PJ-Tertial Innere in Spital Uster (6/2012 bis 9/2012)

Station(en)
A0, B1, B3
Einsatzbereiche
Station, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme
Heimatuni
Erlangen
Kommentar
Praktische Tätigkeit

Der Dienst auf Station geht im Regelfall von 8:00 bis 18:00. Je nach Arbeitsaufkommen kommt man auch mal eine Stunde früher oder später nach Hause. Notaufnahme: 10:00 bis 20:00 von Montag bis Sonntag und man bekommt in der folgenden Woche für die Wochenendtage am Montag und am Freitag Kompensation. Studientage gibt es keine, dafür aber 6-7 Urlaubstage in 4 Monaten.

In der Klinik wurden wir am 1. Arbeitstag vom zuständigen Oberarzt in Empfang genommen und dann bei der Frühbesprechung in großer Runde vorgestellt. Danach gehen die Assistenzärzte gemeinsam Kaffeetrinken und manche holen schnell ihr Frühstück nach. So kann man ganz locker ins Gespräch kommen, bevor es 9:15 in der Visite fachlich wird

Man wird zunächst für 3-4 Wochen einem Assistenzarzt und dessen Station zugeteilt. Mit etwas Glück gerät man am Anfang an einen schon etwas erfahreneren Kollegen, der Krankheitsbilder, die in der Theorie besprochen werden, auch mit Erfahrungsschatz ausschmücken kann. Aber gerade die Berufseinsteiger sind doch noch recht mit dem Management der Stationbeschäftigt, sodass oft das Teaching recht kurz gehalten wird.

Man bereitet die Visiten mit vor, läuft sie mit, kann bei Fragen stellen oder bekommt vom Arzt Fragen zu Krankheitsbild und Therapie gestellt. Danach geht es an die Dokumentation und ans Einholen von Vorbefunden. Häufig wird man von den Arzthelferinnen auch direkt zum Hausarzt durchgestellt und erfährt dann hin und wieder im Gespräch noch ein paar wichtige Dinge über den Patient.

Beim Mittagessen, im Sommer auf der Terrasse, trifft man dann wieder die Ärzte und Unterassistenten der anderen Stationen. Danach wird mit dem Oberarzt das weitere Prozedere besprochen und man kann sich üben im EKG-Auswerten und Entlassbriefeschreiben, sowie bei weiteren kleineren Tätigkeiten wie speziellen körperlichen Nachuntersuchungen, arterielle Blutentnahmen oder der Durchführung von Schellong- und Mini Mental Status Tests. Hin und wieder gibt es Lumbal-, Aszites- oder Pleurapunktionen. Je nach Erfahrung des Assistenzarztes kann man dabei als Unterassistent auch zum Zug kommen. Bei ZVK-Anlagen und Knochenmarkspunktionen habe ich mich im Beobachten geübt. Beim Krankenakteanlegen und Berichte- und Befundeeinsortieren ist dafür die Hilfe der Unterassistenten sehr willkommen.

Die Notaufnahmewochen sind in praktischen Dingen sicher die lehrreichsten. Nachdem sich der Assistenzarzt vergewissert hat, dass der Patient stabil war und nicht höchster Zeitdruck in der Behandlung bestand, war ich dann erstmal allein für Anamnese, Untersuchung, Labor- und Röntgenverordnungen zuständig. Natürlich kann man immer Rücksprache mit den Assistenzärzten halten, wenn man sich unsicher ist. Bei der Besprechung mit Assistenz- oder Oberärzten wird von den meisten aktives Mitüberlegen, was das Problem des Patienten sein könnte und wie man es beheben kann bzw. welche weitere Diagnostik notwendig ist, gefördert. Die Dokumentation kommt auch dort nicht zu kurz. Gerade bei ambulanten Patienten habe ich meist den Arztbrief selbst geschrieben und der zuständige Assistenzarzt hat hinterher gröbere Fehler korrigiert. 7 Tage 10h Arbeiten am Stück sind aber schon ein Wort. Am Sonntag merkte ich dann meist schon deutlich wie platt ich war und am freien Montag passierte häufig nicht viel außer Schlafen und Entspannen.

