Unfallchirurgie: definitiv abzuraten, es sei denn Mann (und ich schreibe bewusst Mann und nicht man) möchte das für sich als Fachgebiet auserkoren wissen. Als Frau hat man es nicht leicht, gerade wenn man den Menschen als ganzes und nicht nur sein zu operierendes Gelenk bedenkt. Technisch ist die UCH sehr gut ausgestattet und es werden auch spektakuläre OPs durchgeführt, obschon es ein kleines Haus ist aber menschlich - zumindest wenn man etwas zarter besaitet ist - erschreckend und niederschmetternd.
Die Allgemeinchirurgie hingegen ist sehr zu empfehlen, der Chefarzt ist sehr nett, verständnisvoll und man hat als PJler nicht das Gefühl, 35 Etagen weiter unten in der Hierarchie zu stehen. Der Kontakt zu den Schwestern war sehr distanziert aber allzeit freundlich.
Covid bedingt waren sämtliche elektiven Eingriffe abgesagt und die OP-Kapazität auf 30% herunter gefahren, was zwar den Vorteil von weniger Stress mit sich brachte aber eben auch die Qualität der Lehre aufgrund von fehlendem Patientengut sehr eingeschränkt hat.Ich habe entsprechend viel im Studienzimmer gesessen und Eigenstudium betrieben, was sehr bedauerlich war, denn ich hätte gerne mehr gemacht und mitgenomme. Im Normalfall seie das aber wohl nicht so, im Gegenteil, da heißt es Stress pur. Feierabend ist immer pünktlich und auch so organisiert, dass in stressigeren Zeiten die PJler gehen dürfen. Studientag ist abgeschafft aber es besteht die Möglichkeit Fehltage durch Wochend- oder Feiertagsdienste auszugleichen.
Unterricht fiel auch wegen Covid weitgehend aus, es gibt leider keine EKG-Kurse oder die Möglichkeit außerhalb eines Patienten noch einmal gewisse Handgriffe unter Aufsicht, damit sich keine Fehler einschleichen zu üben, was mir in Hinblick auf die spätere Eigenverantwortung doch Bauchschmerzen macht aber da war trotz LockDown keine Zeit, weil die Bürokratie und Schreibarbeit die meiste Zeit im Vordergrund standen. Schade!
Die Personalabteilung reagiert relativ zügig und ist kompetent. Das Sahnehäubchen: man bekommt von eben jener für jedes Tertial einen 25€ Büchergutschein.
Sehr bereichernd ist auch die "bunte Durchmischung" des Personals, das überwiegend aus den Anreinerländern stammt. Aber da muss lobend erwähnt werden, dass immer deutsch gesprochen wurde, wenn ich dabei war obschon sehr häufig die einzige war, die kein tscheschich/polnisch beherrschte.
Es gibt ein Gästezimmer (kostenlose Unterkunft), das ist zwar sehr spartanisch (Etagentoilette mit den Bereitschaftsärzten, Gemeinschaftsküche) aber lässt einen früh bis Anschlag schlafen, ein Luxus, den ich sehr genossen habe. Ansonsten würde sich das Klinikum auch um eine günstige Unterkunft außer Hauses kümmern.
Freizeittechnisch ist Zittau ein Traum für alle, die gerne draußen in der Natur sind, Radfahren, Klettern, joggen, Boot fahren, wandern, ... Man kann binnen 30min durch 3 Länder fahren und auch wenn Ostsachsen politisch einen schlechten Ruf hat, empfinde ich Zittau als sehr bunt und weltoffen. Auch kulturell kann man sich hier austoben, so man möchte. Die Infrastruktur ist besser als gedacht, es gibt alles, was man braucht, das meiste auch zu Fuß zu erreichen und die Zuganbindung nach Dresden und Chemnitz passiert stündlich.
Alles in allem habe ich es nicht bereut und würde es weiterempfehlen, vielleicht noch mit der Anmerkung die Unfallchirurgie zu vermeiden, wenn irgendwie möglich,
