PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in St. Josef - Hospital (4/2009 bis 7/2009)

Station(en)
überall
Einsatzbereiche
Station, OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme
Heimatuni
Bochum
Kommentar
Das Tertial in der Chirurgie des Josef Hospitals Bochum war nicht nur der Tiefpunkt meines PJs, sondern auch meines gesamten Studiums.
SEMINARE
Das wöchentliche PJ-Seminar fand wie schon im Tertial zuvor nur unregelmäßig statt. Für dieses 1-stündige Seminar (mit Anwesenheitspflicht die später fallen gelassen wurde) wurde uns von vornherein ein halber Studientag pro Woche abgezogen. Wenn‘s denn mal stattfand war die Qualität des selbigen äußerst variabel. Sehr positiv in Erinnerung geblieben als Dozenten ist OA C. (Chirurg) (sehr gut vorbereitet, strukturiert). Fand es nicht statt wurden wir natürlich (obwohl eigentlich unsere Zeit zum Selbststudium; s.o.) für die Stationsarbeit oder im OP eingespannt.
Weitere PJ-begleitende Seminare sind zwar auf den Protest der PJler hin in diesem Tertial endlich eingeführt worden (Sono- / EKG-Kurs) konnten aber auf Grund von Anwesenheit im OP / Blutentnahmen / Viggos / Spritzen (in meinem Fall ~80% der Seminare) von einigen Chirurgie-PJ’lern kaum wahrgenommen werden.
Egal ob es um das wöchentliche PJ-Seminar oder die zusätzlich hinzugekommenen Seminare geht eckt man oft ein wenig an, wenn man diese dann auch tatsächlich besuchen möchte. Welch Unverschämtheit aber auch von uns …
Dann gibt’s da noch die übliche Chirurgen-Fortbildung am Mittwochmorgen um 7:00. Falls man dann noch nicht wach genug ist: keine Sorge, das Ganze ist meisst eh zu speziell und nicht sonderlich relevant für PJ’ler bzw. angehende Examenskandidaten.
OP
Im OP hält man eigentlich nur Haken und ruiniert sich seinen Rücken (die Wenigsten sagen nach ´nem 6-Std.-Whipple sowas wie „Danke“). Patienten zuzutackern war das höchste aller Gefühle und wenn ich auf Grund von privat finanzierten Nähkursen und einem Hang zur Autodidaktik im Laufe des Studiums mir nicht das Nähen beigebracht hätte würde ich bald Arzt sein ohne auch nur eine einzige Naht gemacht zu haben (traurig aber wahr, das PRAKTISCHE Jahr im Josef Hospital Bochum scheint keinerlei PRAKTISCHE Fähigkeiten zu vermitteln)
Wenn man denn in der OP mal was gefragt wird und es nicht weiss (woher auch: die Chirurgie-Vorlesung vor X Jahren war grauenhaft, PJ- Seminare finden nicht statt oder können nicht besucht werden, für „Lehre“ hat niemand Zeit und nach 8-9Std Blut abnehmen , Viggos legen, Verbände wechseln und Spritzen aufziehen nimmt sich kaum einer Hause noch ein Buch zur Hand) scheint darauf rumgeritten zur werden, dass man doch bald Arzt sei und dieses und jene Wissen müsse. Achja?! Ich glaube, jeder PJler hat einen groben Überblick über das Lernpensum welches ihm noch vor dem Examen bevor steht und obwohl man alles irgendwann einmal für irgendeine Klausur auf oder gar über IMPP-Niveau lernen musste lag viel Wissen auf Grund von schlechten Kursen oder vielen anderen Klausuren sehr lange brach (könnten die Ärzte der „das-muss-man-doch-wissen“-Fraktion eigentlich z.B. unsere Augen- oder Dermatologieklausur oder gar das Hammerexamen noch bestehen? Ich mein, das muss man doch als Arzt oder gar Fach- bzw. Oberarzt doch wissen!!!
