PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in Kantonsspital Liestal (4/2009 bis 7/2009)

Station(en)
A-D, Privatstation, Ambulanz, Ortho
Einsatzbereiche
Station, OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme
Heimatuni
Aachen
Kommentar
Wie es schon andere PJ’ler vor mir treffend formulierten: Haken halten, Klappe halten und vor allen Dingen durchhalten!!!

Ich war mit hohen Erwartungen nach Liestal gekommen und wurde enttäuscht. Ich habe fast nichts gelernt, wurde als überbezahlter dummer Deutscher (scheint ein allgemeines Problem zu sein, keiner macht sich die Mühe Hochdeutsch mit einem zu reden, erwähnt aber gerne mehrmals, dass man Dich ja auch versteht! - Moment- ich: lupenreines Hochdeutsch, Du: Schweitzerdeutsch…?!?) betrachtet, als billige Arbeitskraft ausgenutzt und schlug mich 16 Wochen mit vielen nichtärztlichen Aufgaben herum.
Weil sie selbst keinen eigenen medizinischen Nachwuchs haben brauchen sie Dich, hassen Dich aber genau aus diesem Grund dafür und lassen es Dich immer wieder spüren.
Nach kurzer Zeit nannte es jeder nur noch das „Knastspital“, weil wir im Wohnheim in unseren Zellen hausten und die Tage bis zum Tertialende zählten.

- UHU = Unterhund! Deinen Namen kennt bis auf ein paar Ausnahmen keiner!
Insgesamt war das Klima sehr angespannt, was sehr schade ist, da einige Ärzte den Anschein gemacht haben, dass sie gerne geteacht hätten, aber selbst die Neuen haben sich ganz schnell dem Druck von oben gefügt und den Stress und die Frustration an die UHUs weitergegeben.

- 2 UHUs in der Ambulanz sind (einer im Frühdienst, der Andere im Spätdienst), einer auf der Ortho (bei genügend UHUs auch mal zwei, was sehr angenehm ist, da man sich dann die teilweise sehr anstrengenden Hüft-OPs aufteilen kann) und mindestens drei, im Idealfall vier auf den Stationen A bis D.

- Arbeitsbeginn auf den Stationen ist morgens um 7 Uhr. Die Aufgabe der UHUs besteht darin alle PCs im Arztzimmer und im Rapportraum hochzufahren, die Stationsliste und das OP-Programm auszudrucken.

-7 Uhr 15 Visite. Je nach Assistenz-/Oberarzt bekommt man da schon die ersten nicht-ärztlichen Tätigkeiten abgeturft:„Hier müssen noch Medikamente aktualisiert werden, damit ich den Brief schreiben kann.“ Es ist allerdings auch schon vorgekommen, dass man um 6 Uhr 50 mit der Frage: “Du, hast Du gerade nichts zu tun?“ auf dem Weg ins Arztzimmer abgefangen wurde um anschließend eine Druckerpatrone aus dem Zentrallager holen zu dürfen.

-Chefarztvisite ist einmal pro Woche. Da hat man dann das Vergnügen schon gegen 20 vor 7 auf der Station sein zu dürfen, da man als UHU die Verbände aufmachen muss. Wenn man Glück hat macht das Pflegepersonal einem einen Wagen mit Utensilien bereit und man muss nur noch herausfinden bei wem man ans Werk darf und bei wem nicht (die Patienten nach einem Verband fragen nützt meist nichts, da die meisten keine Hochdeutsch verstehen (wollen)), sonst muss man sich den Kram in aller Eile selbst zusammensuchen. Je nach Pflegepersonal kann man dann aber auch vor mehreren leeren Wagen stehen, die man aber auf Nachfrage hin nicht benutzen darf, da sie alle gerade benützt würden!?!

- 7 Uhr 40 Morgenrapport, bei dem das Tages-OP-Programm und die einzelnen Stationen besprochen und Bilder von gestrigen OPs gezeigt werden. Den PC beim Rapport zu bedienen ist Aufgabe eines UHUs, ebenso wie die Bilder von den Kameras auf den Rechner zu spielen. Die anderen UHUs sitzen auf Hockern am Rand - wie auf der Strafbank. Aufteilung der UHUs in die zu besetzenden OPs.

- Montagsfortbildung = Power-Point-Präsentation eines Assistenzarztes über ein Paper mit anschließender Fragerunde und der häufigen Schlussfolgerung, dass man am Kantonsspital schon lange auf diesen Trichter gekommen sei und es sowieso viel besser mache.

- Die Grand Round habe ich nie mitgemacht, wurde auch nie dazu eingeladen, weiß gar nicht was das ist! Hab den Ausdruck auch immer nur bei den Ärzten gehört.

