PJ-Tertial Gynäkologie in Hegau Bodensee Klinikum (11/2020 bis 3/2021)

Station(en)
S26, Kreißsaal, S23, OP
Einsatzbereiche
Station, OP, Notaufnahme
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Ich war von November 2020 bis März 2021 in Singen in der Gynäkologie, also genau zu besten Coronazeiten.
Für das Klinikum hatte ich mich wegen der Nähe zu den Bergen, den überwiegend positiven Berichten und den PJ-Bedingungen entschieden (500 Euro Vergütung, Unterricht, Probeexamina). Ich versuche, die Zeit jetzt mal einigermaßen zusammenzufassen :)

Frauenklinik:

Die Klinik ist ein Perinatalzentrum Level 1, sodass hier viele Risikoschwangere betreut werden und es eine große Neo gibt.
Die Neo behandelt Kinder etwa ab 23+0 SSW. Das leichteste Kind in meinem Tertial war ein Zwilling in der 23+5 SSW mit 340 g (!).
Der Tag beginnt um 7:40 Uhr mit der Frühbesprechung im Chefarzt-Büro, danach ist Besprechung im Kreißsaal, in der über alle stationär liegenden Schwangeren gesprochen wird. Da dieses Zimmer oben super klein ist, wurde die Besprechung dort auf das nötigste Personal reduziert.
Um halb vier ist noch eine Kreislauf-Besprechung, zu der man aber nicht unbedingt da sein muss.

Der Chef ist super nett und entspricht ungefähr dem Gegenteil des cholerischen Chefarztes, er ist super bemüht und freut sich sehr über Interesse und der Umgang mit ihm ist total locker. Am Ende des Tertials haben wir noch eine M3-Simulation gemacht (Brustuntersuchung an einer Patientin und Theorieteil).
Generell ist das Team für ein Gynteam sehr entspannt. Klar muss man schauen, an wen aus dem Ärzteteam man sich gut dranhängen kann, um viel zu sehen und selbst zu machen; das bekommt man aber relativ schnell mit.
Die Oberärztinnen und -ärzte sind auch nett und erklären viel, wenn man fragt. Ich hätte mir gewünscht, dass die Lehre etwas aktiver gestaltet ist – oft war einiges an Eigeninitiative nötig (also einfach in die Ambulanz kommen und mitlaufen, sich Patientinnen zum Schallen holen etc).

Die Frauenklinik ist unterteilt ist zwei Stationen (S26: Gyn + Schwangere, S23: Wochenbettstation), den Kreißsaal und die Ambulanz.
Normalerweise gibt es wohl nur eine PJlerin, wir waren zu dritt bis Ende Januar. Eine der Oberärztinnen teilte uns dann ein, sodass es die Rotationen S26 - OP+Aufnahme - S23+Kreißsaal gab.
Wegen Corona mussten wir auch Dulli-Aufgaben wie Corona-Abstriche einer ganzen Station übernehmen. Für Blutentnahmen gibt es aber meistens eine MFA.
Ich war zuerst auf der S26. Da aufgrund von Corona einige Stationen zu Covid-Stationen umgewandelt wurden, hatten wir kaum Gyn-Patientinnen, dafür ziemlich viele Außenlieger.
Die Diagnosen der wenigen Gyn-Patientinnen waren aber vom Spektrum sehr breit (Mamma-, Ovarial-, Vulva-, Cervix-CA, Adnexitis, Zysten etc.).
Außerdem lagen die schwangeren Patientinnen dort. Hier war interessant, dass man deren Verläufe relativ lang verfolgt, da die Patientinnen manchmal längere Zeit da waren, bspw. bei Cervixinsuffizienz oder vorzeitiger Wehentätigkeit.
Generell ist die Stationsarbeit jetzt nicht besonders spektakulär, Gynbriefe sind angenehm kurz und in der Zeit auf der Station war ich auch meistens ziemlich früh raus. Ab und zu habe ich mich in die (prä-) stationäre Aufnahme mit reingesetzt. Dort kommen morgens die Aufnahmen zur OP und danach ggf. Notfälle und Befundgespräche.
Generell ist die Einteilung aber nicht komplett starr, der Chef hat uns auch angeboten, Verläufe von Gyn-Patientinnen zu verfolgen, damit wir ein „vollständiges Bild der Therapieabläufe“ bekommen, also sprich bei der Aufnahme dabei zu sein oder auf Station, dann bei der OP und dann bei den postOP Gesprächen. Das kann ich echt sehr empfehlen.

