PJ-Tertial Chirurgie in Klinikum Wilhelmshaven (6/2020 bis 10/2020)

Station(en)
1. Links, ITS, ZNA
Einsatzbereiche
Diagnostik, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, OP, Notaufnahme, Station
Heimatuni
Goettingen
Kommentar
Ich habe mein Chirurgie-Tertial hauptsächlich wegen der Nähe zur Nordsee hier verbracht und war zunächst Chirurgie-skeptisch. Ich bin ohne große Chirurgie-Vorerfahrung gestartet und es wurde dann überraschend zu meinem besten Tertial! Unbedingte Empfehlung!

Zu den Rahmenbedingungen: Die Klinik stellt Arbeitskleidung und das Mittagessen, welches meistens wirklich in Ordnung ist, jeden Tag eine vegetarische Alternative und häufig auch Fisch. Wer eine Unterkunft benötigt bekommt sie gestellt. Ich war in einer schicken Ferienwohnung untergebracht (einziger Nachteil war die Lage weit draußen), andere PJler waren im Wohnheim, welches einen eher geringen Komfort bietet - es wird jetzt aber gerade abgerissen, am besten vorher nachfragen wie die Unterbringung ist. Wer keine Wohnung benötigt oder sie sich selbst sucht bekommt mehr Geld - Ich habe etwa 400€ Gehalt bekommen.
Es gibt einen Studientag alle 14 Tage, das Zusammenschieben für ein sehr langes Wochenende alle 4 Wochen war gar kein Problem, auch sonst waren alles unproblematisch. Wir haben alle am 1. Tag Rotationsplan, uneingeschränkten PC-Zugang und Namensschilder bekommen, binnen weniger Tage wurden auch PJler-Telefone organisiert.
Mittagessen ist eigentlich immer möglich, nur wenn man in den langen Operationen eingeteilt ist sollte man sich etwas mitbringen oder von den anderen PJlern zurückstellen lassen. Feierabend ist häufig schon so gegen 14:30, wenn alle Aufgaben erledigt sind. Länger gemacht haben ich sehr selten, dann meistens weil noch etwas spannendes war. Bei großen Operationen wird man meistens gegen 17 Uhr vom Dienstarzt ausgelöst

Die Klinik: Etwa 400 Akutbetten, dazu große Psychiatrie. Allgemeinchirurgisch werden alle Krankheitsbilder und Operationen gemacht, die es so gibt. Natürlich weniger Leberchirurgie, aber von Leistenhernie über Hemicolektomie bis Whipple oder Ösophagusresektion ist alles dabei. Thoraxchirurgisch läuft eher weniger, man bekommt aber immer mal wieder Teilresektionen oder Thorakoskopien mit. Gefäßchirurgisch laufen viele Ports und Herzschrittmacher, darüber hinaus vor allem OPs der Bein- und Beckengefäße, aber doch auch regelmäßig Bauchaortenaneurysmata (offen und endovaskulär). Ich war nicht in der Unfallchirurgie, die ist vor allem auf Alterstraumatologie und Wirbelsäulen-Operationen fokussiert, Schwerverletzte oder BG-Fälle finden eher selten den Weg in dieses Haus. Baulich und technisch ist es völlig veraltet und aufgrund interner Querelen ist die Stimmung teilweise angespannt - es kommt jetzt aber ein Neubau und ein neuer Geschäftsführer. Der Umgang insbesondere mit dem Pflegepersonal, ganz besonders im OP war immer nett und respektvoll. Das war wirklich eine Wohltat nach den vorherigen Tertialen.

Unterricht: Fest angesetzt ist chirurgischer Unterricht jeden Donnerstag, etwa 1-2 Stunden, immer mit Ober- oder Fachärzten und immer gut vorbereitet. Ist fast nie ausgefallen und wurde sonst nachgeholt. Besonders die Chefin verlangt und fragt viel - gute Vorbereitung aufs Examen. Zusätzlich sollte man unbedingt den Chefarzt der Gastroenterologie anschreiben, der sehr gerne wöchentlich (aber am Nachmittag) tollen Unterricht gemacht hat. Weiterhin machen auf Nachfrage auch die Unfallchirurgen und die Apotheke guten Unterricht - es ist aber schon etwas Eigeninitiative gefragt. Die Kardiologen haben trotz Nachfrage und Innere-PJler keinen Unterricht gemacht. Aufgrund Corona war die Teilnahme an ITS-Visite, Gastro-Besprechung, Röntgen-Besprechung und Tumorboard leider nicht möglich.

Betreuung: Die Chefärztin der Chirurgie ist Lehrbeauftragte und macht den Job engagiert und kümmert sich um alle Probleme. Auf Nachfrage sind auch Anpassungen der Rotationen möglich. Es gibt auf der ACH 2 erfahrene Fachärzte, von denen man viel mitnehmen kann und auch die meisten OÄ und AÄ sind bemüht und erklären von sich aus oder auf Nachfrage. Teilweise muss man aber hartnäckig daran erinnern, dass man gerne angerufen werden möchte, wenn Notfallpatienten da sind.

