PJ-Tertial Chirurgie in Hanse-Klinikum Wismar (6/2021 bis 10/2021)

Station(en)
A5, B3
Einsatzbereiche
Station, OP, Notaufnahme
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Obwohl Chirurgie nie mein Lieblingsfach war, bin ich halbwegs motiviert in das Tertial gegangen. Meine Erwartungen (aufgrund der vielen alten pos. Bewertungen) wurden jedoch leider sehr enttäuscht.
In Wismar rotiert man wie in den alten Berichten schon beschrieben 8 Wochen auf die Allgemein-/Viszeral-/Gefäßchirurgische Station und 8 Wochen auf die orthopädisch-unfallch. Station. Zwischen diesen Rotationen liegen aber leider WELTEN!!!

Zunächst einmal zur Allgemein-/Viszeral-/Gefäßchirurgie:
Anders als in früheren Berichten hat sich hier einiges verändert: Die Stimmung insg. auf Station ist nicht schön, und als PJ/PJane gerät man dann auch mal zwischen die Fronten. Es herrscht großer Personalmangel sowohl aus pflegerischer- als auch aus ärztlicher Sicht (es gibt inzw. nur noch einen Assistenzarzt! in der Pflege hilft oft Personal anderer Stationen aus, die dann nur einen Tag da sind und schon wieder wechseln!), wodurch Absprachen teilw. schlecht funktionieren und dies alle Beteiligten entsprechend frustriert.

Als PJ ist die Hauptaufgabe des Tages, den Personalmangel im OP auszugleichen, was OP-affine PJs vielleicht begeistern kann. Leider ist an der OP-Einteilung aber nicht zu rütteln und somit kann es mit Pech vorkommen, dass auch mal 5 OPs hintereinander mit einem PJ stattfinden, und man dann sein Mittagessen in der Cafeteria (kostet übrigens!) vergessen kann (außer, ein anderer PJ bringt es einem mit). Außerdem ist die Stimmung im OP je nach beteiligten Ärzten sehr wechselhaft, mal super, mal schrecklich. Teaching findet selten statt, maximal gibt es Anatomieabfragen und dumme Sprüche, wenn man die Antwort nicht weiß. OP-affine PJs kommen trotzdem gelegentlich auf ihre Kosten, wenn man mit dem richtigen Arzt im OP steht, der einem das Nähen beibringt. Dafür muss man dann aber auch schlechte Stimmungen in Kauf nehmen. Gerne wird man auch mal um 15 Uhr in den OP gerufen, und kann sich natürlich nicht nach Feierabend auslösen lassen. Und die Bitte, doch wenigstens an Seminartagen nicht um 15 Uhr im OP eingeteilt zu sein, wird auch gerne überhört (wie gesagt- an der Planung wird nicht gerüttelt...).

Wird man nicht im OP gebraucht, so muss man BEs/Flexülen machen und dann ALLE Briefe der stationären Patienten diktieren (außer der einzige Assistenzarzt der Abteilung ist nicht im OP, dann hilft er mit). Die Oberärzte korrigieren die diktierten Briefe, aber selbst diktieren/schreiben sie keinen Einzigen. Wenn man Pech hat, stehen am Montagmorgen plötzlich 6 Entlassungen an, von denen man Freitags noch nichts wusste, und dann schafft man es neben den BEs/Flexülen/OP nicht, die Briefe noch schnell morgens zu diktieren. Dann werden die Patienten trotzdem entlassen, die gesamte Akte landet aber in einem Fach namens "PJ" und kommt somit zu euch zurück, da die OÄ nur Kurzbriefe schreiben, und ihr müsst entsprechend die Briefe nachdiktieren. Somit ist man als PJ die ganze Woche damit beschäftigt, den Überblick zu behalten und Briefe vorzudiktieren, um nicht boomerangmäßig einen Stapel Akten zurückzubekommen. Schade, dass ärztliche "unbeliebte" Aufgaben wie die Briefe nicht unter ALLEN gemeinschaftlich geteilt werden!

Man sitzt auf Station in einem eigenen (nicht nach draußen belüftbaren) PJ-Zimmer und kriegt somit nicht viel von den Ärzten oder der Station mit. Dies scheint allerdings genauso gewollt, denn wenn wir uns einbringen wollten, auf Visite eine Untersuchung/Medikationsänderung bei einem Patienten vorschlugen oder auch wegen eines Patienten im Vormittagsverlauf einen Arzt anriefen (da meist keiner auf Station war-Personalmangel lässt grüßen), bekamen wir selten adäquate Antworten oder das Gefühl, ernstgenommen und wertgeschätzt zu werden.
Stichwort Wertschätzung: Auf der Chefarztvisite hat man kommentarlos dem Chefarzt nach jedem Patienten Desinfektionsmittel in seine Hände zu sprühen. Alte Hierarchien lassen grüßen! Wohl auch, was das Frauenbild betrifft...

Ich bin jeden Morgen echt schlecht gelaunt zur Arbeit gefahren und würde aufgrund dieser Rotation keinem ein Chirurgie-Tertial in Wismar empfehlen. Für mich war dies eine klassische "Klappe halten, Haken halten"(+Briefe diktieren)-Rotation! Es gab aber vereinzelt mal einen guten Tag, wenn man mit den richtigen Ärzten im OP/auf Station war.
Fairerweise muss man sagen, wenn die Abteilung die jeweils zwei fehlenden Oberarzt-und Assistenzarztstellen wieder besetzt, und zusätzlich der pflegerische Personalmangel wieder abnimmt, kann ein Tertial hier vielleicht wieder ganz anders sein, aber aktuell lieber Finger weg von dieser Abteilung!

