PJ-Tertial Chirurgie in Klinikum Oberlausitzer Bergland (3/2018 bis 7/2018)

Station(en)
Chirurgische Station / Hand- und Unfallchirurgische Station
Einsatzbereiche
Notaufnahme, Station, OP
Heimatuni
Bonn
Kommentar
Das Klinikum Zittau ist ein mittelgroßes Krankenhaus in Ostsachsen, welches die Grundversorgung der südlichen Oberlausitz am Dreiländereck vollbringt. Zittau selbst ist eine alte Weberstadt mit einem prunkvollen historischen Stadtkern und einer wundervollen Lage zwischen dem Riesen-, Iser-, Lausitzer und Elbsandsteingebirge. Nach der Wiedervereinigung ist die Bevölkerungszahl zurückgegangen, worunter die Stimmung in der Stadt sehr gelitten hat, im Moment merkt man jedoch, dass durch die europäische Vereinigung ein neuer Wind weht und die Oberlausitz allmählich profitiert. Kulturell besteht in Zittau seit jeher eine enge Verbindung zu Böhmen und Schlesien, was man am schlesischen Dialekt, und auch an den wunderbaren Mehlspeisen und Bratengerichten merkt.

Die Unfallchirurgie hat in Zittau traditionell einen handchirurgischen Schwerpunkt - der ehemalige Chefarzt hat hier bereits zu DDR-Zeiten dieses Themengebiet sogar im internationalen Kontakt vorangebracht und u.a. zum M. Sudeck geforscht. Die Allgemeinchirurgie hat sich auf die Gefäßchirurgie spezialisiert, deckt aber die volle allgemeinchirurgische Bandbreite ab und wird durch ein Team von (wie ich finde) sehr guten Chirurgen getragen.

Das PJ teilt sich 50:50 auf die Unfallchirurgie und die Allgemeinchirurgie auf.

In der Unfallchirurgie arbeitet ein sehr internationales Team von jungen Chirurgen, die ihre Pjler sofort ins Team integrieren und auch viel beibringen wollen. Viele Kollegen sind Tschechen und Slowaken, die Stimmung im Arztzimmer ist dadurch sehr europäisch, herzlich und spaßig. Alle sprechen ausgezeichnetes Deutsch. Der Chefarzt hält sich in Sachen Führung eher zurück, sodass die Ärzte recht schnell selbständig arbeiten. Entsprechend selbständig darf man auch als Pjler arbeiten: man kann bis zu 5 Patienten unter fachärztlicher Aufsicht betreuen, Briefe diktieren, Wunden pflegen, Patienten untersuchen und sich sonst in den Stationsalltag einbringen. Es lohnt sich, mit einem Ohr immer auf das Notaufnahmetelefon zu lauschen und dann mit dem jeweiligen Assistenzarzt mitzulaufen – denn dort kann was sehen und auch Wunden nähen. Im OP erhält man einen guten Überblick über die konventionelle Unfallchirurgie und einige orthopädische Prozeduren. Die pflegerische Stimmung auf Station ist etwas angespannt, aber trotzdem sind fast alle Pfleger bemüht, die PJler fair und freundlich zu behandeln.

Die Allgemeinchirurgie wird hierfür umso disziplinierter geführt. Der Tagesablauf ist von der Früh- bis zur Nachmittagsbesprechung durchstrukturiert, der OP-Plan wird tagesaktuell durch den Chefarzt aufgestellt - auch mit Blick auf die individuelle Ausbildung der Assistenzärzte und PJler. Von dieser guten Planung kann man als PJler profitieren: man sieht ein vielfältiges Spektrum an OPs, der Tag ist gleichmäßig zwischen Stationsarbeit und Assistenz aufgeteilt, und Überstunden gibt es so gut wie keine. Konsequent wird auch die Ansicht vertreten, dass die PJ-Assistenz im OP ein wesentlicher Teil des OP-Vorganges ist - die PJ-Wertschätzung ist also flächendeckend hoch. Operativ ist von Hernien bis zu Sigmaresektionen und komplexeren TEAs vieles dabei. Man schaut hierbei Chirurgen auf die Finger, die ihr Handwerk meines Erachtens äußerst präzise und gut beherrschen, ein angehender Chirurg kann sich hier also einiges abschauen. Auf Station lernt man eine ausführliche und gründliche körperliche Untersuchung. Gewöhnungsbedürftig ist einzig, dass auf einen formalen und traditionsbewussten Umgangston Wert gelegt wird (Anrede mit Funktion und Titel, u.ä.). Den Ober- und Chefärzten ist bewusst, dass die hier üblichen Umgangsformen in der jungen Generation nicht mehr verbreitet sind; und umso gutmütiger ist man, wenn man als Student hier einmal ins Fettnäpfchen tritt. Letzten Endes bin ich froh, auch diese Erfahrung mitgenommen zu haben. Nicht zuletzt in Vorstellungsgesprächen, ebenso wie in manchen Patienten- und Angehörigengesprächen, ist es durchaus nützlich, eine etwas formalere ärztliche Haltung aufbringen zu können.

