PJ-Tertial Unfallchirurgie in Klinik Gut (1/2021 bis 4/2021)

Station(en)
Spezialklinik für Orthopödie und Sportverletzungen
Einsatzbereiche
OP, Notaufnahme
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
"Wer ernsthaft etwas lernen möchte geht zum PJ nicht nach St. Moritz", meinte eine Freundin zu mir. Diese Aussage trifft den Nagel auf den Kopf.
Bei der Klinik Gut handelt es sich um ein C-Spital mit vielleicht 25 - 30 Betten, einer überschaubaren Notaufnahme, einem Röntgen und MRT-Gerät und 2 kleinen OP-Säalen. Die Operateure gehören zu den allerbesten in ihrem Fach, meistens Chefs oder leitende Oberärzte von den großen Kliniken der Schweiz. Der Umgang mit ihnen ist freundschaftlich und man duzt sich, außerdem kann man sie immer alles fragen und sie freuen sich über motivierte, wissbegierige Uhus.

Die anfängliche Euphorie ist jedoch schnell verflogen, wenn man sich erst einmal mit dem Alltag der PJler beschäftigt. Dieser besteht primär aus Aufnahmen, Corona-Abstrichen, Botengängen und viel sinnlosem Rumgestehe. Man arbeitet super wenig, bekommt dadurch aber auch keine Routine - in erster Linie ist man mit Anamnese und klinischer Untersuchung von Patienten beschäftigt und protokolliert diese, aber immer schnell schnell, denn alle warten darauf, ihn in den OP zu bringen. Fehlen darf natürlich nichts, aber eine Einführung worauf es bei chirurgischen Patienten ankommt oder irgend eine Art von Feedback gibt es nicht. In den OP kommt man vielleicht 4x/ Monat - zuschauen darf man immer, mitmachen nur ganz selten. Dafür gehört Putzen, Lagern und der Anästhesie assistieren zum Alltagsgeschäft, also ein bisschen wie eine Mischung aus Pflegepraktikum und Berufsfelderkundung. Da wünscht man sich fast schon, mal wieder Blut abnehmen oder Viggos legen zu dürfen...
So etwas wie eine Lehre existiert quasi nicht. Mittwochs wird nach der Röntgenbesprechung meistens noch ein spannender Fall vorgestellt - das wars dann. Das Hauptproblem besteht darin, dass es nur Assistenten im 1. oder 2. Ausbildungsjahr und extrem erfahrene Operateure gibt, nichts dazwischen. Die Assistenzärzte müssen richtig viel arbeiten und den Notfall sowie die Station alleine schmeißen und haben daher wenig Zeit für uns, außerdem fehlt ihnen die Erfahrung einen auch mal etwas machen zu lassen. In 3 Monaten habe ich vielleicht 5 Wunden genäht und 1 Schulter wieder eingerenkt. Da war mein Aufenthalt in der internistischen Notaufnahme bei weitem spannender. Arztbriefe werden von den Assistenten diktiert, wir dürfen vielleicht mal einen Sprechstundeneintrag erstellen - mit einem brauchbaren Feedback eines erfahrenen Arztes ist auch hier wieder Fehlanzeige. Die Operateure erklären einem zwar gerne mal hin und wieder eine konkrete Frage, fühlen sich aber nicht für die Unterassistenten verantwortlich, keiner tut das.

Freizeittechnisch ist das Engadin natürlich ein Traum! Outdoorfans und Sportler kommen hier allemale auf Ihre Kosten. Die Landschaft ist malerisch, man kann verschiedene Skigebiete nutzen - teilweise sogar während des Bereitschaftsdienstes! - Snowkiten in Silvaplana ist auch gleich um die Ecke, Skitouren beginnen gleich an der Haustür und das Langlaufgebiet ist eines der größten in der Alpenregion. Man hat sogar genug Zeit dieses großartige Angebot ausgiebig zu nutzen. Oft wird man im Bereitschaftsdienst gar nicht, oder nur für ein paar Stunden herangezogen.

Allen die keine Lust auf Chirurgie haben oder auch Studenten kurz vor Ihrem mündlichen Examen kann ich die Klinik Gut wärmstens empfehen - das Gesamtpaket stimmt. Bleibt nur nicht länger als 2 Monate! Den chirurgisch Interessierten, die für ihren Berufseinstieg etwas mitnehmen wollen empfehle ich ein Kanton- oder Unispital. Der Weg ins Skigebiet ist in der ganzen Schweiz nie sehr weit :)
Bewerbung
Die Bewerbung ist easy - einfach über die Website die Kontaktperson anschreiben, eine Antwort erfolgt normalerweise innerhalb einer Woche. Für die Wintersaison sollte man sich rechtzeitig (1.5 - 2 Jahre vorher) bewerben. Ein PJ in St. Moritz ist wahrscheinlich auch nur im Winter sinnvoll, weil die Versorgung von Sportverletzungen bei Urlaubern das Hauptgeschäft sind...
Generell ist man wie überall in der Schweiz bei Administrativem optimal betreut, die Unterkunft ist in einer gemütlichen Ferienwohnung mit Blick auf die Berge, der Papierkram (Arbeitsvertrag, Ausländerausweis, Aufenthaltsbewilligung, Meldebescheid, Quellsteuer) wird vom Personalbüro organisiert. Bei der Anreise liegen Wohnungsschlüssel und ein Willkommenspaket mit weiteren Infos und einem gratis "Leitfaden Orthopädie" parat. Alles tiptop.
Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Mitoperieren
Patienten untersuchen
Botengänge (Nichtärztl.)
Chirurgische Wundversorgung
Gipsanlage
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
nach 18:00 Uhr
Studientage
Frei verfügbar
Tätigkeiten
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Kleidung gestellt
Unterkunft gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Gehalt in EUR
1500
Gebühren in EUR
500

Noten

Team/Station
2
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
4
Klinik insgesamt
3
Unterricht
4
Betreuung
3
Freizeit
1
Station / Einrichtung
2
Gesamtnote
3

Durchschnitt 2.8