PJ-Tertial Chirurgie in Klinikum Ingolstadt (3/2022 bis 6/2022)

Station(en)
66, 67,68,65, 81, 75, 76,77, 78, 61,62
Einsatzbereiche
Station, Notaufnahme, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, OP
Heimatuni
Regensburg
Kommentar
Das Klinikum Ingolstadt hat mehrere chirurgische Abteilungen. Normalerweise beginnt man bei der Viszeral- und Thoraxchirurgie (KC) und kann dann im Verlauf gemäß den eigenen Wünschen und Interessen an die anderen Abteilungen wechseln. Diese wären die Abteilung für Unfallchirugie, Orthopädie, septische und plastische Chirurgie (KD), für Gefäßchirugie (KG), sowie für Neurochirurgie (KE) und Kinderchirurgie (KK). Ich war neben der Viszeral- und Thoraxchirurgie(KC) in der unfallchirgischen/orthopädischen/septisch/plastischen Abteilung (KD) und gefäßchirurgischen Abteilung(KG), wo ich je nach Abteilung deutlich unterschiedliche Erfahrungen gemacht habe, sodass ich diese im Folgenden etwas differenzierter betrachten werde:

Viszeral- und Thoraxchirurgie (KC): Die Ärzteschaft dieser Abteilung ist im Großen und Ganzen in Ordnung. Es gibt einzelne mit denen man sich weniger gut versteht, dafür gibt es andere, die teilweise hervorragende didaktische Leistungen bieten. An letztere muss man sich dann halt verstärkt halten. Das Hauptproblem dieser Abteilung ist die desaströse Pflege. Desaströs nicht deswegen, weil sie vollkommen unterbesetzt sind, sondern weil sie stinkfaul sind. Das Aktivitätsspektrum der Pflege beschränkt sich auf Frühstückspause und Raucherpause. Nicht einmal bei der Visite laufen sie mit. Entsprechend bleiben alle Tätigkeiten an der Ärzteschaft hängen, was zu entsprechendem Frust führt. Als Student bleibt einem dann oft nur die Flucht in den OP, in den man nach der morgendlichen Blutabnahme nach Belieben gehen kann. Wenn man Glück hat, nimmt einem einer der Ärzte mit in die Notaufnahme, wo man seine ärztlichen Fähigkeiten besser als irgendwo anders beüben kann.
Gefäßchirugie (KG): Hierbei handelt es sich um die mit Abstand beste Abteilung des Hauses. Sie ist zwar klein und übersichtlich, das Team ist aber immer nett und sehr an studentischer Lehre interessiert. Der Tag beginnt normal mit einer kurzen Visite, nach der man für den restlichen Tag im OP verschwindet. Dort nimmt man an allerlei spannenden Eingriffen teil, bei denen man auch selber mitmachen darf und soll. Dabei ist man nicht nur der gemeine Hakenhalter, sondern man darf auch selber kleinere Eingriffe durchführen, z.B. Fasziotomie. Dabei bekommt immer allerlei Sachen erklärt. Die Blutabnahme übernimmt eine nette Physician Assistant, sodass man sich gänzlich auf die eigentlichen ärztlichen Tätigkeiten konzentrieren kann. In den drei Wochen (darunter zwei Feiertage), die ich dort war, habe ich mehr gelernt als im restlichen Tertial zusammen. Ich hatte im anschließenden Examen das große Glück/Pech hauptsächlich gefäßchirurgische Themen gefragt zu werden, die ich aufgrund der ausgezeichneten Lehre in dieser Abteilung und trotz des zum Schluss recht anspruchsvollen Niveaus mühelos beantworten konnte.All jenen die sich trotz meiner Erfahrungen dafür entscheiden ihr chirurgisches Tertial am Klinikum Ingolstadt zu absolvieren empfehle ich die Rotation in die Gefäßchirurgie.
Unfallchirurgie/Orthopädie/septische Chirurgie/plastische Chirurgie: Man ist der Depp fürs Blutabnehmen. Damit lässt sich mein Erlebnis in dieser Abteilung grob zusammenfassen. Der Tag beginnt mit einer kurzen Röntgen-Demo, nach der man vier verschiedene Stationen zum Blutabnehmen abklappern kann. Ich habe ein Foto angehängt, was so täglich an Blutabnahmen pro Station fällig ist. Ich akzeptiere, dass es zu meinem studentischen Schicksal gehört Blut abzunehmen, die Zustände in dieser Abteilung gehen aber doch entschieden zu weit, noch dazu wo man spätestens gegen 11:00 Uhr mehr oder minder genervte Anrufe bekommt, wieso denn bei gewissen Patienten immer noch kein Blut abgenommen worden ist. Bei der Fülle der Entnahmen kann man froh sein, wenn man vor der Mittagspause fertig ist. Anschließend sitzt man im Arztzimmer und wartet bis die Zeit vergeht. Notaufnahme habe ich probiert, dort wird man sobald es kurz fünf Minuten ruhig wird ins Arztzimmer geschickt mit dem Hinweis, man wird angerufen, wenn es wieder etwas zu sehen gibt. Als ich dann Stunden später immer noch keinen Anruf erhalten habe, habe ich die Patientenliste der Notaufnahme aufgerufen und, siehe da, ein halbes Dutzend unfallchirurgischer Patienten, alle schon gesehen und anbehandelt. Auch im OP ist man nicht wirklich willkommen. Es soll wohl ein Zeichen der Milde und der Güte darstellen, wenn man einer OP beiwohnen darf. Dann hat man sich aber gefälligst in die letzte Ecke zu stellen und ruhig zu sein. Man sieht von dort zwar nicht allzu viel, aber das braucht den Chirurgen nicht zu interessieren. Man soll froh sein, dass man überhaupt in dem ihm heiligen OP stehen darf. Lediglich ein einzelner unfallchirurgischer Oberarzt (hier als OA Phenprocoumon bezeichnet) und die plastischen Chirurgen stellen sich dem entgegen und nehmen einen zu teilweise ziemlich ausgefallenen und interessanten OPs (z.B. Rekonstruktion bei Fazialisparese) mit. Leider ist das nicht ansatzweise genug um die Verfehlungen der restlichen Abteilung zu kompensieren.

