PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in Royal Hallamshire Hospital (10/2012 bis 12/2012)

Station(en)
F2 (RH), outpatient department, OP
Einsatzbereiche
Station, OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Diagnostik
Heimatuni
Bochum
Kommentar
Ich habe die zweiten acht Wochen meines Chirurgietertials in Sheffield absolviert.

Ich hatte mir die Stadt nicht bewusst ausgesucht. Insgesamt hatte sich die Bewerbung für ein halbes Tertial in England als schwierig erwiesen, sodass Sheffield die einzige Uni war, die mir einen Platz anbot. Ich hatte so ziemlich jede Universität kontaktiert, die auf der PJ-Liste des LPAs zu finden ist. Die Bewerbungen scheiterten im Wesentlich daran, dass Plätze zum Teil nur für die Sommermonate angeboten wurden, die Dauer des Praktikums maximal sechs Wochen betragen konnte, die Uni mir keine notwendige Bescheinigung ausstellen würde oder ich mich aber einschreiben und eine Menge Geld bezahlen müsste.

Die ersten vier Wochen habe ich im Royal Hallamshire Hospital vebracht und war dort in der Brust-, der endokrinen und plastischen Chirurgie involviert. Zu Beginn meines Aufenthaltes war ich mit im OP und hatte dort auch die Gelegnheit mich einzuwaschen und mit am Tisch zu stehen. Ich habe im Wesentlichen Mastektomien und brusterhaltende Tumorexstirpationen gesehen. In der Zeit danach bin ich morgens auf einer gemischt-chirurgischen Station die Visite mitgegangen und war anschließend in einer der „clinics“ ( = Sprechstunde).
In der „clinic“ der Brustchirurgen stellten sich Frauen mit Auffälligkeiten an der Brust vor, die vom Hausarzt (= general practitioner, GP) eingewiesen worden waren. Viele der Frauen hatten Brustkrebs und mit Ihnen wurde dann das weitere Vorgehen geplant. In Großbritannien sind „clincal nurse specalists“ (Krankenschwestern mit zusätzlicher Weiterbildung) sehr verbreitet und ihre Arbeit und ihr Umgang mit den Patienten hat mich sehr beeindruckt. Sie unterstützen die Ärzte, erklären, wenn die Patienten nach der Aufklärung noch Fragen haben und rufen sie auch zu Hause an, um sich nach ihnen zu erkundigen.
Dienstagmorgen fand eine endokrine Sprechstunde statt. Prof. H. war unglaublich freundlich und bemüht. Da er einen Teil seiner Ausbildung in Deutschland und Frankreich gemacht hatte, war er mir gegenüber sehr aufgeschlossen. Ich konnte vor ihm Patienten sehen und diese dann vorstellen. Außerdem hatte ich die Gelegenheit verschiedene Pathologien der Schilddrüse zu tasten (oder auch nicht).
In dieses Krankenhaus wurden auch Patienten mit einem unklaren Tumor und V.a. auf ein Sarkom überwiesen. Die Sprechstunde habe ich genutzt, um diese seltenen Tumoren in meinem Leben zumindest einmal gesehen zu haben.

Nach einem Monat konnte ich nach Rücksprache mit meinem Consultant dann in das Northern General Hospital rotieren. Er hatte für mich einen Orthopäden und einen Chirurgen aus der Koloproktologie kontaktiert, sodass ich dort jeweils zwei Wochen verbringen konnte.

Die Orthopäden begannen ihren Tag um 08.00 Uhr mit der Traumakonferenz in der Elson library. Hier konnte ich in der letzten Reihe meist nicht so viel mitnehmen. Im Hauptgebäude (Huntsman Building) fand sich die Outpatient clinic. Freitagmorgen habe ich mich Mr. M. angeschlossen und verschiedene Patienten mit Rückenschmerzen gesehen.

Meine Zeit habe ich dann in der Koloproktologie beendet. Dienstags war ich mit im OP. Die Chirurgen endoskopieren in Großbritannien noch, sodass ich auch da dabei sein konnte. Erstaunt hat mich hier, dass Gastro- und Koloskopien grundsätzlich ohne Propofol stattfinden. Donnerstagvormittag fand neben einer internen Fortbildung im Vickers Corridor auch ein MDT-Meeting (= multidisciplinary team meeting, entspricht unserem Tumorboard/ Pathokonferenz) statt.

Rückblickend denke ich, dass diese Zeit eine gute Erfahrung für mich war. Die Menschen sind hier unglaublich freundlich, aufgeschlossen und hilfsbereit. Wenn ich das mit nach Deutschland nehmen und für mich so leben könnte, wäre schon viel gewonnen.

