PJ-Tertial Anästhesiologie in Gemeinschaftskrankenhaus Havelhoehe (11/2015 bis 3/2016)

Station(en)
5, OP
Einsatzbereiche
OP, Station, Diagnostik
Heimatuni
Berlin
Kommentar
Auch ich habe mir Havelhöhe wegen der stationären Schmerztherapie ausgesucht.
Insgesamt hat das Tertial erst mal gemischt begonnen: Am ersten Tag gab es gegen 10 Uhr eine Einführungsveranstaltung und einen Rundgang über das Gelände, Namensschilder wurden ausgegeben, Zugangsdaten für den PC, Informationsmaterial usw. Danach ging es in die entsprechenden Bereiche. Leider wusste im OP keiner, dass ich kommen würde, so dass da niemand Zeit hatte und ich erst mal auf den nächsten Tag verwiesen bzw. auf die Schmerzstation geschickt wurde.
Dort hat man mich dann aber gern aufgenommen und auch einer Ärztin fest zugeteilt. Täglich ging es um 8.00 Uhr los. Wir informierten uns über die Geschehnisse des letzten Abends und der Nacht, führten teilweise schon erste Visiten durch. Diese sind immer etwas länger, da es hier nicht nur darum geht, neue Medikamente anzusetzen, sondern auch zu verstehen, woher der Schmerz eigentlich kommt. Nicht immer steht das im Vordergrund, was der Patient angibt. Gegen 9.00 Uhr war dann offiziell Übergabe mit der für die Schmerzstation zuständigen Schwester. Danach gab es gemeinschaftliches Frühstück auf Station. Hiernach wurden dann weitere Visiten durchgeführt oder an den Briefen weiter geschrieben. Meistens gab es gegen Mittag dann ein Vorgespräch mit den Patienten, die in der nächsten Zeit aufgenommen werden sollen. Diese dauerten (jedenfalls bei mir) circa 2 Stunden, da bei jedem Patienten die verschiedenen Schmerzstellen einzeln mit Vorgeschichte, Qualität, zeitlichem Verlauf, ... aufgenommen werden sollten. Mit diesen Informationen versorgt, konnte man sich dann gleich an den Arztbrief setzen und den vorschreiben, was meistens den Nachmittag füllte. Zwischen 15 und 16.30 Uhr war Feierabend, aber nach Absprache konnte man auch mal eher gehen oder später anfangen. Die Station ist derzeit noch zweigeteilt in Palliativ- und Schmerzstation, wobei jede Station eigene Ärzte hat. Bei den Schwestern ist jeweils eine für die Schmerzseite zuständig. Das reicht i.d.R. auch, weil die Patienten alle fit sind und sich selbst versorgen. Wichtig zu wissen ist auch, dass die Patienten einen vollen Therapieplan haben und daher oft nicht auf Station sind, was spontane Visiten schwierig macht. Außerdem gibt es nur eine Oberärztin und zwei weitere Fachärztinnen, die sich in der Weiterbildung um die Bezeichnung "Schmerztherapeutin" befinden. Montags und freitags finden große Visiten mit den Psychologen und dem Chefarzt statt. Dienstags war Sitzung mit den Therapeuten und donnerstags noch Schmerzfortbildung. Zusammen mit den PJ-Fortbildungen waren Dienstage und Donnerstage teilweise etwas theorielastig. Blutabnahmen gab es auf der Station sehr wenige, da den Patienten während ihres 16-tägigen Aufenthaltes eigentlich nur ein Mal Blut abgenommen wird. Die Palli freut sich aber auch über Unterstützung. Dort kann das aber auch schnell mal zur Herausforderung werden.
Insgesamt war das Team auf Station super. Man konnte eigene Patienten betreuen, hatte immer einen Ansprechpartner, durfte zu Therapie mitgehen, wenn man wollte, die (meisten) Schwestern waren nett und haben immer geholfen. Man konnte sich voll und ganz auf seine Arbeit konzentrieren und hatte gleichzeitig viele Freiheiten und Verantwortung. Die Station wird Mitte des Jahres von der Palli getrennt und bekommt reine "Schmerzschwestern", die dann auch alle entsprechend ausgebildet sind und auch therapeutisch tätig. Hier könnte sich also noch mal etwas ändern.

