PJ-Tertial Orthopädie in Krankenhaus Waldfriede (5/2021 bis 9/2021)

Station(en)
Abteilung für Handchirurgie, obere Extremität und Fußchirurgie, Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Rheumaorthopädie
Einsatzbereiche
Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station, OP
Heimatuni
Muenster
Kommentar
Für mich war es mein erstes Tertial, mein Wahlfach Ortho und ein Traumstart!
Allgemein zu meiner Perspektive vorweg: ich hatte schon vorher einige Berührungspunkte mit der Chirurgie (hilfreich, aber kein Muss; beispielsweise hatten wir in meiner Zeit auch eine Famulantin, die sich bei uns das erste Mal mit eingewaschen hat und auch ihre ersten Nähte machen konnte), und bin mir seit dem 2. Semester relativ klar darüber, dass ich Handchirurgin werden möchte. Die orthopädische Abteilung im Waldfriede hat einen starken Fokus auf die Handchirurgie mit Subspezialisierung der Rheumaorthopädie, ihr könnt hier also ein sehr weites Spektrum in dem Bereich sehen. So habe ich in meiner letzten Woche nach 3,5 Monaten immer noch neue Sachen gesehen.
Die Ausrichtung wird sich in Zukunft ein wenig auffächern. Es kommt noch ein Kinderorthopäde mit dazu und die Knie-und Hüftversorgung soll ab Herbst auch aus der Allgemein- in die Unfallchirurgie übergehen, wobei der Schwerpunkt erhalten bleiben dürfte und es gut wäre, wenn ihr Euch dafür interessiert und nicht primär Wirbelsäulen sehen wollt. Trotzdem habt ihr dann also ab dem 1.10.2021 die ganze Breite Ortho und Trauma vor Ort.

Zudem habt ihr die Möglichkeit, in angrenzende Bereiche zu rotieren: bei Franka, der Verbandsschwester, seid ihr in den besten Händen, um Verbands- und Castversorgung zu lernen. Die Hospitation in die angeschlossene Ergo-Praxis lohnt sich, auch ein supernettes Team, bei dem ihr die Nachsorge, konservative Therapieoptionen und Schienenversorgung kennenlernt. Des Weiteren könnt ihr in die Notaufnahme oder auch mal in die Rheumatologie (1x/ Woche mit im Haus) hineinschnuppern.

Zum Tagesablauf: um 7.45 Uhr findet die Frühbesprechung statt, in der die Operationen des Vortages sowie die zugehörigen Nachbehandlungsschemata besprochen werden. Hier sind auch die Stationspflege, Physiotherapeut:innen und Ergotherapeut:innen dabei, um interdisziplinär Patient:innen besprechen zu können.
Danach ist man für den Tag entweder mit im ambulanten oder stationären OP eingeplant, in der Sprechstunde (Mo und Mi Hand, Do Fuß) oder auf Station. Zu den Aufklärungen im Aufnahmezentrum könnt ihr auch mitgehen, jedoch kann man hier weniger machen.

Im OP war ich meist erste Assistenz, und war von Anfang bis Ende gut mit eingebunden: vom Lagern, Blutsperre anlegen, einwaschen, steril das OP-Gebiet abwaschen, dann erste Assistenz und oft mit zunähen/ allein zunähen und den Verband mit/ ohne Cast anlegen und zum Schluss mit umlagern…und dann kommt schon der:die Nächste. Hier habe ich ein breites Spektrum kennengelernt von Klassikern wie Karpaldachspaltung, Tendovaginitis stenosans/ de Quervain, Resektionssuspensionsarthroplastik nach Epping, Palmarfasziektomie bei Dupuytren, Ulnarverkürzungsosteotomie bis spezielle Sachen wie Ellenbogen-TEP, Kapandij, Sehnenplastiken, Prothetik an MPs und PIPs. Für die Traumaklassiker (Radiusfraktur, MC V Fraktur, Radiuskopf, Olecranonfx) lohnt es sich, auch mal ein wenig länger zu bleiben, da diese meist am Ende des Programms im Notfallsaal laufen. An Nahttechniken könnt ihr so einiges anwenden: Einzelknopfnähte beim Dupuytren, Donati als Standard, Intrakutan fortlaufend am Handrücken/ bei Tendovaginitis de Quervain und subkutan. Nach einiger Zeit, als die Operateur:innen mich dann auch etwas besser kannten, durfte ich sogar kleine Eingriffe als Operateurin übernehmen wie einen Vac-Wechsel oder eine ME K-Draht und Stellschraube. Die Atmosphäre ist meist gut, es wurde nie geschrien und geflucht selten (nie gegen Personen, nur bezogen auf die Situation wie bspw. bei einer fiesen Fraktur oder ME). Auch wenn ihr mit dem Chef am Tisch seid, braucht ihr nicht nervös sein, er sagt sehr präzise an, was ihr machen sollt, erklärt viel und ihr habt eine Art Welpenschutz (mit so klaren Anweisungen kann es gerade am Anfang auch einfacher sein, vielleicht solltet ihr Euch nochmal die Strecksehnenfächer und allgemeine Anatomie Hand/ Arm angucken).

