PJ-Tertial Innere in Kantonsspital Liestal (11/2022 bis 3/2023)

Station(en)
Allgemeine Innere Medizin, Privatstation, Notaufnahme
Einsatzbereiche
Diagnostik, Station, Notaufnahme
Heimatuni
Tuebingen
Kommentar
PRO
- SPITAL
1) Mittelgroßes A-Spital (CAVE: gilt nur für die Abteilung für allgemeine Innere Medizin!)
2) Größtenteils sehr nettes Team, eher flache Hierarchien, man spricht eigentlich alle mit Du an (inkl. der Chefärztin)
3) Sehr moderne Klinik, daher auch moderne Technik: Namensschild (Badge) dient zum Bezahlen in der Cafeteria, zum Zeitstempeln, als Anmeldekarte am PC und als Zugang zur Wäschekammer sowie allen weiteren Räumen im Haus (man hat hier auch wirklich überall Zutritt und muss nicht wie in anderen Häusern Zugänge neu beantragen, wenn man die Abteilung wechselt)
- WOHNHEIM
1) Das Personalwohnheim liegt direkt neben dem Spital und ist für Schweizer Verhältnisse günstig (man kann auch gegen extra Gebühr einen Stellplatz für ein Auto anmieten)
2) Es gibt w-LAN mit guter Geschwindigkeit im gesamten Gebäude, für das man kein Passwort o.ä. benötigt
- TÄTIGKEIT ALS UNTERASSISTENT (das ist der offizielle Titel für PJler in der Schweiz)
1) Rotation theoretisch alle 4 Wochen (leider sieht es praktisch eher anders aus, da der zuständige OA die Besonderheiten des deutschen PJ nicht kannte und uns bereits ab 1. des Monats auf die Stationen verteilt hat, obwohl wir erst Ende November kamen, so dass der Plan dann komplett geändert wurde -> Resultat: ich war 7 Wochen auf derselben allgemeininternistischen Station, dann 4 Wochen auf dem Notfall und am Schluss noch 4 Wochen auf der interdisziplinären Privatstation, wo ich mich fast zu Tode gelangweilt habe und am Schluss hatte ich noch eine Woche Urlaub)
2) Auf Station Dienste nur auf freiwilliger Basis (auf dem Notfall wird mindestens 1 WE-Dienst erwartet!)
3) Blutentnahmen und PVKs legen ist in der Schweiz Aufgabe der Pflege (wenn man es lernen/üben will, muss man sich bei der pflegerischen Stationsleitung melden und bekommt es dann i.d.R. auch gezeigt, allerdings werden die BEs immer ab 7 Uhr gemacht, d.h. man muss 1h früher zur Arbeit kommen!)
4) 1 Woche Rotation in die medizinische Diagnostik möglich, muss man aber selbstständig organisieren (Pneumo, Kardio, Gastro, Nephro, Angio für jeweils 1 Tag möglich)
5) 4 Wochen Rotation auf die interdisziplinäre Notfallstation möglich (CAVE: nur bei vollen 4 Monaten PJ und auch dann nur, wenn genügend Plätze verfügbar sind): hier kann man wirklich sehr viel machen und auch einmal seine Kenntnisse aus den U-Kursen auffrischen (da es eine interdisziplinäre NA ist, kommen Patienten aus allen Fachgebieten und man darf auch Wunden nähen etc.)
6) Wenn man möchte, kann man ohne Ende Sonographie üben, da es genügend Geräte im Haus gibt und die Assistenten froh sind, wenn sie die Sonos nicht machen müssen (im Lauf des Jahres will das Haus auch Pocket-Sonos anschaffen, so dass jeder Arzt ein Smartphone mit kabellosem Schallkopf für die Kitteltasche bekommt!)
- SCHWEIZ
1) Man hat auch als Unterassistent in der Schweiz gesetzlichen Urlaubsanspruch (2 Tage pro Monat) und bekommt Ausgleichsfrei für Wochenenddienste (was am Schluss alles nicht als „Fehltage“ in der PJ-Bescheinigung aufgeführt wird!)