Nach 8 Wochen (zwischen Weihnachten und Neujahr war frei) bin ich dann in den OP gewechselt. Den Zeitpunkt habe ich mir selbst ausgesucht. Auch hier wurde ich (nun) mit offenen Armen empfangen. Vom ersten Tag an durfte man viel selbst bzw. unter Anleitung machen: Larynxmasken legen, Intubieren, Zugänge legen, arterielle Punktionien, sogar mal eine Spinalanästhesie oder einen ZVK. Irgendwie ging man aber davon aus, dass ich keine Zugänge legen könnte und dann kann es auch mal passieren, dass man von 5 Seiten gleichzeitig gegensätzliche zu befolgende 'Tipps' bekommt, wie man das nun anstellen sollte. Nachdem ich dann aber einmal klargestellt hatte, dass das nicht mein erster Zugang ist, war es dann eigentlich auch ok. Die Ärzte haben immer versucht, einem etwas lehrreiches zu erzählen oder standen jedenfalls für Fragen zur Verfügung. Letztendlich hat jeder versucht, das Sehenswerte auch zu zeigen. Bei MRSA und co hatte man dann auch oft mal die Wahl, ob man da nun wirklich mitwirken möchte. Das ganze OP-Team ist sehr familiär. Der Umgang, auch mit den Chirurgen, ist vertraut. Im OP wird eigentlich fast jeder geduzt. Etwas anstrengend ist die Personalfülle in der Anästhesie: Bei nur 3 OP-Sälen plus kleine Chirurgie (ein umfunktionierter Einleitungsraum für Kleineingriffe) und einem Außendienst gibt es gefüllt 10-15 Anästhesisten, da viele nur in Teilzeit arbeiten. In den ersten drei Wochen habe ich fast jeden zweiten Tag jemand neues kennengelernt. Die 'Neuen' wissen natürlich dann wieder nicht, was man schon gemacht hat und was nicht. Dafür sind fast alles Fachärzte, die einen gern alles machen lassen. Meine Befürchtung, dass es in der Anästhesie etwas langweilig werden könnte, hat sich nur teilweise bestätigt, da ich auch zwischen den OP-Sälen wechseln konnte und so dann fast alle Einleitungen des Tages mitmachen konnte. Gegen Ende meines PJ kamen dann aber sowohl zwei Famulanten als auch noch eine PJlerin. Das war dann definitiv zu viel und einer musste immer in den Außendienst (Prämedikation/Vorgespräche) oder in die Viszeralchirurgie mit ihren teilweise 6-stündigen Eingriffen.
Insgesamt kann man aber auch die Erfahrungen im OP als positiv sehen. Ich bereue es definitiv nicht. Man hat ein viel besseres Gefühl dafür, was da eigentlich zwischen den OPs geleistet wird und wenn man später mal NEF fahren will oder auch nur bei einer REA dabei ist, ist es sicherlich nicht vergebens gewesen.

Studientage konnte man sich so nehmen, wie man wollte. Ankündigen sollte man sie aber schon etwas. Wo wir dann zu mehreren waren, wurden wir auch darauf hingewiesen, uns doch etwas abzusprechen, was ja auch Sinn macht.
Mittagessen gab es für PJler kostenlos zwischen 12 und 14 Uhr. Das konnte ich auch immer wahrnehmen, wenn ich es nicht selbst verpennt habe. Die Art des Essens ist etwas gewöhnungsbedürftig und orientiert sich wohl auch etwas am anthroposophischen Ansatz der Klinik: Oftmals gab es Gerstenkörner, Haferkörner, Gemüsebratling oder andere ungewöhnliche Sachen. Es gibt immer ein vegetarisches Gericht, leichte Kost und Hausmannskost. Es ist das gleiche Essen wie die Patienten bekommen.
PJ-Unterricht fand regelmäßig dienstags und donnerstags zwischen 14.30 und 15.30 Uhr statt und wurde von Ober- oder 'Chef-'Ärzten (die Bezeichnung gibt es dort nicht) gehalten. Ich fand es ausreichend. Immer mal wieder war eine Fortbildung auf Anthroposophie ausgelegt. Der Besuch der Fortbildungen wurde immer ermöglicht.
Anthroposophie: Davon habe ich vor allem auf der Schmerzstation etwas mitbekommen. Hier wurden oft zusätzliche Anthroposophika verordnet, wobei keinesfalls die Schulmedizin außer Acht gelassen wurde. Das gab es eher zusätzlich oder bei leichten Beschwerden als ersten Therapieversuch nach Absprache mit den Patienten. Im OP fiel es nur gelegentlich auf, wenn der Patient statt keiner Prämedikation oder Dormicum mit Bryophyllumpulver in den OP kam ;)
Atmosphäre: Wahnsinn. Ich hab noch nie ein Krankenhaus erlebt, dass so ruhig ist. Am ersten Tag waren wir alle von der Ruhe verblüfft und es hat auch etwas gebraucht bis ich mich daran gewöhnt hatte. Der Kontakt aller miteinander ist freundlich. Auch wenn man sich mal auf eine andere Station 'verläuft', wird man dort freundlich behandelt und einem Hilfe angeboten. Für mich war es nach einem Freisemester der perfekte Einstieg ins PJ.

Randnotiz: Während PJler nur kostenlos Essen und Kleidung (achtung: wird theoretisch gestellt, praktisch habe ich nie eine Hose in meiner Größe bekommen), Famulanten nur Kleidung und vergünstigt Essen bekommen, erhalten Krankenpflegepraktikanten wohl eine ordentliche Entschädigung, aber dafür kein vergünstigtes Essen. Beschwert haben die sich auch höchstens darüber, dass sie nichts zu tun haben :)

Der Weg nach Havelhöhe lohnt sich definitiv. Es ist mal etwas anderes und lehrreich auf jeden Fall.
Bewerbung
regulär über PJ-Büro der Charité
Unterricht
2x / Woche
Inhalte
Sonst. Fortbildung
Prüfungsvorbereitung
Tätigkeiten
Untersuchungen anmelden
Briefe schreiben
Patienten aufnehmen
Patienten untersuchen
Blut abnehmen
Punktionen
Eigene Patienten betreuen
Braunülen legen
Botengänge (Nichtärztl.)
EKGs
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
Frei verfügbar
Tätigkeiten
Mittagessen regelmässig möglich
Kleidung gestellt
Essen frei / billiger

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
1
Unterricht
1
Betreuung
1
Freizeit
1
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.07