Zu den genannten abteilungsspezifischen Problemen kommen noch einige krankenhausweite hinzu:
Die Arbeit der IT-Abteilung grenzt an Leistungsverweigerung. An anderen Kliniken bekommt man direkt an seinem ersten Tag einen Zugang ausgestellt, der für das ganze Tertial ausreicht. Am Klinikum Ingolstadt muss man am ersten Tag den Zugang erst beantragen, der einem dann nach einer Bearbeitungszeit von nur zwei Monaten [sic!] und zahlreichen Nachfragen dann sogar ausgestellt wird. Das Problem ist, dass dieser Zugang nur für die Abteilung gültig ist, bei der man angefangen hat und man nach einer solchen Zeit üblicherweise bereits in eine andere rotiert ist, sodass man wieder ohne dasteht. Ein Ummelden ist zwar möglich, erfordert aber wieder zwei Monate Zeit, zu welchem Zeitpunkt man wahrscheinlich wieder woanders ist und das Tertial beendet ist. Nachdem im Klinikum Ingolstadt alles von Laborergebnissen, Röntgenaufnahmen, Arztbriefen, Medikamentenplänen bis Konsilen digital abläuft und einen entsprechenden Zugang erfordern, war eine über das Blutabnehmen und Hakenhalten hinausgehende Tätigkeit leider nicht möglich.
Mein Namensschild hat mich, einen männlichen PJ-Studenten, als Famulantin ausgewiesen. Nachdem ich einen etwas ungewöhnlichen Vornamen habe, habe ich durchaus Verständnis für das falsche Geschlecht, dass man aber nicht einmal in der Lage ist, die richtige Position anzubringen, ist beispielhaft für die Schlamperei, die in diesem Haus üblich ist.
PJ-Unterricht findet trotz aller Einwände der Studenten und Dozenten meist am Freitag um 15:00 Uhr statt. Das konnte mir aber egal sein, da der mir ausgehändigte Plan nur den ersten Monat meines Tertials umfasste, da der Rest zu Beginn meines Tertials noch nicht festgelegt worden war. Mir wurde versprochen, dass ich den neuen dann beizeiten erhalten werde, was aber nicht erfolgte, da vorher der zentrale PJ-Koordinator und unser zentraler Ansprechpartner mit 67 plötzlich seinen Altersruhestand angetreten ist und die Personalabteilung hiervon vollkommen überrascht wurde. Entsprechend hat sich dann auch keiner mehr um uns gekümmert. PJ-Untericht hat nach den Berichten meiner Mitstudenten wohl stattgefunden, diese wussten aber auch nur deshalb Bescheid, weil einer der Oberärzte ihrer Abteilung den Unterricht gehalten hat und sie entsprechend darauf aufmerksam gemacht hat.
Die Pflege ist eine völlige Katastrophe. Wenn man sie um etwas bittet, z.B. das Nachbestellen von neuen Butterflys, da man gerade die letzte Packung geöffnet hat, wird dies grundsätzlich nicht erledigt. Man kann sich stattdessen anmaulen lassen, wieso man denn bitte ihre Ruhe mit Arbeit stört. Selbst banalste Tätigkeiten werden den Ärzten zugeschoben, welche diese dann an die Studenten weiterreichen. Beispielsweise muss man dort seine Laboretiketten selber ausdrucken, was sich allerdings in Ermangelung eines IT-Zugangs durchaus anspruchsvoll darstellt.
Zur Kantine nur folgender Spruch: "Der Hunger treibts rein, der Geiz hälts drin."
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Klinikum Ingolstadt, trotz aller Leistungen der gefäßchirugischen Abteilung und einiger weiterer Individuen, kein Krankenhaus sondern ein krankes Haus ist. Die meisten Probleme sind dem allgemeinen Vernehmen nach den Verantwortlichen seit Jahren bekannt, diese scheinen aber kein Interesse daran zu haben diese Missstände zu beheben. Ich kann nur davor warnen seine Zeit mit dieser Klinik zu verschwenden.
Bewerbung
Anmeldung über das PJ-Portal gemäß den dort üblichen Bestimmungen
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
Repetitorien
Tätigkeiten
Notaufnahme
Mitoperieren
Chirurgische Wundversorgung
Botengänge (Nichtärztl.)
Röntgenbesprechung
Braunülen legen
Poliklinik
Blut abnehmen
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Kleidung gestellt
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Gehalt in EUR
399€+250€ Mietzuschuss

Noten

Team/Station
4
Kontakt zur Pflege
6
Ansehen des PJlers
3
Klinik insgesamt
5
Unterricht
4
Betreuung
4
Freizeit
3
Station / Einrichtung
4
Gesamtnote
4

Durchschnitt 4.2