Zum theoretischen Lernen mit Büchern für das Examen bin ich weniger gekommen als geplant. Die Arbeitstage waren recht lang und anstrengend und wenn man doch mal noch richtig motiviert war nach der Arbeit, haben wir lieber gemeinsam die Umgebung erkundet. Gerade die Nähe zum Greifensee war dabei stets verlockend.

Als wir ankamen waren wir 2 neue und 5 alte Unterassistenten (4x D, 1x CH) in der Medizin. Für 1 Monat waren wir zu zweit dann 1 Monat zu dritt und den letzten Monat zu 7 (2x D, 5x CH). Bei 2 Leuten heißt das, dass immer einer am WE arbeiten muss. Das empfanden wir anfangs als extrem unangenehm, weil man so nie etwas zusammen unternehmen konnte. Allerdings war das nur für ein paar Wochen und die Zeit in der Notaufnahme war absolut spitze. Das Sommertertial bot sich besonders an, da die meisten Schweizer erst im September mit ihrem Wahlstudienjahr beginnen. Die Chirurgie war mit 1 bis 5 Unterassistenten besetzt, die Gynäkologie mit 0 bis 2.


Fortbildung

Auf Fortbildungen wird in der Klinik großen Wert gelegt und es gibt fast jeden Tag eine, die dann zwischen 15 und 60 min dauert. Mal geht es dabei per Videokonferenz zu einer Vorlesung in Zürich, dann gibt es Fallpräsentationen der Assistenzärzte, Vorträge mit von extern geladenen Referenten oder den Journal Club.
Teaching im Sinne von separierten Krankheitsbildbesprechungen je nach Wissen/Managementfähigkeiten und Motivation des Assistenzarztes. Fragen zu den aktuellen Patienten kann man aber natürlich immer stellen und wird fast immer eine ausführliche Antwort bekommen.
Auch die Rapporte = Röntgenbesprechungen sind oft lehrreich.


Freizeit

Besonders guten Kontakt bekommt man zu den Leuten, die mit im Personalhaus wohnen. Die meisten schweizer Kollegen wohnen in Zürich, auch die Unterassistenten. Aber zum Weggehen bzw. „in den Ausgang“ (wie es auf Schweizerdeutsch heißt) nehmen diese einen gern mit. Als wir ankamen trafen sich die Unterassistenten jeden Mittwoch in der Bar Red Ocre am Bahnhof. Da wir zeitweise nur 3 Unterassistenten im ganzen Spital waren, haben wir uns eher spontan zum Grillen, Baden im See, Essengehen oder zum Open Air Kino verabredet. Die S-Bahn benötigt 14 min zum Zürcher Hbf. und von da stehen einem alle Möglichkeiten offen.

Sprachlich war es weit weniger schlimm als gedacht. Man muss am Anfang einige wenige Wörter neu lernen (luaga, Rugge, Zieschdig, trümmlig, ….), außerdem hilft Französischvorbildung. Der größte Wortschatz entspricht jedoch dem Deutschen und man muss sich nur noch bei der Aussprache reinhören. Tatsächlich wechseln die meisten Schweizer automatisch von Mundart auf Schriftsprache, wenn sie merken, dass sie es mit einem Deutschen zu tun haben. Wir hatten sehr viele italienischsprachige schweizer Patienten, die nur sehr wenige Worte Deutsch sprachen. Die meisten schweizer Assistenz- und Oberärzte können Italienisch fließend, ich leider nicht, was sich oft als Problem bei der Anamnese erwies.