Ich habe nichts dagegen, hin und wieder auf die Probe gestellt zu werden, wenn aber ein PJ-ler etwas nicht weiss sollte man sich eher fragen, wo das Versagen der Uni bzw. des PJ-Hauses liegt, dass er es nicht weiss. Kaum ein PJ-Student wird von Natur aus Faul sein wenn er sich solang durch dieses Studium gequält und den NC geknackt hat.
„Gäste“-Schuhe für den OP gibt es nicht. Am besten man schnappt sich Schuhe wo man im Zweifel noch sagen kann, man hätte den Namen nicht lesen können oder weiss dass der Betreffende heute nicht im Hause ist. Die Schuhe passen in der Regel auch nicht wirklich (-> Unfallgefahr).
DIENSTE
Wochenend-Dienste sind echt toll. Man kommt morgens in´s Haus (nur ein PJler für alle Chirurgie-Stationen) und nimmt dann erstmal zwischen 6 bis8 Std. lang Blut ab, legt Viggos, zieht Spritzen auf oder wechselt Verbände. Eventuell muss man noch in den OP und kann dann abends in der Regel FALLS NICHTS MEHR ZUTUEN IST zwischen 21 und 23 Uhr gehen. Man muss aber die ganze Nacht telefonische erreichbar sein und sollte nach maximal 20min im Josef Hospital bei Abruf erscheinen. Wer zu weit weg wohnt (da fährt ja nachts kein Bus) muss im Josef Hospital schlafen. Ist doch echt nicht schlecht, dafür dass man bis dahin nichts an seinem Wochenenddienst gelernt hat und keinen müden Cent dafür erhält. Die Kommunikation ist am WE auf ein Mindestmaß beschränkt (teilweise trifft man den Dienst-PJler ("Leidensgenossen") der Internisten häufiger als die Ärzte der Chirurgie) und wenn man mit seinem Funk umherrennt nur um dann immerwieder für neue Blutentnahmen, Viggos und Spritzen angefunkt zu werden (die alle „dringend sind“ (um dann stundenlang fertig auf einem Thresen rumzuliegen) kommt man sich wie strafversetzt vor.
Jeder Tag (auch fast alle Feiertage) müssen mit einem PJ dienstlich besetzt sein. Dort gilt dann das gleiche wie für die Dienste am Wochenende. Man bleibt bis nichts mehr zu tun ist und gelegentlich halt bis 1,2 oder 3 Uhr nachts oder gar bis zum nächsten Morgen um 6.
Der Lohn für all das: wie wochentags auch ein Mittagessen (wenn man die Zeit dazu findet). Huiiii… Immerhin sind die Portionen groß, wem das Zeug also schmeckt oder rechtzeitig vor Ort ist um sein Wunschgericht überhaupt zu bekommen: Haut rein! Wer auf seine Figur achtet oder drauf steht und Salate bevorzugt, sollte früh erscheinen. Dinge wie Thunfisch sind oft schnell nicht mehr vorhanden und können nicht aufgefüllt werden.
Für eine Bezahlung der Studenten sei kein Geld vorhanden (naja, für einen schicken und riesigen Neubau an der Klinik mit kleiner Einkaufspassage hat’s dann doch gereicht).
Die PJÂ’ler nach uns waren wohl nicht so zahlreich so dass letzten Endes jeder ca. 1 Mal pro Woche einen Dienst hatte.
STATIONEN
Man rotiert im 2 – 4 Wochentakt durch die einzelnen Stationen. Obwohl man Einfluss darauf nehmen kann, kommt man um ca. 4 Wochen auf der „Chirurgie 2“ nicht herum. Dort besteht der Alltag aus nichts außer Blutentnahmen, Viggos, Spritzen, Verbänden und Abkommandierung in den OP. Administrative (welch Euphemismus…) Aufgaben sind auf den Stationen auch keine Seltenheit. Der Beginn der Visite wird meisst nicht angedeutet, so dass man ihn beim Legen der x-ten Viggo oft gar nicht mitbekommt (ist echt traurig das man teilweise schon 1-2 Wochen auf der Station ist aber bei nur einem Bruchteil der Patienten weiss, wieso sie überhaupt hier sind).
