PJ-Tertial Unfallchirurgie in Vivantes Wenckebach Klinikum (7/2019 bis 9/2019)

Station(en)
Klinik für Unfallchirurgie (offiziell: Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie)
Einsatzbereiche
Station, OP
Heimatuni
Berlin
Kommentar
Bericht
Ich möchte euch berichten von meinem halben PJ-Tertial in der Klinik für Unfallchirurgie, Wenckebach-Klinikum. Offiziell war ich zwar eingeteilt in die Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie dort, tatsächlich war ich aber eher in der Unfallchirurgie. Für das Wenckebach-Klinikum hatte ich mich ehrlicherweise nur wegen der geringen Distanz zu meiner Wohnung entschieden. Chirurg wollte ich vorher genauso wenig werden wie danach.

Gutes
• Das Wenckebach-Klinikum ist ein Krankenhaus mit wirklich sehr schönen Gebäuden, eine Umgebung, in der ich mich im Sommer wohl fühlen konnte.
• Die Ankunft am ersten Tag war vonseiten der Sekretärin sehr gut organisiert: Wäschebadge, PJler-Telefon und Schlüssel wurden mir direkt übergeben, PC- und ORBIS-Zugang waren sofort möglich, auf die Essensrabattkarte musste ich zwar etwas warten, aber mein Name war schon hinterlegt in der Kantine, sodass ich den Rabatt dennoch bekam).
• Das Essen in der Kantine, für das man 4,10 € Rabatt bekam als PJler, war meist lecker, wenn ich von den Anderen meist auch Gegenteiliges hörte. Ich bin übrigens nur an einem einzigen traurigen Tag nicht zum Essen gekommen.
• Die Oberärzte waren sehr nett, ebenso war das Team von Schwestern und Pflegern mir ausgesprochen sympathisch.
• Jede Woche gab es einen Studientag.
• Man kam mit Sicherheit immer allerspätestens um 15:30 raus. Darauf wurde auch gut Rücksicht genommen. Im Sommerloch kam ich zweimal um 13:00 raus, aber sonst konnte ich nie früher gehen.
• Ich war einige Tage krank gewesen, diese Fehltage wurden mir netterweise nicht aufgeschrieben (da ich das Tertial gesplittet und das erste Halbtertial im Ausland gemacht hatte, konnte ich mir keine Fehltage erlauben).
• Ich habe einiges Wertvolles lernen können über das assistenzärztliche alltägliche Stationsmanagen, insbesondere im Team mit einem Assistenzarzt, der mich eher als gleichberechtigten Teampartner denn als Dussel für Alles sah.


