PJ-Tertial Innere in Royal London´s & St. Bartholomew´s (5/2014 bis 8/2014)

Station(en)
F 14, A&E department
Einsatzbereiche
Station, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme, Diagnostik
Heimatuni
LMU Muenchen
Kommentar
Beschreibung des Tertials:

Ich möchte hier eine detaillierte Beschreibung meines Tertials am RLH geben um ein vernünftiges Bild der Bedingungen wiedergeben zu können. Nur eines vorneweg. Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, warum behauptet wird man könne als Student nichts machen. Das stimmt so einfach nicht.

Ich möchte Internist werden und meine Bestrebung war deswegen so viel wie möglich aus diesem Tertial mitzunehmen.

Mein Consultant in der Gastroenterologie hat mich am ersten Tag mit den Worten "Ich möchte, dass du soviel wie du möchtest siehts und lernst, aber auch deinen Spaß hast, und London kennenlernst. Wenn du mal eine Woche frei haben möchtest, ist das kein Problem" empfangen.

Prinzipiell gilt somit zumindest für die Gastro das Motto "alles kann, nichts muss". Dir ist völlig freigestellt was du tust. Ob Urlaub oder Arbeit.
Wenn du etwas Bestimmtes machen willst muss das aber von dir kommen. Wenn ich z.B bei ERCPs zuschauen wollte, habe ich meinen Consultant gefragt und er hat es mir organisiert.

Die Queen Mary University macht es sehr deutlich, dass Studenten auf keinen Fall "hands on" an Patienten dürfen. Man ist wohl für Komplikationen seines Handelns nicht versichert. In der Realität weiss das aber kaum ein Arzt. Ich habe das ignoriert. Ich wollte ja was lernen!
Ich habe mich immer als "medical student" aus Deutschland vorgestellt der aber die Examen schon gemacht hat (nur halb gelogen), und jetzt wie die Briten ein F1-Year machen muss bevor er praktizieren kann. Von da an war ich der "German F1" und habe nahezu komplett selbstständig gearbeitet.

Die ersten Wochen war ich auf der Station 14F (Gastroentero- & Hepatologie).
Dort habe ich den üblichen Pjler-Kram gemacht. Blut abnehmen, Zugänge legen, Briefe schreiben, Aszites punktieren (unter Aufsicht), Blutgas abnehmen etc.
Das junge Team (Ärzte z.T jünger als ich) war extrem nett und unwahrscheinlich dankbar.

Die Arbeitszeiten waren 0900-1700 Uhr. Ich bin aber danach noch oft in die Notaufnahme gegangen, habe mich vorgestellt, und gefragt ob ich mitlaufen/mithelfen kann. Es hat nie einer "nein" gesagt. Alle sind in der Regel immer begeistert wenn ein Student auftaucht und sagt er möchte mitmachen.

Prinzipiell gibt es die Möglichkeiten diverse Ambulanzen -z.T auch am Campus "St. Bartholomew Hospital"- zu besuchen oder in die Funktionsabteilung zu gehen. Das fand ich aber immer weniger hilfreich.

Nach 2 Monaten Gastroenterologie hatte ich dann genug gesehen, und habe meinen Consultant gefragt ob er mich für den Rest des Tertials an die "Acute medics" vermitteln kann.

"Acute Medicine" ist in England ein eigener Facharzt. Acute Medicine hat 2 Stationen (AAUs), hat 2-4 Ärzte in der Notaufnahme und kümmert sich um alle internistischen UND alle (!) neurologischen Probleme, ausser Stroke, in der Notaufnahme.
Von nun an war ich also in A&E und habe selbständig Patienten angeschaut, untersucht, Untersuchungen angeordnet/ausgewertet, meinem "Registrar" vorgestellt, zusammen einen Managementplan entworfen und danach alles im System dokumentiert.

Einen größeren Lernerfolg in der Inneren als bei den Medics in A&E kann man gar nicht haben!!!

Man sieht alle Klassiker:
Herzinfarkt, COPD, Asthma, Epileptische Anfälle, Lungenembolie, Leberzirrhose, Morbus Crohn, Synkopen, TIAs, Gullain-Barre, akute GI-Blutungen und alle möglichen Tumore.
Ausserdem natürlich die demographischen Besonderheiten des East End.
Viel Tuberkulose, Drogenabhängige, M. Behcet, Malaria, Sichelzellkrisen, Bangladeschi ohne Englischkenntnisse, extrem multimorbide Menschen etc.

