PJ-Tertial Chirurgie in Spital Altstaetten (10/2017 bis 1/2018)

Station(en)
Station A-D, Allgemeinchirurgie
Einsatzbereiche
Station, OP, Notaufnahme, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Diagnostik
Heimatuni
Heidelberg - Fakultaet Mannheim
Kommentar
Vor meinem Start ins PJ war ich mir relativ sicher, dass ich nach dem Studium entweder Allgemeinmediziner oder Pädiater werden möchte. Ich habe deshalb für mein Quartal in der Chirurgie ein Haus gesucht, an dem ich grundlegende Fähigkeiten in der Chirurgie erlernen und ein möglichst breites Spektrum an Eingriffen und Krankheitsbildern sehen kann. Außerdem hat mich die Versorgung chronischer und akuter Wunden auch schon in meinen Famulaturen immer interessiert.
Ich hatte mich daraufhin an einigen Spitälern beworben, die (nach Berichten früherer PJler) zu diesen Wünschen zu passen schienen und auch einige Zusagen bekommen. Das Spital Altstätten stach dadurch heraus, dass ich einen Anruf vom Leitenden Arzt der Chirurgie erhielt, der sich nach meiner Bewerbung einmal persönlich erkundigen wollte, was ich mir denn von dem Quartal erhoffe und mit mir besprechen wollte, was davon in Altstätten möglich sei. Das war einer der Hauptgründe, warum meine Entscheidung dann letztlich auf dieses Spital fiel.

Altstätten ist ein überschaubarer Ort im schweizer Rheintal im Kanton St.Gallen. Das Spital ist sehr klein und familiär und Teil eines Spitalverbunds mit 2 weiteren Spitälern der Region. In Altstätten gibt es neben dem Departement für Chirurgie noch eines für Orthopädie/Unfallchirurgie sowie eine Medizinische Klinik und eine Akutgeriatrie. Zudem operieren dort regelmässig Belegärzte aus den Bereichen Urologie, Gefäßchirurgie, HNO und Augenheilkunde.
Das Team der Chirurgie bestand aus 3 Assistenzärzten, einer Oberärztin iv sowie dem Leitenden Arzt. Der Tag beginnt für die Unterassistenten täglich mit dem Frührapport (7:20 Uhr bzw. 7:30 Uhr). Im Anschluss folgt dann vor der Visite eine kurze Teamsitzung (mit koffeinhaltigen Getränken) zur Besprechung der stationären Patienten und des Tagesablaufs (Aufgaben-Aufteilung etc.). Die Visite selbst ist meist recht kurzweilig und regelmässig begleitet vom Leitenden Arzt. Neben den elektiven, postoperativen Patienten finden sich auf den chirugische Stationen Patienten mit einem bunten Strauß verschiedener Krankheitsbilder von Sigmadivertikulitis über Appendizitis, Cholezystitis, Urolithiasis, Pankreatitis, Phlegmone nach Tierbissen, Erysipel bis hin zu Schädel-Hirn-Traumata, um nur einige Beispiele zu nennen. Insgesamt gab es meist zwischen 6 und 15 stationäre chirurigsche Patienten. Bei Visite kann man jederzeit Fragen stellen oder selbst Vorschläge einbringen und wenn man möchte, die Verbandswechsel durchführen. Nach der Visite schreiben die UHUs (Unterassistenten) die Verläufe der Patienten für den Tag und unterstützen die Assistenten beim Anmelden von Untersuchungen, Briefe schreiben und Planen des weiteren Vorgehens bei den stationären Patienten. Daneben kommen je nach Tag weitere Aufgaben dazu, wie etwa Assistieren im OP, Notaufnahme, Wundambulatorium sowie Eintrittsuntersuchungen elektiver Patienten und Mitwirken an der präoperativen Aufklärung der Patienten. Um 15:30 Uhr war dann täglich erneuter Rapport. Zusätzlich hat man die Möglichkeit in die verschiedenen Sprechstunden, z.B. die Handchirurgische Sprechstunde hineinzuschnuppern und am Tumorboard teilzunehmen. Wir waren eigentlich immer 2 Unterassistenten, sodass wir die Aufgaben immer so unter uns aufteilen konnten, dass jeder das machen konnte, was ihn am meisten interessiert hat. Blutentnahmen und PVK (=Venflon) legen darf man, wenn man möchte - es wird aber nicht erwartet.
Im OP wurde man regelmäßig sowohl für die Allgemeinchirurgie eingeteilt, als auch für den orthopädisch/unfallchirurgischen OP. Zudem war ich auch häufiger im urologischen und gefäßchirurgischen OP, sodass ich ein breites Sprektrum der am Spital durchgeführten OPs sehen konnte: Lap. Cholezystektomie, lap. Appendektomie, Lichtenstein-OP, TAPP, IPOM, Sigmaresektion, Abszessspaltung, Lipom-Exzision, Sinus pilonidalis Exzision, Wunddebridement und VAC-Anlage, Hämmorhoidektomie nach Longo, Neurostimulator, anale Fissurektomie, Hüft-TEP, Knie-TEP, Osteosynthese nach Radius-Fraktur, prox. Humerusfraktur, pertrochantärer Fraktur, Tibiaschaft- und Plateau-Fraktur, Achillessehnennaht, Revision einer Magerl-OP bei Hallux valgus, Circumzision, Spermatozelen-, Hydrozelen und Varikozelenexzision, TUR-P, Crossektomie und Varizenstripping der VSM und VSP.
Da das Spital nicht über eine Intensivstation verfügt (eine kleine IMC gibt es) wurden natürlich keine "riesigen und speziellen" Eingriffe (Whipple oder ähnliches) am Spital durchgeführt. Diese und alle notfallmäßigen OPs nach 16:30 Uhr (hier schließt der OP) wurden an größere Häuser in der Umgebung weitergeleitet. Dafür habe ich aber viele OPs meist als 2., aber auch 1. Assistenz häufiger sehen dürfen (v.a. Lichtenstein, Lap. CHE, Varizenstripping, Hüft-TEP) und dadurch auch immer mehr mitdenken können (Anatomie, nächster Schritt,...). Natürlich gehört zum Assistieren das Haken halten auch hier mit dazu. Die Operateure waren aber meist bemüht nebenher auch etwas zu erklären und zu zeigen, Fragen zu beantworten und auch einfach Aufgaben wie Saugen, Koagulieren, Kameraführen bei Lap.-OPs, Fäden schneiden und Zunähen (je nach Operateur fortlaufend intracutan, Einzelknopf, Donati oder Tackern) an die UHUs abzugeben. Die Stimmung im OP-Team war zudem meist hervorragend und konstruktiv.
Mir hat neben der Notaufnahme (die im Spätdienst interdisziplinär ist) mit der Beurteilung und Versorgung akut kranker/verunfallter Pat. (inkl. chirurgischer Wundversorgung) insbesondere das Wundambulatorium viel Spaß gemacht. Immer Montags und Donnerstag werden hier Patienten mit chronischen Wunden (v.a. Ulcera und Dekubitus bei CVI, DM oder PAVK) versorgt. Da die Patienten meist regelmäßig 1-2x/Wo kommen, kann man den Verlauf der Wunden über die Zeit schön miterleben und gleichzeitig sehen, welche Faktoren am ehesten dazu beitragen. Nebenbei konnte ich von den dort arbeitenden, super netten Wundexperten eine ganze Menge zum Thema chronische Wunden und Verbandsmaterialien und deren Anwendung lernen - vom Debridieren der Wunden bis hin zur VAC-Anlage. Falls ihr das lest: Vielen Dank nochmal an der Stelle dafür!

