfahrungsberichten wusste ich bereits, dass man hier sehr viel arbeiten muss. Jedoch war ich nicht nur von der Arbeitszeit, welche deutlich über 10-12h pro Tag und über 50h pro Woche lag, geschockt, sondern auch von dem Arbeitsklima. Es ist eine sehr kleine Klinik und man bekommt das Gefühl, dass die Uhus nicht nur billige Arbeitskräfte sind, die auf Assistenzarztniveau arbeiten müssen, sondern auch als Gesprächsthemen und Unterhaltung des Kollegiums dienen. So kommt es schon mal vor, dass man privateste Themen gefragt wird und es bald die ganze Mannschaft weiss. Das geht von sexistischen und anzüglichen Themen und Kommentaren über transphobe und sexistische Bemerkungen. Ein homosexueller Unterassistent wurde hinter seinem Rücken auch mehrmals als « Schwuchtel» bezeichnet. Als Frau wird man eher mal als «intellektuelle Granate» bezeichnet, wenn man mal was nicht gehört hat oder eine Frage stellt. Zudem wird man daran erinnert «die Haken sexy zu halten». Des Weiteren wird man gefragt, ob man eigentlich noch anderen Sport ausser «Gymnastik» machen würde, mit der Betonung von Gymnastik, dass jedem klar war, was damit wohl gemeint war. Wenn man dann noch schlecht gelaunt ist oder einfach überfordert mit der Situation kann es passieren, dass Witze über die weiblichen Hormone und Periode gemacht werden oder dass «man jungen Frauen von heute wohl keinen Spruch mehr drücken darf». Wenn dir schlecht wird im OP kann es passieren, dass man zwar als «nicht-OP- fähiger» Uhu bezeichnet wird, «der immer den Klappmann macht», man bekommt aber trotzdem den 1.OP Dienst zugeteilt. Die Stimmung im Op ist somit sehr stressig und auch die neuen OP- Pfleger haben es nicht leicht. Einem sehr netten italienischen OP-Pfleger wurde auch mal gedroht, dass man ihn «kastrieren» würde, wenn er nochmal was Falsches einträgt in die Abrechnung.

Die Arbeitszeiten werden nicht klar kommuniziert - mal heißt es 7 bis 19 Uhr und an anderen Tagen steht man bis 23.40 im Op und muss trotzdem am nächsten Tag wieder um 7 Uhr auf der Matte stehen. Bei uns war das Stempelgerät einen Monat kaputt, weshalb meheren UnterassistentInnen super viele Minusstunden standen, da das Polypoint aber schon geschlossen war - konnten weder die Zeiten korrigiert noch die Zuschläge für Abend oder Nachtarbeit gezahlt werden. Zudem wird man an 3 von Wochenende eingeteilt und muss Weihnachten oder Silvester ganz normal wie die Assistenzärzte arbeiten. Urlaubstage muss man auch unbedingt frühzeitig anmelden, denn wenn der Plan einmal gemacht ist, darf man den Urlaub nicht mehr einreichen und die Urlaubstage werden ausgezahlt, was aber super wenig ist. An sich gibt es hier keine Aufteilung in Früh- und Spätdienst bei den Uhus, sowie es bei den Assistenten der Fall ist. So kann es schon mal sein, dass einem «mangelnde Kollegialität» vorgeworfen wird, wenn man nach 21 Uhr fragt, ob man bitte gehen darf nach 14h Einsatz und das häufig ohne Mittagspause oder anderweitiger Erholung. Aber selbst danach kann es passieren, dass man zurück in die Klinik gerufen wird, weil man «gebraucht» wird und am Ende trotzdem nur «das aktive Armbänkli» ist und danach putzen darf.


Die Professorin in der Notaufnahme stellt sich zwar bei jedem Patient freundlich als „Head of the emergency department“ dar, nimmt ihre Lehrtätigkeit jedoch gegenüber UnterassistentInnen nicht wahr. Selbst wenn man aktiv Fragen stellt und Interesse zeigt, wird einem lediglich vor Augen geführt, dass es schon schlimm ist, wenn man das jetzt noch nicht weiß oder kann anstatt einem vielleicht was beizubringen. Also kommt die Lehre auch viel zu kurz. Praktische Fähigkeiten im OP kann man nur mässig verbessern, da meist die OP- Schwester (die Freundin vom Chef) zunäht. Manchmal reicht sie einem gnädig die Nadel rüber um einen 1 Subkutanknoten machen zu lassen, welchen sie im nächsten Moment wieder durchschneidet und entscheidet, dass die Uhus unfähig sind und sie selbst nun zunähen wird.

Bei einigen Assistenzärzten kann man jedoch viel machen in der Notaufnahme. Von Anamnese und Untersuchung bis zur Patientenvorstellung, bringen einem einige liebe Assis viel bei. Andere Assis nutzen einen teilweise jedoch aus, indem sie UnterassistentInnen im Picket- Dienst anrufen, dass man gebraucht würde, um dann doch nicht das 5.VKB machen zu müssen. Leider werden auch unbeliebte Aufgaben mit der Aussage «nächstes Jahr darfst du das an die Uhus dann weitergeben» einem aufgedrückt. Zudem muss man häufig die gleiche Zeit wie der Assistenzarzt im anderen Saal arbeiten, jedoch sucht der Assi sich seine OPs aus. So kann es passieren, dass man den Patienten in seinem Saal gelagert hat und plötzlich der Assi kommt und man in den anderen Saal wechseln muss. Man ist also wahrhaftig der Unterhund von allen. Zudem ist man als UnterassistentIn für Lagerung und Putzen des Ops zuständig, was zum einen mega nervig ist, aber man kann auch nicht beides gleichzeitig machen, weshalb man auch häufig angemeckert wird.

Die Wohnsituation ist an sich sehr luxuriös in einer 4er WG mit großem Wohnzimmer und 2 Bädern. Wir haben in unserer Zeit viel zusammen abends gekocht. Die meisten anderen Uhus kommen auch allein her und haben sehr viel Lust was zusammen zu unternehmen wie Skifahren, Schlitteln oder Eislaufen. Feiern kann man auch ganz gut in der Gondel oder im stübli.

Die Kommunikation ist der reine Kindergarten. Falls es ein Problem gibt wird dies nicht direkt angesprochen oder geklärt, sondern viel hinter dem Rücken gesprochen.
Insgesamt kann ich die Klinik weder für Chirurgie- Interessierte noch für Chirurgie- Uninteressierte weiter empfehlen, da man nicht viel dazu lernt, noch hat man viel Freizeit. Von Samedan habe ich viele sehr gute Erfahrungen gehört – das wäre eine gute Alternative für Studenten, die wegen der schönen Umgebung ins Engadin wollen.
Bewerbung
2 Jahre
Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Mitoperieren
Patienten aufnehmen
Botengänge (Nichtärztl.)
Patienten untersuchen
Untersuchungen anmelden
Notaufnahme
Röntgenbesprechung
Dienstbeginn
Vor 7:00 Uhr
Dienstende
nach 18:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Unterkunft gestellt
Kleidung gestellt
Gehalt in EUR
1500
Gebühren in EUR
500

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
5
Klinik insgesamt
5
Unterricht
5
Betreuung
4
Freizeit
5
Station / Einrichtung
5
Gesamtnote
5

Durchschnitt 4.47