Eigentlich sind z.B. auf der „Chirurgie 2“ immer 3-4 Ärzte. Bei den oben genannten Tätigkeiten wird aber eigentlich nur dann mal mitgeholfen wenn tatsächlich auf Grund von OPs mal kein PJler dort ist. (oder es bleibt für die arme Sau übrig die an diesem Tag dann PJ-Dienst hat). So kommt es durchaus vor, dass man als PJ’ler die ganze Zeit am rennen ist und die Ärzte den ganzen Tag vor ihren PCs sitzen und Briefe schreiben.
Die „exotischsten“ Aufgaben die man mal macht sind Ports neu anzustechen oder Fäden zu ziehen.
Aufnahmen sollen auch dann gemacht werden, wenn der Patient längst 2-3 in seinem Bettchen liegt und die Aufnahme liegen geblieben ist, weil zum Beispiel PJ’ler frei hatten und die anwesenden Ärzte es irgendwie nicht vermochten es selbst zu tun (angeblich läuft der Laden aber auch wenn keine PJ-ler mehr nach unserem Tertial und vor dem neuen Tertial dort sind… na klar!).
Gerne sucht man auch mal in der bürokratischen/archivarischen Hölle des Josef’s nach Röntgentüten für die Patienten die man dann nachmittags für die OP vorstellen sollte und einem bisher unbekannt waren.
Einführungen auf der Station liefen immer durch andere PJler ab oder man „sucht“ sich halt alles selbst zusammen und versucht die Abläufe zu erahnen.
Anwesende Studenten aus unteren Semestern (Blockpraktika und U-Kurse) werden wesentlich besser betreut, werden nicht zum Blut entnehmen verdammt und scheinen tatsächlich was zu lernen. Famulanten ereilt bis auf die Wochenenddienste aber das gleiche Schicksal wie den PJ’lern.
Kaum wird bekannt, dass ein Tag kaum oder gar nicht mit PJ’lern besetzt ist (z.B. wegen ganztätigen Pflichtveranstaltungen außerhalb der Klinik) scheinen die angeordneten Blutentnahmen auf magische Art und Weise weniger zu werden.
Danken möchte ich an dieser Stelle der Pathologie des Bergmannsheil Bochum. Uns wurde angeboten in unserem Tertial dort für jeweils eine Woche zu hospitieren. Obwohl kaum einen dieses Fach interessiert nutzte jedoch fast jeder diese Möglichkeit um sich dort im „Asyl“ eine Woche weniger Chirurgie-Stress anzutun. Ich für meinen Teil habe dort sogar etwas gelernt. Wenn man Fragen hat sind die Ärzte dort auch wesentlich motivierter etwas zu erklären (und das obwohl sie jede Woche für 1-2 Leute das gleiche abspulen müssen).
Bei dem was einem die Pflege auf den Stationen teilweise aufträgt muss man auf der Hut sein. Teilweise wird dort echt versucht, die Unwissenheit des PJ’lers auszunutzen und ihnen Aufgaben zu übertragen (gemeint ist nicht etwas wie „Du, wir können das gerade echt nicht machen. Wärst du so nett, das ausnahmsweise mal zu übernehmen?“) die gar nicht ihr Job sind und eindeutig Aufgabe der Pflege oder gar der Ärzte (z.B. Verabreichung von Blutprodukten OHNE einen Arzt) solange kein Widerstand des PJlers erfolgt. Naja, mit uns kann man es ja machen.