Von der berühmten Deutschenfeindlichkeit habe ich außer bei der Fußball-EM :D übrigens nie aktiv etwas abbekommen. Aber es wird sicher hinter vorgehaltener Hand gelästert. ;)

Im Prinzip kostet in der Schweiz alles deutlich mehr als in Deutschland. Beim Essen und Weggehen fällt das besonders ins Gewicht. Am besten hört man möglichst früh auf immer umzurechnen und akzeptiert die Gegebenheiten für die 4 Monate. Ich denke, dass ich insgesamt auch mit dem Lohn im Bereich von wenigen 100 sFr ins Minus gerutscht bin, Reisen nach Genf, Bern, Konstanz, St. Gallen und mehrfach Zürich inbegriffen.


Formalitäten vor Ort

Modernes Einzelzimmerappartement im Personalhaus, 200 m vom Spital entfernt, 330 sFr/Monat, mit Bad und Küchenzeile inklusive Geschirr (jedoch ohne Toaster, Wasserkocher und Ofen), LAN (jedoch kein WLAN in den Zimmern -> langes LAN-Kabel einpacken oder vor Ort für 25 sFr erwerben), Festnetztelefon (mit Spitalmitarbeiterkarte betreibbar).
Zimmerschlüsselübergabe nur montags bis freitags zwischen 8 und 11 Uhr, dabei Zahlung der ersten Mietrate in bar.
Ein schweizer Konto wird vom Spital für die Lohnauszahlung benötigt, z.B. ein kostenloses Ausbildungskonto mit Onlinebanking vom gelben Anbieter (Eröffnung in Filiale mit Immatrikulationsbescheinigung, Arbeitsvertrag und Meldebestätigung).
An- und Abmelden mit Arbeitsvertrag und Wohnungsausweis (bekommt man beim Einzug) im Bürgerhaus nicht vergessen. Einmalig 20 sFr.
Spitaltelefon, Spindschlüssel, Kleidung und Computerpasswort bekommt man am ersten Tag unkompliziert.
Der Lohn betrug 938 sFr, nach Abzug von Steuern blieben 890 sFr.
Ein Mittagessen im meiner Meinung nach wirklich guten Spital-Restaurant kostete zwischen 7,50 und 12 sFr.


Fazit

Es gab viele Momente, in denen ich sehr froh war, mich gegen meine Uniklinik und für dieses Spital entschieden zu haben. Ich bin mir sicher, dass ich sowohl theoretisch als auch praktisch deutlich mehr gelernt habe als im großen Unibetrieb. Vor allem die Vielfalt der Krankheitsbilder hält den Geist frisch. Gleiches gilt für die schöne Natur um Uster. Berge und Seen. Ein klein wenig Ferien im Ferien-freien Praktischen Jahr.
Bewerbung
2 Monate vor PJ-Beginn, 5 Monate vor Beginn des Tertials. Auf der Website des Spitals findet man die aktuellen Kontaktdaten für die Anfrage per E-Mail.

Ist man sich über einen Zeitraum einig:
Überweisen von 416,82 € Kaution für das Zimmer und 150 € Arbeitsplatzantrittskaution (Absicherung des Spitals, dass keiner/wenige kurzfristig abspringen).
Arbeitsvertrag und Mietvertrag kommen per Post.
Eine private und berufliche Unfallversicherung wird über den Arbeitgeber abgeschlossen.
Unterricht
3 x / Woche
Inhalte
Fallbesprechung
EKG
Tätigkeiten
Briefe schreiben
Röntgenbesprechung
Patienten untersuchen
Notaufnahme
Punktionen
Poliklinik
Untersuchungen anmelden
Eigene Patienten betreuen
Dienstbeginn
Nach 8:00 Uhr
Dienstende
17:00 bis 18:00 Uhr
Studientage
1x / Woche frei
Tätigkeiten
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Essen frei / billiger
Kleidung gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Unterkunft gestellt
Gehalt in EUR
Netto: 890 sFr
Gebühren in EUR
Miete: 330 sFr

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
1
Unterricht
1
Betreuung
1
Freizeit
2
Station / Einrichtung
2
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.2