Notaufnahme, Diagnostik, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station, OP
Heimatuni
Saarbruecken
Kommentar
Ein ziemlich ambivalentes Tertial, das schwer in einem kurzen Text zu beschreiben ist.
Negativ: Der PJ-Unterricht der Allgemeinchirurgie war zu meinem Zeitpunkt nicht existent. Zusammen mit 2 Mit-PJlern hatte ich in der 3. Septemberwoche um einen Nahtkurs gebeten, um uns alle auf einen Stand zu bringen - er fand statt. Ende November. Der Lerneffekt lag bei 0, da wir fast alles schon in OP und Ambulanz so gezeigt bekommen und gelernt hatten. Es gibt einen Fortbildungsplan der Klinik für PJler und Assistenzärzte, der etwa 1x wöchentlich einen Termin von verschiedenen Fachbereichen ausweist. Real haben nur etwa 2/3 der Termine stattgefunden. Besonders hervorzuheben sind die Neurologie und Palliativmediziner. Auch kam es 2-3x vor, dass ich auf dem Weg zur Fortbildung vom OP angerufen wurde und ziemlich alternativlos in eine Operation gebeten wurde (Rückblickend könnte man das aber auch sicher mit etwas Selbstbewusstsein ablehnen und auf Assistenzärzte verweisen). Weiterhin gab es einige Persönlichkeiten, mit denen man nicht wirklich was zu tun haben wollte und froh war, ihnen aus dem Weg zu gehen - was aber auch meist gut möglich war.
Neutral: Die Stimmung in Früh- und Spätbesprechung schwankte zwischen nettem Kaffeeklatsch und öffentlicher Vorführung der Assistenten und manchmal auch Oberärzte seitens des Chefs. Andererseits kann man ihm aber auch zugute halten, dass er die Abteilung stringend, aber zielorientiert führt und auf gewisse Standards, die auch Sinn ergeben, penibel wertlegt. Da es uns PJler nie betraf, hat man einfach in den Besprechungen bei hitzigen Zeitpunkten einfach so gut es geht die Luft angehalten und dann wars auch gut. ;) Der Speisesaal bietet neben Mittag auch Frühstück und Abendbrot an. Das Mittagsmenu kostet 3,90 und besteht (fast) immer aus Salat, Suppe, Hauptgericht (2-3 zur Auswahl) und Nachtisch (mehrere zur Auswahl). Als Veganer unmöglich, als Vegetarier manchmal eine Zumutung und für mich als vorwiegend vegetarisch Essender war es eigentlich ganz gut. Wie in jeder Kantine gibt es einfach einige Gerichte, von denen man die Finger lässt und andere, die überraschend gut sind.
Positiv: Es herrscht eine extrem gute Stimmung seitens der Pflege - wahrscheinlich empfinde ich das aufgrund des direkten Vergleichs zu Deutschland so. Sowohl Stations- als auch und v.a. die OP-Pflege ist super kollegial, freundlich und zugewandt. Und gerade Letzteres ist in Deutschland häufig eher das Gegenteil meiner bisherigen Erfahrung nach wenn man Famulant oder PJler ist. Es wird auch von den meisten Kolleg:innen drauf geachtet, dass man zu seiner Mittagspause kommt und diese ohne Stress genießen kann. Problemlos konnten wir uns häufig verquatschen mit den anderen PJlern und >1h Mittagspause machen. Sehr gut verlief auch der erste Tag bzw. generell die Organisation rum herum durch Frau Neumüller - von Tag 1 an hatten wir funktionierenden Dienstausweis mit IT-Zugang, Schlüssel und eigenes Telefon (was ÜBERALL Empfang hatte, selbst im hintersten Kellereck). Persönlich für mich am wichtigsten war aber, dass wenn man die richtigen Kolleg:innen getroffen und sich an sie rangehangen hatte, das Tertial ein 6er im Lotto werden konnte. Dank einigen engagierten und vertrauensvollen Kolleg:innen durfte ich sehr viel OP-Zeit als 1. Assistenz sammeln und ab einem gewissen Zeitpunkt zuerst den Patienten unter Aufsicht, später allein zunähen/tackern o.ä. (einige Kolleg:innen gingen schon raus, um den OP-Bericht zu diktieren), mehr und mehr während der OPs wie ein Assistent Aufgaben und Schritte mitmachen/übernehmen und zum Ende hin auch kleinere Eingriffe wie Lipom- und Atheromentfernungen, Keilexzisionen, Abszessspaltungen und eine Endgliedamputation.
Fazit: Es hat in Steyr Aspekte des typischen PJ-Tertials als Hakenhalter und ich stand auch mehrfach bei Gefäß-OPs von 8-16 Uhr am Tisch ohne Pause. Aber das alles hat sich im Endeffekt dahingehend ausgezahlt, als dass viele Kolleg:innen einem das Vertrauen und die Einsatzbereitschaft zurückgezahlt haben. Bei mir hat das Tertial die Freude am Arbeiten mit den Händen geweckt und dafür gesorgt, dass ich meine Fachrichtung ins Chirurgische geändert habe.