PJ-Tertial Anästhesiologie in Klinikum Emden (12/2012 bis 3/2013)

Station(en)
OP, Intensivstation B13, IMC B12, NEF
Einsatzbereiche
Station, OP
Heimatuni
Hannover
Kommentar
Mein Anästhesietertial im Klinikum Emden verdient eine glatte Eins, weil einfach alles gestimmt hat! Ich fühlte mich hier von Anfang an gut aufgenommen und aufgehoben, durfte sehr viel selber machen und habe die ganze Zeit eine sehr nette Stimmung erlebt.
Dazu sei noch gesagt dass ich zuvor schon mein Chirurgie-Tertial in Emden gemacht hatte und quasi nur "auf die andere Seite des Tuchs" wechselte. Das hatte den Vorteil das ich praktisch alle Anästhesisten und viele Anästhesie-Pfleger zumindest vom Sehen her, oft aber auch vom Namen, schon kannte. Ganz im Sinne der traditionellen Rivalität von Anästhesisten und Chirurgen haben die Anästhesisten vom ersten Tag an versucht die Chirurgen auszustechen indem sie mich noch netter behandelten und mich viel mehr machen ließen. Dabei hatte mir mein Chirurgie-Tertial auch schon sehr gut gefallen (siehe Bericht von 08/12 bis 12/12).

Bevor ich mich in Volltextform noch ausführlicher zu meinem Tertial äußere, hier eine Aufstellung von Pro- und Kontrapunkten für Anästhesie in Emden:

Vorteile:
●Eher kleines Krankenhaus in dem man schnell alle relevanten Leute kennenlernt und dementsprechend schnell viel selber machen darf
●Allgemein gutes Betriebsklima im Krankenhaus, am besten aber in der Anästhesie (ich persönlich hatte den Vergleich mit den Chirurgie, s.o.)
●Hohes Vertrauen in die PJler: Man erhält einen Generalschlüssel und volle IT-Zugriffsrechte.
●Man darf nach recht kurzer Zeit Narkosen selbst durchführen wenn man sich vernünftig anstellt, von der Einleitung bis zur Extubation. Dabei kann man aber immer auf Ärzte und Anästhesiepfleger zählen wenn man nicht weiter weiß/kommt.
●Sehr guter Studentenunterricht durch alle Fachabteilungen des Hauses (auch für Studenten anderer Abteilungen) an jedem Wochentag außer Freitags, teils zwei Seminare am Tag
●Freie Unterkunft im Wohnheim, das direkt auf dem Klinikgelände liegt: Dadurch praktisch kein Weg zur Arbeit.
●Kostenloses Frühstück und Mittagessen in der Kantine
●Kleidung wird kostenlos gestellt (Hosen, Kittel und Kasacks)
●Kostenlose Leihfahrräder der Klinik können benutzt werden
●Kostenloser Besuch des Fitnessraums in der Physikalischen Therapie möglich
●400 Euro/Monat Lohn
●Teilnahme an chirurgischen Rufdiensten möglich, die auch gut bezahlt werden (min. 22 EUR pro Dienst +11 EUR/h, nachts und an Wochenenden mit Zuschlägen)
●Es gibt einen Extra-Raum für PJ-Studenten in der Klinik, inkl. PCs und einer soliden Auswahl an Fachbüchern zum ausleihen.
●Studientage frei wählbar und auch kumulierbar
●Geregelte Arbeitszeiten. In der Anästhesie kann man als PJler zudem oft früher gehen, da man nach der letzten Narkose eh nichts mehr zu tun hat. Ich war meist vor 16 Uhr zu Hause.
●Der Chefarzt der Anästhesie ist sehr nett und zugänglich und erklärt einem gerne alles, dies gilt auch für fast alle Oberärzte
●Als Anästhesie-PJler darf man auch auf die Intensivstation und hat dort exzellente Chancen auf dem NEF mitzufahren
●In den Semesterferien viele Famulanten so dass einem im Wohnheim nie langweilig wird (kann auch nervig sein wenn man nur seine Ruhe haben will...)
●Monatliche Feedback-Runde (sog. "jour fixe" mit den für Studenten zuständigen Chefs. Hier kann man Probleme und Vorschläge schildern, die dann auch tatsächlich angegangen/umgesetzt werden