Generell hat man den Eindruck die Patienten haben eine viel höhere Morbiditat und präsentieren sich in weitaus schlechteren und fortgeschritteneren Stadien als im absolut "cleanen" München.
Die Ärzte sind auch hier in der Regel supernett, extrem dankbar und immer bereit viel zu erklären. Die Schicht dauert immer von 0900-2100 Uhr. Man kann jederzeit gehen.

Und noch ein Wort zu den Ärzten:
Wenn man im U.K. z.B Kardiologe werden möchte, muss man erstmal 2 Jahre Foundation Training machen wobei man durch 2-4 zugeloste Fachgebiete rotiert. Danach 2 Jahre Core Medical Training, also 2 Jahre in internistischen Fachgebieten. Erst dann macht man 5 Jahre Facharzt.
Das bedeutet, die Ärzte haben ein abartig breites und ultra-gutes Fachwissen, und geben das Wissen gerne weiter.
Vor allem die klinische Untersuchung hat hier einen ganz anderen Stellenwert als z.B. an der LMU München. Anamnese und Untersuchung sind hier sehr detailliert und der Stolz der Internisten. Das hat zur Folge, dass die Medics oft schon dadurch eine Diagnose stellen können. Es lohnt sich wirklich enorm, sich diese Techniken anzueignen.

Ich kann das RLH nur absolut empfehlen. Vor zwei Jahren fertiggestellt, ist die Infrastruktur nur vom Feinsten.
Vor allem die Zeit in A&E war extrem lehrreich und hätte nicht besser sein können! Ich habe tatächlich das Gefühl solide, breite Grundkentnisse in der Inneren Medizin erworben zu haben. Zwar muss man zu den Doktoren erst ein Verhältnis aufbauen damit sie einem Vertrauen schenken und machen lassen, aber das bekommt man schon hin. Je besser man Englisch kann desto einfacher hat man es!

Unterkunft:

Ich bin im Studentenwohnheim neben der Klinik untergekommen, was eine gute Entscheidung war, weil es mich "nur" 500€ für 8qm im Monat an Stelle von 1000€ im Monat in einer WG gekostet hat. Ausserdem muss man kein Geld für die Öffentlichen ausgeben.

London:

Multikulturelle Weltstadt, "refugee-camp for the international wealth" (chris dercon), arsch teuer, super Essen (vergesst die englische küche und kauft euch bei "Needoos" ein billiges Curry), hippes east end.

Empfehlungen:

Greenwich (thames path), Hampstead Heath, Needoos, Dukes Brew and Que, Rough Trade East, British Museum, Photographers Gallery, Broadway Market (samstag), Albion, Franze & Evans, Shadwell Basin, Brick Lane Markets (sonntag),
The owl and pussycat, Dream bags Jaguar Shoes.

Was das Feiern angeht:
Die Pubs machen schon um 2300 Uhr zu. Desshalb bemühen sich alle schon um 2000 Uhr völlig paniert im Pub zu sein.
Wenn man aber z.B. in Berlin studiert hat und nicht ohne sein 7h "Tanzatelier Kokü-" Fusionset am Wochenende glücklich ist, wird man es schwer haben und viel Geld zahlen müssen. Guter Techno wird oft nur in "secret, underground warehouse parties", die sich über SMS/Fb, organisieren gespielt wird.

Also auch nach London! Es ist super da. Und nehmt Geld mit!
Bewerbung
Alle Infos hier:

http://www.smd.qmul.ac.uk/undergraduate/electives/visiting/

Man sollte sich schon ein Jahr vorher mal Gedanken machen.

Meine Bewerbung war ein Desaster. Im November beworben, bis Mai trotz nachfragen nix gehört. Und eine Woche vor Tertialbeginn die Zusage bekommen.

Dresscode für Männer:

gscheide Hose, keine Jeans, Hemd, am besten dunkle Anzugsschuhe
Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Briefe schreiben
Braunülen legen
Blut abnehmen
Patienten untersuchen
Notaufnahme
Punktionen
EKGs
Poliklinik
Botengänge (Nichtärztl.)
Untersuchungen anmelden
Eigene Patienten betreuen
Patienten aufnehmen
Dienstbeginn
Nach 8:00 Uhr
Dienstende
nach 18:00 Uhr
Studientage
Frei verfügbar

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
3
Ansehen des PJlers
2
Klinik insgesamt
1
Unterricht
1
Betreuung
1
Freizeit
1
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.2