PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in Kantonsspital Liestal (12/2011 bis 4/2012)

Station(en)
wechselnd
Einsatzbereiche
Station, OP, Notaufnahme
Heimatuni
Bonn
Kommentar
Fast 1 Monat nach Ende meines PJ-Tertials in der Allgemeinschirurgie in Liestal fällt es mir immer noch schwer, mich nicht über die Zeit dort aufzuregen. Im Großen und Ganzen kann ich mich allen negativen Kommentaren anschließen, die bis jetzt auf dieser Webseite erstellt worden sind.

Trotzdem möchte ich in meinem Kommentar mit dem Positiven anfangen:

- Das OP-Spektrum ist breit, von Leistenhernien und Varizen-Stripping bis Whippel und Magenresektion (die Unfallchirurgie wird der Orthopädie zugeordnet, in dieser Klinik gibt es kein Herz- oder Kinderchirurgie).
- Das Pflegepersonal ist meistens freundlich und hilfsbereit.
- Es gibt einen Oberarzt, der immer nett und freundlich ist und auch gewillt, etwas zu erklären.
- Alle anderen Ärzte können sich auch zivilisiert verhalten, wenn es ihnen genehmt (leider unter 50% der Zeit).
- Wir haben 2x10Minuten Studentenunterricht bekommen, jeweils unterbrochen von 3-5 Telefonaten.
- 1700CHF ist nicht wenig Geld, auch wenn nur noch 1100 nach der Miete und den Sozialabgaben übrig bleiben und in der Schweiz alles ca. 3x so viel kostet, wie in Deutschland.
- Ich persönlich halte das Wohnheim für sauber und angenehm zu bewohnen, da es durch mehrere Korridore mit dem Hauptgebäude konnektiert ist, kommt man auch nachts um 3Uhr schnell und einfach in den OP.
- Auf der Notaufnahme sind die Ärzte freundlich, so wie ich es von normalen deutschen Ärzten kenne. Außerdem darf man gelegentlich nähen, wenn sich die Möglichkeit anbietet.
- Liestal ist mit Zug und Bahn nur etwa 10 Minuten von Basel entfernt, mit dem Auto ist man sogar in unter 20 Minuten in Deutschland und kann zum Beispiel billig einkaufen.

Nachdem ich die zahlreichen positiven Aspekte genannt habe, möchte ich nun auch die negativen Punkten kurz umreißen:

- Keine Lehre. Einfach keine. Kein Studentenunterricht, kein Bedside-Teaching, keine Erklärungen im OP. Die Aufgabe des Unterassistenten ist klar definiert: Haken und Klappe halten (Manche geben sich auch Mühe, die Studenten zu perfekten Hakenhaltern auszubilden, während man bei anderen sofort aus dem OP fliegt, wenn der Haken nicht im richten Winkel steht).
- Unmöglicher Umgang unter den Ärzten und auch von Arzt zu Student. So viele unzivilisierte und unverschämte Menschen habe ich in meinem Leben noch nicht auf einen Haufen gesehen. Entgegen landläufiger Meinung bewirkt das allgemeine Dutzen nicht etwa eine Verflachung der Hierachien, sondern lässt die letzten Hemmungen fallen. Ich persönlich halte ´können Sie vielleicht´ für angenehmer als ´Mach! Tu! Nimm! AAAARGH!´ (Ja, sie verlieren schon mal öfters die Kontrolle über sich.)
- Lange Arbeitszeiten. Die offizielle Arbeitszeit für Studenten beträgt 10 Stunden (7 bis 17 Uhr). Zugegebenermaßen konnten wir häufig schon um 16 Uhr nach Hause gehen, was die tatsächliche Arbeitszeit auf 9 Stunden verkürzt. Häufig musste man jedoch auch schon vor 7Uhr auf Station erscheinen und Überstunden waren nicht wirklich die Ausnahme.
- Pflicht-24h-Bereitschaftsdienste sowohl in der Woche als auch am Wochenende, bei guter Besetzung ca. 1 Wochenende pro Monat und 1 bis 2 Bereitschaftsdienste pro Woche, wenn man Pech hat, wie so oft, können es auch deutlich mehr werden. Nachdem man bis in die frühen Morgenstunden gearbeitet hat, durfte man am nächsten Tag netterweise erst mittags erscheinen. Für die Wochenenddienste bekam man 2 Tage frei, die nach Absprache mit den anderen PJlern in den Dienstplan einfließen können.

Insgesamt gibt es also mehr Gründe für als gegen Chirurgie in Liestal, die Frage ist nur, was einem wichtig ist in so einem Tertial. Wenn man schon immer mal davon geträumt hat, ausgenutzt und missachtet zu werden,
komplett an den Ärzten vorbei zu arbeiten (man wird von PJlern eingearbeitet und arbeitet ausschließlich die PJler-Aufgaben ab) und genau so ein wichtiges Rad im System des Krankenhauses zu sein wie jeder andere Overhold auch, dann ist man da wohl genau richtig.

Mehr kann ich nicht mehr hierzu sagen.
Bewerbung
Entweder 2 Jahre vorher oder kurzfristig.
Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Röntgenbesprechung
Patienten untersuchen
Notaufnahme
Botengänge (Nichtärztl.)
Patienten aufnehmen
Chirurgische Wundversorgung
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
16:00 bis 17:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Essen frei / billiger
Kleidung gestellt
Unterkunft gestellt
Gehalt in EUR
1700CHF
Gebühren in EUR
600CHF

Noten

Team/Station
2
Kontakt zur Pflege
4
Ansehen des PJlers
6
Klinik insgesamt
2
Unterricht
6
Betreuung
6
Freizeit
4
Station / Einrichtung
3
Gesamtnote
4

Durchschnitt 3.8