Nachteile:
●Das Klinikum liegt in Emden. Wenn man nicht gerade aus der Gegend kommt ist dies schlichtweg kein attraktiver Ort. Die Freizeitmöglichkeiten sind für eine Kleinstadt überdurchschnittlich gut, retten den insgesamt recht tristen Ort aber auch nicht.
●Das Klinikum ist zwar für ein kleines Haus gut aufgestellt, wer aber spektakuläre OPs und Patienten mit seltenen Krankheiten erwartet ist hier falsch. Dementsprechend sind auch kaum bzw. keine besonderen Narkosen mit Herz-Lungen-Maschine, ECMO oder ähnlichem zu sehen.
●Es werden fast ausschließlich Gas-Narkosen durchgeführt. Wer sich tiefergehend für Anästhesie interessiert lernt hier nicht wie man eine TIVA macht (total intravenöse Anästhesie).
●Die Zimmer im Personalwohnheim sind recht klein und das Wohnheim sehr laut wenn es voll besetzt ist (Semesterferien). Gilt meines Wissens aber für die meisten Krankenhäuser
●Das Internet im Wohnheim (gesichertes WLAN) ist gnadenlos langsam
●Regionalanästhesien sind recht selten und werden daher meist von den Assistenzärzten gemacht da diese die für ihren Facharztkatalog brauchen. Als PJler kann man dabei meist nur zuschauen.
●Es gibt viele unerfahrene, meist ausländische Assistenzärzte die einem mangels Fach- und Sprachkentnissen nur wenig erklären können. Man sollte immer versuchen sich an die Oberärzte oder wenigstens die wenigen erfahreneren Assistenten zu halten.

Mein Anästhesie-Tertial in Emden begann reibungslos. Nachdem ich noch am Wochenende zuvor in der Chirurgie dort tätig gewesen war, musste ich um 7.30 Uhr lediglich zu einem anderen Ort für die Frühbesprechung gehen: Dem Aufwachraum. Dort treffen sich morgens die Anästhesisten und verteilen wer in welchen Saal geht und welche Narkosen macht. Hier sollte man als PJler aufmerksam sein und sich möglichst einen Saal mit spannenden Narkosen und einem kompetenten Anästhesisten schnappen (v.a. den Chef und die Oberärzte und einige der erfahrenen Assistenten...man lernt schnell, welche).
Ich wurde sogleich vom Chef begrüßt, den ich schon als Chirurgie-PJler kennen und schätzen gelernt hatte, und vom Ltd. Oberarzt in einen Saal eingeteilt.

Der Ablauf ist so das man meist gegen Viertel vor acht mit der Narkoseeinleitung beginnt, je nach Saal und Programm aber auch später. Man sollte sich schnell mit den Anästhesiepflegern und -schwestern gutstellen, denn diese sind essentiell für alles weitere. Zum Glück sind sie ausnahmslos alle sehr nett, besonders wenn man sie auch nett behandelt (fängt damit an dass man sich vorstellt). Zusammen mit den Pflegern und dem Narkosearzt darf man sehr schnell (ich gleich am ersten Tag) selber Narkosen einleiten und intubieren. Klappt etwas nicht wird Hilfestellung geleistet oder der Arzt macht selber weiter. Das ist nie ein Drama, da nicht erwartet wird das man gleich intubieren kann (auch am Ende des Tertials sollte man übrigens nicht erwarten das bei jedem Patienten hinzukriegen, 50-60% sind für einen PJler schon eine sehr gute Quote).
Nachdem der Patient schläft und die Atemwege gesichert sind wird er in den Saal geschoben. Hier darf man als PJler den Pflegern helfen die Überwachung (EKG, SaO2, NIBP) anzuschließen und unter Aufsicht des Narkosearztes das Narkosegerät einstelllen. Mir wurde am Anfang durch den Chef und die Oberärzte gleich einiges an Theoriewissen zu Beatmung und Narkosegasen vermittelt, so dass ich mich zusammen mit meinem Vorwissen aus Famulaturen und der väterlichen Praxis schnell recht sicher fühlte. Dieses Gefühl wurde bestätigt indem man mir schnell unkomplizierte Narkosen selbst anvertraute, d.h. man ließ mich allein sobald der Patient im Saal richtig angeschlossen und beatmet war. Allerdings immer mit einem Pfleger oder Arzt in Rufweite, oft auch im Saal.