Als Unterkunft gibt es gratis ein Zimmer im benachbarten Lehrlingswohnheim - obgleich spartanisch eingerichtet, lebt es sich hier ruhig und gut, und der nicht-medizinische Kontakt zu den Lehrlingen und den Wohnheimsbetreuern ist sehr schön. Für den letzten Monat lebte ich in einem Bereitschaftszimmer der Klinik, wo jedoch nachts die Monitore der Intensivstation zu hören waren und der erforderliche Abstand zur Arbeit nicht gegeben war. In der Summe rate ich dazu, entweder ein günstiges WG-Zimmer zu finden, oder sich im Lehrlingswohnheim einzurichten.

Geographisch und kulturell haben Zittau und seine Umgebung enorm viel zu bieten. In direkter Nähe gibt es ordentlich hohe Mittelgebirge in allen drei Ländern, man kann wandern, radfahren und im Winter langlaufen. Überall sind Biergärten und Gasthäuser - v.a. auf tschechischer Seite - zu sehr studentenfreundlichen Preisen. Kulturell ist Zittau für eine Stadt seiner Größe reich beschenkt: fast jeden Abend gibt es irgendwo eine interessante Veranstaltung, von Theater bis zu Livemusik, man muss jedoch die Augen offen halten. Es gibt auch ein Studentenleben, welches sich jedoch am ehesten auf WG-Partys und Privatveranstaltungen vollzieht. Auch hier muss man ein wenig suchen.

Kritikpunkte?
- Handwerkliche Fähigkeiten kommen für PJler etwas zu kurz. Nähen lernt man nur in der Notaufnahme, im OP beschränkt sich die Assistenz meist auf Haken, Schere und Absaugen. Da ich kein Chirurg werden will, bin ich darüber nicht böse. Wer jedoch operative Erfahrungen sammeln will, sollte am besten vorab klären, inwieweit das hier möglich ist. Wenn man vorab äußert, dass man Chirurg werden will, ist hier sicherlich mehr drin.
- Häufig verpasst man, wenn der diensthabende Chirurg in die Notaufnahme gerufen wird. Hier lernt man jedoch am meisten Wundversorgung. Hier ist also ein bisschen Ausdauer und Aufmerksamkeit gefragt, um möglichst viel zu sehen.
- Die Lehre ist zwar auf einem guten Niveau, lässt aber leider die Chance aus, im Rahmen chefärztlicher Lehrvisiten oder vergleichbaren Veranstaltungen - ggf. auch als Angebot für Assistenzärzte verschiedener Abteilungen - klinisches Denken und Entscheidungsfindung zu trainieren. Lobend zu berücksichtigen ist jedoch, dass meist nur wenige PJler im Haus sind, und dennoch die Lehre mit äußerster Regelmäßigkeit stattfindet.

Fazit:
Ein schönes Tertial, in dem man insbesondere in der chirurgischen Stationsarbeit sicherer und kompetenter wird. Die Notfallversorgung sowie die handwerklichen Fähigkeiten treten für PJler leider ein wenig in den Hintergrund, können jedoch im Wesentlichen mit etwas Eigenengagement auch gesehen werden. Das Arbeiten im Krankenhaus ist kurzweilig, die Arbeit wird wertgeschätzt und die Stimmung ist in den meisten Abteilungen gut. Die Oberlausitz ist ansonsten eine sehr interessante und schöne Region, die man unbedingt einmal gesehen haben sollte.
Bewerbung
über die Uni Dresden; die Betreuung durch die Personalabteilung ist sehr gut strukturiert und man steht für Fragen allzeit bereit
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
Repetitorien
Bildgebung
Tätigkeiten
Patienten untersuchen
Briefe schreiben
Eigene Patienten betreuen
Blut abnehmen
Mitoperieren
Patienten aufnehmen
Röntgenbesprechung
Rehas anmelden
Notaufnahme
Dienstbeginn
Vor 7:00 Uhr
Dienstende
Vor 15:00 Uhr
Studientage
1x / Woche frei
Tätigkeiten
Mittagessen regelmässig möglich
Kleidung gestellt
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Unterkunft gestellt
Gehalt in EUR
400

Noten

Team/Station
2
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
2
Unterricht
2
Betreuung
2
Freizeit
1
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
2

Durchschnitt 1.8