Das System ist hier etwas anders: Das Studium dauert fünf Jahre. Dann schließt sich das Foundation Programme an, welches zwei Jahre dauert und aus Rotationen von jeweils vier Monaten besteht. Die F1-Doctors verbringen zunächst zwei Mal vier Monate in der Chirurgie und vier Monate in der Inneren oder umgekehrt. Für das zweite Jahr können Wünsche für andere Disziplinen angegeben werden, die aber nicht unbedingt berücksichtigt werden. Die F1-Doctors waren in der Regel so alt wie ich oder jünger. Ihre Aufgabe bestand im Wesentlichen in der Dokumentation der Visite, Laborbefunde einholen und Untersuchungen anmelden. Als Deutsche war ich hier Studentin und die sind im Wesentlichen Zuschauer. Dieser Sache sollte man sich bewusst sein. Aus diesem Grund wusste ich auf der Station nach der morgendlichen Visite (ungefähr eine Stunde) nichts mit mir anzufangen und bin dann meist in eine der „clinics“ gegangen. Mein Eindruck war, dass die englischen Studenten auch äuβerst selten in den OP gehen. Nicht, weil sie nicht wollten, sondern weil dies hier Aufgabe der „registrars“ (Assistenärzte in der Ausbildung) ist. Die Chirurgie ist hier noch sehr kompetetiv, was nicht heiβen soll, dass eine Ellenbogenmentalität herrscht. Es ist aber schwierig eine Stelle zu bekommen und wenn man die erst einmal hat, hat man gegenüber den Studenten auf jeden Fall Vorrang. Ich hatte aber trotzdem ein paar Mal die Möglichkeit mit am Tisch zu stehen.

Fazit: Die ersten acht Wochen an meiner Heimatuniversität waren nicht unbedingt hervorragend, insofern war die Zeit in England eine Bereicherung.
Wer nicht Chirurg werden und möglichst wenig Zeit im Krankenhaus verbringen möchte, der kann das sicherlich tun, ohne dass es irgendwelche Konsequenzen hat.
Wer nicht Chirurg werden möchte, aber diese letzte Gelegenheit nutzen will, um noch einmal etwas zu lernen, der muss hier sehr viel Einsatz zeigen. Ich war nahezu überall willkommen, aber ich musste viele Informationen auf der Homepage des Krankenhauses in Erfahrung bringen oder mühsam erfragen. Nach Möglichkeit einfach überall hingehen, höflich vorstellen und fragen, ob man bleiben darf. Das ist hier möglich, weil die Menschen sehr freundlich sind. Weggeschickt worden bin ich nur wenige Male. Auf Dauer ist das aber etwas anstrengend. Wer sich das nicht zutraut/ nicht kann, der wird nur wenig lernen.
Wer chirurgische Ambitionen hat , viel Zeit im OP verbringen und auch häufig mit an den Tisch möchte, der ist hier definitv verkehrt und sollte sich eine Alternative überlegen.

Insgesamt würde ich meiner Zeit hier ein „ausreichend“ geben. Das ist aber natürlich meine individuelle Meinung. Vermutlich sind meine Erwartungen auch zu hoch gewesen. Ich denke, es ist klüger für eine Famulatur nach Sheffield zu kommen.

Ich habe im Wohnheim gewohnt. Das erschien mir für acht Wochen die einfachste Lösung, ist allerdings mit umgerechnet rund € 350 für ein ca. 13m² groβes Zimmer auch nicht ganz günstig gewesen. Im Wohnheim gab es kein Internet, allerdings kann man in 10 Minuten zum Information Commons (Bibliothek mit ausreichend Computern) laufen. In meinem Zimmer ging in sieben von acht Wochen die Heizung nicht. Die Miete musste komplett kurz nach dem Einzug bezahlt werden, sodass ich kein Druckmittel hatte.
Das Wohnheim des Royal Hallamshire Hospitals ist nur drei Gehminuten vom Krankenhaus entfernt.

Beide Krankenhäuser sind durch einen Shuttle, der alle halbe Stunde fährt und für Studenten und Personal kostenlos ist, miteinander verbunden. Das ist sehr bequem und dauert auch nur knappe 25 Minuten.


Bewerbung
http://www.shef.ac.uk/medicine/electives
Diese Seite erklaert die genauen Bewerbungsmodlitaeten. Der Kontakt ist schnell und Fragen werden zuegig beantworten. Eine Gebuehr von € 250 muss man schon entrichten, bevor man eine Zu- oder Absage erhalten hat. Ich denke, es ist nicht schwierig einen Platz zu bekommen. Wir waren zu meiner Zeit nur zwei deutsche Studenten.
Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Röntgenbesprechung
Blut abnehmen
Patienten untersuchen
Mitoperieren
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
Frei verfügbar
Tätigkeiten
Mittagessen regelmässig möglich
Gebühren in EUR
250

Noten

Team/Station
3
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
3
Klinik insgesamt
2
Unterricht
5
Betreuung
4
Freizeit
2
Station / Einrichtung
2
Gesamtnote
4

Durchschnitt 3.13