Während des Anästhesie-PJs ist die Zusammenarbeit mit den chirurgischen Mitarbeitern, besonders den Pflegern, sehr wichtig, da viele Arbeiten fließen ineinander übergehen. Hier half mir mein Chirurgie-Tertial in Emden sehr, aber ich bin sicher dass man sich auch wenn man nur Anästhesie dort macht sehr schnell einarbeiten kann.

Die letzten Wochen meines Tertials verbrachte ich auf der Intensivstation. Dort arbeitet man völlig anders, in einem interdisziplinären Team mit Internisten, Neurologen und Chirurgen. Die Anästhesie hat zwei Chefärzte von denen einer nur für die Intensivstation zuständig ist. Beide sind zum Glück gleich nett, so dass ich auch auf Intensiv gut aufgenommen wurde. Hier stehen vorallem die Visiten und die Therapieplanung für die Patienten im Vordergrund. Alle Entscheidungen werden im Team besprochen, auch als PJler darf man seinen Senf abgeben (muss aber nicht). Den Ärzten kann man durch BGAs (Blutgasanalysen) gut unter die Arme greifen, auch das Untersuchen der Patienten ist wichtig und sollte für jeden Studenten eine sinnvolle Übung sein.
Zudem durfte ich meist den NEF-Pieper für Notarzt-Praktikanten einstecken und somit bei NEF-Einsätzen mit dabei sein. Dies lohnt sich besonders für Studenten die sonst noch nicht mit dem Rettungsdienst in Kontakt gekommen sind, macht aber auch (und gerade) Erfahreneren Spaß.

Mein Intensivzeit war recht kurz aber im Bezug auf die Auffrischung meines Wissens über Sepsis, Pneumonie und (Patho-)Physiologie sehr sehr hilfreich.

Alles in allem war mein Anästhesie-PJ in Emden ein voller Erfolg und ist ohne Einschränkung weiterempfehlenswert. Mir wurde zudem ein implizites Job-Angebot für die Zeit nach dem Examen gemacht das ich zumindest in Erwägung ziehen werde...
Bewerbung
Die Bewerbung lief wie üblich über das Studiensekretariat der MHH. Anästhesie war dabei mein zweites Tertial in Emden nach Chirurgie. Da ich eh schon da war gab es keine Vorlaufzeit im Bezug auf Wohnheim etc.

Für weiteres siehe auch meinen Bericht zum Chirurgie-Tertial (08/2012 bis 12/2012).
Unterricht
5x / Woche
Inhalte
Prüfungsvorbereitung
Repetitorien
Bildgebung
Fallbesprechung
EKG
Sonst. Fortbildung
Patientenvorstellung
Tätigkeiten
Briefe schreiben
Braunülen legen
Patienten untersuchen
Mitoperieren
EKGs
Eigene Patienten betreuen
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
Frei verfügbar
Tätigkeiten
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Essen frei / billiger
Kleidung gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Unterkunft gestellt
Gehalt in EUR
400

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
1
Unterricht
1
Betreuung
1
Freizeit
1
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1