In der Sprechstunde habe ich viel über verschiedene Präsentationen von Krankheitsbildern gelernt, deren Diagnostik, Behandlungsoptionen und Gesprächsführung. Anfangs war es hilfreich, bei verschiedenen Kolleg:innen zuzuschauen, um unterschiedliche Herangehensweisen, Gesprächsstile und Erklärungen kennenzulernen. Dann konnte ich einen Raum mit Patient:innen eigenständig übernehmen und habe zur Sicherheit immer nochmal jemanden mit hinzugerufen. Dabei habe ich unglaublich viel über effizient-einfühlsame Kommunikation, Dokumentation und organisiertes Arbeiten gelernt. Außerdem ist es spannend, das gleiche Krankheitsbild in verschiedenen Schilderungen zu erkennen und Menschen mit sehr unterschiedlichen Krankheitsverarbeitungsmechanismen zu erleben. An der Handchirurgie finde ich die fast rehamedizinische Herangehensweise sehr sympathisch: was stört diese:n Patient:in gerade am meisten und was könnte ihr:ihm am besten in der individuellen Situation helfen?
Herausfordernd können Gespräche sein, in denen der:die Patient:in mit frustraner Vorgeschichte und einer Menge Groll kommt. Manchmal haben wir ein gemeinsames Ziel mit Weg dahin gefunden, manchmal bin ich nur mit Unterstützung anderer Kolleg:innen weitergekommen.

Auf der Station bin ich die Visite mitgegangen, habe Röntgen, Physio oder den Sozialdienst angemeldet, Zugänge gelegt oder Blut entnommen und Entlassbriefe geschrieben. Je nach Assistenzärzt:in könnt ihr auch eigene Zimmer übernehmen.

Insgesamt war es üblich und sehr kollegial, dass wenn man aus einem anderen Bereich (OP, Sprechstunde, Aufnahme) zurück auf die Station gekommen ist, dort Hilfe anzubieten und ein paar Briefe zu schreiben, Blut abzunehmen oder einen Zugang zu legen. Damit bin ich dann meist um ca. 17.00/17.15 Uhr rausgekommen, mal später wegen einer spannenden OP, mal früher, weil auf der Station nichts mehr anstand. Wenn ich etwas hatte (bspw. zur Familie fahren etc.), konnte ich immer passend gehen.

Zum Organisatorischen Drumherum: ihr bekommt am ersten Tag einen Schlüssel, über den ihr ins Arztzimmer und die OPs kommt sowie ein Telefon, über das ihr auch mal von Station in den OP gerufen werden könnt.
Im Logbuchgespräch könnt ihr mit dem Chef Eure Interessen, Schwerpunkte, Defizite und Ziele besprechen. In Berlin habt ihr Anspruch auf einen Studientag, den wir flexibel geregelt haben (jede Woche nur 4 Tage da zu sein, hätte mich zu sehr herausgerissen; dafür konnte ich das Wochenende auch mal verlängern, ohne Fehltage dafür zu nutzen). Sprecht das einfach gut ab.
Das Essen ist kostenlos und auf Station oder in der Sprechstunde meist möglich (Rücksprache ist nett, dann seid ihr nicht einfach auf einmal weg). Im OP passte es für mich meist nicht so gut, aber auch hier könnt ihr den:die Operateur:in fragen, wann es passt oder Euch telefonisch etwas in der Cafeteria zurücklegen lassen. Ein „Notfall-Corny“ in der Kitteltasche fand ich in der Chirurgie allgemein hilfreich.
Ein hübsches Gästezimmer mit WLAN, Bad und kleiner Küche (2 Herdplatten, Ofen, Kühlschrank mit TK-Fach, Grundausstattung sogar mit Frenchpress und Weingläsern😉 ist bei genug Vorlauf verfügbar, liegt direkt neben der Klinik und nur 1 km entfernt liegen 2 Badeseen, die auch als Laufstrecken wunderbar sind. Waschen ist mit Waschmarken für 1,5 € an der Pforte im Haus G möglich.