Danach war ich im OP. Da Weihnachten dazwischen lag, war dies relativ kurz.
Im OP hat es mir mit am besten gefallen, da man eigentlich immer mit am Tisch steht. Vor Weihnachten war die Personalsituation ziemlich kritisch wegen Corona, was mir aber insofern entgegenkam, da ich öfters 1. Assistenz am Tisch war.
Das ist aber nicht nur an die Personalsituation gebunden. Auch wenn mal in 2 Sälen parallel operiert wird, kann das gut sein.
Im OP erklären die Ärzte und Ärztinnen auch viel, die Stimmung ist meistens entspannt. Die OTAs sind auch meistens die gleichen und sehr nett, sodass man sich nicht jedes Mal neu vorstellen muss.
WICHTIG – entweder Kaffeepads oder 30 Cent für Kaffee aus der Maschine in den OP mitbringen :D
Beim Chef (macht fast nur Mammae) darf man selbst nähen, bei einem anderen OA durfte ich eine Abortkürettage selbst durchführen.
Angenehm ist, dass die meisten OPs sehr kurz sind, und wenn man mal kurz abtreten muss wegen Kreislauf, ist das kein Ding (man wird eher 300x gefragt, ob wirklich alles gut ist, sehr lieb).
Unangenehm sind dagegen die vaginalen Hysterektomien, danach hatte ich meistens ein paar Tage Rückenschmerzen. Am besten verstecken, wenn die anstehen.
Übrigens werden in der Klinik keine Abtreibungen auf Wunsch durchgeführt, die Urogyn-OPs finden nur in Radolfzell statt.

Ab Mitte Januar war ich auf der S23 bzw. im Kreißsaal.
Auf der Wochenbettstation habe ich vor allem Abschlussuntersuchungen vor Entlassung durchgeführt. Bei Frauen, die nicht genäht wurden, ist das ein Abschlussgespräch über das Wochenbett und was da so zu beachten ist, bei Nähten schaut man da nochmal drauf oder bei Auffälligkeiten macht man nochmal ein Sono (Subinvolutio uteri, Nachkürettage bei atoner Blutung, Mamma-Abszess oder so). Dann macht man die Papiere fertig.
Wer Babys mag, ist auf der Station auf jeden Fall richtig, die U2-Untersuchungen werden dort von der Pädi durchgeführt.
Im Kreißsaal darf man zu den Geburten mit rein und meistens auch bei den Sectios mit an den Tisch, das ist dann zwar ziemlich eng, aber geht auch.
Insgesamt habe ich ganze 2 Spontangeburten gesehen, da ich auch kein Telefon hatte, um gerufen zu werden.
Die Hebammen haben sich nicht besonders viel um das Tragen ihrer Masken geschert, sobald sie in der Küche waren, waren die Masken meist unten, von daher habe ich längere Aufenthalte in dieser Küche gemieden. Bei niedrigem Blutzuckerspiegel ist man dort aber richtig.
Auf der S23 sieht das ähnlich aus mit den Masken, die Küche ist aber größer.

Ziemlich irritierend in der Geburtshilfe finde ich nach wie vor den selbstverständlichen Einsatz von homöopathischen Medikamenten (Caulophyllum, Neurodoron, ...) in einem öffentlich finanzierten Krankenhaus.

