PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in Helfenstein-Klinik Geislingen (11/2016 bis 3/2017)

Station(en)
10, 15
Einsatzbereiche
Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, OP, Station, Notaufnahme
Heimatuni
Ulm
Kommentar
Vor Beginn des PJ war ich mir sicher, dass das Chirurgie-Tertial das schlimmste von allen Tertialen werden wird und man die vier Monate einfach stumpf über sich ergehen lassen muss. Als ich aber in Geislingen angefangen habe, wurde mir gezeigt, dass Chirurgie sogar Spaß machen kann und Chirurgen sogar freundliche und nette Ärzte sein können.
Wie in den vorherigen Berichten schon ausführlich beschrieben, beginnt der Tag gegen 7.30 Uhr mit der morgendlichen Visite. Die chirurgische Abteilung umfasst zwei Stationen, wobei eine Station (15) hauptsächlich unfallchirurgische Patienten betreut und die andere Station (10) hauptsächlich visceralchirurgische. Bei welcher Visite man mitläuft, kann man selbst entscheiden, wobei sich hier natürlich empfiehlt, sich beides mal anzuschauen. Nach der Visite geht es in die Röntgenbesprechung, in der auch der OP-Plan durchgesprochen wird. Nach der Röntgenbesprechung ging es dann fast immer sofort in den OP.
Ich hatte vor dem PJ nur wenig bis gar keine chirurgische Erfahrung - ich wusste also nicht, wie man sich wäscht, steril anzieht, geschweige denn irgendwelche Knoten macht. An meinem ersten Tag im OP hab ich das dem OP-Team mitgeteilt und anstatt die Augen zu verdrehen oder zu schimpfen und sofort "unsteril" zu schreien, wenn man den Saal betritt, waren wirklich alle (Chirurgen, OP-Pflege, Anästhesie) verständnisvoll und haben mir ganz in Ruhe gezeigt, wie man sich zu verhalten hat und wie das funktioniert.
Je nach Personalsituation und geplanten Operationen laufen zwei bis drei Säle pro Tag. Wir waren zwei PJler in der Chirurgie und konnten uns selbst aufteilen, wer zu welcher OP mitgeht. Wir haben einfach immer tageweise abgewechselt, sodass einer den ganzen Tag im unfallchirurgischen Saal (Saal 1) war und der andere im allgemeinchirurgischen (Saal 2).
In Saal 1 sind hauptsächlich Knie- und Hüftprothesen, weshalb hier natürlich der Hauptauftrag des PJler das Hakenhalten ist. Haken halten ist eigentlich immer doof und teilweise auch echt körperlich anstrengend, aber darüber sind sich die Operateure Herr Meißen und Herr Kalbasi bewusst, was sie auch immer wieder betonten. Ich hatte dadurch das Gefühl, das meine Arbeit an den Haken geschätzt wird und somit war es irgendwie weniger schlimm. Während der OP wurde auch oft erklärt und gezeigt; sogar bei der Hüft-TEP, wo man in der Hakenhalte-Position nichts vom OP-Feld sieht, war es möglich mal die Seite zu tauschen, um sich einen Überblick über die Operation zu schaffen. Die Stimmung ist größtenteils gut und es werden auch viele Scherze gemacht. Man wird als Student nicht einfach als Hakenhalter gesehen, sondern als Teil des Teams, was das Ganze sehr angenehm macht.
Am Ende der OP durfte man immer Zunähen und es wurde einem auch in aller Ruhe erklärt, wie es funktioniert. Wenn man sich mal nicht so geschickt anstellte, hat man es einfach so lange probieren dürfen, bis es passte. Bei anderen unfallchirurgischen Operationen darf man auch viel mitmachen, wie bei Achillessehnenruptur, Weber-Frakturen oder auch Metallentfernungen, die man teilweise auch als 1. Operateur durchführen darf.
In dem allgemeinchirurgischen Saal 2 wird viel laparoskopisch operiert, vor allem CCE und Leistenhernien, aber auch laparoskopische Sigmaresektionen und Thyreoidektomien. Bei den laparokopischen Operationen war der Hauptauftrag die Kameraführung - auch so etwas hab ich vorher noch nie gemacht und hatte überhaupt keine Ahnung, wie das funktioniert. Oberarzt Dr. Böhm und auch der Chef Dr. Hahn haben sich aber sehr bemüht und waren geduldig, wenn man nicht sofort klar kam. Es wurde auch in Saal 2 wirklich viel erklärt und am Ende der OP durfte man immer komplett zunähen. Als PJler wurden wir auch hier geschätzt und es wurde uns viel zugetraut - so durfte man auch mal laparoskopisch nähen oder sogar fast selbstständig eine CCE durchführen. Und obwohl die Eros Ramazzotti-CD von Dr. Böhm nicht ganz meinen Musikgeschmack traf, war die Stimmung in Saal 2 sehr angenehm und der Ton stets freundlich.