- Die M + M Konferenz war Teil des Morgenrapports (also nicht interdisziplinär), gänzlich auf Schweitzerdeutsch und hatte ganz und gar nichts Spannendes!

- Mittagessen nur möglich, wenn man nicht im OP war, allerdings haben viele im Wohnheim gegessen, da das Essen in der Kantine 9 Franken gekostet hat.

- 15 Uhr war Röntgenrapport (Demonstration der Bilder von den Radiologen), anschließend Nachmittagsrapport mit Besprechung des OP-Programms vom nächsten Tag. Daran nahm man aber auch nur Teil, wenn man nicht im OP war.

- Der Arbeitstag auf den Stationen endet regulär um 17 Uhr, allerdings war es regelmäßig der Fall, dass man noch in den OP gerufen wurde, da das Programm nie den Zeitplan einhalten konnte. Pünktlich hatte man nur Schluss, wenn man sich nach dem Rapport verdrückt hat und seinen Funk ab 17 Uhr nicht mehr bedient hat.

- Ab 17 Uhr hat ein UHU Rufdienst (der Funk muss montags bis freitags von 17-8 Uhr abgedeckt werden/ Chirurgie und Ortho), der dann entweder die betroffenen Leute ausgelöst hat oder selbst gerufen wurde. Je nach Glück konnte man die ganze Nacht schlafen (besonders die Orthopäden haben einen oft schlafen lassen) oder stand die ganze Nacht im OP. Dieses Schicksal ereilt einen ca. 1x pro Woche!

- Für einen Dienst unter der Woche gibt es weder Freizeitausgleich, noch finanzielle Entschädigung. Es wurde erwartet, dass man um 7 Uhr wieder parat ist und die anstehenden Aufgaben mit abdeckt. Bei zu wenig UHUs ließ man sonst die Anderen im Stich, die dann in den zu besetzenden OPs fleißig verbraten wurden...

- An den Wochenenden galt es die Notaufnahme und die anfallenden OPs abzudecken, d.h. 2 UHUs hatten jeweils Rufdienst. Einer hatte erst 24 h OP-Rufbereitschaft (z.B. von Samstag 7 Uhr bis Sonntag 7 Uhr), der Andere 12 h Dienst in der Notaufnahme (von 10-22 Uhr) und dann wurde entsprechend am nächsten Tag getauscht. Für ein Wochenende gab es 2 Tage frei, die man aber nur an den Tagen nehmen durfte, wenn auch genügend andere Uhus da waren um dein Fehlen zu kompensieren. Je nach UHUs und Feiertagen, die wie ein Wochenende gelten muss man 3-5 Mal durch diese Tortur. Und selbst, wenn man nicht in den OP gerufen wird, sitzt man ja 24 h im Wohnheim fest. Schön, wenn alle anderen ausgeflogen sind…

- Falls man nicht im OP eingeteilt ist, muss man die anfallenden Eintritte = Aufnahmen machen. Das mögen im Schnitt 2 pro Person gewesen sein, da man aber auch den OP zu bedienen hatte, musste der, der gerade Zeit hatte so viele wie möglich schaffen!

- Eintippen der Aufnahmen in den PC mit x-maliger Korrektur, da JEDER Assistenzarzt seine Eigenheiten hatte, wie er es im PC Programm = späterer Brief (!) haben wollte, sich aber nicht veranlasst sah, es selbst zu verändern. „Mach Du das eben doch und zeig es mir noch einmal.“ Zusätzlich mündliches Vorstellen. Patienten wurden nicht nachuntersucht.
Und macht euch darauf gefasst, dass ihr auch junge Patienten, die zur Thyreodektomie kommen auch rektal untersuchen müsst. Indikation???

- Untersuchungen wurden nicht gezeigt. Einarbeitung der UHUs durch ältere UHUs.

- Im OP nur Haken- und Klappe- halten. Ab und zu mal eine anatomische Frage. Anweisungen von Jedermann! Teilweise bis zu einer halben Stunde nach OP gewartet, da der Anästhesiepfleger nicht wusste, ob der Patient nicht doch noch eine warme Decke braucht, die Du holen musst. Der Operateur war schon längst weg.

- Kein Studentenunterricht! Knüpfen hat mir ein Mit- PJ’ler beigebracht. Nähen habe ich bei den Orthopäden gelernt. Ich glaube ganze 3x hat man mir etwas bei den Chirurgen erklärt.