Wohnen:

Ich war in der PJ-WG untergebracht, die in den vorherigen Berichten erwähnt wird.
Bei uns waren die Zimmer nur allein belegt, ich glaube, wir hätten da auch alle ordentlich Terz gemacht, gerade zu Coronazeiten (wobei wir auch einmal alle zusammen in Quarantäne waren).
Dementsprechend gibt es in jedem Zimmer zwei Einzelbetten. Alles ist relativ neu, sauber und von Ikea, laut Mietvertrag besteht diese PJ-Häuschen in seiner Form seit 06/19.
Es sieht von außen ziemlich räudig aus, wir sind alle erstmal vorbeigefahren.
Das Haus ist etwa 5 Minuten mit dem Rad von der Klinik entfernt und liegt an der viel befahrenen Hohenkrähenstraße zwischen zwei Tankstellen. Ich bin eigentlich geräuschempfindlich, aber habe mich schnell dran gewöhnt. Außerdem gehört noch ein kleiner Hof und ein Garten mit Feuerstelle dazu. Die Feuerstelle haben wir zum Stockbrot machen genutzt, und PJler vor uns haben im Garten Gemüse angebaut.
Direkt gegenüber ist eine Bäckerei, die unter der Woche nur bis 13 Uhr auf hat, aber am Wochenende haben wir sie häufiger genutzt.

Oben sind drei Zimmer plus großes Bad (Dusche, Whirlpool-Badewanne, Waschmaschine und Trockner) und unten zwei Zimmer plus Bad (Dusche und Waschmaschine) und Küche.
Die Küche ist gut eingerichtet und das WLAN funktioniert auch gut (das große Manko des Wohnheims an der Klinik– kein Internet und kein Geschirr).
Wir waren zu viert im Häuschen, alle aus externen Unis. Eine fünfte Person hat noch spontan zwei Tage vorher einen Platz im Wohnheim bekommen.
Wir haben uns alle frühzeitig bei Frau Laqua gemeldet, aber die Freiburger Studierenden haben alle einen Platz im Wohnheim, von daher nutzt das wohl nicht so viel.
Ich war aber letztendlich so glücklich, dass ich in die WG gekommen bin! Wir haben uns alle super verstanden und viele Ausflüge gemacht oder nach der Arbeit noch etwas unternommen. In der Küche hängt ein riesiger Fernseher, der Receiver funktioniert nicht, aber über HDMI kann man einen Laptop anschließen und so haben wir z.B. Unisport online gemeinsam gemacht.
Im Wohnheim wäre ich wohl etwas einsamer gewesen.
Zwischendurch war mal einer von in Quarantäne, aber das ging schon.

Nochmal zur Ausstattung:
KÜCHE: Herd, Ofen, Spülmaschine, Kühlschrank mit Gefrierfach (im Keller zusätzliche 4 Kühlschränke), Mikrowelle, Toaster, Kaffeemaschine, Geschirrtücher.
Bettwäsche (2 Garnituren), Staubsauger, Wäscheständer, Bügelbrett (haha) gibt’s auch.

Singen und Umgebung:

Singen ist eine Industriestadt und gibt stadtmäßig nicht so viel her, wobei natürlich auch alles zu war wegen Corona. Mit dem Rad ist alles perfekt zu erreichen.
Die Stadt ist vom Klientel her zum Teil etwas speziell, was einem aber mitunter Messerstichwunden in der ZNA beschert.
Der Hohentwiel und die anderen Hegauvulkane sind super schön und eignen sich perfekt zum Schlittenfahren. In die Schweiz oder zum Bodensee braucht man mit dem Rad ungefähr eine halbe Stunde in gemütlichem Tempo.
Ich hatte eigentlich vor, viel Skifahren zu gehen, das ging natürlich nicht. Im Schwarzwald und auch in der Nähe von Tengen und Engen kann man sehr schön Langlaufen.
Der Freizeitwert ist also schon hoch, ab und zu war ich dann in den Städten am Bodensee wie Konstanz oder Meersburg.
Am besten kann man die Gegend mit dem Auto erkunden (Zug müsste aber auch gehen), der Bodensee ist natürlich wunderschön, aber auch die Donauversinkung oder die Hegauvulkane.