Insgesamt lebt der Arbeitsalltag in Altstätten davon, dass im gesamten Team meist eine tolle Stimmung herrscht. Natürlich ist es auch einmal stressig geworden und insbesondere wenn 1 Assistent fehlt und der andere gerade noch Tagarzt ist (Dienst in der Notaufnahme) bleibt vielleicht nicht so viel Zeit Dinge zu erklären. Insgesamt ist man als UHU aber super integriert, bekommt das Gefühl vermittelt, dass die eigene Arbeit auch etwas wert ist und das Vorschläge ernst genommen werden. Wann immer möglich haben die Assisten und immer wieder auch der Leitende Arzt versucht etwas zu vermitteln - von Tips für den Arbeits-Alltag bis hin zu Arbeitstechniken (Knüpfen, Nähen, Gipsen, Röntgen/CT befunden, Thromboseprophylaxe, Medikation,...). Auch der persönliche Umgang hat mir sehr gefallen, sodass man sich auch außerhalb der Arbeit immer mal wieder auf ein Bier oder einen guten Wein mit leckerem Essen getroffen hat.
Daneben fanden auch mehrere Fortbildungen statt (oft begleitet von einem kleinen Apero). Ich habe unter anderem an einem Naht- und einem Gipskurs, Fortbildungen zu den Themen COPD, Infektiologische Fallbeispiele, Burn-out, Delirmanagement, Ulcera und deren Versorgung sowie kleineren Teachings zu Calcaneusfrakturen, Schenkelhalsfrakturen und Übergangsfrakturen teilgenommen. Einen regelmäßigen PJ-Unterricht gab es aber am Spital nicht.