Aufgaben und Tagesablauf: Ich war zunächst 6 Wochen auf der Allgemein- und Visceralchirurgie. Tagesbeginn ist mit der Frühbesprechung um 7:30 (sehr kurz), ab 7:45 läuft das OP-Programm. Wer wirklich nicht möchte wird nicht in den OP gezwungen. Alle anderen werden immer mal wieder eingetragen, natürlich hauptsächlich für die größeren Punkte als 2. Assistenz. Gelegentlich macht man auch mal kleinere Punkte als 1. Assistenz oder beginnt als 1. Assistenz mit einem der Fachärzte, bis dann der Oberarzt dazutritt. Ich hab jede Menge Operationen gesehen, es wurde viel gezeigt und erklärt, insbesondere wenn man sich ein bisschen vorbereitet hat. Aktiv ausgefragt wird man nur von der Chefin. Mir wurde das Nähen beigebracht und man durfte regelmäßig nähen, sowohl Faszie als auch Haut (intrakutan, Donati). Ich durfte mehrmals intraoperativ Thoraxdrainagen legen, sonstige Drainagen stechen oder auch mal den GIA bedienen - kurzum es war so, wie man es sich vorstellt. Als gegen Ende neue Assistenten, Hospitanten und Famulanten da waren kam man fast zu wenig in den OP. Auf Station macht man die Blutabnahmen (selten mehr als 5-6), geht mit auf Visite und kann auch eigene Zimmer übernehmen. Daneben natürlich Verbände, Drainagen und wer möchte, darf Arztbriefe diktieren. Bei den elektiven Aufnahmen arbeitet man vor (BE und Anamnesebogen, ggf. Sono), der Arzt kommt dann dazu.
Es gibt 3x die Woche ambulante Sprechstunde (Schilddrüsen, Hernien, Shuntchirurgie), auf Nachfrage kann man gerne dazu, ist in meinen Augen aber eng getaktet und wenig lehrreich.

Danach war ich 6 Wochen auf der Thorax-, Gefäß- und Herzchirurgie, wobei sich die Herzchirurgie auf Schrittmacher und Defis beschränkt. Super nettes kleines Team, zu meiner Zeit war ein bisschen Sommerflaute. Hier darf man oft als 1. Assistenz zu den kleineren Eingriffen wie Shuntanlagen oder Ports und auch viel selber machen und nähen. Dabei ist die Stimmung wirklich immer nett. Auf Station sieht und lernt man viel über Wundversorgung, es gibt ein wirklich tolles Wundschwestern-Team. Routineaufgaben sind natürlich Blutabnahmen, Drainagenziehen und Verbandswechsel. Die Aufnahmen macht vor allem eine Gefäßassistentin, die ebenfalls super lieb und qualifiziert ist, hier kann man gerne mitmachen und viel Schallen.

Die Notaufnahme hat fest einen unfallchirurgischen FA, die ACH und THG kommen nur, wenn Patienten da sind - hier muss man immer daran erinnern, dass man angerufen wird oder selbst ins Notaufnahmeprogramm schauen. Dann ist man immer willkommen und kann Anamnese, körperliche Untersuchung und Sonographie üben. Wer will kann danach auch mit in die Notfall-Operationen und so mal eine Appendizitis von Anfang bis Entlassung erleben. Mehr als 1-2 Patienten pro Tag sind es aber selten. Wer möchte darf Dienste mitmachen (mit Freizeitausgleich) und sieht so vor allem Notfall-Operationen wie Ileus, Magenperforation oder Messerstichverletzungen - Man kann auch zum Schlafen nach Hause und sich anrufen lassen, wenn was spannendes ansteht.

In der Unfallchirurgie war ich nicht, da ich von 4 Wochen Rotationszeit 3 Wochen als Lerntage fürs M3 genommen habe - andere PJler haben jetzt auch nicht so tolles von der Abteilung berichtet, der leitende OA hat aber mehrmals wirklich großartigen Unterricht gemacht.
Stattdessen war ich eine Woche auf der anästhesiologischen Intensivstation, die durch 2 tolle Oberärzte geleitet wird und auf der richtig vielfältige Intensivmedizin gemacht wird. Es lohnt sich sicher, länger dort zu bleiben, mir wurde viel gezeigt, erklärt und man durfte z.B. Schallen und Arterien legen.

Zusammengefasst: Ich hatte ein tolles Tertial, menschlich hab ich mich in dem Haus sehr wohlgefühlt, mir wurde viel gezeigt und erklärt und ich wurde bestens auf das Examen vorbereitet. Die Nordseelage ist von April bis Oktober einfach toll, wer Wasser und Wassersport mag wird voll auf seine Kosten kommen. Wilhemshaven selbst ist jetzt nicht der Nabel der Welt und hat viele soziale und finanzielle Probleme, aber es gibt ein paar nette Restaurants und Cafes und eine kleine feine Studentenszene - ansonsten sind Bremen, Oldenburg, Groningen und auch Hamburg wirklich nicht so weit weg. Im Winter stelle ich es mir aber schon eher trist vor. Und natürlich war auch hier nicht jeder Tag toll und man muss auch mal Botengänge machen oder um Hilfe bei 15 Blutentnahmen bitten ;)

Danke für die schöne Zeit!
Bewerbung
mittlerweile Lehrkrankenhaus des UKE - über PJ-Portal
Unterricht
Kein Unterricht
Inhalte
Sonst. Fortbildung
Bildgebung
Prüfungsvorbereitung
Fallbesprechung
Patientenvorstellung
Tätigkeiten
Patienten aufnehmen
Briefe schreiben
Chirurgische Wundversorgung
Blut abnehmen
Notaufnahme
Poliklinik
Braunülen legen
Eigene Patienten betreuen
Mitoperieren
Untersuchungen anmelden
Patienten untersuchen
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
Vor 15:00 Uhr
Studientage
Frei verfügbar
Tätigkeiten
Unterkunft gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Kleidung gestellt
Essen frei / billiger
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Gehalt in EUR
ungefähr 400€

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
3
Unterricht
1
Betreuung
1
Freizeit
1
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.47