2) Recht hohes Gehalt: 1700 CHF/Monat (entspricht ca. 1800 Euro, mehr gibt es laut Aussage der Assistenten an keinem anderen Klinikum in der Schweiz) + Boni für Dienste und Spätschichten (auf dem Notfall)

CONTRA
- SPITAL
1) Kantine mit guter Qualität, man hat auch jeden Tag Zeit zum Mittagessen mit den Kollegen, ABER das Essen ist sehr teuer (9-10 CHF pro Tellergericht, Salat nach Gewicht), so dass auch viele Assistenten ihr Essen eher von zu Hause mitbringen (als UA bekommt man 15% Rabatt, wenn man an der Kasse sagt, man sei Azubi)
2) Die allgemeine Innere Medizin hat mehrere Betten-Stationen im Haus, die Spezialabteilungen machen für die Patienten nur Diagnostik und Konsiliardienste, so dass man mit diesen Themen und den Spezialisten eigentlich nur Kontakt in der Diagnostikwoche hat, ich habe im Regelfall auf meiner Station nur Patienten mit primär kardiologischen und/oder pulmologischen Krankheitsbildern gesehen (eine Rheumatologie gibt es im Haus nur für Termin-Sprechstunden, so dass ich mit diesem Bereich der Inneren z.B. überhaupt nichts zu tun hatte)
3) Das Fortbildungsangebot ist auf dem Papier vielfältig (montags UA-Weiterbildung mit einem der OÄ, in der man einen Fall präsentiert und bespricht, nach der Frühbesprechung ist jeden Tag Röntgenrapport, danach auch eine andere Form der Weiterbildung, i.d.R. Fallvorstellungen durch Assistenten oder OAs, nachmittags sind Di/Do verschiedene Weiterbildungen wie EKG-Zirkel und freitags findet der Journal Club und ggf. eine Autopsie-Demo statt – wenn es Autopsien gab, was bei mir in 4 Monaten nur 2x der Fall war), ABER die Qualität ist extrem davon abhängig, welcher Arzt die Fortbildung macht (da war alles dabei von sehr interessant bis unmotiviert/langweilig) und einen PJ-Unterricht wie in Deutschland, der auch dazu dient, eine gewisse Examensvorbereitung zu bieten, gibt es überhaupt nicht.
4) Die Personalabteilung ist mit Informationen sehr zurückhaltend und auch nicht wirklich kompetent (die Infos bzgl. PJ-Ablauf bekam ich am Freitag vor dem Start des Tertials auf aktive Nachfrage, auf E-Mails von mir wurde teilweise gar nicht geantwortet und Fragen zu Versicherungen als Deutscher in der Schweiz konnten mir teils gar nicht beantwortet werden, da der Arbeitgeber für diese Dinge nicht zuständig sei)
5) Neue Chefärztin seit 01.01.2023, möchte sehr viel im Haus umstrukturieren, ist bei den Assistenten aber nicht besonders beliebt (u.a. möchte sie den Etat für externe Fortbildungen kürzen etc.)
6) Die Assistenten rotieren im Haus nach einem (auch für sie selbst) völlig undurchsichtigen System, so dass man sich teils wöchentlich an neue Assistenten gewöhnen muss
7) Wenn man (so wie ich) über Weihnachten und Silvester dort ist, wird eine Teilnahme am „Weihnachtsblock“ oder „Silvesterblock“ erwartet, was bei mir dann letzten Endes dazu geführt hat, dass ich am 24.12. vormittags und am 25./26.12. ganztags arbeiten musste!