Orthopädie/Unfallchirurgie:
Wie gesagt, zwischen den Rotationen liegen WELTEN!
Hier ist die Welt noch in Ordnung. Es gibt viele tolle Assistenzärzte und Fachärzte, die einem immer als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Auch wird man wirklich ins Team integriert und darf eine Menge selbst machen und lernen! Man kann die Patienten von Anfang an begleiten, meldet Untersuchungen, Physiotherapie oder Sozialdienstaufträge an bzw. füllt Rehaanträge aus. Auch ist man an dem Durchsehen der OPs für den nächsten Tag oder Stationszugängen postoperativ beteiligt und kann so Anordnungen vorschlagen und mit den Ärzten besprechen. Immer, wenn es in der Notaufnahme etwas Spannendes zu sehen oder machen gibt, klingelt wie selbstverständlich das PJ-Handy. Nähen von Wunden in der ZNA, Gelenke punktieren, alles wird einem super beigebracht.
Auf Station macht man zusätzlich oft die Verbandswechsel (Pflaster kleben, Drainagen ziehen, Klammern entfernen etc.) und natürlich BEs/Flexülen, dies hält sich aber meist in Grenzen und ist eine tolle Abwechslung.
Auch der Kontakt zur Pflege ist überraschend positiv, man wird als Teil des Arztteams gesehen und entsprechend auch um Rat gefragt etc. Ebenso spricht die Physiotherapie und die Sozialdienstmitarbeiterin einen gerne direkt an, wenn es eine bestimmte Frage zu einem Patienten gibt. So ist man wirklich voll integriert.

Im OP ist man hier seltener, lediglich zu Hüft-TEPs ist ein PJ als Hakenhalter Pflicht neben einem OA und einem Assistenzarzt/Facharzt. Bei allen anderen OPs KANN man mitgehen und auch steril mithelfen, man muss aber nicht. So geht man echt gern in den OP! Außerdem bekommt man auch oft ein "Danke" zu hören und bei schwierigeren Hüft-TEPs werden einem intraoperativ auch mal kurzzeitig die Haken zum Entspannen abgenommen. Übrigens: außerhalb des OPs hat man wenig Kontakt zu den OÄ, also nutzt den OP, um ihnen Fragen zu stellen, falls ihr interessiert seid. Unangenehme Anatomieabfragen oder schlechte Stimmung sucht man hier im OP meist vergeblich.

Die Arbeitsatmosphäre ist einfach super auf dieser Station und ich bin immer gerne zur Arbeit gekommen und konnte auch viel mitnehmen! Großes Danke an das GESAMTE Team!!! Auch auf pünktlichen Feierabend für alle wurde stets viel Wert gelegt, wenn keine Not-OP dazwischenkam! Separat bewertet würde ich diese Rotation definitiv mit 1 bewerten, aber da man rotieren MUSS, würde ich in der Gesamtschau aktuell von Chirurgie in Wismar abraten!

Noch kurz sonstige Anmerkungen:
-Arbeitsbeginn ist auf beiden Stationen um 7 Uhr UMGEZOGEN und einsatzbereit, also müsst ihr eher da sein (eigentlich zählt Umziehzeit zur Arbeitszeit, hier nicht)
-die PJ Seminare finden super unregelmäßig statt, mal gar nicht und mal mehrfach die Woche, insg. im Schnitt 1x/Woche. Sehr ärgerlich ist, dass abgesehen von orthopädisch/unfallch. Seminaren (die immer um 14 Uhr stattfanden) alle Seminare immer erst um 15 Uhr begannen, wodurch sie für alle chirurgischen PJs definitiv Überstunden bedeuteten (i.d.R. gingen sie so bis 16.15 Uhr, auch mal länger)!
-das Mittagessen kostet seit letztem Tertial Geld! Essen lt. Speiseplan: 3,50€
-Arbeitskleidung kann man sich immer nur in einem zweistündigen Zeitfenster holen (und kriegt so 2-3 Ausstattungen), sodass man sich mehrmals die Woche gut organisieren muss, um durch plötzliche OP-Einsätze nicht ohne frische Kleidung für den nächsten Tag dazustehen!
-immer alle Menschen im Haus, gerade wenn man sie nicht kennt, überschwänglich grüßen (siehe Bericht aus der Inneren aus dem Vortertial)
-wie bisher gibt es 8 Studientage zur freien Verfügung (aber man muss sie offiziell "anmelden" im Voraus!)
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
Patientenvorstellung
Sonst. Fortbildung
Fallbesprechung
Tätigkeiten
Punktionen
Rehas anmelden
Notaufnahme
Patienten untersuchen
Untersuchungen anmelden
Chirurgische Wundversorgung
Braunülen legen
Briefe schreiben
Mitoperieren
Blut abnehmen
Botengänge (Nichtärztl.)
Dienstbeginn
Vor 7:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
Frei verfügbar
Tätigkeiten
Kleidung gestellt
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Mittagessen regelmässig möglich
Gehalt in EUR
500

Noten

Team/Station
3
Kontakt zur Pflege
3
Ansehen des PJlers
3
Klinik insgesamt
3
Unterricht
3
Betreuung
3
Freizeit
3
Station / Einrichtung
3
Gesamtnote
3

Durchschnitt 3