Nett ist auch wenn man im Dienst von der Pflege angefunkt wird um Blut abzunehmen (ist ja nicht so, dass man ohnehin sein Runden über alle Stationen dreht ohne dass man unbedingt angefunkt wird…) und dann, wenn man nach 4-5 Std. wieder dort einkehrt, das ganze abgenommene Blut immer noch da rumsteht. Aus Liebe zum Patienten sollte man es also ab und zu selber zum Labor tragen.
Die OP-Pflege ist im Vergleich zu den übrigen Unikliniken echt nett und rastet nicht gleich aus wenn ein PJ‘ler mal einen kleinen Fehler begeht weil ihm die OP-Erfahrung fehlt (da gibt’s übrigens für die wenig er erfahrenen PJ‘ler keine Einführung für; eine Famulatur in einem operierenden Fach ist also sehr nützlich).

Trotz alldessen möchte ich aber noch die Oberärzte C. und S. positiv hervorheben.
OÄ S. für ihr Engangement bezüglich der nachträglich eingerichteten PJ-Seminare (auch wenn ich kaum dort hinkonnte). Das was ich dort mitnehmen konnte wurde didaktisch sehr gut vermittelt und liess uns als PJ‘ler viel Freiraum zur Themenauswahl.
OA C. für sein gegenüber uns Studenten immer freundliches und motiviertes Auftreten und lehrreichen Erklärungen falls man ihm im OP assistiert.
FAZIT
Ein praktisches Jahr in dieser Form könnte man auch gleich abschaffen. Wissen sollten wir ja mittlerweile eh alles (siehe oben) und praktische Fertigkeiten kommen nicht hinzu. In Anbetracht dessen, dass man „nebenbei“ auch kaum noch Möglichkeiten hat zu lernen oder gar Geld zu verdienen ist die Zeit hier völlig vertan.
Da das Josef’s Hospital profitabel arbeitet und ja angeblich auch alles ohne PJ’ler läuft würden schwindende PJ’ler nicht wehtun und man bräuchte sich nicht über unsere Unwissenheit ärgern. Ihr könnt also ruhigen Gewissens das Josefs Hospital nicht wählen!
„Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ aber wenn es praktisch keine „Lehre“ (und keine Entschädigung) gibt, bleibt leider nicht viel mehr als vergeudete Zeit übrig in welcher man schon hätte fürs Examen Zuhause lernen können. Da lehrt man dann sich selbst und ist sein eigener Herr.
Zum Abschluss noch Zitate aus dem klinikeigenen Leitbild:
[Â…]
5 . Wir stehen für Mitarbeiterzufriedenheit
Wir arbeiten gern in unseren Einrichtungen. <-- hahaaaa, lieber Herr Textverfasser, das tun sie vielleicht, aber bitte nicht von sich auf andere schließen.
6. Wir stehen für Dialog
Kommunikation nutzen wir für ein lebendiges Miteinander. <-- in der Kantine oder wo?
7. Unser Wissen, unsere Haltung, unser Menschenbild geben wir gerne weiter.
Ausbildung und berufliche Bildung sind uns Verpflichtung. <-- ok, mag sein. Sie sind aber gescheitert. Was folgt nun? Selbstgeißelung? Nein, als Strafe sollte ein Tertial als Chirurgie-PJ’ler für die Verantwortlichrn genug sein.
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
Sonst. Fortbildung
Tätigkeiten
Braunülen legen
Blut abnehmen
Patienten untersuchen
Notaufnahme
Botengänge (Nichtärztl.)
Patienten aufnehmen
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
16:00 bis 17:00 Uhr
Studientage
1x / Woche frei
Tätigkeiten
Essen frei / billiger
Kleidung gestellt
Mittagessen regelmässig möglich

Noten

Team/Station
4
Kontakt zur Pflege
3
Ansehen des PJlers
5
Klinik insgesamt
5
Unterricht
5
Betreuung
5
Freizeit
3
Station / Einrichtung
4
Gesamtnote
5

Durchschnitt 4.6