Gewohnt habe ich während meiner Zeit in Altstätten im Personalwohnheim. Dieses liegt genau gegenüber des Spitals und ist mit Küche und funktionellen, sauberen Zimmern ausgestattet, sodass ich mich dort echt wohlgefühlt habe. Theoretisch könnten auf 2 Stockwerken je 5 Leute wohnen. De Facto waren wir in den ersten 6 Wochen zu dritt auf meinem Stock und in den letzten 6 Wochen war ich praktisch alleine. Einige UHUs und Assistenten waren wohl wegen Umbauarbeiten in einem anderen Wohnheim in Marbach untergebracht (Nachbargemeinde).
Dienste (Pikett, Wochenende) waren zu meiner Zeit nicht verpflichtend. Man konnte aber, wenn man wollte, gerne an Spätdiensten (evtl. auch Nachtdiensten) teilnehmen. Dadurch konnte man die Wochenenden sehr gut planen - vorzugsweise für Ausflüge in die nahe Umgebung. Dort gibt es die Möglichkeit verschiedenste outdoor-Aktivitäten zu genießen - allerdings ist dafür ein Auto von großem Vorteil, weil Züge und Busse zum einen nicht sooo regelmäßig fahren und zum anderen sehr teuer sind. Ich hatte Glück und konnte zu Beginn noch mit einigen anderen UHUs mega geniale spätherbstliche Wanderungen unternehmen (z.B. zum Hohen Kasten) und später dann die Winterlandschaft genießen. Altstätten selbst liegt zwar nur knapp über 400m hoch - aber bereits der Nachbarort ist fast 1000m hoch, sodass man schnell in verschneite Gebiete kommt, um dort Langlauf, Schneeschuhwanderungen oder einfach Wanderungen in kniehohem Schnee zu unternehmen. Ansonsten ist auch Appenzell und St. Gallen in der Umgebung sicher eine Reise wert. Wer gern Ski fährt kann dafür auch recht schnell in bekannte Skigebiete wie Lech am Arlberg, Lenzerheide oder Davos kommen. In Altstätten selbst gibt es auch einige kleine Bars und Restaurants und kleinere Wanderwege, ein Schwimmbad und einen Sportpark und im Sommer einen Fahrradverleih für diverse Touren - ansonsten ist es aber doch ein sehr ruhiges Örtchen (wie ich gehört habe wohl mit Ausnahme der Fastnachtszeit). Vielleiht noch zu erwähnen ist die unmittelbare Nähe zur österreichischen Grenze und dem Parkplatz des nahegelegenen Hofer - falls man mal muss "go poschta" ;-).

Insgesamt bin ich sehr froh mein Chirurgie-Quartal in Altstätten verbracht zu haben, da es für meine Wünsche nahezu ideal war. Ich denke es ist perfekt, um einen Einstieg in die Chirurgie zu bekommen, grundlegende Prinzipien, Fähigkeiten und Abläufe kennenzulernen und dabei auch noch in einem tollen Team zu arbeiten. Man arbeitet zwar lang (10 h/Tag), aber es kam mir meist gar nicht so lang vor. Wer gerne ausgedehnte und spezielle Operationen sehen möchte, der ist hier sicher falsch. Wenn sich jemand für sein Quartal/Tertial in der Chirurgie aber ähnliche Dinge erhofft wie ich - dann empfehle ich ihm dieses Spital wärmstens.
Bewerbung
Beworben habe ich mich knapp 2 Jahre im Voraus. Viele andere PJ-ler haben sich aber auch "erst" etwa 1-1,5 Jahre vor Beginn beworben. Manchmal springt auch einer ab, sodass es noch kurzfristige Plätze gibt. Also nicht zu spät dran sein lohnt sich - die Plätze sind sehr begehrt und Chirurgie in Altstätten ist aus meiner Sicht sicher eine sehr gute Wahl fürs PJ!
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
Sonst. Fortbildung
Bildgebung
Fallbesprechung
Nahtkurs
Tätigkeiten
Botengänge (Nichtärztl.)
EKGs
Untersuchungen anmelden
Röntgenbesprechung
Briefe schreiben
Mitoperieren
Chirurgische Wundversorgung
Patienten untersuchen
Notaufnahme
Poliklinik
Blut abnehmen
Braunülen legen
Patienten aufnehmen
Gipsanlage
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
17:00 bis 18:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Kleidung gestellt
Unterkunft gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Gehalt in EUR
950€ (1123 Chf)
Gebühren in EUR
270€ (320Chf) fürs Personalwohnheim zzgl. Steuern

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
1
Unterricht
2
Betreuung
1
Freizeit
2
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.13