- WOHNHEIM
1) Die Zimmer sind sehr spartanisch eingerichtet (man bekommt am Anfang eine Inventarliste, die man abhaken soll, davon sind zumindest in meinem Zimmer einzelne Gegenstände überhaupt nicht vorhanden gewesen) und das Gebäude ist auch nicht mehr das neueste
2) Man hat keine eigene Küche, die Gemeinschaftsküche ist klein, hat nur 2 Herdplatten (teilweise muss man dann warten, bis der vorherige Kollege fertig gekocht hat) und es gibt keinerlei Ausstattung, man muss alles selbst mitbringen, Vorräte anlegen ist quasi unmöglich, da man nur ein winziges Schließfach im Kühlschrank und dazu einen kleinen Hängeschrank mit Schlüssel hat, in den auch kaum etwas reinpasst
- TÄTIGKEIT
1) Die Hauptarbeit aller Uhus (so werden die Unterassistenten im Haus oft genannt) besteht aus Funktionsdiagnostik: aBGAs, EKGs schreiben, MMS/Moca-Test und Schellong-Tests (bekommt jeder Patient im Haus mit Schwindel, ich konnte es am Schluss nicht mehr sehen…), je weniger UAs im Haus sind, desto mehr wird man von AA zu AA geschickt, um diese Arbeiten zu erledigen (man hat ein eigenes Telefon und es wird erwartet, dass man für alle Assistenten im Haus für entsprechende Anfragen erreichbar ist)
2) Nach der täglichen Visite ist man verantwortlich für die Dokumentation (in der Schweiz zum Glück alles digital!) und legt dann für den Assistenten seine Arztbriefe an und fügt aktuelle Befunde ein (die Briefe können bei einem mehrwöchigen Aufenthalt des Patienten auch mal romanartige Züge annehmen, summa summarum nimmt das Schreiben von Arztbriefen den Hauptteil des Tages ein...)
3) Sehr hohe Arbeitsbelastung, gerade für die Assistenten (und dabei ist das Verhältnis Arzt:Patient in der Schweiz deutlich besser als in Deutschland, ein AA betreut im Schnitt 10-15 Patienten): Die Schweizer arbeiten sehr lange und man wird selten pünktlich heimgeschickt, man hat laut Arbeitsvertrag auch eine 45h-Woche (Assistenten haben 50h wöchentlich, aber bei den meisten reicht auch das hinten und vorne nicht)
4) Man bekommt ein Willkommensschreiben, in dem man eine Art Logbuch findet (1 DIN-A4-Seite…), wo steht, dass man im Verlauf des Tertials unter Aufsicht Punktionen durchführen soll (Liquor-, Pleura-, Aszitespunktion etc.), faktisch habe ich im gesamten Tertial keine einzige Punktion durchgeführt, weil sich kein Assistent bereit erklärt hat, das an mich abzutreten und die OAs auch immer erst die Assistenten gefragt haben, ob sie die Punktionen machen wollen
5) Die Diagnostikwoche war interessant, aber die Qualität des Teachings war von Abteilung zu Abteilung extrem unterschiedlich (am schlimmsten war Kardio, da wurde ich ins Katheterlabor gestellt, von den Ärzten quasi gar nicht beachtet und erklärt wurde mir alles von der Pflege…)
6) Der für uns zuständige OA war oft nicht im Haus und suchte auch nur selten aktiv das Gespräch mit uns (wir mussten mit allen Anliegen – teils mehrmals – auf ihn zukommen und er ließ sich z.B. bei Urlaubsanfragen auch mal mehrere Wochen Zeit, bis eine Rückmeldung von ihm kam, auf die Zusage zur Notfallrotation musste ich bis zur Woche davor warten)
7) Größter Minuspunkt zum Schluss: es wurde immer wieder betont, dass es ja auch wichtig sei, im Verlauf des Tertials eigene Patienten zu betreuen, aber bei mir kam das praktisch nie vor, obwohl ich mehrfach aktiv nachgefragt habe (im Regelfall wurden die Patienten vom AA mit dem OA der Station im Anschluss an die Visite besprochen, ich saß im Regelfall nur dabei), mir wurden zwar immer wieder „eigene Patienten“ übergeben, aber das hieß dann, dass ich die Visite bei diesen Patienten geleitet habe, mit den Angehörigen sprechen musste und den Brief mehr oder weniger vollständig geschrieben habe, aber Diagnostik und Medikation habe ich immer nur nach Anweisung durch den AA verordnet und das ist für mich nicht die Definition von „einen eigenen Patienten übernehmen“
