PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in Rambam Health Care Campus (3/2019 bis 6/2019)

Station(en)
Allgemeinchirurgie (Station e)
Einsatzbereiche
OP, Station
Heimatuni
Bochum
Kommentar
Wohnung + Unterkunft
Die Wohnungssuche war eher schwierig, vieles lief ziemlich inoffiziell über Facebookgruppen (Secret Haifa, Technion International) – diese Gruppen sind nur auf Hebräisch, auf englische Anfragen und Postings bekommt man aber auch Antwort. Eine unserer Mit-PJler wurde hier fündig, wir wollten ungern die Katze im Sack kaufen und entschlossen uns, spontan vor Ort gucken – leider herrschte bei unserer Ankunft in diesen Gruppen „Sommerloch“. Schließlich wurden wir auf Craigslist auf diese Annonce aufmerksam: https://haifa.craigslist.org/apa/d/apartments-long-short-term-rental/6926346308.html - da dieser Link wahrscheinlich abläuft: Es handelt sich um „International Residence Boutique“ in HeHaluts St. 45, gegebenfalls mal vorbeigehen und die Nummer auf der Haustür anrufen (Mittagspause zwischen ca. 12 und 14 Uhr). Im Vorhinein fanden wir diese Annonce eher dubios, auch seltsam, dass es keine Webseite gab. Vor Ort wurde uns aber ein relativ großes Zimmer mit eigenem Bad und Campingküche angeboten, für 2000 Shekel / Monat (ca. 500€), zuzüglich Strom und Wasser für den ganzen Zeitraum (bei uns ca. 200€) und eine Kaution, die es problemlos zurückgab. Sauberkeit akzeptabel, es muss selbst geputzt werden; ebenso musste man selbst Pfanne und Topf erwerben. Die Unterkunft ist sicher kein Highlight, das Gebäude von außen eher schäbig, die Straße ist ziemlich laut (evtl. nach Zimmer nach hinten raus fragen), gelegentlich morgens tote (glücklicherweise!) Kakerlaken auf dem Boden. Anfänglich waren wir auch sehr misstrauisch, eine Quittung für die Miete oder ähnliches gab es nur auf Nachfragen, dann nur händisch, sodass ich selber etwas aufgesetzt habe. Die Unterkunft war aber sicher, unser Misstrauen war unbegründet, da die Vermieter einfach unkompliziert und nett waren und der Preis von ca. 600€ für 2 Personen (wir teilten uns ein Ein-Zimmer-Apartment, es gab aber offenbar durchaus auch Zwei-Zimmer-Apartments; alles von der Verfügbarkeit abhängig) unschlagbar (unter Hostelniveau!). Die Gegend ist in Haifa recht zentral, ca. 15-20 Minuten mit den Öffis zum Krankenhaus, fußläufig zum Nachtleben in Downtown oder auf der Masada Straße, ca. 30-40 Minuten zu allen Stränden. Von den Einheimischen erhielten wir aber teils erstaunte Blicke, als wir sagten, dass wir in Lev Hadar untergekommen waren – man sagte uns, die Gegend sei „das Ghetto“ und wir sollten nachts nicht alleine auf die Straße. Haifa ist aber wie ganz Israel sehr sicher, wir haben uns hier nie wirklich unsicher gefühlt und waren natürlich alleine nachts draußen. Einfach dem gesunden Menschenverstand folgend verhalten. Israelis scheinen was das angeht auch etwas übervorsichtig, uns wurde auch von den Golanhöhen abgeraten, vom Toten Meer (zu heiß!) und ganz besonders vom Westjordanland (dass wir da wieder lebend rausgekommen sind…).

