PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in Inselspital Bern (5/2010 bis 7/2010)

Station(en)
Notfall Chirurgie
Einsatzbereiche
Notaufnahme, Diagnostik
Heimatuni
Hamburg
Kommentar
Inselspital Bern Notfallzentrum Chirurgie
Zwei Monate auf dem Notfall Chirurgie am Inselspital im Rahmen des PJ.

Vorbereitung
Etwa ein Jahr vorher per email. Man bekommt auch gleich die e-mail-Adresse der Wohnheimverwaltung mitgeteilt, sodaß man sich um eine Wohnung in einem der Personalwohnheime kümmern kann. Ich habe im Personalwohnheim 7 gewohnt, sehr nett und sehr sauber. Bad und Toilette auf der Etage teilt man sich mit bis zu 5 Mitbewohnern. Mit etwa 260€/Monat war die Wohnung sicherlich noch relativ günstig für Schweizer Verhältnisse. WLAN konnte man über einen Mitbewohner „mieten“.
Anreise erfolgte mit Lufthansa von Hamburg über München nach Bern-Belp. Der Flughafen liegt etwa 10km von Bern entfernt, ein Shuttle-Bus bringt einen von hier bis zum Bahnhof.

Erster Tag
Am ersten Tag steht ein Rundlauf (durchaus wörtlich zu verstehen) durch das Inselspital an. Erste Etappe: beim Sekretariat des Chefs melden. Hier bekommt man eine umfangreiche Infomappe incl. EKG-Lineal, GCS-Taschenkarte, Zweipunktzirkel, Infos zum Schmerztherapie-Leitfaden etc. Danach geht es in die Personalabteilung, hier gibt’s eine Kontrollkarte, mit dem man sich in der Wäschekammer Kittel und vom Sicherheitsdienst seinen Badge (Ausweis) abholen kann. Station 3 und 4 sind damit klar –der Kittel (zumindest hatte ich einen Kittel erwartet) stellt sich übrigens nicht als Kittel, sondern als Schürze heraus. Zum hinten zubinden, wie in der Küche – habe ich in meinen zwei Monaten nie getragen. Den Badge kann man mit Geld aufladen und zum Bezahlen in der Kantine benutzen. Die vorletzte Station bildet bei mir die Bankfiliale im Spital, bei der man ohne große Formalitäten ein Konto eröffnet kann, auch für nur 2 Monate. Schweizer Konto ist obligatorisch, das Gehalt wird auf dieses Konto eingezahlt, die Wohnung bezahlt. Seine neuen Kontodaten gibt man nun bei der Personalverwaltung ab, und zu guter Letzt gibt man die Kontrollkarte wieder in der Personalstelle ab – auch die Schweizer haben Bürokratie drauf.

Die Dienste
Man arbeitet rund 20 Dienste – etwa zu gleichen Teilen Früh-, Spät- und Nachtdienste – pro Monat, inklusive scheinbar je einem Ruhetag nach einem Nachtdienst – netto also nur etwa 15 Dienste pro Monat…
Auf der Notaufnahme ist man direkt dem Oberarzt unterstellt und meist für die Patienten zuständig, die nach Triage als weniger dringlich eingestuft werden. Das Spektrum umschließt eigentliche alle chirurgischen Fächer. Bei seinen Patienten erhebt man selbständig Anamnese und körperlichen Untersuchungsbefund, anschließend werden die Patienten mit dem OA besprochen und vom OA nachuntersucht - insbesondere letzteres kann sehr lehrreich sein! Dann wird das weitere Vorgehen geplant wie das Anmelden von Röntgen-, Ultraschall- und Blutuntersuchungen, das Ansetzen von Medikamenten etc. Sämtliche Blutentnahmen und Zugänge werden hier von den (sehr fähigen) Schwestern, respektive diplomierten Pflegekräften durchgeführt. Bei den Medikamenten sei angemerkt, daß in der Schweiz andere Handelsnamen/Präparate verwendet werden als in Deutschland, was bei mir für anfängliche Verwirrung gesorgt hat. Man sieht schon mal alt aus, wenn man nicht weiß, daß Primperan MCP ist…
Je nach Oberarzt wird relativ schnell ein Konsiliar des jeweiligen Spezialgebietes eingeschaltet, der die weitere Behandlung entscheidet. Die Konsiliare sind in der Regel AAs (viele aus Ger), an die man sich unbedingt dranhängen sollte. So sieht man nochmal die entsprechende Untersuchung durch einen Spezialisten und bekomm hier oftmals auch noch ausführlichere Erklärungen zu seinen Patienten. Anschließend schreibt man einen Entlassungs- oder Verlegungsbrief, übrigens ggf. inklusiv Rezept/BTM-Rezept und Arbeitsunfähigkeit.
Der Schockraum gehört zwar nicht zum vorrangigen Arbeitsplatz der UAs, wenn Zeit ist kann man aber jederzeit mit rein und viele Erfahrungen sammeln wie Untersuchung eines instabilen Thoraxes, Auskultation eines Pneus, Versorgung offener Frakturen, Versorgung von SHTs... Polytraumata gab’s mehr als genug, und nach 2 Wochen saß der hier gepredigte ATLS-Ablauf schon ziemlich gut.
Ums kurz zu machen zähle ich einfach mal ein paar UA-typische Fälle auf: Harnverhalt, Platzwunden (man näht im Schnitt mindestens jeden 2. Dienst), einfache Frakturen (Ulnar, Radius, Metatarsalia…), unklares Abdomen (Appendix, Cholecystitis, chronische Pankreatitis…), Muskelfaserriss, OSG Distorison, Velosturz (mit erstgradigem SHT), HWS-Distorsion, Bizepssehenruptur, Bursitiden,… Bei Unklarheiten kann man sich eigentlich immer an die OAs und AAs wenden, oder auch an die Pflege. Ich hatte nie das Gefühl, alleine dazustehen.