- SCHWEIZ
1) Man ist in der Schweiz nicht über den Arbeitgeber krankenversichert, man muss sich also entweder selbst versichern (kostet dann bei einer günstigen Versicherung auch gerne mal 200 CHF pro Monat) oder man muss beim Kanton einen Antrag auf Befreiung von der KV stellen
2) Man muss auch für einen kurzen Aufenthalt von maximal 4 Monaten einen Mitgliedsantrag bei der kantonalen Pensionskasse stellen (das wurde mir nicht gesagt und ich habe es erst mitbekommen, als diese Behörde mir ein Mahnschreiben in die Klinik geschickt hat…)
3) Es gibt sehr viele Kollegen und Patienten, die sich um eine verständliche Aussprache bemühen, wenn sie merken, dass man Deutscher ist, aber viele Patienten habe ich aufgrund ihres ausgeprägten Dialekts einfach nicht verstanden
4) Die Aussichten auf eine Übernahme bzw. auf ein Stellenangebot sind sehr gering, der OA auf dem Notfall hätte zwar eine Bewerbung von mir akzeptiert, aber er meinte, dass in den nächsten 2 Jahren eigentlich schon alle Stellen besetzt seien (dazu kommt der Punkt, dass man sich in der Schweiz als Assistent in der Inneren Medizin "hocharbeiten" muss -> man fängt meistens in einem C-Spital an, dabei handelt es sich i.d.R. um Reha-Kliniken oder Geriatrien und hat erst mit zunehmender Berufserfahrung die Chance, sich an einem größeren Haus zu bewerben...)

Insgesamt muss ich sagen, dass ich mit dem Verlauf des Tertials nicht wirklich zufrieden war und am Schluss froh war, als ich dann in den Urlaub gehen konnte. Ich hätte mir deutlich mehr Eigenverantwortung gewünscht und v.a. eine auf PJler zugeschnittene Fortbildung fand quasi überhaupt nicht statt. Die neue Chefärztin möchte im Haus viel verändern (u.a. das Fortbildungs-Curriculum umgestalten). Ich kann nur hoffen, dass das auch funktioniert. Die 4 Wochen auf der Notfallstation waren der interessanteste Teil des Tertials, weil man hier am meisten „hands-on“ machen und auch Anamnese und körperliche Untersuchung täglich üben konnte. Daher kann ich das KSBL eigentlich nur empfehlen, wenn man die kompletten 4 Monate dort macht und dementsprechend Aussicht auf eine Notfall-Rotation hat. Der Alltag auf der internistischen Station war mir viel zu monoton und bürokratisch geprägt. Ich selbst würde das PJ dort höchstwahrscheinlich nicht mehr machen.
Bewerbung
1.5 Jahre im Voraus in der Personalabteilung
Unterricht
Häufiger als 5x / Woche
Inhalte
EKG
Bildgebung
Fallbesprechung
Patientenvorstellung
Sonst. Fortbildung
Tätigkeiten
Notaufnahme
Rehas anmelden
Botengänge (Nichtärztl.)
Untersuchungen anmelden
Briefe schreiben
Blut abnehmen
Chirurgische Wundversorgung
Patienten aufnehmen
Röntgenbesprechung
Patienten untersuchen
EKGs
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
16:00 bis 17:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Essen frei / billiger
Unterkunft gestellt
Kleidung gestellt
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Mittagessen regelmässig möglich
Gehalt in EUR
1.700 CHF (ca. 1800€)
Gebühren in EUR
Wohnung 435 CHF/Monat, Stellplatz 90 CHF/Monat, 200 CHF einmalige Reinigungspauschale Wohnheimzimmer

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
2
Klinik insgesamt
2
Unterricht
5
Betreuung
3
Freizeit
4
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
3

Durchschnitt 2.6