Haus und Stadt: Das Waldfriede insgesamt ist ein kleines und familiäres Haus, das jedoch einige besondere Schwerpunkte hat wie die Handchirurgie, das Desert Flower Center (FGM-Versorgung, Conni Strunz ist ärztlicher Kopf und sehr offen für Euer Interesse, das PJ-Seminar war superspannend) und neu die Robotik-und Pankreaschirurgie. Ich habe die Mitarbeiter:innen als sehr freundlich wahrgenommen, von der Pforte, Chefärzt:innen, Kantinendame bis zum Reinigungspersonal.
Die Lage ist im wunderschön grünen Außenbezirk Berlins Steglitz-Zehlendorf, hier habt ihr den Schlachtensee, die Krumme Lanke und den Grunewald in Laufnähe. Über die U3 Krumme Lanke oder die S1 Mexikoplatz seid ihr jedoch gut angebunden und könnt Berlin genießen.

Zusammenfassend durfte ich mich als Teil des Teams fühlen, konnte alles fragen und habe von vielen Seiten etwas gelernt: bei den OPs wurde von den Chirurg:innen alles erklärt, von der OP-Pflege habe ich viele kleine Tipps und Kniffe kennengelernt („wenn Du die Blutsperre auf den abgeräumten Tisch legst, wird sie mit abgeputzt“) und auch von der Anästhesie freundliche Hinweise für ein gutes Miteinander („auf die Freigabe bis zum Blutsperre anlegen warten“, „Es gibt Studien, die zeigen, dass wenn man bei jemandem mit Plexus das Wort Schmerz vermeidet, die Erwartungshaltung bezüglich des Schmerzes deutlich geringer ist.“). Selbst beim Sommerfest war ich dabei und als Highlight zum Schluss sind wir sogar noch zusammen zur DGH (Kongress der Handchirurgie) gefahren, auf dem ich auch praktisch über das Junge Forum der DGH Osteosynthesen ausprobieren konnte.
In dem Team würde ich jederzeit anfangen, möchte jedoch nochmal ein wenig breiter arbeiten, bevor ich mir gut vorstellen kann, hierhin zurückzukehren.
Insgesamt würde ich sagen, dass es eine hohe Arbeitsdichte gibt, was manchmal anstrengend, aber auch sehr lehrreich ist. Ich hatte nie das Gefühl, „dumm herumzustehen“ oder nicht gewertschätzt zu werden. Das heißt, wenn ihr Euch für Handchirurgie, Rheumaorthopädie interessiert und engagiert seid, bekommt ihr auch viel zurück und seid hier in genau dem richtigen Team!


Bewerbung
PJ-Portal/ Absprache mit dem Chef (m.lautenbach@waldfriede.de) und dem PJ-Büro der Charité
Unterricht
2x / Woche
Inhalte
Sonst. Fortbildung
Nahtkurs
Repetitorien
Bildgebung
Tätigkeiten
Blut abnehmen
Untersuchungen anmelden
Gipsanlage
Braunülen legen
Mitoperieren
Röntgenbesprechung
Briefe schreiben
Eigene Patienten betreuen
Patienten untersuchen
Chirurgische Wundversorgung
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
16:00 bis 17:00 Uhr
Studientage
1x / Woche frei
Tätigkeiten
Essen frei / billiger
Mittagessen regelmässig möglich
Kleidung gestellt
Gehalt in EUR
-
Gebühren in EUR
-

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
1
Unterricht
2
Betreuung
1
Freizeit
1
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.13