Um zusätzliches Geld zu verdienen gibt es die Möglichkeit, sowohl Sitzwachen als auch OP-Rufbereitschafts-Dienste zu übernehmen; Sitzwachen werden mit 200 - 300CHF außerordentlich gut bezahlt.

Unterricht
Was Unterricht anbelangt, gibt sich das Inselspital schon Mühe. Es gibt zwei Pflichtseminare: jeden Mittwoch ein Seminar bzw. Untersuchungskurs und jeden Donnerstag bed-side-teaching, das aber leider häufig „mangels Patienten“ eher ein Fallseminar ist. Die Dozenten waren eigentliche immer freundlichen und engagiert. Jeden Mittwoch gibt es übrigens eine Frühfortbildung von etwa 10 min, die abwechselnd durch einen internistischen bzw. chirurgischen Unterassistenten vorbereitet wird und wo man seine spannenden Patienten nochmal aufarbeiten kann... Dazu kommen als Bonus ein monatlicher Nahtkurs an Schweinefüßen, ein Gipskurs sowie die Möglichkeit, diverse andere Fortbildungen zu besuchen.

Schweizer Eigenheiten
Nahrungsmittel in der Schweiz sind teuer (gefühlt Preis in €*2,X = Preis in CHF). Vielfach praktiziert ist wohl das Mitbringen von Vorräten aus Deutschland. Andernfalls ist der Kontakt zu den Kommilitonen sehr empfehlenswert, um günstige Einkaufsmöglichkeiten zu erfahren. Generell gibt es alles zu kaufen, was man in Deutschland auch bekommt, bei ähnlicher Qualität.
Ich hatte am Anfang einige Probleme mit dem Berner-Deutsch. Die Ärzte wechseln eigentlich alle ins Hochdeutsch, die meisten Patienten sprechen Bernerdeutsch. Nach zwei Wochen hat man sich aber eingehört – süddeutsche PJler sind hier sicherlich noch im Vorteil. Und das Schweizerdeutsch an sich ist auch schon die Erfahrung wert!

Fazit
Ich habe absichtlich nichts zum Freizeitwert der Schweiz geschrieben, von Bern und den anderen Städten – Luzern, Zürich – den Alpen, der Aare, den Wandermöglichkeiten… Glaubt mir einfach, daß die Zeit hier unter dem Aspekt mit die schönste in meinem ganzen Studium war.
Von der Ausbildung her waren die zwei Monate sehr gut – wahrscheinlich kann man in einer deutschen Notaufnahme ähnlich viel lernen, aber hier war die Stimmung einfach extrem angenehm, wenn man sich ein bißchen eingearbeitet hat und die OAs ein wenig kannte, war mit das Wesentlich, das man selbst sehr viel entscheiden konnte/mußte und man wirklich für seinen Patienten verantwortlich war – zudem war die Arbeit einfach entspannt, und es bleibt mehr als genug Freizeit übrig, um eine unbeschreiblich schöne Zeit zu haben.

„Das perfekte Tertial!“ – 100% Zustimmung!
Bewerbung
s.o.
Unterricht
3 x / Woche
Inhalte
Prüfungsvorbereitung
Repetitorien
Bildgebung
Fallbesprechung
EKG
Sonst. Fortbildung
Nahtkurs
Tätigkeiten
Briefe schreiben
Gipsanlage
Röntgenbesprechung
Patienten untersuchen
Notaufnahme
Punktionen
EKGs
Untersuchungen anmelden
Eigene Patienten betreuen
Patienten aufnehmen
Chirurgische Wundversorgung
Dienstbeginn
Vor 7:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Kleidung gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Gehalt in EUR
600

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
1
Unterricht
2
Betreuung
1
Freizeit
1
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.07