Schlechtes
• Das Wenckebach-Klinikum ist ein Krankenhaus, das im Sterben liegt. Der größte Teil des Klinikums sind Geriatrie und Psychiatrie und die restlichen Disziplinen wirken etwas beschnitten. Für MRTs mussten Patienten ins AVK gefahren werden. Früher soll es sogar wohl mal HNO und Gyn gegeben haben und ein richtiges Krankenhaus gewesen sein. Im Keller finden sich noch Reste der Nuklearmedizin, die es jedoch schon lange nicht mehr gibt.
• Die Belegärzte, mit denen ich dort zu tun hatte, waren mir allesamt äußerst unsympathisch. Einer hat mich nicht mal begrüßt, sich nicht bei mir bedankt und zu allem Überfluss auch noch den Patienten in Rückenlage operiert (Hüft-TEP), sodass ich, auf der anderen Seite stehend, nichts gesehen habe und das Hakenhalten eine kräftezehrende Qual war.
• Abgesehen von zwei Oberärzten, die gerne erklärten, wurde mir während der OPs nur relativ wenig erklärt (ich gestehe aber auch, dass ich nicht ganz so viel Interesse an der Chirurgie zeigte). Nur drei Male insgesamt wurde ich zu etwas abgefragt (ich finde, beim Abgefragtwerden wird man am besten aktiviert und lernt dann auch am meisten).
• Für das Essen gab es zwar 4,10 € Rabatt, da es aber meistens 6-7 € kostete (was ich schon recht happig fand für relativ mäßige Portionen), musste ich immer draufzahlen.
• Es gab kein Gehalt (aber das gibt es ja fast in ganz Berlin nicht). Was ich übrigens nicht okay finde. Wer arbeitet, gehört bezahlt. Vor allem bin ich der Meinung, dass ich dort wirklich Arbeit geleistet habe, die die Assistenzärzte entlastet hat und damit zu weniger Überstunden führte, also sich auch finanziell lohnte für Vivantes (wobei man sagen muss, dass sich die Assistenzärzte nur in der Unfallchirurgie, nicht aber in der Allgemeinchirurgie Überstunden überhaupt aufschreiben durften, was ich auch als absolutes Unding empfinde und wo ich nicht verstehen kann, dass man da nicht Krawall macht gegen).
• Es ging immer schon um 7:00 los (aber gut, das ist wohl normal für die Chirurgie).
• Einige der PJler-Aufgaben wären zwar sonst auch ärztliche Aufgaben, waren aber wenig lehrreich. Dazu gehörte vor allem das sehr ineffizient ablaufende Anfragen von externen Geris (mit immer verschiedenen Formularen für jede Geri und dann per Fax) und auch das Ausfüllen von Sozialdienstbögen für Anschlussheilbehandlungen. Immerhin gab es bei SD4-Bögen Geld von der Rentenkasse als Trost (wobei ich jedoch viele dieser Bögen ausgefüllt habe und merkwürdigerweise nur einmal eine Überweisung erhielt).
• Es gab keine Aufnahmeuntersuchungen, sodass ich nichts über orthopädische Untersuchungstechnik lernte. Auf die Rettungsstelle (wo man glaube viel hätte lernen können) kam ich nur ein einziges Mal.
• Man konnte mit den PJler-Zugangsrechten im ORBIS keine älteren Vivantes-Arztbriefe von außerhalb der Chirurgie einsehen, was manchmal hinderlich war.
• Vivantes ist ein börsennotiertes Unternehmen und das Edikt und Diktat des Kapitals wurde schon sehr deutlich und der Patient kam dabei zu oft zu kurz (wobei ich jetzt aber nicht erlebt habe, dass ein Patient ohne Indikation operiert worden wäre oder dergleichen, also so weit ging es nicht. Es waren eher Situationen, in denen ein Patient nicht in die lokale Geri übernommen werden konnte aus Kostengründen oder wenn man merkte, dass an Personalstärke gespart wird, wenn z.B. auf Station 2a nur 1-2 Schwestern waren oder immer wieder Leasingkräfte zugegen waren im OP.)
• Es gab keine Lehrveranstaltungen für PJler, uns wurde in Aussicht gestellt, bei einem Allgemeinchirurgen etwas zur Schilddrüse beigebracht zu bekommen, aber wir hätten uns selbst um Zeit und Ort kümmern sollen und ihn dazu motivieren müssen.
• Es gab insgesamt überhaupt kein Curriculum für uns PJler. Auf die Rettungsstelle kam ich nur ein einziges Mal, als auf der Station gerade fast nichts zu tun war mehr. Es wurde immer nur gesagt, dass wir ja auf jeden Fall auch mal auf die Rettungsstelle gehen sollen, wenn auf Station nichts mehr zu tun ist oder auch mal bei einer allgemeinchirurgischen OP zuschauen, wenn auf Station alles getan ist. Aber wie häufig ist schon gar nix mehr zu tun auf einer Station?
• Die Station war aufgeteilt in eine Station 2a und 2b. Auf der 2a lagen fast nur Patienten der Unfallchirurgie, auf der 2b lagen Patienten von Allgemeinchirurgie und Gastroenterologie. Es gab, anders als bei den Assistenzärzten, keine feste Zuteilung von uns PJlern nach 2a oder 2b. Wir bekamen morgens die Übergabe auf der 2a mit, aber dann wurde häufig verlangt, auf die 2b zu kommen und dort Blutentnahmen zu machen oder Verbandswechsel, Arzbriefe dort etc. Ich habe nichts gegen viele Blutentnahmen, da es ja ein wichtiger Skill ist, der trainiert werden will, aber ich hasse es, Blutentnahmen bei Patienten zu machen, die ich nicht kenne (was auf der 2b meistens der Fall war). Wenn ich dann vom Patienten gefragt wurde, warum jetzt schon wieder Blut abgenommen wird, konnte ich nicht nur nicht sinnvoll antworten, ich wusste ja nicht mal, ob der Patient ein Ulcus cruris oder eine Appendizitis hatte. Bei Arztbriefen war es auch komisch, Briefe von Patienten zu schreiben, über deren Verlauf man so gar nichts mitbekommen hatte.

Wie es hätte besser sein können:
Es hätte eines Fach- oder Oberarztes bedurft, der für die PJler ein sinnvolles Curriculum erstellt, in dem sie sowohl etwas lernen als auch der Klinik etwas bringen. Dafür hätte es schon gereicht, wenn man mal 3 Wochen auf Station 2a, dann 3 Wochen auf 2b, dann 3 Wochen fest und ab morgens auf der Rettungsstelle ist usw. und wenn auch darauf geachtet worden wäre, dass man das ganze Spektrum an Operationen sieht (das ja gar nicht mal so riesig ist in dem Haus), auch wenn man mal nicht unbedingt als Assistenz gebraucht wird dafür.



Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Röntgenbesprechung
Untersuchungen anmelden
Blut abnehmen
Briefe schreiben
Chirurgische Wundversorgung
Punktionen
Braunülen legen
Rehas anmelden
Botengänge (Nichtärztl.)
Mitoperieren
Dienstbeginn
Vor 7:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
1x / Woche frei
Tätigkeiten
Kleidung gestellt
Essen frei / billiger
Mittagessen regelmässig möglich

Noten

Team/Station
2
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
3
Klinik insgesamt
3
Unterricht
6
Betreuung
4
Freizeit
2
Station / Einrichtung
2
Gesamtnote
3

Durchschnitt 2.93