Praktikumsalltag Allgemeinchirurgie
Ein typischer Tag auf der Allgemeinchirurgie sah wie folgt aus: Antritt um 7:15 Uhr zur Frühbesprechung, diese nur auf Hebräisch, der Chefarzt wies gelegentlich darauf hin, dass wer auch immer neben mir saß, übersetzen sollte – oft passierte das aber auch nicht. Wenn man den Sitznachbarn kannte, konnte man aber auch um Übersetzung bitten. Mir wurde hier noch relativ viel übersetzt, das lag aber denke ich auch daran, dass zeitgleich ein italienischer Facharzt zum Forschungsaufenthalt da war und ich immer in einem Satz mit ihm genannt wurde. War der Italiener nicht da, dachte der Chef deutlich weniger an den Übersetzungshinweis an die Kollegen.
Danach folgt die Morgenvisite. Ich war im Team 1 der Allgemeinchirurgie, bei Oberarzt Safi. Auch wenn die Programmsprache offiziell Englisch ist, war die Übersetzungshäufigkeit auch hier eher gering. An zwei Tagen hielt der Oberarzt die Visite auf Englisch ab – die meiste Zeit ignorierte er mich aber total, mir wurde auch kein einziges Mal eine Frage gestellt, obwohl er Assistenzärzte und israelische Studenten mit Leidenschaft grillte. Visiten komplett auf Englisch halte ich selber aber auch für nicht angebracht – speziell, wenn der Patient selber kein Englisch spricht.
Ansonsten gab es einen Arzt, der in Deutschland studiert hatte und mir zum Übersetzen an die Seite gestellt wurde. Das klappte zunächst sehr gut, wurde nach hinten raus aber ziemlich spärlich, sei es wegen mangelnder Zeit oder mangelnder Lust. War er nicht da, fühlte sich dann keiner wirklich zuständig.
Wenn man in ein Land geht, dessen Sprache man nicht kann, sollte man sich darauf gefasst machen, dass man nicht alles mitbekommt – auch wenn übersetzt wird, sind das ja meistens nur die Kernaspekte. Allerdings waren Tage, an denen man komplett ignoriert wurde, doch frustrierend. Gleichsam kann ich das auch nachvollziehen: Ständig für mich zu übersetzen war ja auch eine Zeitbelastung. An anderen Tagen lief es aber auch ziemlich gut. Tendenziell wurde in anderen Teams (für den Italiener) aber mehr übersetzt, auf anderen Abteilungen ging es auch schlechter oder besser. Unterm Strich ist wohl alles davon abhängig, an wen man grade gerät und das lässt sich kaum planen, da die Teams auch häufig wechseln.
Nach der Morgenbesprechung (zwischen 9 und 10 Uhr) war die Vorgabe dann, dass ab jetzt auf der Station alles auf Hebräisch oder nur Papierkram stattfindet und ich im OP zugucken gehen sollte. Meist liefen 2-3 allgemeinchirurgische OPs parallel. Es blieb total mir überlassen, welche OPs ich anschaute (auch in die OPs der anderen Abteilungen konnte man einfach hineinlaufen). Erklärungen zu den Operationen waren aber die absolute Ausnahme, selber am Tisch stand ich auf Initiative des Arztes, der in Deutschland studiert hatte, ein einziges Mal und durfte zunähen. Dennoch waren viele Eingriffe sehr spannend – das Rambam ist landesweit bekannt. Gleichzeitig wurde meine Anwesenheit hier aber auch überhaupt nicht kontrolliert und wenn man seine Zeit andernorts besser investiert sah, war das problemlos machbar.

Medizin in Israel
Auch wenn die Stationen etwas altbacken aussehen, hat das Rambam-Krankenhaus einen sehr guten Ruf und ist das Referenzkrankenhaus Nordisraels. Das Vorgehen ist auf europäischem Standard, wenngleich das Gesundheitssystem stärker unter finanziellem Druck steht (Cholezystitiden, die konservativ behandelt werden müssen, weil kein OP zur Verfügung steht). Der Umgangston im OP ist deutlich entspannter, hygienische Gegebenheiten aber teils gewöhnungsbedürftig (Studenten stehen unsteril direkt am Instrumententisch, der Operateur greift sich steril in den Schritt) – da die Infektionsraten aber nicht merklich höher sind als in Deutschland, sind vielleicht auch deutsche Standards überhöht.
Die anderen Abteilungen
Eine kurze Einordnung, was ich von den anderen PJlern hörte: Auf der Neurochirurgie wurde der Student komplett ignoriert. Ob er da war oder nicht, war allen egal. Die Unterschrift gab es am Ende von der Sekretärin. Auf der Kinder- und speziell auch Thoraxchirurgie wurden die Studentinnen mehr einbezogen. Hier standen die Studentinnen auch mit am Tisch, es wurde mehr übersetzt und es war auch lehrreicher – die Studentin auf der Thoraxchirurgie legte unter Supervision z.B. mehrere Drainagen. Dafür war speziell auch auf der Thoraxchirurgie die Anwesenheitsregelung deutlich strikter.

Haifa
Haifa hat nicht so viele Sehenswürdigkeiten wie Jerusalem und ist nicht so mondän wie Tel Aviv. Dafür ist es hier aber auch bodenständiger, entspannter und günstiger. Außerdem ist Haifa ein guter Startpunkt für Ausflüge. Viele Ziele (die sehr schöne Nordküste und ihre Strände, Nazareth und auch Tel Aviv) sind problemlos mit den Öffis zu erreichen und laden zur Nachmittagsgestaltung ein. Generell ist Israel ein sehr kleines Land, sodass die Distanzen bei der Reiseplanung kaum eine Rolle spielen.

