PJ-Tertial Orthopädie in Inselspital Bern (3/2012 bis 7/2012)

Station(en)
Meiste Zeit im OP
Einsatzbereiche
Station, OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Datum aus Gründen der Anonymität geändert.

Das Inselspital ist sehr renommiert und zieht dementsprechend nur extrem motivierte Ärzte an, die meist Karriere machen wollen. Ansonsten gibt es noch ein paar Assistenten, die ihr Pflicht Uni-Jahr dort verbringen (muss in der Schweiz abgeleistet werden, Dauer je nach Fach) . Was heisst das für den PJler? Hier wird gearbeitet und nicht gelebt, ganz einfach. Keiner wird einen früh nach Hause schicken ob man danach fragt sollte man sich gut überlegen. Um es übersichtlicher zu gestalten hier meine Erfahrungen nach Arbeitsbereich aufgeteilt.

OP: Hier verbringt man die meiste Zeit. Es wird gerne zu dritt und zu viert operiert, auch wenn das bedeutet, dass man die meiste Zeit ein oder zwei Haken aus der 14. Reihe (Übertreibung) hält. Nähen darf man ab und zu, auf Nachfrage sicherlich auch öfters. Das Personal ist dabei recht geduldig, was mit Sicherheit einer der wenigen positiven Punkte ist. Erklärungen gibt es auf mehrfache Nachfrage. Die Stimmung kann gerne auch mal etwas kippen und die Anschuldigungen fallen wie immer nach unten. AA´s und Studenten sind dabei aber oft gleichermaßen das Ziel. In Regel heisst es: Still sein und Haken halten um Lehre muss man immer aktiv und wiederholt bitten.

Station: Hat man als Student nix verloren, die Hände werden im OP verlangt. Man macht Eintritte, also die Aufnahmen auf Station, was in der Orthopädie bekanntermaßen einen niedrigen Stellenwert hat. Diagnosen werden in der Poliklinik (Sprechstunde) gestellt, bei Eintritt wird nur ein kurzer Status erhoben. Patient sollte einfach noch klinisch stabil sein und fertig. Die Eintritte nehmen dabei irgendwas zwischen 15 und 120 Minuten in Anspruch. Dies hängt sehr davon ab, wie viele Patienten an einem gegebenen Tag erscheinen und wie viel Mühe man sich gibt. Besprochen/gelobt/kritisiert wird dabei nix.

Poliklinik: Hier findet sich dann tatsächlich ein vager Anflug von Sinnhaftigkeit im studentischen Dasein. Man untersucht Patienten, erhebt die Anamnese und präsentiert sie danach dem OA. Da an Polikliniktagen die Lehrbereitschaft etwas höher ist (ausgehend vom absoluten Nullpunkt wohlgemerkt) werden hier teils Untersuchungen gezeigt, Bilder besprochen oder interessante Fälle besprochen. Mehr Ausnahme als Regel. Es gibt auch Tage da untersucht der OA den Patienten einfach nochmal und man steht nur nebendran und notiert fleissig (aka Sekretär) und füllt danach Zettel aus.

Unterricht: Gibt keinen. Einmal pro Woche 15min Fortbildung von AA´s für AA´s in der Frühbesprechung um 7:15.

Arbeitszeiten: Start um 7:15 und je nach Andrang im OP und der anschliessenden Visite (= Latschen über Station) in der Regel bis 18:00 teils länger. In der Schweiz gibt es wohl noch keine so großen wirtschaftlichen Nöte, heisst, alles läuft im Schneckentempo ab. Es ist für die Patienten toll, da sich die Ärzte viel Zeit nehmen, für die Arbeitnehmer nicht, da man viel zu spät nach Hause kommt. Das kümmert aber keinen, Karriere geht ja vor und Orthopäden sind sowieso hart im Nehmen.

Verpflegung & Kleidung: In der Insel tragen Studenten SCHÜRZEN. Ja, man kann sich das als typische Metzger-Schürze vorstellen. Klingt bescheuert, ist auch so. Sie werden hinten zugemacht und sind aus einem vergleichsweise dicken Stoff. Dies bedeutet, dass man sie nur umständlich ausziehen kann und einem konstant zu warm ist. Mittagessen ist sehr gut, aber oft ist man im OP gefangen. Dort gibt es immerhin Suppe und den üblichen Instant-Kaffee.

Wohnheim: Adäquat. Der Preis von 400-600CHF (ohne oder mit eigenem Bad) ist in Anbetracht der Lage (Bern) nicht überzogen. In manchen Wohnheimen kein verlässliches WLAN also Verbindung mit Kabel. Wohnheime liegen alle auf dem Klinikgelände.

DIENSTE -- WICHTIG: Alle Nachmittage und Nächte müssen besetzt werden, auch am WE und an Feiertagen. Dafür gab es bisher 30CHF unter der Woche und 60 am WE. Mittlerweile soll das ganze wohl auf 30CHF an allen Tagen reduziert werden. Unter der Woche wird man nicht oft gerufen, aber die Freizeit ist dadurch trotzdem im Eimer. Man muss innerhalb von 30min in der Klinik sein, Ausflüge sind also gestorben. Wenn nur 3 Studenten da sind, macht jeder ca. 10 Dienste im Monat. Für mich hieß das: Überstunden + Dienste = 4 Monate in der Schweiz ohne IRGENDWAS von dem Land gesehen zu haben. Sportlich habe ich abgebaut wie ein Intensivpatient und gelernt habe ich nur fürs Leben.

TL;DR: Wer hier was lernen will, muss es sich selber beibringen. Wer ein Hardcore Medizin/Ortho Fan ist und sonst keine Hobbys im Leben hat wird hier vielleicht super glücklich. Für alle anderen gilt: FINGER WEG!

Eine große Ausnahme noch zum Ende hin: Im Schulter-Team war vieles anders. Dort wurde man tatsächlich gelobt, der Teamchef hat bei interessanten Fällen immer alle Studenten geholt und es wurde insgesamt viel mehr erklärt. Dazu kamen die sehr netten und hiflsbereiten Ärzte. Im OP war die Stimmung immer gut, man könnte viel mehr machen und wurde auch mehr gefragt. Sprich: Das ganze Schulter-Team ist von dieser Kritik befreit und erhält als einzige Abteilung ein großes Lob!
Bewerbung
Gibt immer Plätze, gibt ja immer Haken die man halten muss!
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
Sonst. Fortbildung
Tätigkeiten
Briefe schreiben
Patienten untersuchen
Punktionen
Poliklinik
Botengänge (Nichtärztl.)
Patienten aufnehmen
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
nach 18:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Kleidung gestellt
Gehalt in EUR
800
Gebühren in EUR
360 Miete

Noten

Team/Station
3
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
4
Klinik insgesamt
4
Unterricht
5
Betreuung
4
Freizeit
6
Station / Einrichtung
4
Gesamtnote
4

Durchschnitt 4