- Möglichkeit der Rotation zu den Orthopäden: sehr nettes engagiertes Team. Ähnlicher Tagesablauf. Patienten werden von den UHUs aufgenommen, vorgestellt am Patientenbett. Untersuchungen werden vorher gezeigt, es wird nachuntersucht. Regelmäßig Nähen im OP möglich. Bei zu hoher Arbeitsbelastung (zu viele OPs und Aufnahmen) werden einem sofort Arbeiten abgenommen.
„Willst Du das noch sehen? Wenn Du das noch nicht gesehen hast, dann komm mit.“

- Ambulanz: Frühdienst 8-15 Uhr, Spätdienst 15-22 Uhr. Eigenständiges Arbeiten je nach Assistenzarzt möglich. Teilweise eigene Betreuung des Patienten von der Aufnahme bis zur Entlassung mit Brief möglich inklusive Anordnungen, Rücksprache mit dem zuständigen Oberarzt, Nähen etc.
Je nach Assistenzarzt aber auch nur der Statomat (Anamnese und Erstuntersuchung) und Bereitsteller des Sono- Gerätes („Fahr es doch schon mal in Kabine XY und hol mich, wenn es hochgefahren ist) bzw. keinen einzigen Schritt (WIRKLICH!) alleine gemacht: „Wo warst Du?“ „Auf der Toilette.“ „Das geht nicht, Du hättest mir Bescheid sagen müssen.“

- Wohnheim: Zimmer mit eigenem Bad = Toilette und Waschbecken und eine Sitzbadewanne/Dusche, bei der man entweder knietief im Wasser (die Abflüsse waren verstopft und es dauerte eine Weile bis alles abfloss)im tiefen Teil stehen konnte, dann aber nicht unter dem Duschkopf stand oder man ging in die Hocke auf dem erhöhten Teil, was extrem unbequem war, man aber so nass wurde und auch nicht im Abwasser stehen musste.
Ansonsten Tisch, Schreibtisch, Stuhl und Schrank. Telefon gegen Gebühr.

- Je nach Etage teilt man sich den Flur mit Büros von der Technik usw. Sehr gemütlich.

- Gemeinschaftsküche: Grundausstattung durch Überbleibsel von anderen Studenten vorhanden. Wird einmal pro Woche von der Hausmutter saubergemacht. Alles, was sie für Schmutzig befindet kommt weg: am Ende des Tertials haben wir die Utensilien zum Kochen und Essen etagenweise zusammengesucht.

- Liestal: ein Dorf. Ein Kaff wie es im Buche steht. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

- Basel: auch dort schließen die Geschäfte um 18 Uhr. Also keinen Freizeitwert unter der Woche. Am Wochenende auch keinen. Ich habe viel schönere Städte in der Schweiz gesehen. (Ausgehen in der Schweiz nur möglich, wenn man bereit ist für einen halb so großen Cocktail wie in Deutschland den doppelten Preis zu bezahlen…)

- Falls man ein Auto hat (gebührenpflichtiger Parkplatz auf Bitten und Quengeln genehmigt) lohnt sich die 20minütige Fahrt nach Deutschland IMMER. Und wenn man nur zum Aldi fährt. Das tun übrigens auch alle Schweizer.

- Der Lohn ist nach Abzug sämtlicher Gebühren ein Witz, ihr zahlt immer drauf.


Abschließend kann ich nur sagen, dass es sich nicht gelohnt hat nach Liestal zu gehen.
Ich kann es nicht weiterempfehlen.

Das ist zwar nur ein subjektiver Beitrag, aber eben die Erfahrung, die ich gemacht habe.

Tut es nicht:
Sucht euch lieber ein Krankenhaus aus, in dem ihr etwas lernt und für eure Arbeit mehr geschätzt werdet!
Bewerbung
2 Jahre vorher per e-mail an das Chefarztsekretariat
Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Röntgenbesprechung
Patienten untersuchen
Notaufnahme
Mitoperieren
Poliklinik
Botengänge (Nichtärztl.)
Patienten aufnehmen
Dienstbeginn
Vor 7:00 Uhr
Dienstende
17:00 bis 18:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Kleidung gestellt
Unterkunft gestellt
Gehalt in EUR
600 €
Gebühren in EUR
Miete 200€, Telefon 1 Fr/d plus anfallende Gesprächskosten, Anmeldegebühr 20 Fr, Essen 9 Fr, Endreinigung 120 Fr, Verwaltungsgebühr 66 Fr, Gästematratze und Bettzeug 20 Fr, Kontoeinrichtungsgebühr plus 3 Fr/Monat, Parkplatz 30 Fr/Monat

Noten

Team/Station
6
Kontakt zur Pflege
6
Ansehen des PJlers
6
Klinik insgesamt
6
Unterricht
6
Betreuung
6
Freizeit
6
Station / Einrichtung
6
Gesamtnote
6

Durchschnitt 6