Ich habe insgesamt 2 Monate in Boberg in der Unfallchirurgie verbracht und, wie hier üblich, monatliche Rotationen gehabt. Hierbei war ich auf einer septischen sowie einer aseptischen Station. Meine persönlichen Erfahrungen im Detail:
- Lerneffekt: ich habe nie eine Einführung erhalten (Stationsabläufe, mögliche Aufgaben, Administratives, Briefe schreiben, IT etc.). Von Assistenten bis OA und Chefs hat niemand wirklich Lust auf Lehre oder fühlt sich dafür verantwortlich dafür, dass ihr etwas lernt. Es ist unglaublich viel Eigeninitiative gefragt, damit man mal etwas erklärt bekommt, was auf Dauer ziemlich anstrengend ist. Nachfragen und Reflektieren von Fällen, Diagnosen, Therapien werden hierbei leider eher mit Augenrollen quittiert, statt mit Interesse an Teaching. Was praktisch-chirurgische Fertigkeiten betrifft, war der Lerneffekt wirklich minimal. Eure originäre Aufgabe als PJler ist es, Haken zu halten. So ist es auf Dauer unglaublich unbefriedigend 10x nachfragen zu müssen, bis man mal eine Subkutannaht machen darf, nachdem man 5x hintereinander die gleiche OP assistiert hat, in der man 2h wirklich nur Haken hält. Meist seht ihr das OP-Gebiet überhaupt nicht und die Operateure erklären wenig bis gar nichts. Bei Nachfragen wird dann auch eher einsilbig geantwortet.
- Zwischenmenschliches: der Umgang in Boberg ist i.d.R. freundlich und höflich (gerade bei den Septikern, wo selbst der Chef ziemlich umgänglich ist). Der Einzige, der wirklich anstrengend ist, ist der Chef in der Aseptischen (Fuchs). Nichtsdestotrotz hatte ich nie das Gefühl, dass man als PJler ernstgenommen und auf Augenhöhe behandelt wird. Auch nach mehreren Wochen auf Station, werden die eigenen (differential-)diagnostischen/therapeutischen Überlegungen kaum beachtet und die Asisstenten haben keine große Lust, einen zu integrieren. Als Student kommt man nicht wirklich über den Status als Hakenhalter hinaus.
- Arbeitszeiten: in Boberg gibt es eine elektronische Zeiterfassung, sodass ihr unterm Strich nicht über 40h Wochenstunden (inkl. Pausen) komment solltet.
- Fazit: Im Vorfeld hatte ich mich sehr auf meine Zeit in Boberg gefreut, wurde im Großen und Ganzen jedoch ziemlich enttäuscht. Keiner fühlt sich dafür verantwortlich, dass ihr etwas lernt. Weder theoretisch (in der ganzen Zeit hat sich kein einziger Arzt mal hingesetzt und ein Röntgen/CT strukturiert mit uns durchgesprochen, Unterricht nur alle 2 Wochen), noch praktisch. Während ich in meiner Zeit in der Viszeralchirurgie Hemikolektomien als 1. Assistenz mitmachen durfte, der Chef mir höchstpersönlich Tipps für Hautnähte gegeben hat und man vor jeder OP die Bildgebung gemeinsam durchgesprochen hat, war meine Zeit in Boberg absolut unbefriedigend - sowohl auf der zwischenmenschlichen, als auch der fachlichen Ebene. Wenn ihr Lust auf (Unfall-)Chirurgie habt , würde ich euch das BGK nicht empfehlen. Es gibt hier einen Bericht von 06/2019, der meine Erfahrungen recht gut widerspiegelt.