Dienste:

Die Vergütung von 500 Euro setzt sich aus ungefähr 370 Euro Gehalt plus Dienstvergütung zusammen. Dafür muss man 4 Dienste unter der Woche (16-23 Uhr) und einen am Wochenende (8-18 Uhr) absolvieren.
In der ZNA hängt eine Liste aus, in die man sich eintragen kann. Es sind immer zwei PJler eingeteilt, einer in der Inneren, der andere in der Chirurgie. Wer wo ist, kann man selbst absprechen. Wenn mal ein Dienst nicht besetzt ist, ist das auch nicht schlimm, also an Weihnachten wird keiner zum Arbeiten gezwungen.
Die ZNA ist gerade in der Inneren sehr beengt, das Arztzimmer ist nur durch eine Plexiglasscheibe von den Patienten abgetrennt, die wiederum nur durch Vorhänge getrennt sind. Als PJler kann man meistens an den Laptop, um zu dokumentieren. Der eigene SAP-Zugang nutzt meistens ziemlich wenig, man nutzt die Arztaccounts.
In der Chirurgie ist etwas mehr Platz, das Arztzimmer hat immerhin ein Fenster.
Am Wochenende nimmt man als PJler Blut ab und legt Flexülen, in der Chirurgie kann man auch mal in den OP gerufen werden.
Die Dienste sind super unterschiedlich – ich hatte Dienste, da hat alles gebrannt und Dienste, da war es so ruhig, dass Zeit für Teaching war. Wir haben uns auch einmal ein Sonogerät geholt und uns gegenseitig schallen geübt.
Wenn man will, kann man auch in der Chirurgie nähen.
Der Kaffeeautomat in der ziemlich versteckten Küche nimmt 50 Cent pro Kaffee und manchmal frisst er die auch einfach, ohne einen Kaffee herauszugeben☹
Achja, in der gesamten ZNA gibt es wirklich nirgendwo Netz (also Netz, von Internet wollen wir nicht reden).

Generelles:

Sehr überraschend sind neue PJler aufgetaucht Mitte November, so war zumindest mein Gefühl.
Es dauert etwas, bis der SAP-Zugang da ist. Man bekommt auch einen Transponder (ich habe meinen Ende Januar bekommen, weil niemand Bescheid gesagt hat, dass er seit zwei Monaten fertig ist).
Kleidung wird gestellt, es gibt einen Wäschepool für Kasacks und Hosen, Kittel findet man im Keller.
Das Essen im Casino ist auch in Ordnung, schade, dass man nur die Menüs nehmen kann und sich keinen Salat zusammenstellen kann, das Buffet sieht immer gut aus.
Der PJ-Unterricht fiel erstmal bis Anfang Februar aus. Die wenigen Male, die ich erlebt habe, waren aber sehr gut.
Die Klinik stellt dieses Jahr von Papier- auf elektronische Akten um (zumindest geplant), ich habe nur mit Papier gearbeitet.

Grundsätzlich kann ich das Tertial jedem empfehlen, der ein breites Spektrum an Krankheitsbildern sehen möchte und bereit ist, Lehre auch einzufordern.
Man muss aber die Zeit nicht absitzen, wenn nichts zu tun ist und die schöne Landschaft genießen.
An die ZNA-Dienste gewöhnt man sich auch. Und die WG zu Coronazeiten war einfach ein Gewinn.


Bewerbung
über die Uni Freiburg zu deutschlandweit einheitlichen Zeiten (Juli)
Unterricht
3 x / Woche
Inhalte
Repetitorien
Bildgebung
Prüfungsvorbereitung
Tätigkeiten
Botengänge (Nichtärztl.)
Briefe schreiben
Notaufnahme
Chirurgische Wundversorgung
Patienten untersuchen
Untersuchungen anmelden
Mitoperieren
Blut abnehmen
Braunülen legen
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Essen frei / billiger
Mittagessen regelmässig möglich
Kleidung gestellt
Unterkunft gestellt
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Gehalt in EUR
500

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
2
Klinik insgesamt
2
Unterricht
1
Betreuung
3
Freizeit
1
Station / Einrichtung
2
Gesamtnote
2

Durchschnitt 1.8