Freizeit: Reisen durch Israel
An den Wochenenden haben wir Israel erkundet. In 8 Wochen konnte man das kleine Land gut komplett bereisen. Wir waren in Jerusalem, Tel-Aviv, am Toten Meer (Ein Gedi und En Bokek), auf den Golanhöhen (sehr grün, schön für Wanderungen; Unterkunft im Dursendorf Majdal Shams – nur 10 km von der syrischen Grenze!). Ein persönlicher Höhepunkt war eine Reise durchs Westjordanland, speziell eine Führung durch die jüdische Siedlung in Mitten Hebrons, wo man den Konflikt geballt miterlebte: Massive Militärpräsenz, militante Siedler, verbitterte Palästinenser.
Kleiner Tipp: Bei Mietwagen darauf achten, dass die Kilometerzahlen ausreichen. Wenn man bei Europcar ein Auto von Donnerstag auf Sonntag mietet, sind die Kilometer automatisch unbegrenzt. Europcar (in Israel „Albar“) war unkompliziert und preislich top, das kann sich aber ändern.

Land und Leute
Ich habe die Israelis als eher schroff erlebt – was nicht verwundert in einem Land, in dem jeder drei Jahre zum Militär muss und die Menschen spürbar im Bewusstsein leben, dass es jederzeit zum Krieg kommen kann. Wenn man sie näher kennenlernt, öffnen sie sich aber auch mehr. Vielfach empfand ich angepriesene Attraktionen als eher enttäuschend (den Lonely Planet Israel kann ich absolut nicht empfehlen, viele Informationen hier waren auch einfach falsch). Dennoch kann ich eine Reise nach Israel empfehlen, dieses Land inmitten des Konflikts kennenzulernen ist spannend – man muss sich aber auch darauf einstellen, dass man einiges Erschütterndes zu hören und zu sehen bekommt, aber das ist wohl Teil der Erfahrung. Am Ende lernt man auch einmal mehr zu schätzen, in einem Land wie Deutschland leben zu dürfen.

Preisrahmen
Israel ist nicht günstig. Im Supermarkt habe ich locker zwei- bis dreimal so viel gezahlt wie in Deutschland, auswärts essen war etwa auf demselben Preisniveau wie zu Hause; Falafel etc. waren auch deutlich günstiger zu haben. Andere Dinge, wie zum Beispiel öffentlicher Nahverkehr oder mobiles Internet (20 GB für 30€) sind überraschend günstig. In 2 Monaten in Israel habe ich alles zusammen etwa 3.000€ gezahlt, das beinhaltet auch die genannten Reisen durchs Land – hierbei achteten wir auf günstigste Alternativen und schliefen im Hostelschlafsaal, etc. Im Preis nicht enthalten sind die Studiengebühren von 50 US-$ pro Woche und die Bewerbungsgebühr von ebenfalls 50$, die dankenswerterweise komplett von der Studienstiftung übernommen wurden.
Für den Flug mit Turkish Airlines ab Düsseldorf über Istanbul habe ich spätbuchend etwa 500€ gezahlt (im oben genannten Preis enthalten), das geht aber auch günstiger.
8 Wochen in Israel waren völlig ausreichend, um das Land zu sehen. Die anderen 8 Wochen eines Tertials sollte man vielleicht verbringen, wo man auch etwas mehr fachlich mitnehmen kann.
Bewerbung
Die notwendigen Bewerbungsunterlagen sind auf https://intech-med.net.technion.ac.il/ auf aufgelistet – alles kein Hexenwerk: Versicherungsbescheinigungen, Empfehlungsschreiben der Uni, Lebenslauf, Impfdokument, durch den Hausarzt auszufüllen. Der zuständige Koordinator Herr Matan Raz ist über intech-med@technion.ac.il zu erreichen und ganz nett, aber nicht grade schnell. Auf Telefonanrufe reagiert er meist besser. Sobald die Bewerbungsgebühr bezahlt war, war es dann auch schnell festgemacht.
Ich war auf der Allgemeinchirurgie, eine Kommilitonin wurde in die Thoraxchirurgie eingeteilt (obwohl wir uns gemeinsam beworben hatten – womöglich gibt es nicht allzu viele Plätze in der Allgemeinchirurgie; während meines Aufenthalts waren noch zwei approbierte Ärzte aus dem Ausland zum Austausch da). Zwei weitere deutsche Studenten waren auf der Kinder- und Neurochirurgie. Entgegen den Angaben auf der Webseite, dass Bescheinigungen etc. nur exakt so wie abgeleistet ausgefüllt würden, fand sich (mit einigem, nicht allzu beharrlichen Murren) nur „surgery“ auf ihren Tertialbescheinigungen, um keine Irritationen bei den jeweiligen Landesprüfungsämtern hervorzurufen. Die Bescheinigungen wurden gegen Ende von Herrn Raz problemlos abgestempelt.
Ich absolvierte das Praktikum gemeinsam mit einer Freundin – eine Reisebegleitung würde ich durchaus empfehlen, es gibt nicht allzu viele PJler am Rambam und ganz alleine stelle ich mir Haifa etwas einsam vor.
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
Sonst. Fortbildung
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
Vor 15:00 Uhr
Studientage
Frei verfügbar
Tätigkeiten
Mittagessen regelmässig möglich
Kleidung gestellt

Noten

Team/Station
2
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
2
Klinik insgesamt
1
Unterricht
2
Betreuung
1
Freizeit
1
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.2