Unterm Strich bin ich sehr gerne in den OP gegangen - obwohl ich davor eigentlich am meisten Bammel hatte, wurde ich von der angenehmen Atmosphäre sehr positiv überrascht. Ein Großteil ist hier aber der OP-Pflege zu verdanken, die einen als Student respektierte und uns gegenüber immer freundlich und hilfsbereit war. Wenn man einen Fehler machte, wurde man in ganz normalen Ton darauf aufmerksam gemacht und es wurde auch erklärt, was jetzt falsch war und was man das nächste Mal anders machen sollte. Auch die OP-Pflege hat sich wirklich sehr bemüht, uns PJler etwas zu zeigen oder zu erklären und war auch immer geduldig, wenn man beim Nähen super langsam war und sich dadurch die OP-Zeit verlängerte.
Wenn man nicht im OP war, konnte man auf eine der beiden Stationen mitarbeiten. Ich war zu einer Zeit in der Abteilung, in der das ärztliche Personal sehr knapp war. Deshalb war ich hauptsächlich im OP eingeteilt und nur manchmal für ein paar Stunden auf Station. Oft war auf Station dann auch kein Arzt, weil die, die da waren entweder im OP oder in der Ambulanz festhingen. Wenn man eine Frage auf Station hatte, konnte man aber jederzeit irgendwen anrufen oder in die Ambulanz gehen und es wurde sich immer Zeit genommen, um die Fragen dann zu beantworten. Auf Station konnte man Briefe schreiben, Patienten aufnehmen, Viggos legen oder sich in Ruhe was durchlesen und Röntgenbilder angucken.
Bezüglich Blutentnahme ist die Situation meiner Meinung nach etwas schwierig: offiziell ist dies Aufgabe der Pflege. Wenn man als PJler aber Zeit hat, hilft man dabei natürlich gern. Manchmal war es aber so, dass man sich beeilt hat, vor den OPs schnell noch die komplette Blutentnahmen alleine zu machen, während die Pflege gemütlich Kaffee getrunken hat. Es wurde irgendwann auch einfach erwartet, dass ein PJler kommt und das ganze Blut abnimmt, weshalb man dann auch ständig unfreundlich angerufen wurde (vor allem von Station 15), wo man denn bleiben würde. Oft war man aber den ganzen Tag im OP, weshalb zum Blutabnehmen keine Zeit war. Ich denke, dass man hier eine genaue Regelung brauch, wer wann und wie viel Blut abnimmt, um eine klare Struktur für uns PJler, aber auch für die Pflege zu schaffen. Durch diesen Streitpunkt mit der Blutabnahme war die Stimmung der Pflege auf Station gegenüber uns PJler leider nicht so freundlich und hilfsbereit.
Das ärztliche Personal der chirurgischen Abteilung fand ich wirklich super. Ich hatte nie das Gefühl, der dämlich Student zu sein, der nur nervt und sonst nichts kann. Man wurde von jedem respektiert und jeder war bereit, Fragen zu beantworten. Die Chirurgen haben unsere Mithilfe sehr geschätzt und man hatte nie das Gefühl, ausgenutzt zu werden. Die Lehre hat einen hohen Stellenwert und der Studentenunterricht 1x/Woche fiel nur selten aus.
Frau Hristova, eine der Assistenzärzte, hat sich sogar mal mehrere Stunden für uns PJler frei gehalten, um uns Röntgenbilder und körperliche Untersuchung zu erklären. Frau Henseler hatte mal angeboten, für mich Haken zu halten bei einer Hüft-Tep, damit ich bei einer spannenden OP im anderen Saal zu gucken kann und der Ruhepol Frau Kauderer hat uns in der Röntgenbesprechung immer versucht zu erklären, um was es gerade eigentlich geht. So könnte ich noch mehrere Situation aufzählen, in der man merkte, wie wichtig es jedem Einzelnen war, dass wir PJler etwas vom Chirurgie-Tertial mitnehmen.
Ich kann diese Abteilung somit nur empfehlen, auch für die, die mit Chirurgie bisher nicht so viel zu tun hatten.
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
Bildgebung
Prüfungsvorbereitung
Nahtkurs
Tätigkeiten
Briefe schreiben
Patienten aufnehmen
Braunülen legen
Blut abnehmen
Untersuchungen anmelden
Mitoperieren
Chirurgische Wundversorgung
Patienten untersuchen
Notaufnahme
Röntgenbesprechung
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
1x / Woche frei
Tätigkeiten
Essen frei / billiger
Kleidung gestellt
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Mittagessen regelmässig möglich
Gehalt in EUR
500

Noten

Team/Station
2
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
1
Unterricht
1
Betreuung
1
Freizeit
1
Station / Einrichtung
2
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.2